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Das Westgotenreich war das von 418 bis 711 bzw 725 bestehende Reich der Westgoten das seinen Schwerpunkt zunachst in Sudwestgallien und spater auf der Iberischen Halbinsel hatte Westgotische Konige Chindaswinth Rekkeswinth und EgicaAbbildung aus dem Codex Vigilanus 976 Fur die Zeit von 418 bis 507 spricht man vom Tolosanischen Reich oder Reich von Toulouse mit der Hauptstadt Tolosa dem heutigen Toulouse Nach dem Verlust des grossten Teils der sudgallischen Gebiete einschliesslich der Hauptstadt Tolosa durch die Niederlage gegen die Franken in der Schlacht von Vouille 507 verlagerte sich der Schwerpunkt des Westgotenreiches auf die Iberische Halbinsel Damit begann die zweite Phase die nach der neuen Hauptstadt Toledo als Toledanisches Reich bezeichnet wird Nach der Niederlage der Westgoten unter Roderich gegen ein muslimisches Invasionsheer unter Tariq ibn Ziyad im Jahre 711 war der Untergang des Westgotenreiches besiegelt Einzelne Regionen leisteten langer Widerstand in der nordostlichen Tarraconensis bis 719 im sudgallischen Reichsteil Septimanien bis 725 In Asturien leistete der westgotische Adlige Pelagius erfolgreich Widerstand was oft als Beginn der Reconquista angesehen wird Das aus einem foderierten Kriegerverband hervorgegangene Westgotenreich stellt in vielerlei Hinsicht eine Brucke zwischen Antike und Mittelalter dar da hier einerseits langer als in vielen anderen Regionen des romischen Westens spatantike Strukturen fortbestanden und andererseits in einigen Bereichen mittelalterliche Lebens und Rechtsformen prototypisch und in Ansatzen entwickelt wurden Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Tolosanisches Reich 418 507 2 1 Politische Geschichte 2 1 1 Ansiedlung in Gallien und Abwehr der Vandalen 2 1 2 Kampfe gegen Aetius 2 1 3 Kampf gegen die Hunnen 2 1 4 Erneutes Foderatenverhaltnis zu Rom 2 1 5 Expansion an die Loire und nach Hispanien 2 1 6 Gebietsverluste an die Franken 2 2 Kultur und Sozialgeschichte 2 2 1 Rechtswesen 2 2 2 Besitzverhaltnisse 2 2 3 Stellung der Romanen im Reich 2 2 4 Assimilation an die romanische Kultur 2 2 5 Religion 3 Toledanisches Reich 507 725 3 1 Politische Geschichte 3 1 1 Krise Herrschaft ostgotischer Konige 3 1 2 Auseinandersetzung mit dem Ostromischen Reich 3 1 3 Machtentfaltung unter Leovigild 3 1 4 Ubergang zum katholischen Christentum Feldzuge gegen die Basken 3 1 5 Innere Machtkampfe im 7 Jahrhundert 3 1 6 Untergang des Westgotenreichs 3 2 Kultur Verfassungs und Sozialgeschichte 3 2 1 Identitatsstiftende Faktoren 3 2 2 Druck auf die judische Bevolkerung 3 2 3 Westgotische Reichsidee 3 2 4 Verhaltnis von weltlicher und geistlicher Macht 3 2 5 Feudalisierung 3 2 6 Probleme im Heerwesen 3 2 7 Besitzverhaltnisse und Armut 4 Nachwirkung 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 AnmerkungenVorgeschichte BearbeitenSiehe auch Volkerwanderung und GotenTolosanisches Reich 418 507 BearbeitenPolitische Geschichte Bearbeiten Ansiedlung in Gallien und Abwehr der Vandalen Bearbeiten Nach einem gescheiterten Versuch uber die Meerenge von Gibraltar nach Africa zu gelangen musste der zuvor von Alarich und Athaulf gefuhrte gotische Kriegerverband auf der Iberischen Halbinsel unter seinem rex Wallia im Fruhjahr 416 ein Bundnis mit der westromischen Regierung schliessen das die Goten verpflichtete als Foderaten gegen die germanischen Gruppen zu kampfen die 409 in Hispanien eingefallen waren Dieser Feldzug dauerte bis zum Sommer 418 dann kehrten die Goten auf romischen Befehl nach Gallien zuruck und erhielten von den Romern ein Gebiet in Aquitanien zugewiesen von dem aus sie versorgt werden