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Klassifikation nach ICD 10G70 Myasthenia gravis und sonstige neuromuskulare KrankheitenG70 0 Myasthenia gravisICD 10 online WHO Version 2019 Die Myasthenia gravis pseudoparalytica von griechisch mῦs mŷs Muskel ἀs8eneia astheneia Schwache lateinisch gravis schwer griechisch pseydhs pseudḗs falsch und paralysis paralysis Lahmung Kurzel MG gehort zu einer Gruppe von neurologischen Erkrankungen die durch eine gestorte Signalubertragung zwischen Nerv und Muskel gekennzeichnet sind wodurch es zu einer hochgradigen Ermudbarkeit der Muskulatur kommt und als Storungen der neuromuskularen Erregungsubertragung oder als myasthene Syndrome zusammengefasst werden Sie ist eine nichterbliche Autoimmunerkrankung bei der eine Storung an der motorischen Endplatte der quergestreiften Muskulatur Skelettmuskulatur vorliegt deren Ursache nicht vollig erforscht ist Das Krankheitsbild der Myasthenia gravis ist gekennzeichnet durch eine belastungsabhangige Muskelschwache die die oben genannte Muskulatur haufig asymmetrisch befallt auch einzelne oder mehrere Muskeln unabhangig von der Korperhalfte Zur Hauptsymptomatik gehort ihre wechselnde Auspragung beispielsweise kann sie neben dem Wechsel betroffener Muskeln oft im Tagesverlauf spontan ohne erkennbaren Grund zunehmen und oder kann ebenso plotzlich eine Erholung der betroffenen Muskeln in Ruhe wieder eintreten 1 Die Myasthenia gravis kommt sowohl bei Menschen wie auch bei Tieren besonders bei Haushunden vor Eine veraltete heute nicht mehr gebrauchliche Bezeichnung der Erkrankung lautet Erb Goldflam Syndrom Inhaltsverzeichnis 1 Myasthenia gravis beim Menschen 1 1 Haufigkeit 1 2 Ursache und Krankheitsentstehung 1 2 1 Acetylcholinrezeptorantikorper 1 2 2 Bedeutung des Thymus 1 3 Klinische Erscheinungen 1 4 Manifestationstypen 1 5 Verlaufsformen 1 5 1 Erstsymptomatik 1 5 2 Komplikationen 1 6 Untersuchungsmethoden 1 6 1 Differenzial Diagnostik 1 7 Therapie 1 8 Verlauf und Heilungsaussicht 1 9 Geschichte 2 Myasthenia gravis bei Tieren 2 1 Angeborene Myasthenia gravis 2 2 Erworbene Myasthenia gravis 3 Literatur 4 Einzelnachweise 5 WeblinksMyasthenia gravis beim Menschen BearbeitenHaufigkeit Bearbeiten Die Myasthenia gravis ist eine relativ seltene Erkrankung Die Krankheitshaufigkeit Pravalenz liegt bei etwa 100 bis 200 Erkrankungen pro 1 Million Einwohner Die Krankheit kann sich in jedem Lebensalter manifestieren sie hat jedoch zwei Manifestationsgipfel Der erste Gipfel liegt zwischen der zweiten und dritten Lebensdekade mit Bevorzugung des weiblichen Geschlechts der zweite Gipfel zwischen der sechsten und achten Lebensdekade mit Bevorzugung des mannlichen Geschlechts 2 Die Myasthenia gravis kommt bei Frauen haufiger vor Verhaltnis 3 2 3 In Nordamerika und Europa sind 10 bis 14 der Patienten junger als 10 Jahre Die Krankheitshaufigkeit hat seit Beginn der epidemiologischen Erhebungen um 1950 zu dieser Erkrankung zugenommen in den 1990er Jahren lag die Krankheitshaufigkeit etwa viermal hoher Diese Zunahme wird auf den zunehmenden Bekanntheitsgrad der Erkrankung auf bessere diagnostische Verfahren die Abnahme der Mortalitat und Veranderungen in der Altersstruktur der Bevolkerung zuruckgefuhrt 4 Ursache und Krankheitsentstehung Bearbeiten nbsp MuskelendplatteDie Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung das heisst der Korper bildet Autoantikorper