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Als Teilungen Polens wird die schrittweise Aufteilung des polnisch litauischen Staatsgebietes in den Jahren 1772 1 Teilung 1793 2 Teilung und 1795 3 Teilung unter Russland Preussen und Osterreich und die mit der 3 Teilung schliesslich erfolgte Auflosung der polnisch litauischen Adelsrepublik bezeichnet 1 Die Gebietsaufteilungen geschahen jeweils in gegenseitiger Absprache dieser drei Nachbarstaaten Polen Litauen blieb bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918 von diesen annektiert Sowohl Polen als auch Litauen waren also mehr als ein Jahrhundert lang keine souveranen Staaten mehr Die drei Teilungen PolensEine kurzlebige Anderung bestand lediglich zwischen 1807 und 1815 als Napoleon Bonaparte aus Teilen der von Preussen und Osterreich annektierten Gebiete das Herzogtum Warschau geschaffen hatte Als franzosischer Satellitenstaat diente es ihm als Rekrutierungsgebiet und Aufmarschbasis fur den Russlandfeldzug 1812 Es blieb Napoleon auch im Befreiungskrieg von 1813 1814 treu weshalb der Wiener Kongress es 1815 aufloste Der grosste Teil davon kam weder an Preussen noch an Osterreich zuruck sondern indirekt zu Russland durch die Bildung des konstitutionellen Konigreichs Polen das fortan die autokratischen russischen Zaren in Personalunion regierten Anm 1 Als Vierte Teilung Polens gilt die erneute Aufteilung des Landes zwischen NS Deutschland und der Sowjetunion durch den Hitler Stalin Pakt von 1939 Die Bezeichnung wurde aber auch auf die Beschneidung des polnischen Staatsgebiets durch den Wiener Kongress und auf die Westverschiebung Polens nach dem Zweiten Weltkrieg angewandt Inhaltsverzeichnis 1 Uberblick 2 Die Schwachung Polens seit dem 17 Jahrhundert 2 1 Zweiter Nordischer Krieg 2 2 Grosser Nordischer Krieg 2 3 Abhangigkeit vom Ausland und Widerstand im Inneren 2 4 Polen unter russischer Hegemonie 3 Die erste Teilung 1772 3 1 Die Ausloser Anti russischer Aufstand und Russisch Osmanischer Krieg 3 2 Preussisch russische Absprachen 3 3 Ausfuhrung trotz anfanglicher Bedenken 3 4 Stabilisierung des europaischen Machtgefuges 3 5 Innenpolitische Auseinandersetzungen 3 6 Verfassung vom 3 Mai 1791 3 7 Reaktionen der Nachbarstaaten 4 Die zweite Teilung 1793 5 Die dritte Teilung 1795 6 Statistik der Teilungen 6 1 Territoriale Statistik 6 2 Ethnische Zusammensetzung der Teilungsgebiete 7 Forschung 8 Uberreste von Grenzzeichen 9 Siehe auch 10 Literatur 11 Weblinks 12 Anmerkungen 13 EinzelnachweiseUberblick BearbeitenNachdem Polen Litauen ein dualistischer und foderaler Standestaat mit einem von der Aristokratie in freier Wahl gewahlten Konig an der Staatsspitze in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts durch zahlreiche vorangegangene Kriege und innere Konflikte z B durch die Konfoderationen stark geschwacht war geriet das Land ab 1768 unter die Vorherrschaft Russlands Zarin Katharina II forderte die rechtlich politische Gleichstellung der sogenannten Dissidenten wie damals vor allem die zahlreiche orthodoxe ostslawische Bevolkerung Polen Litauens genannt wurde aber auch Protestanten Dies provozierte jedoch den Widerstand des katholischen polnischen Adels vgl Konfoderation von Bar 1768 1772 Preussen nutzte diese unruhige Situation und verhandelte mit Russland uber eine Strategie fur Polen Schliesslich gelang es Konig Friedrich II und Zarin Katharina II mit rein diplomatischen Mitteln eine Annexion grosser Gebiete Polens durch Osterreich Russland und Preussen zu erreichen Preussens lange verfolgtes Ziel eine Landbrucke nach Ostpreussen zu schaffen wurde auf diese Weise 1772 erreicht Der nach dieser ersten Teilung verbliebene Staat setzte verschiedene Reformen in seinem Inneren durch unter anderem die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips im Reichstag liberum veto wodurch Polen seine Handlungsfahigkeit zuruckgewinnen wollte Die Reformen mundeten schliesslich am 3 Mai 1791 in der Verabschiedung einer liberalen Verfassung Ein solcher Reformeifer gepragt von den Ideen der Franzosischen Revolution widersprach aber den Interessen der absolutistischen Nachbarmachte und Teilen des konservativen polnischen Hochadels vgl Konfoderation von Targowica 1792 und leistete 1793 einer weiteren Teilung Vorschub an der sich Preussen und das Russische Reich beteiligten Die neuerliche Teilung stiess auf heftigen Widerstand so dass sich die Vertreter des Kleinadels mit Teilen des Burgertums und Bauernstandes einem Volksaufstand um Tadeusz Kosciuszko anschlossen Nachdem der Kosciuszko Aufstand von den Teilungsmachten niedergeschlagen worden war entschlossen sich Preussen und Russland 1795 jetzt wieder unter osterreichischer Beteiligung zur restlosen Aufteilung der polnisch litauischen Adelsrepublik Die Schwachung Polens seit dem 17 Jahrhundert BearbeitenBereits seit der ersten Halfte des 17 Jahrhunderts geriet Polen Litauen in eine lange Phase zumeist unfreiwilliger kriegerischer Auseinandersetzungen mit seinen Nachbarn Insbesondere die immer wiederkehrenden Zusammenstosse mit dem Osmanischen Reich vgl Osmanisch Polnische Kriege Schweden vgl Schwedisch Polnische Kriege und Russland vgl Russisch Polnische Kriege belasteten die Stabilitat des Unionsstaates Zweiter Nordischer Krieg Bearbeiten Kriegerische Auseinandersetzungen die den Unionsstaat schwer erschutterten begannen 1648 mit dem grossflachigen Chmielnicki Aufstand der ukrainischen Kosaken die sich gegen die polnische Herrschaft in der westlichen Rus auflehnten Im Vertrag von Perejaslaw stellten sich die Kosaken unter den Schutz des Zarentums Russland was den Russisch Polnischen Krieg 1654 1667 ausloste Die Siege und das Vorrucken der Russen und der ukrainischen Kosaken unter Chmielnicki bedingten daruber hinaus den Einfall Schwedens in Polen ab 1655 vgl Zweiter Nordischer Krieg der in der polnischen Geschichtsschreibung als Blutige oder Schwedische Sintflut bekannt wurde Zeitweise ruckten die Schweden bis nach Warschau und Krakau vor Gegen Ende der 1650er Jahre wurde Schweden durch den Kriegseintritt weiterer Machte so weit geschwacht und in die Defensive gedrangt dass Polen im Frieden von Oliva 1660 den Status quo ante aushandeln konnte Die Auseinandersetzungen mit Russland gingen jedoch weiter und mundeten schliesslich in einen fur Polen ungunstigen Waffenstillstandsvertrag 1667 durch den die Rzeczpospolita grosse Teile ihres Staatsgebiets Smolensk Linksufrige Ukraine mit Kiew und Millionen von Einwohnern an das russische Zarentum verlor Nicht nur territorial war Polen nun geschwacht Aussenpolitisch wurde der Unionsstaat immer handlungsunfahiger und wirtschaftlich bedeuteten die Kriegsfolgen eine Katastrophe Die Halfte der Bevolkerung starb in den Wirren der Kriege oder wurde vertrieben 30 Prozent der Dorfer und Stadte waren zerstort Der Ruckgang landwirtschaftlicher Erzeugnisse war dramatisch allein die Getreideproduktion erreichte nur noch 40 Prozent des Vorkriegsniveaus 2 Polen geriet bis zum Beginn des 18 Jahrhunderts in einen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungsruckstand den es bis ins darauf folgende Jahrhundert nicht aufholen konnte Grosser Nordischer Krieg Bearbeiten Dennoch begann das neue Jahrhundert mit einem weiteren verheerenden Krieg dem Dritten oder Grossen Nordischen Krieg 1700 1721 der heute haufig als Ausgangspunkt der Geschichte der Teilungen Polens angesehen wird 3 Uber 20 Jahre dauerten die erneuten Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft im Ostseeraum Die meisten Anrainer schlossen sich im Vertrag von Preobraschenskoje zur Nordischen Liga zusammen und bezwangen Schweden letztendlich Der Frieden von Nystad 1721 besiegelte das Ende Schwedens als regionale Grossmacht Die Rolle Polen Litauens in diesem Konflikt offenbarte die Schwache der Republik nur allzu deutlich Schon vor Kriegsbeginn war die Adelsrepublik kein gleichrangiger Akteur mehr unter den Ostsee Machten gewesen Vielmehr fiel Polen Litauen immer weiter unter die Hegemonie Russlands Dennoch strebte der neue Konig von Polen und Kurfurst von Sachsen August II danach aus den Auseinandersetzungen um das Dominium maris baltici Profit zu schlagen und seine Position