sollten Dies geschah weitgehend in Kooperation mit der galloromischen Oberschicht Das Westromische Reich versprach sich davon die Abwehr der Vandalen und anderer germanischer Gruppen die 406 407 uber den Rhein nach Gallien eingedrungen waren Offenbar erschien der romischen Regierung in Ravenna die Duldung der westgotischen Ansiedlung deren Umstande und Bedingungen in der Forschung sehr umstritten sind als das kleinere Ubel Tatsachlich zogen die Westgoten 422 mit den kaiserlichen Truppen gegen die Vandalen in den Kampf doch ging es ihnen wohl vor allem um einen Zugang zum Mittelmeer Das Streben der foderierten Westgoten nach gesicherten Einkunften und Handlungsspielraumen gegenuber der westromischen Regierung sollte fur Jahrzehnte pragend bleiben Kampfe gegen Aetius Bearbeiten Die wechselnden romischen Machthaber versuchten die kampfstarken Goten fur ihre Zwecke zu instrumentalisieren deren Stellung angesichts der instabilen kaiserlichen Regierung gefahrdet blieb Die Westgoten ubten daher ihrerseits fruh und immer wieder militarischen Druck aus um den Abschluss gunstigerer foedera zu erzwingen Der romische Heermeister Aetius der 434 nach einem Burgerkrieg an die Macht gekommen war konnte zwei westgotische Angriffe auf Arles abwehren Ein Angriff der Westgoten auf Narbonne 436 fuhrte zu einem mehrjahrigen wechselvollen Krieg mit den Romern die auch hunnische Soldner einsetzten aber schliesslich eine schwere Niederlage erlitten Die verlustreichen Kampfe endeten schliesslich 439 mit einem neuen Vertrag Dieses foedus raumte den Goten deutlich mehr Rechte ein In der Folgezeit bemuhte sich der westgotische rex Theoderich I um ein Bundnis mit den Vandalen gegen Aetius das jedoch scheiterte da der Vandale Geiserich 442 die Front wechselte und eine Tochter Theoderichs verstummeln liess Kampf gegen die Hunnen Bearbeiten In der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern 451 kampften die Westgoten auf Seiten von Aetius gegen die Hunnen Attilas und andere Volkerschaften Sie bildeten anscheinend den grossten und kampfkraftigsten Teil der Allianz gegen die Hunnen Offenbar hatte Theoderich I befurchtet dass ein weiteres Vordringen der Hunnen auch seine Herrschaft gefahrden wurde vor allem aber scheint der Umstand dass Attila mit seinem Todfeind Geiserich verbundet war dazu gefuhrt zu haben dass er sich nach langerem Schwanken entschied seinen einstigen Gegner Aetius zu unterstutzen Die Westgoten waren anschliessend massgeblich am Sieg auf den Katalaunischen Feldern beteiligt doch fiel Theoderich I im Kampf Sein Sohn und Nachfolger Thorismund war ein Feind des Aetius den er nicht weiter unterstutzen wollte und zog mit seinen Truppen ab Erneutes Foderatenverhaltnis zu Rom Bearbeiten 453 kam bei den Westgoten Theoderich II durch einen Mord an seinem Bruder Thorismund an die Macht Er erneuerte das Foderatenverhaltnis zu den Romern und das Bundnis mit Aetius da er innerhalb des Westromischen Reichs eine massgebliche Machtstellung zu erringen hoffte Als Aetius 454 erschlagen wurde und neue Wirren in Italien ausbrachen wollte Theoderich die Umstande nutzen um seinen Einfluss zu vergrossern Diesem Ziel diente die Erhebung des galloromischen Senators Avitus zum Kaiser die auf Theoderichs Drangen 455 in Arles erfolgte 1 Avitus einst ein Anhanger des Aetius zog mit westgotischen Truppen nach Italien konnte sich aber nicht lange in Rom behaupten weil die westgotischen Krieger 456 Italien wieder verliessen um in Hispanien gegen das regnum der Sueben zu kampfen Zwar blieben sie dabei siegreich doch fehlte ihre Kampfkraft Avitus der daher von seinen innerromischen Feinden beseitigt wurde Das Scheitern des Avitus wurde