gegen korpereigene Strukturen Bei der Myasthenia gravis sind es Antikorper die gegen Strukturen der postsynaptischen Membran im Bereich der neuromuskularen Endplatte gerichtet sind Mit grossem Abstand am haufigsten in etwa 85 der Falle sind Acetylcholinrezeptorantikorper nachweisbar also Antikorper die gegen den nikotinergen Acetylcholinrezeptor gerichtet sind Bei 1 bis 10 der Betroffenen konnen Antikorper gegen die muskelspezifische Tyrosinkinase MuSK und bei einigen Betroffenen so genannte niedrigaffine Acetylcholinrezeptorantikorper oder Antikorper gegen lipoprotein receptor related protein LRP4 nachgewiesen werden Bei einem Teil der Patienten die mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer Myasthenia gravis erkrankt sind gelingt kein Antikorpernachweis seronegative Myasthenia gravis 5 Es wird vermutet dass es neben den genannten Antikorpern noch weitere myasthenierelevante Antikorper geben konnte Nachgewiesen sind lediglich bestehende Zusammenhange zu Myasthenie relevanten Antikorpern und zum Thymus und der kausalen Basis der Erkrankung der gestorten Signalubertragung zwischen Nerv und Muskel Ungeklart ist auch der Ausloser der schwankenden Symptomatik bei Umwelteinflussen Infekten Entzundungen seelischen und psychischen Belastungen Acetylcholinrezeptorantikorper Bearbeiten Die Wechselwirkung zwischen dem Transmitter Acetylcholin und dessen Rezeptor wird durch Acetylcholinrezeptorantikorper verhindert oder erschwert Deshalb kann der elektrische Impuls das Aktionspotential vom Nerven nicht mehr auf den Muskel ubertragen werden der Muskel wird nicht erregt Daruber hinaus verringert sich die Anzahl der Acetylcholinrezeptoren da durch die Bindung der Antikorper an den Acetylcholinrezeptoren selbige durch eine Immunaktivitat abgebaut werden Dabei zerfallt die Struktur der subsynaptischen Membran in Bruchstucke Durch Endozytose entsteht ein Autophagosom Transportvesikel mit Verdauungsenzymen verschmelzen mit den Autophagosomen Die Acetylcholinrezeptoren werden durch diese Immunreaktion alle zwei bis drei Tage abgebaut Die Struktur der motorischen Endplatten wird verandert Die subsynaptischen Einfaltungen junctional folds werden flacher und der synaptische Spalt wird breiter Dies hat zur Folge dass das Acetylcholin bei seiner Ausschuttung aus dem synaptischen Spalt diffundiert oder es von dem Enzym Cholinesterase hydrolysiert wird bevor es einen Acetylcholinrezeptor besetzen kann Bedeutung des Thymus Bearbeiten Bei der Myasthenia gravis sind sehr haufig krankhafte Veranderungen des Thymus nachweisbar Dem Thymus wird eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Autoimmunprozesses zugeschrieben In bis zu 70 der Falle ist eine Thymitis lymphofollikulare Hyperplasie mit aktiven Keimzentren auffallig Bei 10 15 der Betroffenen ist ein Thymom nachweisbar Unter Umstanden kann die chirurgische Entfernung des Thymus den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen Eine Operationsindikation sollte in jedem Alter gestellt werden 6 Klinische Erscheinungen Bearbeiten nbsp Der sog Schlafzimmerblick bei Myasthenia gravisAm Morgen und nach Ruhepausen ist die Leistungsfahigkeit am besten doch nach wenigen wiederholten Bewegungen sind verschiedene Muskeln oder auch ganze Muskelgruppen erschopft Haufig treten die Symptome abends starker auf Von den Lahmungen bzw anfanglich nur Einschrankungen der Beweglichkeit