wie die des wettinischen Hauses zu starken Hintergrund dieser Bestrebungen war wohl insbesondere die Absicht ein dynastisches Zeichen zu setzen um die von ihm gewunschte Uberfuhrung der sachsisch polnischen Personalunion in eine Realunion und Erbmonarchie zu forcieren Polen Litauen war seit seiner Grundung 1569 4 eine Wahlmonarchie Nachdem Russland die schwedischen Truppen bei Poltawa 1709 besiegt hatte stand die Nordische Liga endgultig unter der Fuhrung des Zarenreichs Fur Polen bedeutete diese Entscheidung einen erheblichen Bedeutungsverlust da es keinen Einfluss mehr auf den weiteren Kriegsverlauf nehmen konnte Russland betrachtete den Doppelstaat Polen Litauen nicht mehr als potenziellen Bundnispartner sondern nur noch als Vorfeld seines Imperiums Das russische politische Kalkul sah vor die Adelsrepublik soweit unter Kontrolle zu bringen dass sie dem Einfluss konkurrierender Machte entzogen blieb Polen geriet so in eine Epoche der Souveranitatskrise 5 Die Situation im Inneren des Staates war ebenso schwierig wie die aussenpolitische Lage Neben seinen Versuchen sich nach aussen hin Geltung zu verschaffen war der sachsische Kurfurst August II als neuer polnischer Konig bestrebt die Republik in seinem Sinne zu reformieren und die Macht des Konigs auszubauen Doch verfugte er innerhalb der Republik weder uber eine Hausmacht noch uber ausreichend Unterstutzung um ein solches absolutistisches Reformwerk gegen den machtigen polnischen Adel durchzusetzen Im Gegenteil Kaum trat er mit seinen Reformbestrebungen auf den Plan formierte sich Widerstand im Adel was 1715 letztendlich die Bildung der Konfoderation von Tarnogrod nach sich zog Augusts Staatsstreich fuhrte zum offenen Konflikt Russland nutzte die Chance des Burgerkriegs und sicherte sich schliesslich mit seiner Intervention auch langerfristigen Einfluss Im Stummen Sejm von 1717 hatte sich die Republik selbst entmilitarisiert durch die Finanzierung einer kleinen Stehenden Berufsarmee von hochstens bis zu 24 000 Mann 6 die auf Grundlage einer Besteuerung der Adelsguter finanziert werden sollte In der Praxis und fur die Bedurfnisse des 18 Jahrhunderts war diese Armeestarke jedoch viel zu gering Das benachbarte territorial und auch in puncto Bevolkerungszahl viel kleinere Preussen unterhielt um 1717 geschatzt ein Heer von rund 50 000 Mann das bis 1739 auf uber 80 000 Mann verstarkt wurde Am Ende des Grossen Nordischen Krieges 1721 gehorte Polen zwar zu den offiziellen Gewinnern doch tauscht dieser Sieg uber den immer weiter fortschreitenden Prozess der Unterordnung der Republik unter die Hegemonialinteressen der Nachbarstaaten hinweg bedingt und gefordert durch eine Koinzidenz von innerer Krise und aussenpolitischem Konstellationswechsel 7 De iure war Polen freilich noch kein Protektorat Russlands aber de facto war der Souveranitatsverlust deutlich spurbar In den folgenden Jahrzehnten bestimmte Russland die polnische Politik 8 Abhangigkeit vom Ausland und Widerstand im Inneren Bearbeiten Wie gross die Abhangigkeit von den anderen europaischen Machten war zeigte die Entscheidung uber die Thronfolge nachdem August II 1733 verstorben war Es war nicht allein die Szlachta d h der polnische Landadel die diese Entscheidung treffen sollte In die Nachfolgediskussion mischten sich neben den Nachbarmachten auch Frankreich und Schweden ein die versuchten Stanislaw Leszczynski auf dem Thron zu platzieren Die drei Nachbarstaaten Preussen Russland und Osterreich aber versuchten die Thronbesteigung durch Leszczynski zu verhindern und verpflichteten sich noch vor dem Tode Augusts II gegenseitig auf einen eigenen gemeinsamen Kandidaten zu setzen Lowenwoldesches Traktat bzw Allianzvertrag der drei Schwarzen Adler Dabei sollte ein wettinischer Kandidat ausgeschlossen werden Der polnische Adel ignorierte jedoch den Beschluss der Nachbarstaaten und votierte mit einer Mehrheit fur Leszczynski Russland und Osterreich gaben sich mit dieser Entscheidung aber nicht zufrieden und setzten eine Gegenwahl durch Entgegen den Vereinbarungen und ohne Absprache mit Preussen nominierten sie den Sohn des verstorbenen Konigs den Wettiner August III Die Folge war ein dreijahriger Thronfolgekrieg in der die anti wettinische Konfoderation von Dzikow unterlag und an dessen Ende Leszczynski abdankte Auf dem Pazifikationsreichstag 1736 erkaufte sich der Sachse August III mit dem Verzicht auf eigene Gestaltungsmoglichkeiten schliesslich den Konigstitel und beendete somit das Interregnum 9 nbsp Karte von Gilles Robert de Vaugondy aus dem Jahr 1751 Preussen geteilt in das konigliche Preussen rosa und das herzogliche Preussen gelb das durch Kaiser Leopold zu einem Konigreich erhoben wurde zugunsten von Friedrich I Kurfursten von Brandenburg gekront im Januar 1701 Links in Gelb das ebenfalls preussische Pommern In Grunabstufungen einzelne Landesteile PolensDie sich bekampfenden Konfoderationen sollten die Republik nahezu das ganze 18 Jahrhundert lahmen Verschiedene Parteiungen mit unterschiedlichen Interessen standen sich gegenuber und machten es unmoglich in einem System das auf dem Einstimmigkeitsprinzip beruhte Reformen durchzufuhren Das Liberum Veto ermoglichte es jedem einzelnen Mitglied der Szlachta durch seinen Einspruch einen zuvor ausgehandelten Kompromiss zu Fall zu bringen Durch die Einflussnahme der Nachbarmachte verstarkte sich die innere Spaltung der Republik zusatzlich so dass beispielsweise wahrend der kompletten Regierungszeit Augusts III zwischen 1736 und 1763 kein einziger Reichstag erfolgreich abgeschlossen werden konnte und somit nicht ein Gesetz verabschiedet wurde 10 Auch in den Jahren davor zeigt die Bilanz der Reichstage die lahmende Wirkung des Einstimmigkeitsprinzips Von den insgesamt 18 Reichstagen von 1717 bis 1733 wurden alleine elf gesprengt zwei endeten ohne Beschlussfassung und nur funf erzielten Ergebnisse 11 Nach dem Tode Augusts III strebten insbesondere die beiden polnischen Adelsgeschlechter Czartoryski und Potocki an die Macht Doch wie schon beim Interregnum 1733 wurde die Thronfolge wieder zu einer Frage europaischer Dimension Es waren wiederum keineswegs die polnischen Adelsparteien die die Nachfolge bestimmten sondern die europaischen Grossmachte speziell die grossen Nachbarstaaten Zwar war das Resultat der Konigswahl ganz im Sinne Russlands aber auch Preussen spielte eine entscheidende Rolle Verstarkt versuchte der preussische Konig Friedrich II seine Interessen zu verfolgen Wie schon in seinen Testamenten 1752 und 1768 beschrieben beabsichtigte er durch den Erwerb des polnischen Preussen Koniglichen Anteils eine Landverbindung zwischen Pommern und Ostpreussen seinem Konigreich zu schaffen 12 Welche Bedeutung diese Erwerbung hatte zeigt die Haufigkeit mit der Friedrich diesen Wunsch immer wieder erneuerte Noch 1771 schrieb er Polnisch Preussen wurde die Muhe lohnen selbst wenn Danzig nicht inbegriffen ware Denn wir hatten die Weichsel und die freie Verbindung mit dem Konigreiche was eine wichtige Sache sein wurde 13 Polen unter russischer Hegemonie Bearbeiten nbsp Stanislaw August Poniatowski mit Krone und Stundenglas Gemalde von Marcello Bacciarelli Da Russland einen solchen Machtgewinn Preussens nicht ohne weiteres akzeptiert hatte strebte der Preussenkonig ein Bundnis mit der russischen Kaiserin Katharina II an Eine erste Gelegenheit ein solches russisch preussisches Abkommen zu schmieden war die Nominierung des neuen polnischen Konigs im April 1764 Preussen akzeptierte die Wahl des russischen Wunschkandidaten auf den polnischen Thron Osterreich blieb bei dieser Entscheidung ausgeschlossen und so bestimmte Russland quasi im Alleingang uber die Thronfolge Russlands Entscheidung uber die Person des Thronfolgers war dabei schon langst gefallen Bereits im August 1762 sicherte die Zarin dem fruheren britischen Botschaftssekretar Stanislaw August Poniatowski die Thronfolge zu und verstandigte sich mit der Adelsfamilie der Czartoryski uber deren Unterstutzung 14 Ihre Wahl fiel dabei auf eine Person ohne Hausmacht und mit geringem politischen Gewicht Ein schwacher pro russischer Konig bot in den Augen der Zarin die beste Gewahr fur die Subordination