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Wahlmonarchie bezeichnet eine Monarchie deren Herrscher nicht durch Erbfolge sondern durch eine Wahl bestimmt wird Inhaltsverzeichnis 1 Historische Wahlmonarchien 1 1 Arabisches Kalifat 1 2 Heiliges Romisches Reich 1 3 Schweden 1 4 Danemark 1 5 Polen Litauen 2 Existierende Wahlmonarchien 2 1 Malaysia 2 2 Kambodscha 2 3 Saudi Arabien 2 4 Vereinigte Arabische Emirate 2 5 Andorra 2 6 Vatikanstadt 3 Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf Wahlmonarchien 4 FussnotenHistorische Wahlmonarchien BearbeitenEine zumindest ansatzweise freie Konigswahl bzw Akklamation hatte es schon bei den romischen Soldatenkaisern der Antike und germanischen Wahlkonigtumern der Volkerwanderungszeit gegeben Zunachst waren germanische Konige von Heersversammlungen oder Altestenraten nur fur die Dauer von Kriegszeiten gewahlt worden in Friedenszeiten war die Autoritat des Konigs gering Die Konigswurde war noch nicht erblich gewahlte Konige konnten auch wieder abgesetzt werden meistens allerdings wurden sie gesturzt oder getotet Zwar versuchten die machtigsten Adelsgeschlechter die Konigswurde in ihrer Sippe erblich zu machen wiederholt aber wahlten in Kriegs und Krisenzeiten bei den Ostgoten nach dem Sturz der Amaler bei den Westgoten und bei den Sueben Teile des Heeres bzw des Adels auch andere Kandidaten 1 2 Arabisches Kalifat Bearbeiten Nach dem Tod des islamischen Propheten Mohammed entschieden aus seinen altesten Kampfgefahrten bestehende Ratsversammlungen Schura daruber wer als des Propheten Stellvertreter Kalif bzw Nachfolger die Glaubigen fuhren sollte Die ersten vier Kalifen die rechtgeleiteten Kalifen wurden auf diese Weise bestimmt allerdings versuchte bereits der dritte dieser Kalifen ʿUthman die Herrschaft seiner Familie zu vererben so dass es mit der Berufung des vierten Kalifen ʿAli im Jahr 656 schliesslich zum Burgerkrieg kam Dennoch hielten auch nach der Umwandlung des Kalifats in eine dynastische Erbmonarchie einige Glaubige z B die Charidschiten noch einige Jahrzehnte bzw Jahrhunderte an dem Ideal fest dass einfach immer nur der frommste und geeignetste Kandidat zum Kalifen gewahlt werden sollte Heiliges Romisches Reich Bearbeiten Hauptartikel Heiliges Romisches Reich und Liste der Wahlen der romisch deutschen Konige Nach dem Tod von Ludwig dem Kind dem letzten ostfrankischen Karolinger kam es im Jahr 911 zum ersten Mal zu einer Konigswahl im Ostfrankischen Reich Mit Konrad I aus dem frankischen Adelsgeschlecht der Konradiner bestieg erstmals ein Nicht Karolinger den ostfrankischen Thron Ihm folgte 919 mit Heinrich I aus dem sachsischen Geschlecht der Liudolfinger der erste Nicht Franke auf dem Thron Heinrich I setzte dann allerdings seinen Sohn Otto als Nachfolger durch Damit wurde wieder die Erbfolge innerhalb einer Dynastie zur ublichen Praxis im Ostfrankischen Reich wobei der Amtsinhaber in der Regel seinen Nachfolger designierte Erst beim Aussterben einer Dynastie war eine neue Konigswahl erforderlich Nach dem Aussterben der Staufer entwickelte sich das Reich endgultig zu einer Wahlmonarchie Stand ursprunglich das Recht zur Konigswahl allen Reichsfursten zu setzte sich seit Anfang des 14 Jahrhunderts allmahlich das Wahlrecht nur der Kurfursten durch Formal wurde es endgultig mit der Goldenen Bulle Karls IV auf die sieben ab Ende des 17 Jahrhunderts dann neun Kurfursten eingeschrankt Seit der Annahme des Titels eines erwahlten romischen Kaisers durch Maximilian I wurde der papstliche Anspruch auf die Kaiserkronung zuruckgedrangt Karl V der 1519 zum romisch deutschen Konig gewahlt wurde nahm nach der Konigskronung in Aachen 1520 den Titel erwahlter Kaiser an liess sich aber 1530 als letzter Kaiser nachtraglich durch den Papst Clemens VII kronen 1531 wurde sein Bruder Ferdinand I der Nachfolger Karls V zum Konig gewahlt Generell galt die Wahl zum romisch deutschen Konig als Vorstufe zur Erlangung der Kaiserwurde Dies blieb so bis zum Ende des Heiligen