von der galloromischen Oberschicht als Niederlage empfunden und fuhrte wohl zu einer Entfremdung zwischen den Galloromern und der westromischen Regierung in Ravenna was die Westgoten begunstigte Theoderich II wollte diese Lage zur Eroberung von Arles nutzen scheiterte aber an dem Heermeister Aegidius Dieser schlug die Westgoten 458 im Auftrag des neuen Kaisers Majorian vor Arles worauf das Foderatenverhaltnis ein weiteres Mal erneuert wurde Hinter Majorian stand der neue Heermeister Ricimer der mit dem westgotischen Herrscherhaus verwandt war Als Aegidius nach dem Sturz Majorians der 461 von Ricimer fallengelassen und getotet wurde gegen die neuen Machthaber Roms rebellierte und sie von seinem nordgallischen Machtbereich aus bekampfte verbundete sich Theoderich II mit Ricimer und dem neuen Kaiser Libius Severus gegen ihn und besetzte Narbonne Erneut hatten sich die Westgoten also die Burgerkriege der Romer gegeneinander zunutze gemacht 463 erlitten sie bei Orleans allerdings eine schwere Niederlage Expansion an die Loire und nach Hispanien Bearbeiten nbsp Entwicklung des Westgotenreiches rotorange Ansiedlung der Westgoten in Aquitanien ab 418 orange und hellorange Ausbreitung des Westgotenreiches bis 507 orange Westgotenreich mit Septimanien zwischen 507 und 552 grun Suebenreich das ab 585 zum Westgotenreich gehorte Der Tod des Aegidius der 464 465 starb verschaffte den Westgoten Gelegenheit zur Expansion im Loireraum 466 wurde Theoderich II von seinem jungeren Bruder Eurich II beseitigt Nach seiner Machtergreifung begann Eurich ein bedeutender Herrscher mit diplomatischen Vorbereitungen zu einer grossen Offensive gegen die Romer 468 erlitten diese eine katastrophale Niederlage gegen Geiserich und nun nutzte Eurich die Schwache der kaiserlichen Regierung aus und loste das Foderatenverhaltnis endgultig auf Er dehnte seinen Machtbereich bis zur Loire in die Auvergne und im Suden bis weit nach Hispanien hinein aus Ein Vorstoss auf Rom scheiterte zwar doch im Jahr 475 schloss er Frieden mit Kaiser Julius Nepos der den Westgoten die von ihnen eroberten Gebiete uberliess und ihre Unabhangigkeit anerkannte Nach der Absetzung des letzten westromischen Kaisers Romulus Augustulus im folgenden Jahr besetzten Eurichs Truppen auch das bis zuletzt romisch gebliebene Gebiet um Arles Auf eine weitere Expansion in Gebiete ostlich der Rhone und nordlich der Loire verzichtete Eurich Die Westgoten besetzten in der zweiten Halfte des 5 Jahrhunderts etappenweise auch grosse Teile der Iberischen Halbinsel Sie beschrankten sich zunachst auf wichtige Stutzpunkte wie Merida Erst in den neunziger Jahren des 5 Jahrhunderts kam es zu mehreren grosseren Ansiedlungswellen Den Anlass dazu bot wohl der frankische Druck auf die Loiregrenze Unter Eurich erreichte das Westgotenreich den ersten Hohepunkt seiner Macht Als er 484 starb war es nach Ausdehnung und Einwohnerzahl der bedeutendste der Nachfolgestaaten des Westromischen Reichs Die Ausdehnung betrug rund 750 000 Quadratkilometer die Einwohnerzahl wird auf 10 Millionen geschatzt 2 Gebietsverluste an die Franken Bearbeiten Ab dem spaten 5 Jahrhundert erstarkten die Franken Unter dem Merowinger Chlodwig I der mehrere frankische Verbande vereinigen konnte vernichteten sie 486 487 das Reich des romischen Machthabers Syagrius nordlich der Loire Syagrius floh zu den Westgoten die ihn auf frankischen Druck an Chlodwig auslieferten Die Loire bildete nun die frankisch westgotische Grenze 507 ging Chlodwig zum Angriff uber in der Schlacht von Vouille besiegte er Alarich II den Sohn und Nachfolger Eurichs Alarich fiel in der Schlacht Die Franken eroberten die westgotische Hauptstadt