des Warschauer Hofes unter die Weisungen Petersburgs 15 Dass Poniatowski ein Liebhaber Katharinas II war spielte bei der Entscheidung wohl eine untergeordnete Rolle 14 Dennoch war Poniatowski mehr als nur eine Verlegenheitswahl denn der erst 32 jahrige Thronanwarter hatte eine umfassende Bildung ein grosses Sprachtalent und verfugte uber weitgehende diplomatische und staatstheoretische Kenntnisse 16 Nach seiner Wahl am 6 7 September 1764 die durch den Einsatz betrachtlicher Bestechungsgelder und die Anwesenheit von 20 000 Mann russischer Truppen einstimmig verlief erfolgte die Inthronisierung schliesslich am 25 November Wahlort war entgegen der Tradition nicht Krakau sondern Warschau 17 Poniatowski erwies sich jedoch als nicht so loyal und gefugig wie von der Zarin erhofft Bereits nach kurzer Zeit nahm er tiefgreifende Reformen in Angriff Um nach der Wahl des neuen Konigs auch dessen Handlungsfahigkeit zu garantieren beschloss der Reichstag am 20 Dezember 1764 sich selbst in eine Generalkonfoderation umzuwandeln die eigentlich nur fur die Dauer des Interregnums Bestand haben sollte Dies bedeutete dass zukunftige Reichstage vom liberum veto befreit wurden und Mehrheitsentscheidungen pluralis votorum zur Beschlussfassung ausreichten Auf diese Weise wurde der polnische Staat gestarkt Katharina II wollte die Vorteile der dauerhaften Blockade des politischen Lebens in Polen der so genannten polnischen Anarchie jedoch nicht aus der Hand geben und suchte nach Moglichkeiten ein funktions und reformfahiges System zu verhindern Zu diesem Zweck liess sie einige pro russische Edelleute mobilisieren und verbundete diese mit orthodoxen und protestantischen Dissidenten die seit der Gegenreformation unter Diskriminierungen litten 1767 schlossen sich orthodoxe Adelige zur Konfoderation von Sluzk und protestantische zur Konfoderation von Thorn zusammen Als katholische Antwort auf diese beiden Konfoderationen bildete sich die Konfoderation von Radom heraus Am Ende des Konflikts stand ein neuer polnisch russischer Vertrag der am 24 Februar 1768 vom Reichstag gezwungenermassen gebilligt wurde Dieser sogenannte Ewige Vertrag beinhaltete die Manifestierung des Einstimmigkeitsprinzips eine russische Garantie fur die territoriale Integritat und fur die politische Souveranitat Polens sowie religiose Toleranz und rechtlich politische Gleichstellung fur die Dissidenten im Reichstag Dieser Vertrag hielt jedoch nicht lange vor Die erste Teilung 1772 Bearbeiten nbsp Polen Litauen 1768 1772 unter russischer Vorherrschaft nbsp Polen Litauen in den Grenzen nach der Ersten Teilung Polens Von 1773 bis zum Grossen Reichstag 1788 unter russischer Vorherrschaft Die Ausloser Anti russischer Aufstand und Russisch Osmanischer Krieg Bearbeiten Die Reformversuche Poniatowskis stellten die Zarin Katharina vor ein Dilemma Wenn sie sie nachhaltig unterbinden wollte musste sie sich militarisch engagieren Das aber wurde die beiden anderen an Polen grenzenden Grossmachte provozieren die nach der Doktrin vom Gleichgewicht der Krafte eine deutliche russische Hegemonie uber Polen nicht hinnehmen wurden Um sie zum Stillhalten zu bewegen boten sich wie der Historiker Norman Davies schreibt als Bestechungsmittel territoriale Zugestandnisse auf Polens Kosten an 18 Das Jahr 1768 leistete der Ersten Teilung Polens besonderen Vorschub Das preussisch russische Bundnis nahm konkretere Formen an Entscheidende Faktoren hierfur waren die innerpolnischen Schwierigkeiten sowie die aussenpolitischen Konflikte mit denen sich Russland konfrontiert sah Innerhalb des Konigreich Polen Litauen verstarkte sich der Unmut des polnischen Adels uber die russische Protektoratsherrschaft und die offene Missachtung der Souveranitat Nur wenige Tage nach der Verabschiedung des Ewigen Vertrages grundete sich am 29 Februar 1768 die anti russische Konfoderation von Bar welche von Osterreich und Frankreich unterstutzt wurde Unter der Parole der Verteidigung des Glaubens und der Freiheit taten sich katholische und polnisch republikanische Manner zusammen um auch gewaltsam die Rucknahme des Ewigen Vertrages zu erzwingen und gegen die russische Vorherrschaft und den prorussischen Konig Poniatowski zu kampfen Russische Truppen marschierten daraufhin erneut in Polen ein Der Reformwille intensivierte sich in dem Masse in dem Russland seine Repressalien steigerte Nur wenige Monate spater folgte im Herbst zudem eine Kriegserklarung des Osmanischen Reiches an das Russische Zarenreich siehe Russisch Turkischer Krieg 1768 1774 ausgelost durch die inneren Unruhen in Polen Das Osmanische Reich hatte die russische Einflussnahme in Polen schon langer missbilligt und nutzte die Unruhen um sich mit den Aufstandischen zu solidarisieren Russland befand sich nun in einem Zweifrontenkrieg 19 Der Krieg war aufgrund der drohenden Internationalisierung des Konflikts ein Mitausloser der Ersten polnischen Teilung 1772 Die Osmanen hatten mit den polnischen Aufstandischen mit denen auch Frankreich und Osterreich sympathisierten ein Bundnis geschlossen Russland hingegen bezog Unterstutzung vom Konigreich Grossbritannien das der Kaiserlichen Russischen Marine Berater anbot Als aber Osterreich erwog auch offiziell an der Seite der Osmanen in den Krieg einzutreten drohte aufgrund der verflochtenen Bundnissysteme eine Internationalisierung des Konflikts unter Beteiligung der funf europaischen Grossmachte Preussen das seit dem Abschluss einer Defensivallianz mit Russland 1764 dem Zarenreich im Falle eines Angriffs etwa durch Osterreich zu militarischen Beistand verpflichtet war versuchte die explosive Lage zu entscharfen Dies sollte gelingen indem es die Kontrahenten Russland und Osterreich zur Annexion polnischer Territorien der ersten polnischen Teilung animierte und auch selbst daran partizipieren wollte Preussisch russische Absprachen Bearbeiten Das preussische Kalkul wonach die Hohenzollern als Helfer Russlands auftraten um so freie Hand bei der Einverleibung Polnisch Preussens zu erhalten schien aufzugehen Unter dem Vorwand die Ausbreitung der Pest einzudammen liess Konig Friedrich einen Grenzkordon quer durch das westliche Polen ziehen Als sein Bruder Heinrich 1770 1771 in St Petersburg weilte brachte die Zarin einmal das Gesprach auf die Zipser Stadte die Osterreich im Sommer 1769 annektiert hatte Scherzend fragten Katharina und ihr Kriegsminister Sachar Tschernyschow warum Preussen diesem osterreichischen Beispiel nicht folge Aber warum nicht das Furstbistum Ermland wegnehmen Denn schliesslich muss doch jeder etwas haben 20 Preussen sah die Chance gekommen Russland im Krieg gegen die Turken zu unterstutzen um im Gegenzug das russische Einverstandnis fur die Annexion zu bekommen Friedrich II liess sein Angebot in Petersburg sondieren Katharina II zogerte jedoch in Anbetracht des polnisch russischen Vertrages vom Marz 1768 der die territoriale Integritat Polens garantierte Unter dem wachsenden Druck der konfoderierten Truppen willigte die Zarin aber letztendlich ein und ebnete somit den Weg zur Ersten Teilung Polens 21 Ausfuhrung trotz anfanglicher Bedenken Bearbeiten nbsp Katharina II ganz links teilt sich Polen mit Joseph II und Friedrich II von Preussen ganz rechts mit dem Degen in der Hand wie einen Kuchen auf wahrend der polnische Konig Stanislaus II August versucht die festzuhalten Karikatur Le gateau des rois von Jean Michel Moreau 1773 Zwar lehnten Russland und Osterreich zunachst eine Annexion polnischen Territoriums im Grundsatz ab jedoch ruckte der Teilungsgedanke immer mehr in den Mittelpunkt der Uberlegungen Entscheidendes Leitmotiv war der Wille zur Aufrechterhaltung eines machtepolitischen Gleichgewichts unter Wahrung der Adelsanarchie die sich im und um das Liberum Veto in der polnisch litauischen Adelsrepublik manifestierte Nachdem Russland im Konflikt mit dem Osmanischen Reich 1772 in die Offensive gegangen und eine russische Expansion in Sudosteuropa absehbar geworden war fuhlten sich sowohl die Hohenzollern als auch die Habsburger von einem moglichen Wachstum des Zarenreiches bedroht Ihre Ablehnung eines solchen einseitigen Gebietsgewinns und des damit verbundenen russischen