Romischen Reiches Die letzte Wahl durch das Kurfurstenkollegium fand mit der Wahl von Franz II am 5 Juli 1792 statt Erst bei seiner Kronung am 14 Juli in Frankfurt nahm er den Titel erwahlter Kaiser an Obwohl die Kaiserwurde seit 1438 mit einer Ausnahme Karl VII aus dem Hause Wittelsbach bis zum Ende des Reiches immer von einem Mitglied des Hauses Habsburg getragen wurde blieb das Reich formell eine Wahlmonarchie die Kurfursten wahrten hartnackig ihr Wahlrecht und einige von ihnen unternahmen auch spater noch Versuche die Wahl eines nichthabsburgischen Kandidaten zu unterstutzen Wahl 1519 Rheinischer Bund Osterreichischer Erbfolgekrieg Schweden Bearbeiten Schweden war bis zum Reichstag in Vasteras 1544 eine Wahlmonarchie Danemark Bearbeiten Danemark war bis zum 17 Oktober 1660 formell ein Wahlkonigtum und der Reichsrat wahlte den Konig oder Thronfolger auch wenn seit Waldemar dem Grossen Erbrechte die Kandidaturen begrundeten 1660 wurde die Wahlmonarchie zugunsten einer Erbmonarchie ersetzt dies wurde 1665 im neuen Koniggesetz kodifiziert Polen Litauen Bearbeiten Siehe auch Geschichte Polens und Wahlfeld in Kamion Im Polnisch Litauischen Reich 1569 bis 1795 wurde der Konig vom Adel gewahlt der auch gewichtige Mitspracherechte im Sejm besass Daher ruhrt gelegentlich die Bezeichnung Adelsrepublik fur das Polnische Reich da der Adel uber 10 der Bevolkerung ausmachte deutlich mehr als in anderen Landern Meist wurde der Thron mit auslandischen Fursten besetzt die wenig Zeit oder Interesse hatten sich in die inneren Angelegenheiten Polens zu mischen und zudem uber keine Hausmacht in Polen verfugten Dies trug neben dem Liberum Veto und anderen Faktoren bei zum Niedergang des Doppelstaates Polen Litauen gegen Ende des 18 Jahrhunderts und den Teilungen Polens Existierende Wahlmonarchien BearbeitenSeit dem Untergang Polen Litauens gibt es keine Wahlmonarchie im eigentlichen Sinne mehr Zwar wird auch heute noch die Einsetzung einiger monarchischer Staatsoberhaupter formal als Wahlakt deklariert doch gibt es angesichts feststehender erbrechtlicher Rituale und Nachfolgeregelungen zumeist keine freie Konigswahl Malaysia Bearbeiten Die neun Monarchen von Malaysia bestimmen alle funf Jahre einen aus ihrer Mitte zum Yang di Pertuan Agong dieser Titel bedeutet eigentlich Der der zum Ersten hier gemeint Herrscher Primus inter pares gemacht wurde wird haufiger jedoch als Konig wiedergegeben Letztlich aber handelt es sich nicht um eine echte Wahlmonarchie da die meisten subnationalen Sultanate und der Staat Perlis Erbmonarchien sind und der Titel unter den Sultanaten rotiert bzw erst dann erneut an einen bisherigen Konig vergeben wird wenn zuvor alle anderen Sultane an der Reihe waren Dies ist zwar nicht verfassungsmassig festgelegt wird aber seit der Unabhangigkeit des Landes so gehandhabt Kambodscha Bearbeiten In Kambodscha wird der Konig auf Lebenszeit vom neun Personen umfassenden Thronrat gewahlt 3 Der Monarch muss allerdings aus den Geschlechtern von Ang Duong Norodom oder Sisowath stammen 4 und hat primar reprasentative und symbolische Aufgaben 5 6 Er beruft den vom Parlament gewahlten Regierungschef formell ins Amt und ernennt auf dessen Vorschlag auch die ubrigen Kabinettsmitglieder 7 Saudi Arabien Bearbeiten Hauptartikel Thronfolge Saudi Arabien Der Konig von Saudi Arabien regiert zwar als absoluter Monarch die Erbfolge ist jedoch nicht automatisch seinen direkten Nachkommen vorbehalten Bedingung ist zwar dass der Konig ein mannlicher Abkommling des Staatsgrunders Ibn Saud sein muss diese Bedingung erfullen allerdings bis zu 7 000 Prinzen Der Nachfolger wird vom Kronrat bzw den machtigsten Familienzweigen bestimmt gelegentlich stammten Konig und Nachfolger bzw Konig Kronprinz und stellvertretender Kronprinz daher aus verschiedenen Zweigen der Saudi Dynastie Vereinigte Arabische Emirate Bearbeiten Das Land ist eine Foderation sieben autonomer Emirate deren Staatsoberhaupt seit der Unabhangigkeit 1971 stets der Emir von Abu Dhabi