Tolosa wo sie einen Teil des Konigsschatzes erbeuteten So ging der gallische Teil des Reichs bis auf Septimanien einen Kustenstreifen am Mittelmeer um Narbonne verloren Nur das Eingreifen des Ostgotenkonigs Theoderich der ab 511 fur einige Jahre die Regierung des Westgotenreichs ubernahm ermoglichte den Westgoten die Bewahrung Septimaniens Damit endete das Tolosanische Reich Kultur und Sozialgeschichte Bearbeiten Rechtswesen Bearbeiten In seiner rund neunzigjahrigen Geschichte wurde das Tolosanische Reich auf verschiedenen Gebieten zum Vorbild fur andere regna Galliens und Hispaniens Im Rechtswesen war der wohl um 475 eingefuhrte Codex Euricianus ein nach seinem Urheber Konig Eurich benanntes Gesetzbuch die erste Rechtskodifikation eines postromischen Herrschers 3 Indem Eurich das eigentlich nur dem Kaiser zurstehende Recht der Gesetzgebung usurpierte demonstrierte er seine Unabhangigkeit Der Codex wurde zur Basis fur die spatere Gesetzgebung westgotischer Herrscher und auch zum Muster fur fremde Volksrechte wie das alamannische und bayrische Recht Der Codex Euricianus enthielt das personale Recht der Westgoten wahrend das Recht der romanischen Bevolkerung in der Lex Romana Visigothorum kodifiziert wurde Die Lex Romana Visigothorum wurde 506 von Alarich II in Kraft gesetzt daher wird sie auch Breviarium Alaricianum genannt Es handelt sich um eine Uberarbeitung des Codex Theodosianus einer spatantiken romischen Gesetzessammlung nach der sich die romanische Bevolkerung des Westgotenreichs vor 506 gerichtet hatte Fur die fruhmittelalterliche Rezeption des romischen Rechts in Westeuropa bildete die Lex Romana Visigothorum eine wichtige Grundlage Der Codex Euricianus und die Lex Romana Visigothorum regelten Rechtsakte wie Kauf und Schenkung Testamente Darlehen und Urkunden Bei Prozessen zwischen Goten und Romanen wurden die Vorschriften des Codex Euricianus angewendet Er enthielt einen auffallend hohen Anteil an Bestimmungen die aus dem romischen Recht stammten offenbar war er unter erheblicher Mitwirkung romanischer Juristen entstanden Der Umstand dass ein so stark romisch gepragtes und in lateinischer Sprache abgefasstes Werk schon im 5 Jahrhundert fur Rechtsstreitigkeiten der Goten untereinander massgeblich war ist ein wichtiger Hinweis auf fruhe weitreichende Assimilation der westgotischen Krieger an ihre Umgebung und fur den Versuch die spatromische Verwaltung fortzusetzen Besitzverhaltnisse Bearbeiten Die Ansiedlung der Westgoten konnte mit zwangsweiser Landabtretung durch romische Grundbesitzer verbunden gewesen sein doch wird diese Frage seit Jahrzehnten in der Forschung kontrovers diskutiert 4 Es kam jedenfalls keineswegs zu einer umfassenden und systematischen Enteignung vielmehr gab es im Tolosanischen Reich reiche romische Grossgrundbesitzer die sich von Bewaffneten schutzen liessen und ihre Landsitze befestigten Die soziale Schichtung war stark ausgepragt Auffallend viele Bestimmungen des Codex Euricianus befassen sich mit Unfreien deren Zahl offenbar betrachtlich war Die Gefolgschaften bestanden teils aus Freien teils aus Unfreien Freie Gefolgsleute durften den Gefolgsherren wechseln Einfache Freie gerieten offenbar oft in schwere soziale Notlagen davon zeugen Bestimmungen des Codex Euricianus die vom Selbstverkauf Freier und vom Verkauf Freier als Sklaven gegen ihren Willen handeln Eine Bestimmung die den Verkauf von Kindern freier Eltern verbietet zeigt dass auch dies vorkam Stellung der Romanen im Reich Bearbeiten Alles in allem kann man sagen dass die gotischen Krieger als Nachfolger der kaiserlichen Armee fur die Verteidigung des Reiches zustandig waren wahrend die romanisierte