Machtzuwachses liessen Plane fur allseitige territoriale Kompensationen entstehen 22 Friedrich II sah nun die Gelegenheit gekommen seine Agrandissement Plane zu verwirklichen und verstarkte seine diplomatischen Bemuhungen Er verwies auf einen bereits 1769 sondierten Vorschlag das sogenannte Lynarsche Projekt und sah darin einen idealen Ausweg zur Vermeidung einer Verschiebung des Machtegleichgewichts Russland sollte auf die Besetzung der Furstentumer Moldau und Walachei verzichten was vor allem im Interesse Osterreichs war Da Russland dem nicht ohne entsprechende Gegenleistung zustimmen wurde sollte dem Zarenreich als Kompromiss ein territoriales Aquivalent im Osten des Konigreichs Polens angeboten werden Gleichzeitig sollte Preussen die von ihm angestrebten Gebiete an der Ostsee erhalten Damit auch Osterreich einem solchen Plan zustimmen wurde sollten der Habsburgermonarchie schliesslich die galizischen Teile Polens zugeschlagen werden 23 Wahrend die friderizianische Politik also weiterhin auf die Arrondierung des westpreussischen Territoriums abzielte bot sich Osterreich die Chance eines kleinen Ausgleichs fur den Verlust Schlesiens im Jahr 1740 vgl Schlesische Kriege Doch Maria Theresia hatte nach eigener Aussage moralische Bedenken und straubte sich gegen die Vorstellung ihre Ausgleichanspruche auf Kosten eines unschuldigen Dritten und noch dazu eines katholischen Staates wirksam werden zu lassen 24 Dabei war es gerade die Habsburgermonarchie die eine solche Teilung bereits im Herbst 1770 mit der Reinkorporation von 13 Stadten oder Marktflecken und 275 Dorfern in der Zipser Gespanschaft prajudizierte Diese Ortschaften waren 1412 von Konigreich Ungarn pfandweise an Polen abgetreten und spater nicht eingelost worden 25 26 Nach Ansicht des Historikers Georg Holmsten hatte diese militarische Aktion die eigentliche Teilungsaktion eingeleitet 27 Wahrend Maria Theresia ihr Sohn Joseph II der mit einer Teilung sympathisierte und Staatskanzler Wenzel Anton Kaunitz sich noch berieten schlossen Preussen und Russland bereits am 17 Februar 1772 eine separate Teilungsvereinbarung und setzten Osterreich damit unter Druck Letztendlich uberwogen die Sorge der Monarchin vor einer Verschiebung oder gar einem Verlust von Macht und Einfluss sowie das Risiko einer Gegnerschaft mit den beiden Machten Das polnische Territorium sollte nicht alleine unter diesen aufgeteilt werden weshalb sich Osterreich dem Teilungsvertrag anschloss Obgleich die Habsburgermonarchie in diesem Fall zogerte hatte es bereits Ende der 1760er Jahre Versuche des Staatskanzlers von Kaunitz gegeben ein Tauschgeschaft mit Preussen abzuschliessen in welchem Osterreich Schlesien zuruckbekommen und im Gegenzug Preussen bei seinen Arrondierungsplanen in Polnisch Preussen unterstutzen sollte Osterreich war somit nicht nur stiller Nutzniesser denn sowohl Preussen als auch Osterreich waren an der Teilung aktiv beteiligt Die russischen Plane kamen ihnen angesichts der schon Jahre zuvor kursierenden Plane gelegen und boten einen willkommenen Anlass die eigenen Interessen umzusetzen Am 5 August 1772 wurde schliesslich der Teilungsvertrag zwischen Preussen Russland und Osterreich unterzeichnet Der Petersburger Vertrag wurde als Massregel zur Pazifizierung Polens deklariert 28 und bedeutete fur Polen einen Verlust von uber einem Drittel seiner Bevolkerung sowie uber einem Viertel seines bisherigen Staatsgebietes darunter der wirtschaftlich so bedeutende Zugang zur Ostsee mit der Weichselmundung Preussen bekam das wonach es so lange strebte Bis auf die Stadte Danzig und Thorn wurde das gesamte Gebiet des Preussen Koniglichen Anteils sowie der sogenannte Netzedistrikt zur Hohenzollernmonarchie geschlagen Es erhielt damit der Grosse und Bevolkerung nach den kleinsten Anteil Strategisch gesehen erwarb es jedoch das wichtigste Territorium und profitierte somit erheblich von der Ersten Teilung Polens Ein wichtiges Desideratum territorial staatlichen und dynastischen Prestiges war erfullt Westpreussen sollte kunftig strategisch und wirtschaftsgeographisch die unentbehrliche Sehne Preussens im Nordosten bilden Martin Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik S 50 Zudem durfte Friedrich II sich kunftig Konig von Preussen nennen und nicht nur Konig in Preussen 29 Russland verzichtete auf die Donaufurstentumer Moldau und Walachei bekam dafur aber das Gebiet Polnisch Livland und die belarussischen Gebiete bis zur Duna zugesprochen Osterreich sicherte sich das galizische Territorium mit der Stadt Lemberg als Mittelpunkt mit Teilen Kleinpolens Stabilisierung des europaischen Machtgefuges Bearbeiten Fur das Konigreich Polen als grossten Flachenstaat Europas nach Russland bedeutete die Zerstuckelung seines Territoriums eine Zasur Polen wurde zum Spielball seiner Nachbarn Die Allianz der drei schwarzen Adler betrachtete das Konigreich als Verhandlungsmasse Friedrich II bezeichnete die Teilung Polens 1779 als herausragenden Erfolg neuartiger Krisenbewaltigung 30 Der Interessenausgleich zwischen den Grossmachten trug beinahe 20 Jahre bis zur Franzosischen Revolution Erst mit Ausbruch der Koalitionskriege sollte es in Europa wieder zu grosseren militarischen Auseinandersetzungen zwischen den Grossmachten kommen Das zwischenzeitliche Eingreifen Frankreichs gegen Grossbritannien wahrend des amerikanischen Unabhangigkeitskrieges sowie der nahezu unblutig verlaufende Kartoffelkrieg 1778 79 zwischen Preussen und Osterreich tangierten den europaischen Kontinent und das dortige Machtgefuge kaum Trotz der territorialen Gewinne der Ersten Teilung zeigten sich die Verantwortlichen in Preussen mit dem Ergebnis nicht vollkommen zufrieden Obwohl sich die Unterhandler intensiv darum bemuhten gelang es nicht die Stadte Danzig und Thorn wie dies bereits in der Polnisch Preussischen Allianz von polnischer Seite zugesichert worden war dem preussischen Territorium einzuverleiben weshalb die Hohenzollernmonarchie sich um eine weitere Arrondierung bemuhte Auch Maria Theresia die vor dem Schritt einer Teilung zunachst zuruckgeschreckt war ausserte plotzlich weiteres Interesse Sie war der Auffassung dass die durch die Teilung erworbenen Gebiete in Anbetracht des Verlustes Schlesiens und der im Vergleich hoheren strategischen Bedeutung der von Preussen erworbenen Gebiete unzureichend seien 31 Innenpolitische Auseinandersetzungen Bearbeiten Die innenpolitische Lage in Polen war zunachst weiterhin gepragt durch die Rivalitat zwischen dem Konig und seinen Anhangern auf der einen und der Magnatenopposition auf der anderen Seite Russland strebte danach diese Rivalitat aufrechtzuerhalten und gleichzeitig seine Rolle als Protektoratsmacht zu sichern Die Schwache Polens sollte weiter Bestand haben Ziel war es daher die sich gegenuberstehenden Adelsparteien in einer Pattsituation zu halten und die Machtbalance zu wahren wobei die konigstreue Seite also vor allem die Czartoryskis ein leichtes Ubergewicht haben sollten Die Reichstage von 1773 und 1776 sollten dieses institutionalisieren und Reformen zur Starkung des Konigs beschliessen Doch lehnte die Adelsopposition eine Starkung der Exekutive und eine Ausweitung der Prarogativen des Konigs ohnehin schon ab und somit verstarkte sich ihr Widerstand gegen die Reformen angesichts der Tatsache dass die Beschlusse das Ergebnis einer Zusammenarbeit Poniatowskis mit Russland waren Oberstes Ziel der Magnaten war es nun die Reichstagsbeschlusse von 1773 und 1776 wieder ruckgangig zu machen Dies ware jedoch nur durch die Bildung eines Konfoderationsreichstags ermoglicht worden auf dem Beschlusse mit einer einfachen Mehrheit gefasst werden konnten ohne durch ein liberum veto zu Fall gebracht zu werden Ein solcher Reichstag stiess jedoch auf erheblichen Widerstand des Protektors Russland Eine Anderung der Verfassung war folglich unmoglich Weder konnte die Magnatenopposition eine Revision der Beschlusse von 1773 und 1776 erwirken noch war es Poniatowski moglich weitergehende Reformen durchzubringen 32 zumal Russland zwar die letzten Reformen zur Starkung des Konigs unterstutzte aber jegliche Handlung die ein Abrucken vom Status quo bedeutete ablehnte