sind besonders kleine Muskeln betroffen prinzipiell konnen aber alle quergestreiften willkurlich bewegbaren Muskeln betroffen sein Muskelgewebe ohne motorische Endplatten wie der Herzmuskel und die glatte Muskulatur sind nicht von der Krankheit betroffen Die Beteiligung letzterer ist allerdings wissenschaftlich bisher nie ausgeschlossen worden Ein Hinweis auf ihre Beteiligung konnte die Wirksamkeit der Pyridostigmin basierten Myasthenie Medikamente auf die Darmtatigkeit sein da der Darm bis auf die willkurliche Schliessmuskulatur aus glatter Muskulatur besteht Ein weiterer Hinweis konnte auch die darmverursachte Obstipation sein die zu den Symptomen des ebenfalls autoimmun verursacht vermuteten Lambert Eaton Rooke Syndrom LEMS gehort In etwa 50 der Falle macht sich die Myasthenia gravis zuerst an den Augen Augenlidern und oder den ausseren Augenmuskeln bemerkbar Durch Ermuden der Lidhebermuskeln kommt es zum typischen Schlafzimmerblick Ptosis weil die Lider nicht mehr hochgehalten werden konnen Die Patienten legen den Kopf zuruck um unter den Lidern hindurchschauen zu konnen Typische Fruhsymptome sind daher Ptosis sowie Diplopie Doppelbilder oder auch eine mangelnde oder unmogliche Schliessfahigkeit eines oder beider Augenlider Als Signe des cils Zilienzeichen bezeichnet man in diesem Zusammenhang das Sichtbarbleiben der Wimpern bei schwachem Lidschluss auch zu beobachten bei peripherer Fazialisparese Weitere typischerweise fruh betroffene Muskelgruppen sind die mimische Muskulatur die Mund und Zungenmuskulatur lachendes starres Gesicht verwaschenes oder unmogliches Sprechen die Hals und Nackenmuskulatur Kopfhalteschwache die Kau und die Rachenmuskulatur Schluckstorung bis hin zur Unfahigkeit Speichel abzuschlucken Bei weiterem Fortschreiten sind in den meisten Fallen die Arme starker betroffen als die Beine Ferner kann die Atemmuskulatur so stark beeintrachtigt werden dass Betroffene nur im Sitzen schlafen konnen oder in fortgeschrittenem Stadium beatmet werden mussen Auch die Schluckmuskulatur kann so stark betroffen sein dass eine unterstutzende oder vollstandige Versorgung uber eine Magensonde indiziert ist Gleichgewichts degenerative Gedachtnis oder Sensibilitatsstorungen sind keine Anzeichen einer MG Zur Charakteristik der Symptome ist zu sagen dass sie wechselnd nicht statisch und starr sind wechselnd sowohl in Bezug auf Uhrzeit auslosende Starke der Belastung und der Auswahl aktuell betroffener Muskeln bzw Muskelgruppen z B linke Hand rechtes Auge einmal zusammen einmal einzeln oder fruh oder abends Die Symptome sind nicht vorhersehbar und meist plotzlich hereinbrechend Manche Muskeln bzw Muskelgruppen sind lediglich in ihrer Beweglichkeit eingeschrankt bei anderen kann wiederum die ganze Kraft fehlen sie uberhaupt zu bewegen Da diese Wechselhaftigkeit des Verlaufs bei einem einzelnen Betroffenen bzw im Vergleich von Patient zu Patient so vielfaltig ist kann eigentlich von einer generellen Klinik Erscheinungsform nicht gesprochen werden Es wird sowohl zwischen Typen und Verlaufsformen unterschieden Manifestationstypen Bearbeiten Okulare MG Generalisierte MG MG im Kindesalter EOMG Early Onset MG Alters MG LOMG Late Onset MG 7 Verlaufsformen Bearbeiten Klassische AChR Antikorper MG MuSK Antikorper positive MG Kv1 4 Antikorper positive MG einem Kaliumkanal Antikorper MG mit Beteiligung weiterer Antikorper wie z B MGT30 