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Das Apeiron altgriechisch tὸ ἄpeiron das Unendliche das Unbegrenzte in einem quantitativen Sinn ist ein philosophischer Begriff fur einen Urstoff den der Vorsokratiker Anaximander um 610 546 v Chr pragte 1 Apeiron wortlich die Negation der Grenze griech peirata also das Un Begrenzte wird auch mit das Unbestimmte ubersetzt und als das Prinzip definiert das im Unterschied zum Kosmos weder Anfang noch Ende habe 2 Eine weitere Ubersetzungsmoglichkeit gewonnen aus einer Variante desselben Wortstammes peirao em peiria ist das Unerfahrbare Gegen diese Interpretation wird eingewendet dass der Begriff einen Abstraktionsgrad voraussetze der fur die vorsokratische Philosophie untypisch sei 3 Die bekannteste mutmasslich wortgetreue Uberlieferung jenes Abschnitts aus dem Lehrgedicht Anaximanders der das Apeiron als Anfang und Ende aller materiellen Phanomene zu bezeichnen scheint wird dem Historiographen Simplikios zugeschrieben Nach ihm lautete genannte Passage wie folgt Anfang und Ende der seienden Dinge ist das Apeiron Woraus den seienden Dingen das Werden in das hinein geschieht auch ihr Vergehen nach der Schuldigkeit denn sie zahlen einander gerechte Strafe und Busse fur ihre Ungerechtigkeit nach der Zeit Anordnung 4 Simplikios bestimmt es auch ahnlich wie Aristoteles als Anfang und Element der seienden Dinge ἀrxhn te kaὶ stoixeῖon tῶn ὄntwn tὸ ἄpeiron 5 Die Ubersetzung des Apeiron mit Prinzip und Element wird in der Folge auch von anderen verwendet Dieser Satz gilt als Grundlagenfragment fur Anaximander Eine mehrheitlich getragene Gesamtinterpretation dieser Passage gibt es bisher in der Forschung nicht Fragmente die von Zeitgenossen wie Theophrast und Aristoteles erhalten sind zeigen auch fur die Antike unterschiedliche Interpretationen Fur die Interpretationen des Satzes werden diese und Fragmente anderer griechischer Autoren herangezogen 6 Englisch sprachige Interpretationen der Gegenwart gehen weit ubereinstimmend davon aus dass es sich bei dem Satz des Anaximander in der Hauptsache um die Beschreibung naturlicher Prozesse handle Diese Prozesse seien umkehrbar und wiederholten sich endlos Moglich ist dass Anaximander dieses sich wiederholende Entstehen und Vergehen auch auf den Kosmos bezog Seine Vorstellungen daruber wie sich dieses beobachtbare Geschehen mit dem Prinzip Apeiron verbindet sind nicht belegt 7 Altere Autoren wie Wolfgang Schadewaldt erlautern dass Anaximander mit dem Terminus Ungerechtigkeit ein allgemeines Phanomen thematisiert Wir beobachteten uberall wie ein Lebewesen vom Tod des anderen lebt wie jedes auf Kosten des anderen da sei Das Wasser nagt das Land an und tragt es ab das Land wieder schrankt das Wasser ein und drangt es zuruck das Flussige verdampft unter der Warme und uberhaupt ist das Heisse etwas das stark solche Ungerechtigkeit ausubt Anaximander habe so das Werden und Vergehen zur Ordnung alles Lebens metaphysisch formuliert zur Seinsordnung erklart 8 Martin Heidegger regte mit seiner Interpretation des Anaximander Satzes unter dem Titel Spruch des Anaximander an die griechischen Termini im Sinn von reich und Vorgedachtes bergend aufzufassen 9 Die Interpretationen der ersten antiken Historiographen vor allem die von Theophrast und Aristoteles haben bis heute die Auffassungen uber die vermuteten Vorstellungen des Anaximander gepragt die in Fragmenten anderer erwahnt wurden Seit einigen Jahren ist es moglich einen grosseren Kontext von Quellentexten miteinzubeziehen Hier ist das Projekt des klassischen Altphilologen Georg Wohrle Universitat Trier zu nennen 10 Erste Ergebnisse von Mitarbeitern aus diesem Projekt liegen fur die Rolle des Aristoteles in der Interpretationsgeschichte vor Es wird z B anhand ausfuhrlicher Quellendiskussionen erlautert dass er aus seiner Sicht dem Apeiron einen gottlichen Charakter unterstellt habe Dies durfte aber nicht die Auffassung von Anaximander gewesen sein wenn man die Gesamtheit der inzwischen zuganglichen Texte miteinbeziehe Eher habe Aristoteles seine kosmologischen Vorstellungen vom alles wirkenden und steuernden gottlichen Beweger denen seines Vorgangers unterstellt 11 Einzelnachweise Bearbeiten Christof Rapp Vorsokratiker Reihe Denker C H Beck Verlag Munchen 1997 Abschnitt Das Unbegrenzte als Urstoff S 38 44 Wolfgang Rod Die Philosophie der Antike Von Thales bis Demokrit 3 Auflage Munchen 2009 S 41 Dirk L Couprie Anaximander Internet Enzyklopadie Philosophie Abschnitt 2 Some scholars have even defended the meaning that which is not experienced by relating the Greek word apeiron not to peras boundary limit but to perao to experience to apperceive Siehe auch Dirk L Couprie Robert Hahn Gerard Naddaf Anaximander in Context New studies in the origins of Greek philosophy State University of New York Press Albany 2003 ISBN 0 7914 5537 8 Diels Kranz Hgg Die Fragmente der Vorsokratiker Fragment 2 A9 und B1 Diels Kranz Hgg Die Fragmente der Vorsokratiker Fragment 2 A9 u B1 Simplikios in Phys S 24 13f Theophrast Phys op Vgl z B Jaap Mansfield Die Vorsokratiker Stuttgart 1987 S 56 65 Mansfield verwendet fur Apeiron den Terminus das Unbeschrankte Siehe dazu auch den Text des Fragments ebd S 73f Eine Zusammenstellung von Fragmenten die das Apeiron betreffen findet sich in Rudolf Eisler Worterbuch der philosophischen Begriffe 1904 Apeiron Vgl Keimpe Algra Die Anfange der Kosmologie und Glenn W Most Die Poetik der fruhen griechischen Philosophie In Anthony A Long Hg Handbuch fruhe griechische Philosophie Metzler Stuttgart Weimar 2001 S 24 60 S 304 332 Wolfgang Schadewaldt Die Anfange der Philosophie bei den Griechen Tubinger Vorlesungen Band I Frankfurt M 1978 1 Auflage S 242 244 Zitiert wird hier aus einer PDF Online Veroffentlichung des Verlages Martin Heidegger Der Spruch des Anaximander S 296 343 und S 305f Der Text ist auch in Buchform erschienen Ders Der Spruch des Anaximander Frankfurt am Main 2010 Georg Wohrle Hrsg Die Milesier Thales Berlin 2009 und ders Hg Die Milesier Anaximander und Anaximenes Berlin 2012 Maria Marcinkowska Rosol Die Prinzipienlehre der Milesier Berlin Boston 2014 S 202 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Apeiron amp oldid 213541538