Obwohl von Katharina II gefordert verfolgte der polnische Konig weiterhin Massnahmen um den polnischen Staat zu reformieren und zu konsolidieren und strebte zu diesem Zweck auch seinerseits die Bildung eines Konfoderationsreichstages an 1788 bot sich Poniatowski dazu die Gelegenheit als die russischen Truppen in einem Zweifrontenkrieg gegen Schweden und die Turkei verwickelt waren vgl Russisch Osterreichischer Turkenkrieg 1787 1792 und Russisch Schwedischer Krieg 1788 1790 weshalb die militarischen Mittel Russlands sich weniger gegen Polen richten konnten Der starke Reformgeist von dem dieser lang ersehnte Reichstag gepragt werden sollte offenbarte Ansatze einer neuen Handlungsfahigkeit der Adelsrepublik was nicht im Sinne der russischen Zarin sein konnte Klaus Zernack beschrieb diese Situation als Schockwirkung der ersten Teilung die rasch in eine Aufbruchstimmung eigener Art uberging 33 Die von Stanislaw August Poniatowski angestrebten Veranderungen in der Verwaltung und im politischen System der Adelsrepublik sollten die politische Lahmung der Wahlmonarchie aufheben das Land in gesellschaftlicher sozialer und okonomischer Hinsicht verandern und zu einer modernen Staats und Landesverwaltung fuhren Russland und Preussen betrachteten diese Entwicklung jedoch mit Argwohn Der zunachst von der Zarin unterstutzte Poniatowski erwies sich insbesondere fur russischen Geschmack plotzlich als zu reformfreudig so dass sich Katharina II bemuhte der angestrebten Modernisierung ein Ende zu setzen Sie kehrte daher ihrerseits die Vorzeichen um und unterstutzte nun offen die anti reformerische Magnatenopposition Verfassung vom 3 Mai 1791 Bearbeiten nbsp Die Verabschiedung der Mai Verfassung am 3 Mai 1791 zur Zeit des Vierjahrigen Sejms im Warschauer Konigsschloss Gemalde von 1806 nbsp Titelblatt des Erstdrucks der Maiverfassung von Piotr Dufour aus dem Jahr 1791Preussen agierte angesichts seiner ablehnenden Haltung gegenuber den Reformen jedoch widerspruchlich Nachdem die pro preussischen Sympathien in Polen nach der Ersten Teilung schnell ein Ende gefunden hatten verbesserte sich das Verhaltnis zwischen den beiden Staaten Die Annaherungen mundeten am 29 Marz 1790 sogar in ein preussisch polnisches Bundnis Nach einigen freundschaftlichen Deklarationen und positiven Signalen fuhlten sich die Polen gegenuber Preussen sicher und unabhangig und sahen in Friedrich Wilhelm II gar ihren Beschutzer Das Bundnis sollte daher auch so die Hoffnung Polens die Reformen insbesondere auch aussenpolitisch sichern 34 Die Rolle Preussens bei der Ersten Teilung schien vergessen Doch so uneigennutzig wie gehofft war dessen Politik nicht denn auch fur Preussen galt Die Adelsanarchie und das Machtvakuum waren durchaus gewollt weshalb es sowohl im preussischen als auch im russischen Interesse lag dem erwahnten Reformstreben entgegenzusteuern Die Bemuhungen blieben jedoch ohne Erfolg Zu den wichtigsten Neuerungen gehorten die Abschaffung des Adelsprivilegs der Steuerfreiheit und die Erhohung der Stehenden Berufsarmee von 24 000 Mann auf bis zu 100 000 Mann 35 sowie die Neuausrichtung des Staatsburgerschaftsrechts Unter dem standig wachsenden Druck der Nachbarstaaten verbunden mit der Befurchtung einer Intervention sah sich der Konig gezwungen seine weiteren Reformvorhaben moglichst schnell zu realisieren In einer Reichstagssitzung am 3 Mai 1791 legte Poniatowski den Abgeordneten daher einen Entwurf fur eine neue polnische Verfassung vor dem der Reichstag nach nur siebenstundiger Beratung zustimmte 36 Am Ende des Vierjahrigen Sejms stand somit die erste moderne Verfassung Europas 37 Die als Regierungsstatut bezeichnete Konstitution bestand aus lediglich elf Artikeln die jedoch weitreichende Veranderungen mit sich brachten Beeinflusst von den Werken Rousseaus und Montesquieus wurden die Prinzipien von Gewaltenteilung und Volkssouveranitat festgeschrieben die indes nur fur den Adels und ab 1791 auch fur den Burgerstand galt Die grosse Masse der Bevolkerung die Bauern blieben hingegen in Leibeigenschaft und an die Scholle gebunden staatliche Schutzklauseln Rechtsschutz des Konigs sollten sie aber vor wirtschaftlicher Auspressung und Willkur der Gutsherren schutzen Die Verfassung sah die Einfuhrung des Mehrheitsprinzips im Gegensatz zum liberum veto eine Ministerverantwortlichkeit und eine Starkung der staatlichen Exekutive vor allem des Konigs vor Den Stadtern wurden zudem die burgerlichen Grundrechte garantiert Der Katholizismus wurde zur vorherrschenden Religion erklart die freie Religionsausubung anderer Konfessionen aber legitimiert Daruber hinaus wurde die Bildung von Konfoderationen Widerstandsrecht des Adels gegen den Konig unter Androhung der Todesstrafe verboten 38 Meist handelte sich bei Konfoderationen die vor allem im 18 Jahrhundert unter dem Einfluss auslandischer Botschafter standen um Aufstande gegen den Konig Durch diese Entscheidung wollte man den vielen Burgerkriegen die auch das Land verwusteten und erheblich schwachten in Polen Litauen Einhalt gebieten Um die Handlungsfahigkeit der Republik auch nach dem Tod eines Konigs zu sichern und ein Interregnum zu verhindern beschlossen die Abgeordneten weiterhin die Abschaffung der Wahlmonarchie und die Einfuhrung einer Erbdynastie mit den Wettinern als neuem Herrschergeschlecht Damit wurde Polen durch die Verfassung zu einer parlamentarisch konstitutionellen Monarchie mit einem zukunftigen Erbmonarchen an der Staatsspitze und schuf eine demokratisch organisierte Nation von Staatsburgern 39 Der Wille zum Kompromiss verhinderte jedoch noch weitergehende Reformen Die geplante Abschaffung der Leibeigenschaft und die Einfuhrung von personlichen Grundrechten auch fur den Bauernstand scheiterten am Widerstand der Erz Konservativen Beeinflusst von den Werken der grossen Staatstheoretiker gepragt durch das Klima der Aufklarung und ihrer Diskurse und beeindruckt von den Ereignissen der Franzosischen Revolution und den Ideen der Jakobiner sollte Polen zu einem der modernsten Staaten am Ausgang des 18 Jahrhunderts werden Zwar bemuhten sich die Abgeordneten nach der Verabschiedung der Verfassung darum die neuen Verfassungsprinzipien auch umzusetzen doch das Erreichte wahrte nicht lange 40 Reaktionen der Nachbarstaaten Bearbeiten Der Verfassungsaffront veranlasste die Nachbarstaaten schon bald zum Handeln Katharina II von Russland war angesichts der Verabschiedung der Verfassung ausser sich und tobte dieses Schriftstuck sei ein Machwerk schlimmer als es sich die franzosische Nationalversammlung ausdenken konne und zudem geeignet Polen dem russischen Vorfeld zu entwinden 41 Russland unterstutzte nun diejenigen Krafte in Polen die sich gegen die Maiverfassung wandten und auch schon gegen die Reichstagsbeschlusse von 1773 und 1776 angekampft hatten Mit Unterstutzung der Zarin ging die Konfoderation von Targowica nun vehement gegen den Konig und seine Anhanger vor Als der russisch osmanische Konflikt im Januar 1792 schliesslich ein Ende fand wurden somit auch wieder militarische Krafte freigesetzt die ein Eingreifen Katharinas II ermoglichten vgl Russisch Polnischer Krieg 1792 Ein Jahr nach dem Ende des Vierjahrigen Sejm ruckten russische Truppen in Polen ein Das polnische Heer war unterlegen zudem verliess Preussen einseitig die gegen Russland gerichtete Polnisch Preussische Defensivallianz von 1790 und Poniatowski musste sich der Zarin unterwerfen Die Verfassung vom 3 Mai wurde aufgehoben wahrend Russland seine Rolle als Ordnungsmacht zuruckgewann In Anbetracht der Ereignisse zeigte sich Katharina II nun offen fur eine weitere Teilung Polens Polen wurde in dem Augenblick fur seine Nachbarn unertraglich da es sich aus seiner Machtlosigkeit so weit regenerierte dass es in die Lage versetzt wurde aus eigener Kraft auch aussenpolitisch aktiv zu werden Hans Lemberg Polen zwischen Russland Preussen und Osterreich im 18 Jahrhundert 42 Auch Preussen erkannte die Gelegenheit aus dieser Situation Profit zu schlagen um nunmehr in den Besitz der begehrten Stadte Danzig und Thorn zu kommen Allerdings war Russland das die Reformbestrebungen in Polen allein unterdruckte wenig geneigt dem Wunsch