oder RyR Seronegative MG das heisst ohne Antikorperbeteiligung Alters MG mit haufigeren Titin Antikorpern MG im Kindesalter mit haufigeren Fallen nicht nachweisbarer Antikorper Neonatale MG bei NeugeborenenErstsymptomatik Bearbeiten Uber 50 beginnend mit okularer Symptomatik z B Lidschwache und oder Doppelbilder Etwa 14 beginnend mit Schluck und Sprechstorungen Etwa 8 beginnend mit Arm bzw Beinschwachen z B unklaren Fussheber Paresen Sehr seltener Beginn bei der Rumpf und WirbelsaulenmuskulaturKomplikationen Bearbeiten Lebensbedrohlich ist in einer Krise das akute Versagen der Atemmuskeln Bei dieser akuten Verschlechterung der Symptome mit Atemproblemen spricht man von einer myasthenen Krise oder bei Uberdosierung von Cholinesterasehemmern wie Pyridostigmin von einer cholinergenen Krise Sehr hilfreich ist hier der Nothilfe Ausweis der medizinische Massnahmen und Ansprechpartner beschreibt Ausweise werden von der Deutschen Myasthenie Gesellschaft bzw von betreffenden Pharmaherstellern ausgegeben Im Falle beider Krisen ist rasche Aufnahme und kompetente Behandlung auf einer Intensivstation gefordert da die Mortalitatsrate immer noch recht hoch ist nach Literatur 4 13 Durch Verschlucken Schluckstorung kann es zu einer schweren Lungenentzundung kommen einer Aspirationspneumonie Symptomverstarkend sind Infekte Entzundungen Fieber Hitze Vibrationen Interkurrente Erkrankungen Schilddruse extreme Belastungen seelisch korperlich auch Belastungen wie Narkosen vor allem bei der Wahl myasthenie kontraindizierter Narkotika hormonelle Schwankungen Fehlbehandlungen bzw dosierungen bei der medikamentosen Therapie das Zuviel oder Zuwenig was symptomatisch auch schwankt Verschiedene Medikamente myasthenie kontraindizierte Schmerzmittel Antibiotika Psychopharmaka Hormonprodukte Rontgenkontrastmittel usw 8 Eine nicht unerhebliche Komplikation entsteht ebenfalls mit der Tatsache dass die Diagnose MG sehr spat statistisch nach 2 7 Jahren gestellt wird Obwohl oft eine schwankende Muskelschwache vorliegt ist sie immer typisch belastungsabhangig kann also bei der Untersuchung bewusst verschlechtert werden zudem sind meist typisch die kleinen motorischen Muskeln wie Kauen Schlucken und die Augen zuerst betroffen die durch Kalteexposition z B Eisbeutel Test bei Ptosis deutlich verbessert werden konnen und bei den meisten Betroffenen lassen sich Acetylcholinrezeptor Antikorper nachweisen Dennoch gelingt es Neurologen bis heute nicht die Erkrankung schnell zu diagnostizieren da Myasthenia gravis eine periphere Muskelerkrankung ist jedoch sie sich oft nur an Diagnostiken bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems orientieren Einerseits bedeutet das fur die Betroffenen zusatzliche Symptomverschlechterung aufgrund des Fehlens der dringlichen medikamentosen Behandlung sowie eine zusatzliche psychische Belastung wegen der nicht seltenen und fur die Krankenkassen sehr kostspieligen Odysseen durch medizinische Einrichtungen Untersuchungsmethoden Bearbeiten Die Diagnose wird vor allem anhand des klinischen Bilds in Verbindung mit dem Nachweis von krankheitsspezifischen Autoantikorpern dem Ansprechen myasthener Symptome nach Verabreichung von Acetylcholinesterase Inhibitoren und mit Hilfe elektrophysiologischer Untersuchungen gestellt Abhangig von der Schwere der Erkrankungen unterteilt man die MG in verschiedene Stadien nach Osserman und Genkins