ist Er wird jedoch erst nach Wahl durch die Herrscher der Teilstaaten formell als solches eingesetzt Insofern besteht de facto eine Erbmonarchie de iure allerdings eine Wahlmonarchie Andorra Bearbeiten Das Furstentum Andorra ist keine direkte Wahlmonarchie sondern ein Kondominat zwischen dem franzosischen Staatsoberhaupt als historischem Nachfolger der Grafen von Foix spater der Konige von Navarra und dem Bischof von Urgell Die andorranische Herrschaft das Furstentum grundet nicht auf andorranischen Wahlen sondern auf Amtsnachfolge der beiden Herrschaftsinhaber Von diesen wird jedoch der Staatsprasident vom franzosischen nicht vom andorranischen Volk direkt gewahlt sein andorranisches Amt beginnt und endet kraft dieser Wahlen ebenso wie das des Bischofs des spanischen Urgell kraft papstlicher Erwahlung bzw Abberufung Vatikanstadt Bearbeiten Der Papst ist als Bischof von Rom ex officio Staatsoberhaupt des Staates der Vatikanstadt und zugleich selbststandiges Volkerrechtssubjekt Heiliger Stuhl Seine Wahl im Konklave der Kardinale ist allerdings verfassungsrechtlich nicht im Staat der Vatikanstadt sondern kirchenrechtlich in der katholischen Kirche angesiedelt Staatsrechtlich wahlen nicht die Staatsangehorigen das Staatsoberhaupt sondern das Konklave wahlt ihn fur sie Die Staatsform der Vatikanstadt ist aufgrund der allumfassenden judikativen 8 und legislativen wie auch exekutiven Macht des Papstes die einer absoluten Wahlmonarchie Die Wahl erfolgt auf Lebenszeit und endet nur durch den Tod den Amtsverzicht oder die Absetzung durch ein Allgemeines Konzil Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf Wahlmonarchien BearbeitenDer Sozialanthropologe Max Gluckman hat die regelmassigen und oft verlustreichen Kampfe um die Nachfolge in Wahlmonarchien die in Europa oft den Ubergang zur Erbmonarchie befordert haben in einer ambivalenten Doppelfunktion herausgestellt Zwar kann es zu morderischen sozialen Konflikten Burgerkriegen kommen anderseits sind ebendiese geeignet die Zentralmonarchie als Institution und damit den Zusammenhalt eines Staatsvolkes und Territoriums immer wieder neu zu bestarken 9 Politiksoziologisch gefasst binden diese regelmassigen Nachfolgestreitigkeiten damit die Eliten nach Vilfredo Pareto Elite und Reserveelite einer Gesellschaft aneinander und vermeiden Sezessionen Vergleichbare Analyseansatze lassen sich auch auf dynastische Erbkampfe ausserhalb staatsrechtlicher Monarchien ubertragen etwa auf Unternehmen in Familienbesitz 10 Bekannt sind hier u a die Auseinandersetzungen der Nachkommen Richard Wagners um die Leitung der Bayreuther Festspiele 11 Fussnoten Bearbeiten Rigobert Gunther Germanen erobern Rom Der Untergang des Westromischen Reiches und die Entstehung germanischer Konigreiche bis zur Mitte des 6 Jahrhunderts Seiten 39f 56 68 74 und 197 Akademie Verlag Berlin 1988 Gerd Kampers Zwischen Konigswahl und Dynastiebildung Grundzuge und Probleme der Verfassungsgeschichte des spanischen Wisigotenreiches In Matthias Becher Stefanie Dick Hrsg Volker Reiche und Namen im Fruhen Mittelalter Mittelalter Studien Band 22 Seiten 141 160 Brill Fink Paderborn 2010 Verfassung von 1993 Memento vom 24 Januar 2009 im Internet Archive pdf englisch Wahl auf Lebenszeit Artikel 7 Thronrat Artikel 13 Artikel 14 der Verfassung Andreas Neuhauser Kambodscha Reise Know How Bielefeld 2003 ISBN 3 8317 1106 2 Fischer Weltalmanach 2006 Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2005 ISBN 3 596 72006 0 Artikel 19 und 100 1399 CIC Memento vom 20 Juli 2011 im Internet Archive Max Gluckman Custom and conflict in Africa vgl a Tilman Grottian Systemtheoretische Ansatze bei Max Gluckman LIT Munster Hamburg 1994 ISBN 3 89473 645 3 Fur Bauernhofe wurde im deutschen Rechtskreis diesen Folgen regional durch das Anerbenrecht Rechnung getragen Siehe Jonathan Carr Der Wagner Clan dt v Hermann Kusterer Hoffmann und Campe Hamburg 2008 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wahlmonarchie amp oldid 236019639