Preussens nachzukommen Preussen verknupfte daher die polnische mit der franzosischen Frage und drohte aus dem europaischen Koalitionskrieg gegen das revolutionare Frankreich auszuscheiden sollte es nicht entsprechend entschadigt werden Vor die Wahl gestellt entschied sich Katharina II nach langem Zogern fur die Aufrechterhaltung des Bundnisses und stimmte einer erneuten Aufteilung polnischer Territorien unter Preussen als Kostenersatz des Krieges contre les rebelles francais 43 und dem Zarenreich zu 44 Osterreich blieb auf Forderung der Zarin jedoch bei diesem Teilungsakt aussen vor Die zweite Teilung 1793 Bearbeiten nbsp Polen Litauen in den Grenzen nach der II Teilung Polens 1793 nbsp Stanislaw August Poniatowski mit Freimaurersymbol Portrat von Elisabeth Vigee Lebrun Im Vertrag von Sankt Petersburg vom 23 Januar 1793 einigten sich Preussen und Russland uber die Aufteilung polnischer Gebiete Preussen erhielt nun die Kontrolle uber Danzig und Thorn sowie uber Grosspolen und Teile Masowiens welche zur neuen Provinz Sudpreussen zusammengefasst wurden Das russische Territorium erweiterte sich um ganz Belarus sowie weite Gebiete Litauens und der Ukraine Um diesen Akt zu legalisieren wurden die Abgeordneten des Reichstags nur wenige Monate spater in Grodno unter Waffendrohung und hohen Bestechungen der Teilungsmachte gedrangt der Aufteilung ihres Landes zuzustimmen nbsp Tadeusz KosciuszkoHatte es nach der Ersten Teilung Polens noch im Interesse der Nachbarstaaten gelegen das Konigreich wieder zu stabilisieren und anschliessend als schwachen und handlungsunfahigen Reststaat zu etablieren anderten sich jedoch die Vorzeichen nach der Zweiten Teilung von 1793 Die Frage nach dem Fortbestehen des verbliebenen polnischen Staates wurde nicht gestellt Weder Preussen noch Russland strebten einen Weiterbestand des Konigreiches in den neuen Grenzen an Die Zweite Teilung Polens mobilisierte die widerstandischen Krafte des Konigreichs Nicht nur der Adel und die Geistlichkeit wehrten sich gegen die Besatzungsmachte Auch die burgerlich intellektuellen Krafte sowie die bauerlich sozialrevolutionare Bevolkerung schlossen sich dem Widerstand an Innerhalb weniger Monate zog die anti russische Opposition weite Teile der Bevolkerung auf ihre Seite An die Spitze dieser Gegenbewegung setzte sich Tadeusz Kosciuszko der bereits im Amerikanischen Unabhangigkeitskrieg an der Seite George Washingtons gekampft hatte und 1794 nach Krakau zuruckkehrte Im selben Jahr noch gipfelte der Widerstand in dem nach ihm benannten Kosciuszko Aufstand 45 Monatelang dauerten die Auseinandersetzungen zwischen den Aufstandischen und den Teilungsmachten Immer wieder konnten die Widerstandskrafte Erfolge verbuchen Letztendlich obsiegten jedoch die Truppen der Besatzer und am 10 Oktober 1794 nahmen russische Truppen Kosciuszko schwer verwundet gefangen 46 Eine weitere Existenzberechtigung eines polnischen Staates hatten die Aufstandischen in den Augen der Nachbarmachte verspielt Dass die Polen es gewagt hatten ihr nationales Schicksal selbst bestimmen zu wollen brachte dem polnischen Staat das Todesurteil Martin Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik Frankfurt am Main 1972 S 63 Nun strebte Russland danach den Reststaat aufzuteilen und aufzulosen und suchte zu diesem Zweck zuerst die Verstandigung mit Osterreich War Preussen bisher die treibende Kraft musste es seine Anspruche nun hintanstellen da sowohl Petersburg als auch Wien der Auffassung waren dass Preussen bisher am meisten von den beiden vorhergehenden Teilungen profitiert hatte Die dritte Teilung 1795 BearbeitenAm 3 Januar 1795 unterzeichneten Katharina II und der Habsburger Herrscher Franz II den Teilungsvertrag dem sich der Konig von Preussen am 24 Oktober anschloss Demnach teilten sich die drei Staaten das restliche Polen entlang der Flusse Memel Bug und Pilica auf Russland ruckte weiter nach Westen und besetzte samtliche Gebiete ostlich von Bug und Memel Litauen sowie ganz Kurland und Semgallen Mit den Teilungen hatte Russland innerhalb von 23 Jahren 1772 1795 seine Grenzen um 600 bis 800 Kilometer nach Westen verschoben womit die Distanz zu den wichtigsten Zentren der europaischen Politik sichtlich verkurzt wurde Der habsburgische Machtbereich erweiterte sich nach Norden hin als Westgalizien mit den wichtigen Stadten Lublin Radom Sandomierz und insbesondere Krakau Preussen erhielt die Gebiete westlich von Bug und Memel mit Warschau welche anschliessend Teil der neuen Provinz Neuostpreussen wurden sowie das nordlich von Krakau gelegene Neuschlesien 47 Nachdem Stanislaw August am 25 November 1795 abgedankt hatte erklarten die Teilungsmachte das Konigreich Polen zwei Jahre nach der Dritten und letzten Teilung Polens fur erloschen Polen wurde gleichsam als ein verfugbarer und willkommener Fonds angesehen der es erlaubte die territoriale Gewinnsucht der drei Machte auf die einfachste Weise zu befriedigen und mit Hilfe dessen man ausserdem die zwischen Preussen Russland und Osterreich herrschenden machtpolitischen Gegensatze in gemeinsame Komplizenschaft zu Lasten eines unschuldigen Vierten verwandeln und so eine Zeitlang harmonisieren konnte Martin Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik S 64 Preussen verlor seinen Zugewinn 1807 durch die Bildung des Herzogtums Warschau im Frieden von Tilsit und Osterreich musste 1809 Westgalizien im Frieden von Schonbrunn an das Herzogtum Warschau abtreten Die Polen fanden sich nicht mit der fehlenden Eigenstaatlichkeit ab Im Zuge der Aufstellung der Polnischen Legion innerhalb der franzosischen Armee entstand 1797 das Kampflied Noch ist Polen nicht verloren das im folgenden Jahrhundert die diversen Aufstande begleitete und schliesslich zur polnischen Nationalhymne wurde Statistik der Teilungen Bearbeiten nbsp Polen Litauen in den Grenzen von 1771 und die Teilungen Polens 1772 1793 und 1795 nbsp Die territoriale Reorganisation Mittelosteuropas durch den Wiener Kongress 1814 15 Auflosung des napoleonischen Herzogtums Warschau und die Konstituierung eines konstitutionellen Konigreichs Polen ohne Posen und Krakau auf der Karte Kongresspolen mit dem russischen Zaren als Konig von Polen nur durch eine Personalunion mit dem Russischen Kaiserreich verbunden Territoriale Statistik Bearbeiten Im Ergebnis der Teilungen war einer der grossten Staaten Europas von der Landkarte getilgt Die Angaben uber die Grosse und Einwohnerzahl schwanken sehr stark weshalb eine genaue Quantifizierung der Verluste des polnischen Staates respektive der Gewinne der Teilungsmachte nur schwer moglich ist Basierend auf den Angaben von Roos 48 profitierte Russland rein quantitativ am meisten von den Teilungen Mit 62 8 Prozent des Territoriums erhielt das Zarenreich rund dreimal so viel wie Preussen mit 18 7 Prozent oder Osterreich mit 18 5 Prozent Fast jeder zweite Einwohner Polens insgesamt etwa 47 3 Prozent lebte nach der Teilung in russischen Gebieten Osterreich hatte der Flache nach den geringsten Zuwachs jedoch handelte es sich bei dem neu geschaffenen Konigreich Galizien und Lodomerien um eine dicht besiedelte Region weshalb mit 31 5 Prozent fast ein Drittel der polnischen Bevolkerung zur Habsburgermonarchie geschlagen wurde Preussen hatte eine etwas grossere Flache als Osterreich erhalten die allerdings nur 21 2 Prozent der Bevolkerung bewohnten Teilung Preussen Russland Osterreich Gesamtkm Bev Mio km Bev Mio km Bev Mio km Bev Mio 1 Teilung 0 34 900 0 356 0 84 000 1 256 0 83 900 2 669 202 800 0 4 2812 Teilung 0 58 400 1 136 228 600 3 056 287 000 0 4 1923 Teilung 0 43 000 1 042 146 000 1 338 0 51 100 1 098 240 100 0 3 478Gesamt 136 30018 7 2 53421 2 458 60062 8 5 65047 3 135 00018 5 3 76731 5 729 900100 0 11 951100 0 Ethnische Zusammensetzung der Teilungsgebiete Bearbeiten nbsp Die polnische Karte aus dem Jahr 1912 zeigt den Anteil polnischsprachiger Bevolkerung nach Verwaltungskreisen in den damaligen Grenzen und zusatzlich die Grenzen Polens 1772 Polen machten in den ostlichen Gebieten nur eine kleine Minderheit ausBezuglich der ethnischen Zusammensetzung lassen sich keine exakten Angaben machen da es keine Bevolkerungsstatistik gab Sicher ist