Stadium Bezeichnung befallene KorperregionenI rein okulare Myasthenia gravis nur AugenmuskelnIIa leichte Generalisierung ganzer KorperIIb mittelschwere Generalisierung ganzer KorperIII schwere akute Generalisierung ganzer Korper mit AtemmuskulaturIV schwere chronische GeneralisierungDer Besinger Score dient der klinischen Verlaufsbeurteilung Einzelne Untersuchungsmethoden sind Simpson Test in Verbindung mit dem Tensilontest Ermudung der Augenlider im langeren Aufblick welche nach Gabe von Tensilon vorubergehend verschwindet Nachweis von Augenmuskelgleichgewichtsstorungen mit Doppelbildern Intensive uber das normale Mass der Standard Neurologie hinausgehende Belastungstests verschiedener Muskelgruppen Voraussetzung zur Erstellung eines aussagekraftigen MG Score Prostigmintest Tensilon Test vorubergehendes Verschwinden von Symptomen nach intravenoser Injektion von Tensilon richtungsweisend fur eine Neuro Transmitter Erkrankung aber nicht spezifisch fur eine MG Eisbeuteltest ahnlich wie beim eben erwahnten Medikamententest kann auch eine aufgelegte Eiskompresse z B auf ein aktuell schwer schliessbares oder herabhangendes Augenlid das Symptom abmildern Sollte die Kalte das Symptom beeinflussen ist dies richtungsweisend Repetitive Serienstimulation einzelner Nerven RSN elektrophysiologischer Test bei dem bei Betroffenen unter der kunstlichen Simulation Nachahmung von Muskelbelastung ein Dekrement Fussnote 1 nachgewiesen werden kann Einzelfaser EMG ahnlich wie die Stimulation elektrophysiologisch allerdings sehr aufwendig und im Falle der seronegativen MG kein Nachweis moglich Elektromyographie Dekrementzeichen Abnahme der Amplitude der evozierten Reizantwortpotentiale im Erfolgsmuskel Histologischer Nachweis von Lymphoidzellen in Muskelbiopsaten Es dominiert eine Typ 2 Muskelfaseratrophie 9 Labor Diagnostik Nachweis von Acetylcholinrezeptor Antikorpern und oder von Anti MuSK Antikorpern im Blut Belastungstests im Rahmen einer Schluck Diagnostik durch myasthenie erfahrene Logopaden apparativ mittels einer Videoendoskopie und oder bildgebenden Schluckstudie bildgebende Diagnostik CT mit Kontrastmittel der Lungenregion um den Thymus nbsp Dekrement Fussnote 1 mit deutlicher Abnahme der Muskelkraft vereinfachte Darstellung einer Elektromyographiemessung nbsp Amplitude ohne Dekrement bei gleichbleibender Muskelkraft vereinfachte Darstellung Elektromyographiemessung a b Dekrement Spezielle abnehmende Form Sattelform einer Amplitude aus der eine abnehmbare Muskelbelastbarkeit abgelesen werden kann Das gegenteilige Inkrement ist eine spezielle zunehmende Form einer Amplitude Sollte sich dieses in einer Serienstimulation zeigen ist neben der Myasthenia gravis an ein LEMS Lambert Eaton Myasthenes Syndrom differenzialdiagnostisch zu denken Hier ist dann ein Test der Kalziumkanal Antikorper VGCC AK zu erwagen Das LEMS ist wie die MG eine muskelschwachende Erkrankung Zur Labor Diagnostik ist anzumerken dass in 50 der okularen und etwa 10 15 der generalisierten Falle keine AChR AK und in der Halfte dieser Falle auch keine MuSK AK oder andere Antikorper nachweisbar sind Es handelt sich dann um eine seronegative MG Auch hier ist die Diagnosestellung erschwert und ist fur myasthenie erfahrene Neurologen anhand des Verlaufs zu beurteilen Zu den elektrophysiologischen Untersuchungen ist zu sagen dass eine gewisse Erfahrung zur Diagnostik notwendig