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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Zum englischen Fussballspieler siehe Thomas Willis Fussballspieler Thomas Willis 27 Januar 1621 in Great Bedwyn Wiltshire bei Oxford 11 November 1675 in London war ein englischer Arzt und gilt als einer der Begrunder der Anatomie des Nervensystems wobei er hieraus Ruckschlusse auch auf die psychischen Krankheiten zog und war einer der Hauptvertreter der Iatrochemie im 17 Jahrhundert Er war Mitbegrunder der Royal Society of London Seine multidisziplinare Forschung zu klinischen Zwecken setzt einen Prazedenzfall fur die aktuelle translationale Forschung 1 Thomas Willis Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Leistungen 3 Kultur und psychiatriegeschichtliche Aspekte 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenWillis studierte ab 1636 in Oxford Medizin nahm danach am englischen Burgerkrieg auf Seiten der Royalisten teil und wurde 1646 praktischer Arzt in Oxford Zur Belohnung fur seinen Royalismus wurde er im Jahr 1660 zum Professor fur Naturgeschichte ernannt 1666 siedelte er nach London uber wo er bis zuletzt forschte und als Arzt eine grosse Praxis betrieb 2 Er starb 54 jahrig an einer Lungenentzundung Leistungen BearbeitenWillis entdeckte unter anderem den nach ihm benannten Arterienring Circulus arteriosus cerebri zur Blutversorgung des Gehirns und beschrieb erstmals das Restless Legs Syndrom Mit seinem 1664 erschienenen Werk Cerebri anatome lieferte er erstmals eine detaillierte Beschreibung des Gehirns und der Nerven illustriert wurde das Werk von Christopher Wren Willis hat nicht nur den Begriff der Neurologie gepragt sondern damit auch den Grund fur die Jahrhunderte der Neurosenforschung gelegt die zunachst u a mit George Cheyne 1641 1743 Robert Whytt 1714 1766 und William Cullen 1710 1790 in England begann vgl Kap Kultur und psychiatriegeschichtliche Aspekte Auch die moralische Behandlung von William Battie 1703 1776 und William Tuke 1732 1822 stand unter dem Eindruck des Spannungsfeldes das durch die somatischen Erkenntnisse geschaffen war 3 Daruber hinaus fuhrte Willis viele Fachbegriffe auf dem Gebiet der Neuroanatomie Neurophysiologie und Neuropathologie ein wie z B der den Begriff der Reflexantwort der Hirnrindenfunktion der Hirnlokalisation und der inneren Sekretion Er ist der Erstbeschreiber der Myasthenia gravis und erwarb Verdienste bei der Beobachtung des Schwachsinns der Epilepsie und schizoaffektiver Verstimmungen 2 Ausserdem fuhrte er die heute noch gultige Nummerierung der Hirnnerven ein Weitere wichtige Strukturen die Willis erstmals beschrieb sind Corpus striatum Thalamus opticus Pons und Corpus mamillare Als Iatrochemiker fuhrte er uroskopische Untersuchungen durch Wie Helmont destillierte er Harn und leitete aus dessen Bestandteilen Wasser Weingeist Harngeist ein festes Harnsalz ein fluchtiges sehr saures Harnsalz und ein erdiger Ruckstand dessen Eigenschaften ab Willis hatte 1673 erkannt das der Harn bei dem von ihm als Blutkrankheit gedeuteten Diabetes mellitus ein charakteristischer Zuckergeschmack vorhanden ist 4 Er trug zudem zur Erforschung der Wassersucht bzw von Odembildungen bei da er erkannte dass wie er in Pharmaceutice rationalis schreibt bei einer Behinderung des Lauf des Blutes dessen wassriger Teil aus den Gefassen austritt 5 In seinem 1666 in London gedruckten Buch A Plain and Easy Method for Preserving those that are Well from the Infection of the Plague and for Curing such as are Infected warnt er vor exzessivem Alkoholgenuss empfiehlt aber wie vor ihm die mittelalterlichen Gesundheitslehren moderates Trinken Kultur und psychiatriegeschichtliche Aspekte BearbeitenEntsprechend den Begriffen aus den Grundungsjahren der Royal Society ist Willis gepragt von den korperlichen und sozialmoralischen Vorstellungen seiner Zeit Willis war Zeitgenosse von John Locke 1632 1704 und Thomas Sydenham 1624 1689 und bereitete die offentlichen Diskussionen uber madness und English Malady vor die u a durch Bernard Mandeville 1670 1733 Jonathan Swift 1667 1745 und Daniel Defoe 1660 1731 fortgesetzt wurden Sydenham war ebenfalls Mitglied der Royal Society Irresein war damals durchaus ein politischer Gegenstand und durchaus von nationalem offentlichen Interesse da dieses Thema sich sowohl in Klubs in den Zeitschriften in Tee und Kaffeehausdiskussionen auf der Strasse als auch in der arztlichen Sprechstunde Sprechstundenpsychiatrie bemerkbar machte Hierbei war es ublich dass der Stimme des Volkes der common voice oder des public spirit bzw des common sense ein hoher Stellenwert beigemessen wurde Dieser common sense und die reflektierend auf Innerlichkeit gerichtete Bildungstatigkeit der Subjektivitat wurde auch von Anthony Shaftesbury 1671 1713 sowie von der Schottischen Schule aufgegriffen Willis hat diese Auffassungen in sein psychologisches Konzept der Nerven Spirits spiritus animales eingebaut Hierbei sollten aussere mechanische Bewegungen