jedoch dass die eigentlichen Polen in den an Russland gelangten Gebieten nur eine kleine Minderheit ausmachten Der grosste Teil der dortigen Bevolkerung bestand aus griechisch orthodoxen Ukrainern und Belarussen sowie katholischen Litauern In vielen Stadten des russischen Teilungsgebietes wie Vilnius polnisch Wilno Hrodna polnisch Grodno Minsk oder Homel gab es aber eine zahlenmassig und kulturell bedeutende polnische Bevolkerung Daneben gab es auch eine grosse judische Bevolkerungsgruppe Die Befreiung der orthodoxen ostslawischen Volker von der polnisch katholischen Oberhoheit wurde spater von der nationalrussischen Historiografie ins Feld gefuhrt um die Gebietsannexionen zu rechtfertigen In den zu Preussen gelangten Gebieten gab es im Ermland in Pomerellen und in den westlichen Randgebieten der neuen Provinz Sudpreussen einen zahlenmassig bedeutenden deutschen Bevolkerungsanteil Das Burgertum der Stadte Westpreussens insbesondere das der alten Hansestadte Danzig und Thorn war seit alters her ganz uberwiegend deutschsprachig Durch die Annexion der polnischen Gebiete vervielfachte sich die judische Bevolkerung Preussens Osterreichs und Russlands Selbst als Preussen mit dem Wiener Kongress 1815 auf etwa die Halfte seiner in den Teilungen erworbenen Gebiete zugunsten Russlands verzichtete lebte immer noch mehr als die Halfte aller Juden Preussens in den ehemals polnischen Gebieten Pomerellen und Posen Als nach dem Wiener Kongress 1815 wieder ein Konigreich Polen in Personalunion mit dem Russischen Reich hergestellt wurde Kongresspolen umfasste dieses nur einen Teil der ehemals preussischen und osterreichischen Teilungsgebiete Die an Russland gelangten Territorien verblieben bei diesem Damit fielen 1815 82 der ehemals polnisch litauischen Gebiete an Russland einschliesslich Kongresspolen 8 an Preussen und 10 an Osterreich 49 Forschung BearbeitenIn der deutschen Geschichtswissenschaft stellen die Teilungen Polen Litauens bisher eher ein Randthema dar Das wohl einschlagigste Uberblickswerk Die Teilungen Polens von Michael G Muller erschien bereits 1984 und wird mittlerweile nicht mehr neu aufgelegt Dabei ist deren historische Bedeutung keineswegs gering Bereits Muller stellt fest Es ist eben nicht nur fur polnische sondern auch fur franzosische und angelsachsische Historiker gelaufig die Teilungen Polens unter die epochenmachenden Ereignisse der europaischen Fruhneuzeit einzureihen d h sie ahnlich zu gewichten wie den Dreissigjahrigen Krieg oder die Franzosische Revolution 50 Trotzdem gilt 30 Jahre nach Mullers Feststellung noch immer dass gemessen an ihrem objektiven Betroffen Sein die deutsche Geschichtswissenschaft an den Teilungen Polens einen allzu geringen Anteil genommen hat 51 Das Thema prasentiert sich demnach trotz neuer Forschungsbemuhungen insbesondere an den Universitaten Trier und Giessen teilweise immer noch als ein Desiderat der deutschen Forschung Neueste Forschungsergebnisse prasentiert der Sammelband Die Teilungen Polen Litauens aus dem Jahr 2013 52 Erwartungsgemass ist das Thema in der polnischen Literatur wesentlich breiter erforscht Die Quellenlage ist dagegen deutlich besser Die wichtigsten Bestande finden sich im Geheimen Staatsarchiv Preussischer Kulturbesitz GStA PK in Berlin Dahlem und im Archiwum Glowne Akt Dawnych AGAD in Warschau Eine edierte Quellensammlung stellt das Novum Corpus Constitutionum NCC dar das online abrufbar ist und vor allem offentliche Bekanntmachungen enthalt Die Teilungen Polens sind auch auf Landkarten gut dokumentiert Infolge der umfangreichen territorialen Veranderungen bestand fur aktuelle Karten eine grosse Nachfrage Im deutschsprachigen Raum gab beispielsweise der Verlag von Johannes Walch eine Polenkarte heraus die er mehrmals den politischen Gegebenheiten anpassen musste 53 Eine auch nur annahernd komplette Bibliografie aller Landkarten der polnischen Teilungen fehlt jedoch bisher Uberreste von Grenzzeichen Bearbeiten nbsp Ein Wegkreuz in Prehoryle Der untere Arm besteht zum Teil aus einem alten osterreichischen Grenzpfosten In der Stadt Thorn und ihrer Nahe kann man heute noch die Reste der fruheren preussisch russischen Grenze sehen Es ist eine 3 4 m breite Erdabsenkung mit zwei hohen Wallen auf beiden Seiten Als Dreikaisereck wird die Stelle bei Myslowitz bezeichnet an der von 1846 an bis 1915 die Grenzen von Preussen Osterreich und Russland zusammenstiessen Im Dorf Prehoryle im Kreis Hrubieszow etwa 100 m von der ukrainischen Grenze steht ein Wegkreuz dessen unterer langer Arm ein alter osterreichischer Grenzpfosten gewesen ist Im untersten Bereich ist das Wort Teschen sichtbar der Name der heutigen Stadt Cieszyn wo die Grenzpfosten hergestellt wurden Der Fluss Bug der heute die polnisch ukrainische Grenze bildet war nach der dritten Teilung Polens der Grenzfluss zwischen Osterreich und Russland Siehe auch BearbeitenGeschichte Polens Geschichte Preussens Geschichte Russlands Geschichte Osterreichs Geschichte der Ukraine Geschichte Litauens Geschichte von BelarusLiteratur BearbeitenKarl Otmar Freiherr von Aretin Tausch Teilung und Landerschacher als Folgen des Gleichgewichtssystems der europaischen Grossmachte Die Polnischen Teilungen als europaisches Schicksal In Klaus Zernack Hrsg Polen und die polnische Frage in der Geschichte der Hohenzollernmonarchie 1701 1871 Einzelveroffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin Band 33 Colloquium Verlag Berlin 1982 ISBN 3 7678 0561 8 S 53 68 Martin Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik 4 Auflage Suhrkamp Frankfurt am Main 1986 ISBN 3 518 36574 6 S 43 65 Tadeusz Cegielski Deutschland und Polenpolitik in dem Zeitraum 1740 1792 in Klaus Zernack Hrsg Polen und die polnische Frage in der Geschichte der Hohenzollernmonarchie 1701 1871 Einzelveroffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin Band 33 Colloquium Verlag Berlin 1982 ISBN 3 7678 0561 8 S 21 27 Tadeusz Cegielski Das alte Reich und die erste Teilung Polens 1768 1774 Steiner Stuttgart 1988 ISBN 3 515 04139 7 A C A Friederich Historisch geographische Darstellung Alt und Neu Polens Mit 2 Karten Berlin 1839 books google de Horst Jablonowski Die erste Teilung Polens in Beitrage zur Geschichte Westpreussens Bd 2 1969 S 47 80 Rudolf Jaworski Christian Lubke Michael G Muller Eine kleine Geschichte Polens Suhrkamp Frankfurt am Main 2000 ISBN 3 518 12179 0 Hans Lemberg Polen zwischen Russland Preussen und Osterreich im 18 Jahrhundert in Friedhelm Berthold Kaiser Bernhard Stasiewski Hrsg Die erste polnische Teilung 1772 Studien zum Deutschtum im Osten Band 10 Bohlau Koln 1974 ISBN 3 412 02074 5 S 29 48 Jerzy Lukowski The partitions of Poland 1772 1793 1795 Longman London 1999 ISBN 0 582 29275 1 Jerzy Michalski Polen und Preussen in der Epoche der Teilungen in Klaus Zernack Hrsg Polen und die polnische Frage in der Geschichte der Hohenzollernmonarchie 1701 1871 Einzelveroffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin Band 33 Colloquium Verlag Berlin 1982 S 35 52 ISBN 3 7678 0561 8 Erhard Moritz Preussen und der Kosciuszko Aufstand 1794 Zur preussischen Polenpolitik in der Zeit der Franzosischen Revolution Schriftenreihe des Instituts fur Allgemeine Geschichte an der Humboldt Universitat Berlin Band 11 Berlin 1968 Michael G Muller Die Teilungen Polens 1772 1793 1795 Beck Munchen 1984 ISBN 3 406 30277 7 Andrzej Nowak Polen und Russland Eine Nachbarschaft der Freiheit und des Despotismus 10 21 Jhd Polska Fundacja Humanistyczna Krakau 2023 ISBN 978 83 7553 376 7 Gotthold Rhode Die polnische Adelsrepublik um die Mitte des 18 Jahrhunderts in Friedhelm Berthold Kaiser Bernhard Stasiewski Hrsg Die erste polnische Teilung 1772 Studien zum Deutschtum im Osten Bd 10 Bohlau Koln 1974 ISBN 3 412 02074 5 S 1 26 Hans Roos Polen von 1668 bis 1795 in Theodor Schieder Fritz Wagner Hrsg Handbuch der Europaischen Geschichte Band 4 Europa im Zeitalter des Absolutismus und der Aufklarung Klett Cotta Stuttgart 1968 S 690 752 Anja Strobel Die polnischen Teilungen Ein analytischer Vergleich in Riccardo Altieri Frank Jacob Hrsg Spielball der Machte Beitrage zur polnischen Geschichte minifanal Bonn 2014 ISBN 978 3 95421 050 