ist Zu Fehlerquellen gehoren zu wenig untersuchte Muskeln eine zu kalte Muskulatur und oder ein durch den Untersucher zu wenig belasteter oder lediglich durch den Patienten wahrend der Untersuchung betatigter Muskel sowie mangelndes Wissen z B hinsichtlich der rechtzeitigen Absetzung falls medizinisch vertretbar von beeinflussenden medikamentosen Therapien z B Pyridostigmin den Cholinesterasehemmern Auch kann ein im ersten Moment grenzwertiges Dekrement 7 9 erst nach erneuter Messung 2 und 5 Minuten posttetanisch als pathologisch beurteilt werden Differenzial Diagnostik Bearbeiten Gegenuber der Myasthenia gravis sind vor allem auszuschliessen Lambert Eaton Rooke Syndrom LEMS Amyotrophe Lateralsklerose ALS Multiple Sklerose MS Allgemeinere Muskelschwachen verursacht durch z B Anorexie Kachexie oder auch andere seelische psychiatrische oder neurologische Erkrankungen Hirnerkrankungen Durchblutungsstorungen Stoffwechselstorungenbzw manifestieren sich abzugrenzende Sonderformen neonatale Myasthenie Neugeborene medikamentos boreolos bzw durch Gifte erzeugte myasthene Symptome kongenitales myasthenes Syndrom 10 11 12 Therapie Bearbeiten Bei der medikamentosen Behandlung der Myasthenia gravis konnen drei Therapieprinzipien unterschieden werden Operativ kann unter Umstanden eine Entfernung des Thymus den Krankheitsverlauf beeinflussen Die Therapie mit Acetylcholinesterasehemmern dient der Verbesserung der neuromuskularen Erregungsubertragung Sie hemmen das Enzym Acetylcholinesterase und damit den Abbau von Acetylcholin im synaptischen Spalt Dadurch wird sowohl die zeitliche Verfugbarkeit als auch die Konzentration des Acetylcholins im synaptischen Spalt erhoht Dementsprechend bleiben die postsynaptisch gelegenen Acetylcholinrezeptoren langer besetzt und zeitlich langer aktiviert 13 Die myasthene Symptomatik spricht variabel auf die Therapie mit Acetylcholinesterasehemmern an Wahrend sich die Schwache der Extremitatenmuskulatur haufig deutlich verbessert sprechen beispielsweise Augenmuskeln haufig nicht gut auf die Therapie an 14 Eingesetzt werden zur oralen Verabreichung die Wirkstoffe Pyridostigminbromid und bei der seltenen Bromunvertraglichkeit Ambeniumchlorid Zur intravenosen Anwendung stehen Neostigmin und ebenfalls Pyridostigmin zur Verfugung Die Therapie mit Acetylcholinesterasehemmern ist eine rein symptomatische Therapie die den Krankheitsverlauf oder die Prognose der Erkrankung nicht beeinflussen kann Wichtige Nebenwirkungen der Therapie mit Acetylcholinesterasehemmern sind ubermassiges Schwitzen und Muskelkrampfe Bei hoher Dosierung besteht das Risiko einer cholinergen Krise so dass eine Dosis von 600 mg nur ausnahmsweise uberschritten werden sollte 15 Die immunsuppressive Behandlung mit Glucocorticoiden oder Azathioprin kann die Antikorperwirkung abschwachen Bei schweren oder kritischen Verlaufen myasthene Krisen werden der Plasmaaustausch die Immunadsorption oder hochdosierte Immunglobulingaben eingesetzt 16 In seltenen therapierefraktaren Fallen kann eine chronische ambulante Therapie mit Immunadsorption notwendig sein 17 Es besteht ausserdem die Moglichkeit der chirurgischen Entfernung des Thymus oder eines Thymoms Thymektomie Eine Umstellung auf weniger aspirationsgefahrdende Kost vorbeugende Schlucktherapie und in schweren Fallen Ernahrung per PEG Magensonde apparativer Sekret Absaugung und oder Tracheostoma