ebenso wie die Phantasietatigkeit eine Rolle spielen Der Gemeinsinn sensus communis liege in der Hirnmitte Das Nervensystem sei aufgrund der Nerven Spirits und der Corporeal Soul begeistert und so zu psychologischen Empfindungen fahig Dazu fuhrt der den Titel der Psycheology ein 3 Durch dieses neurologisch psychologische System wurden die fruheren humoral chemischen Erklarungen verdrangt Insbesondere die Funktionellen Syndrome wurden somit von Willis als Formen des Irreseins erklart bei denen keine materielle Schadigung sichtbar sei Hier seien nur die an ihren Wirkungen erkennbaren Nerven Spirits ladiert Es konnten so beliebige psychische moralische soziale und politische Phanomene als krank oder abnorm angesehen werden 3 Willis vertrat die bis dahin neue und bisher ausser ihm nur von Charles Le Pois 1618 ausgesprochene Auffassung dass Hysterie keine Erkrankung der Gebarmutter sei sondern eine Gehirnkrankheit 2 Die vorgenannte Krankheitslehre Willis Nerven Spirits wird hauptsachlich auf die Hysterie angewendet Mit Thomas Sydenham 1624 1689 und Francis Glisson 1596 1677 zusammen wird dieses System der Nerven Sprits auch auf die Hypochondrie ausgedehnt Hierbei sind meist Frauen von Hysterie betroffen ausser wenn sie hart arbeiten wahrend Manner von Hysterie betroffen sind vor allem dann wenn sie eher eine sitzende Tatigkeit ausuben Dorner fuhrt aus dass sich die Krankheitsbeschreibungen auf die sichtbare burgerliche Offentlichkeit beziehen speziell auf die in den kaufmannischen oder sonstigen Buros oder in akademischen oder literarischen Berufen 3 Schriften Bearbeiten nbsp Pathologiae Cerebri et Nervosi Generis SpecimenG Blasius Hrsg Thomae Willis Med Doct Opera Omnia Nitidius quam unquam hactenus edita plurimum emendata Indicibus rerum copiosissimis ac distinctione characterum exornata 2 Auflage Amsterdam 1682 Liber de urinis In Opera Omnia Amsterdam 1682 Cerebri anatome cui accessit nervorum descriptio et usus 1664 Pathologiae Cerebri et Nervosi Generis Specimen 1667 De urinis dissertatio epistolica Traj ad Rhen 1670 De Anima Brutorum 1672 Pharmaceutice rationalis Sive Diatriba de medicamentorum operationibus in humano corpore Band 1 1674 1675 Scan bei Google Books Pharmaceutice rationalis sive diatriba de medicamentorum operationibus in humano corpore S l Hagae Comitis Leers 1677 Digitalisierte Ausgabe der Universitats und Landesbibliothek Dusseldorf Clarissimi Viri Thomae Willis Medicinae Doctoris Naturalis Philosophiae Professoris Oxoniensis Opera Omnia Cum Elenchis Rerum Et Indicibus necessariis ut amp multis Figuris aeneis 1681 Digitalisierte Ausgabe der Universitats und Landesbibliothek Dusseldorf weitere Ausgabe hrsg von G Blasius Amsterdam 1682 Literatur BearbeitenK Dewhurst Thomas Willis as a Physician Los Angeles University of California Press 1964 H R Isler Thomas Willis Ein Wegbereiter der modernen Medizin 1621 1675 Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 1965 J T Hughes Thomas Willis 1621 1675 His Life and Work Royal Society of Medicine London 1991 M Simonazzi Thomas Willis e il sistema nervoso in Id La malattia inglese La melanconia nella tradizione filosofica e medica dell Inghilterra moderna Il Mulino Bologna 2004 S 185 152 Wolf Dieter Muller Jahncke Willis Thomas In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte Walter de Gruyter Berlin und New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 1499 Weblinks BearbeitenThomas Willis Eintrag zu Willis Thomas 1621 1675 im Archiv der Royal Society London Gesamtausgabe Online Johann Heinrich Wettstein Hrsg Amsterdam 1682 Band 1 Band 2 Einzelnachweise Bearbeiten Luis Alfonso Arraez Aybar Pedro Navia Alvarez Talia Fuentes Redondo Jose L Bueno Lopez Thomas Willis a pioneer in translational research in anatomy on the 350th anniversary of Cerebri anatome In Journal of Anatomy Band 226 Nr 3 2015 S 289 300 doi 10 1111 joa 12273 PMID 25688933 englisch a b c Ackerknecht Erwin H Kurze Geschichte der Psychiatrie 3 Aufl Enke Stuttgart 1985 ISBN 3 432 80043 6 Seite 32 a b c d Dorner Klaus Burger und Irre Zur Sozialgeschichte und Wissenschaftssoziologie der Psychiatrie 1969 Fischer Taschenbuch Bucher des Wissens Frankfurt M 1975 ISBN 3 436 02101 6 a Beginn und Fortgang der Neurosenforschung Seite 35 55 62 78 107 b Lehre der Nerven Spirits Seite 34 36 c Funktionelle Storungen Seite 36 d Hysterie Seite 36 38 Seite 35 38 78 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Diepgen Goerke Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 25 Johanna Bleker Die Geschichte der Nierenkrankheiten Boehringer Mannheim Mannheim 1972 S 60 61 und 67 68 Normdaten Person GND 118772015 lobid OGND AKS LCCN n79062692 VIAF 27073010 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Willis ThomasKURZBESCHREIBUNG englischer Arzt und AnatomGEBURTSDATUM 27 Januar 1621GEBURTSORT Great Bedwyn WiltshireSTERBEDATUM 11 November 1675STERBEORT London Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Thomas Willis amp oldid 229812157