3 S 14 36 Hugo Weczerka Putzger Wandkarten Polen im 20 Jahrhundert Die Teilung Polens 1772 1795 Bd 116 Velhagen amp Klasing Bielefeld 1961 Klaus Zernack Polen in der Geschichte Preussens in Otto Busch Hrsg Handbuch der preussischen Geschichte Band II Das 19 Jahrhundert und Grosse Themen der Geschichte Preussens De Gruyter Berlin New York 1992 S 423 431 Agnieszka Pufelska Der bessere Nachbar Das polnische Preussenbild zwischen Politik und Kulturtransfer 1765 1795 De Gruyter Oldenbourg Berlin Boston 2017 ISBN 978 3 11 051833 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Teilungen Polens Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Bibliographie im Bibliotheks und Bibliographieportal Herder Institut Marburg Die dritte Teilung Polens deutsche und polen de zur Serie Deutsche und Polen des RBB Agnieszka Barbara Nance Nation without a State Imagining Poland in the Nineteenth Century PDF 7 2 MB Dissertation zum Doctor of Philosophy University of Texas at Austin 2004 deutschlandfunknova de Christoph Vormweg 5 August 1772 Polen Litauen wird im Petersburger Vertrag erstmals geteilt WDR ZeitZeichen vom 5 August 2022 mit Hans Jurgen Bomelburg Podcast Anmerkungen Bearbeiten Ein Teil des von Osterreich annektierten Westgaliziens wandelte der Wiener Kongress in die dem Protektorat von Russland Preussen und Osterreich unterstehende Republik Krakau um die jedoch 1846 in Osterreich aufgehen sollte Einzelnachweise Bearbeiten Der Ausdruck Polnische Teilungen wird im wissenschaftlichen Diskurs abgelehnt die Teilungen Polens beziehen sich dabei immer auf den gesamten Staat Polen Litauen mit allen seinen Regionen Vgl Rudolf Jaworski Christian Lubke Michael G Muller Eine kleine Geschichte Polens Frankfurt am Main 2000 S 167 Zur Periodisierung vgl Muller Die Teilungen Polens S 12 f Durch den Tod des Grunders der Rzeczpospolita Sigismund II August bis 1572 eine Erbmonarchie Vgl Hans Lemberg Polen zwischen Russland Preussen und Osterreich im 18 Jahrhundert in Friedhelm Berthold Kaiser Bernhard Stasiewski Hrsg Die erste polnische Teilung 1772 Koln 1974 S 36 f oder Muller Die Teilungen Polens S 15 18 Norman Davies Im Herzen Europas Geschichte Polens S 275 Muller Die Teilungen Polens S 14 Vgl Muller Die Teilungen Polens S 17 Vgl Jaworski Muller Lubke Eine kleine Geschichte Polens S 178 f und Muller Die Teilungen Polens S 18 20 Vgl Jaworski Muller Lubke Eine kleine Geschichte Polens S 181 Vgl Meisner Gerichtswesen und Rechtspflege S 314 Vgl Martin Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik Frankfurt am Main 1972 S 45 Zitiert in Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik S 47 a b Vgl Hans Roos Polen von 1668 bis 1795 in Theodor Schieder Fritz Wagner Hrsg Handbuch der Europaischen Geschichte Bd 4 Europa im Zeitalter des Absolutismus und der Aufklarung Stuttgart 1968 S 740 Jaworski Muller Lubke Eine kleine Geschichte Polens S 185 Vgl Roos Polen von 1668 bis 1795 S 741 Vgl Andrea Schmidt Rosler Polen Vom Mittelalter bis zur Gegenwart Regensburg 1996 S 53 Norman Davies Im Herzen Europas Geschichte Polens C H Beck Munchen 2006 S 280 Erhard Moritz Preussen und der Kosciuszko Aufstand 1794 Zur preussischen Polenpolitik in der Zeit der Franzosischen Revolution Berlin 1968 S 17 f Brief Heinrichs an seinen Bruder vom 8 Januar 1771 zitiert bei Gustav Berthold Volz Hrsg Die Werke Friedrichs des Grossen in deutscher Ubersetzung Bd 5 Denkwurdigkeiten vom Hubertusburger Frieden bis zum Ende der Polnischen Teilung Reimar Hobbing Berlin 1913 S 27 Anmerkung 3 uni trier de abgerufen am 1 April 2012 Vgl Lemberg Polen zwischen Russland Preussen und Osterreich im 18 Jahrhundert S 42 Vgl Muller Die Teilungen Polens S 36 Vgl Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik S 46 f Vgl Lemberg Polen zwischen Russland Preussen und Osterreich im 18 Jahrhundert S 42 sowie Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik S 48 Friedrich von Raumer Polens Untergang Brockhaus Zweite Auflage Leipzig 1832 S 50 Historisches Taschenbuch Dritter Jahrgang Leipzig 1832 S 446 A C A Friederich Historisch geographische Darstellung Alt und Neu Polens Berlin 1839 S 418 422 Georg Holmsten Friedrich II in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1979 S 146 Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik S 49 Zur Ubernahme der neuen Akquisition siehe Walther Hubatsch Die Ubernahme Westpreussens und des Netzedistrikts durch Preussen im Jahre 1772 in Friedhelm Berthold Kaiser Bernhard Stasiewski Hrsg Die erste polnische Teilung 1772 Koln 1974 S 75 95 Vgl Muller Die Teilungen Polens S 39 Vgl Muller Die Teilungen Polens S 40 f Dennoch widmet Daniel Stone dieser Zeit eine eigene Monographie Polish Politics and National Reform 1775 1788 New York 1976 Klaus Zernack Polen in der Geschichte Preussens in Otto Busch Hrsg Handbuch der preussischen Geschichte Bd II Das 19 Jahrhundert und Grosse Themen der Geschichte Preussens Berlin New York 1992 S 424 Vgl Michalski Polen und Preussen in der Epoche der Teilungen S 50 Jeremy Black Kings nobles and commoners states and societies in early modern Europe a revisionist history 2004 S 59 Vgl Jan Kusber Vom Projekt zum Mythos Die polnische Maiverfassung 1791 in Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft 8 2004 S 685 Weiterfuhrend hierzu Kusber Vom Projekt zum Mythos Die polnische Maiverfassung 1791 S 685 699 Kusber stellt neben dem Inhalt der Verfassung auch die Elemente des Umgangs mit deren Erbe vor und wirft einen Blick auf den gegenwartigen Stellenwert im osteuropaischen Kontext Ebenfalls weiterfuhrend Helmut Reinalter Hrsg Die polnische Verfassung vom 3 Mai 1791 vor dem Hintergrund der europaischen Aufklarung Frankfurt am Main 1997 sowie Stanislaw Grodziski Die Verfassung vom 3 Mai 1791 das erste polnische Grundgesetz In Aus Politik und Zeitgeschichte Bd 30 31 1987 S 40 46 Wojciech Stanek Konfederacje generalne koronne w XVIII wieku Torun 1991 S 225 Jahrbucher fur Geschichte Osteuropas 1971 S 348 Vgl Muller Die Teilungen Polens S 23 Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik S 56 Michalski Polen und Preussen in der Epoche der Teilungen S 44 Jaworski Muller Lubke Eine kleine Geschichte Polens S 189 Roos Polen von 1668 bis 1795 S 750 Jan Kusber Vom Projekt zum Mythos Die polnische Maiverfassung 1791 S 686 Polen zwischen Russland Preussen und Osterreich im 18 Jahrhundert Koln 1974 S 46 Hans Roos Polen von 1668 bis 1795 In Theodor Schieder Fritz Wagner Hrsg Handbuch der Europaischen Geschichte Band 4 Europa im Zeitalter des Absolutismus und der Aufklarung Stuttgart 1968 S 690 752 hier S 750 Uber die Bedeutung des Koalitionskrieges gegen Frankreich als diplomatisches Druckmittel siehe ausfuhrlicher Erhard Moritz Preussen und der Kosciuszko Aufstand 1794 Zur preussischen Polenpolitik in der Zeit der Franzosischen Revolution S 28 32 Vgl Broszat 200 Jahre deutsche Polenpolitik S 61 f Gotthold Rhode Geschichte Polens Ein Uberblick 3 Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft WBG Darmstadt 1980 S 325 Weiterfuhrend siehe Zbigniew Goralski Die Grenzdemarkationen in Polen nach der dritten Teilung 1795 1797 In Jahrbucher fur die Geschichte Osteuropas Band 19 1971 S 212 238 Vgl Roos Polen von 1668 bis 1795 S 746 751 Roos verweist darauf dass die von ihm verwendeten Ziffern von ihm selbst in diversen Archiven ermittelt und berechnet wurden Friedrich Luckwaldt Deutschland Russland Polen Kafemann Danzig 1929 S 12 und Joachim Rogall Hrsg Land der grossen Strome Von Polen nach Litauen Deutsche Geschichte im Osten Europas Band 6 Siedler Berlin 1996 ISBN 3 88680 204 3 S 193 Muller Die Teilungen Polens Munchen 1984 S 7 Muller Die Teilungen Polens Munchen 1984 S 11 Hans Jurgen Bomelburg Andreas Gestrich Helga Schnabel Schule Hrsg Die Teilungen Polen Litauens Inklusions und Exklusionsmechanismen Traditionsbildung Vergleichsebenen Osnabruck 2013 Kazimierz Kozica Michael Ritter Die Charte des Koenigreichs Polen von Johannes Walch In Cartographica Helvetica Heft 36 2007 S 3 10 doi 10 5169 seals 16712 nbsp Dieser Artikel wurde am 20 Februar 2010 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen 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