Tracheotomie ist gegebenenfalls erforderlich Sollten Doppelbilder bei der okularen Myasthenie konstant bleiben schafft ein augenarztlich ausgemessenes Prismenglas in einer Brille oder eine mittels Wasserfilm auf ein Glas einer vorhandenen Sehbrille ansaugbare bzw anklebbare Prismenfolie einen Ausgleich Verlauf und Heilungsaussicht Bearbeiten Bleiben nur die Augenmuskeln betroffen ist die Prognose gut und mit medikamentoser Therapie beherrschbar Die Ausbreitung auf den gesamten Korper Generalisierung war hingegen vor einigen Jahren noch unheilbar Durch moderne Medikamente ist in diesen Fallen die Prognose in den letzten Jahren deutlich besser geworden Das bedeutet aber eine lebenslange Medikation Weitere Massnahmen wie z B erwahnte PEG oder Tracheostoma wirken lebensverlangernd konnen aber einen erheblichen Verlust an Lebensqualitat bedeuten Bei zu spater oder gar fehlender Diagnosestellung schweren Verlaufen und Krisen siehe Komplikationen kann die Lebenszeit verkurzt sein Die Thymektomie fuhrt vor allem bei jungen Patienten oft zu einem Ruckgang der Symptome In diesem Fall ist einige Jahre nach der Thymusentfernung evtl auch das Absetzen der immunsuppressiven Medikamente moglich und somit eine deutliche Besserung festzustellen manchmal wird auch eine Remission erreicht Geschichte Bearbeiten Die Myasthenia gravis ist beim Menschen seit dem 17 Jahrhundert bekannt Der erste dokumentierte Fall aus dem Jahr 1644 wurde in der britischen Kolonialpost aus Nordamerika gefunden Dort wird geschildert wie der Indianerhauptling Opechankanough aufgrund plotzlich auftretender Schwache nicht mehr gehen konnte 18 Die medizinische ausfuhrliche Erstbeschreibung von Fallen mit myasthener Hauptsymptomatik in Form von Sprechstorungen Doppelbildern und rascher Ermudbarkeit erfolgte wenige Jahre spater 1672 durch den Oxforder Arzt Thomas Willis im lateinisch verfassten De Anima Brutorum Allerdings blieb Willis Werk uber 200 Jahre in der medizinischen Wissenschaft unbeachtet bzw folgte keine weitere nachweisliche Beobachtung myasthener Symptome Erst 1877 verfasste der Londoner Arzt Samuel Wilks eine nachste Fallbeschreibung eines Madchens mit Sprechstorung und bezeichnete die Erkrankung noch als eine bulbare Paralyse Der erste deutschsprachige Bericht erschien 1879 durch den an der Heidelberger Friedreichsklinik tatigen Wilhelm Erb mit dem Werk Zur Casuistik der bulbaren Lahmungen bei drei Patienten Hermann Oppenheim ein Neurologe der Berliner Charite stellte 1887 einen Fall vor 1893 folgte Samuel Goldflam in Warschau mit der bis dahin umfassendsten Publikation Daher stammt der veraltete Name Erb Goldflam Syndrom Leider erfolgte auch schon damals haufig eine falsche Deutung myasthener Symptome als Krankheitszeichen einer neurotischen Erkrankung der Hysterie ahnlich wie es bis in die Gegenwart zur Verwechslung mit psychosomatischen Symptomen kommt Friedrich Jolly fuhrte nachweisende elektrophysiologische Untersuchungen durch und pragte 1895 mit seinem gleichnamigen Werk den bis heute ublichen Namen Myasthenia gravis pseudoparalytica Nach ersten neuen Erkenntnissen uber den Zusammenhang mit dem Thymus zu Anfang des 20 Jahrhunderts fuhrte 1912 Sauerbruch die erste Thymektomie durch Erste erfolgreiche medikamentose Versuche zur Behandlung der Myasthenia gravis unternahmen zwei Arztinnen Die von myasthenen Symptomen selbst betroffene Harriet Edgeworth aus den USA stellte fest dass Ephedrin ihre Muskelkraft besserte 1933 veroffentlichte sie nach einem ersten einen umfassenderen zweiten Bericht uber ihre mehrjahrigen Versuche 19 Ein Jahr spater 1934 publizierte die Britin Mary Broadfoot Walker tatig am St Alfege s Hospital in Greenwich den Artikel Treatment of Myasthenia gravis with physostigmin 20 Sie beschrieb darin die Beobachtung dass die Symptomatik der Myasthenia gravis einer Vergiftung mit dem Pfeilgift Curare ahnelt Diese kann mit Cholinesterasehemmern behandelt werden Das ist bis zum heutigen Zeitpunkt die wirksamste medikamentose Therapie Der Wirkstoff ist Pyridostigmin Walker fand und bewies damit einen Hinweis auf eine gestorte Ubertragung zwischen Nerv und Muskel Dieser kausale Zusammenhang wurde allerdings erst nach 1960 experimentell nachgewiesen Bereits 1960 wies John Alexander Simpson hypothetisch auf eine autoimmune Pathogenese hin Der Nachweis der AChR Antikorper gelang erst 1974 21 22 MuSK Antikorper wurden erstmals 2001 beschrieben 23 Myasthenia gravis bei Tieren BearbeitenDie Myasthenia gravis kommt vor allem bei Haushunden daneben auch bei Katzen oder Nutztieren vor Hier werden eine angeborene und eine erworbene Form unterschieden Die Pathogenese ist die gleiche wie beim Menschen also eine Autoimmunerkrankung die sich gegen die Acetylcholinrezeptoren richtet Die Behandlung erfolgt wie beim Menschen Angeborene Myasthenia gravis Bearbeiten Die angeborene Myasthenia gravis ist relativ selten und tritt gehauft bei einigen Hunderassen Jack Russell Terrier Glatthaar Foxterrier Springer Spaniel auf Die Erkrankung wird autosomal rezessiv vererbt und tritt typischerweise in der 6 bis 8 Lebenswoche auf Erworbene Myasthenia gravis Bearbeiten Die erworbene Myasthenia gravis ist haufiger und vermutlich multifaktoriell bedingt wobei wohl ebenfalls eine genetische Pradisposition vorliegt Thymome kommen ebenfalls als Ausloser in Betracht Die Alterspradisposition ist zweiphasisch mit einem Haufigkeitsmaximum bei Junghunden 1 4 Lebensjahr und einem bei alten Hunden ab 9 Lebensjahr Klinisch aussert sie sich zumeist in lokalen Muskelstorungen Haufig etwa 80 der Falle ist vor allem die Speiserohre betroffen und es entwickelt sich ein Megaosophagus Klinisch zeigt sich ein haufiges Regurgitieren Hier besteht ein besonders hohes Risiko fur eine Aspirationspneumonie Auch die Rachenmuskulatur kann involviert sein was sich in Stimmveranderungen aussert Eine dritte haufige Lokalisation sind wie beim Menschen die Augenmuskeln In diesem Fall ist der Lidschlussreflex vermindert und schnell ermudbar Die generalisierte Form aussert sich in schneller Ermudbarkeit steifem Gang bis hin zu einer Paraparese der Hintergliedmassen oder Tetraparese Auch ein Megaosophagus ist haufig Eine myasthenische Krise mit akuter Para oder Tetraparese und Megaosophagus kann ebenfalls auftreten Die Diagnose kann sicher nur mit dem Nachweis der Autoantikorper gestellt werden Bei einem Megaosophagus oder bei Thymomen kann eine Rontgenaufnahme des Brustkorbs wichtige Hinweise geben Differentialdiagnostisch mussen andere Polyneuropathien Botulismus selten beim Hund Polymyositis Zeckenparalyse selten und Azetylcholin oder Organophosphat Vergiftungen ausgeschlossen werden Siehe auch VETAMIN D Literatur BearbeitenDiagnostik und Therapie der Myasthenia gravis und 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