Mehrheitsbevolkerung fur ihren Unterhalt zu sorgen hatte Insgesamt war die Stellung der Romer bzw Romanen im Tolosanischen Reich daher vorteilhaft Sie mussten im Gegensatz zu den Westgoten keinen Kriegsdienst leisten konnten aber freiwillig im westgotischen Heer dienen und dort sogar hohe Kommandostellen einnehmen So kampften 507 Aristokraten senatorischer Herkunft mit den Westgoten gegen die Franken Chlodwigs I Auch in der Verwaltung waren den Romanen Spitzenamter zuganglich Zwar mussten sie im Unterschied zu den gotischen Kriegern Steuern zahlen doch war ihre Steuerlast offenbar wesentlich geringer als im spatantiken Romischen Reich Militar und Zivilverwaltung waren nicht mehr getrennt Beide wurden von duces geleitet die Goten oder Romanen sein konnten sie fungierten im Krieg als Heerfuhrer und ubernahmen im Frieden in ihren Amtsbezirken Verwaltungsaufgaben zu denen wohl auch richterliche Funktionen gehorten Die Tradition der romischen Provinzialverwaltung bestand fort Eine wichtige Verwaltungseinheit bildete die Stadt civitas an deren Spitze ein comes civitatis wortlich Stadtgraf stand dem auch das ortliche Justizwesen unterstellt war Assimilation an die romanische Kultur Bearbeiten Den Hintergrund zum Verstandnis der Assimilation bilden die demographischen Verhaltnisse Die Schatzungen der Anzahl der im Tolosanischen Reich lebenden Westgoten schwanken zwischen rund 70 000 und 200 000 was einem Anteil von etwa ein bis zwei Prozent der Gesamtbevolkerung zum Zeitpunkt der grossten Ausdehnung des Reichs entspricht 5 Die Ortsnamenforschung zeigt dass die westgotische Siedlung sich auf den Umkreis von Toulouse konzentrierte im grossten Teil des Reichs fehlen gotische Ortsnamen Von der Assimilation zeugt das Schwinden des gotischen Brauchtums Im Lauf der Zeit genauere Anhaltspunkte zur Datierung fehlen verschwand die gotische Tracht Die gotische Sprache die ja von Anfang an nur von einigen zehntausend Menschen gesprochen wurde wurde langsam zuruckgedrangt bis zum Ende des Tolosanischen Reichs war sie aber noch weit verbreitet Die Herrscher verfugten allerspatestens seit Theoderich II dessen Lehrer der spatere Kaiser Avitus war uber gute Lateinkenntnisse am Hof Eurichs bestand Interesse an lateinischer Dichtung 6 Trotz der fortschreitenden Romanisierung der Goten gab es in der gebildeten romanischen Oberschicht auch eine intensive Verachtung der germanischen Barbaren Ein Beispiel dafur ist der beruhmte Dichter und Bischof Sidonius Apollinaris dessen Schriften eine bedeutende Quelle zur Kulturgeschichte des Tolosanischen Reiches bilden Er machte keinen Hehl daraus dass er von den Goten nichts hielt Mischehen zwischen Goten und Romanen blieben bis Ende des 6 Jahrhunderts verboten Religion Bearbeiten Die Romanen waren hauptsachlich Katholiken die Goten Arianer Dieser religiose Gegensatz erzeugte ein Gefuhl der Fremdheit zwischen den Volksgruppen Die daraus resultierenden Spannungen schwankten stark in Abhangigkeit von der wechselhaften Religionspolitik der Westgotenkonige Theoderich I pflegte ein gutes Verhaltnis zu den Katholiken so dass sogar katholische Bischofe fur ihn als Gesandte tatig waren Theoderich II scheint an religiosen Fragen relativ uninteressiert gewesen zu sein Diese Politik der Toleranz oder Gleichgultigkeit anderte sich radikal unter Eurich der den Katholiken die Neubesetzung vakanter Bistumer nicht gestattete Dadurch konnte er ohne zu Gewaltmassnahmen greifen zu mussen das kirchliche Leben der Katholiken weitgehend lahmlegen Da die weitgehend katholischen Quellen aber nichts davon berichten dass er Bekehrungsversuche unternahm ist davon auszugehen dass seine antikatholische Haltung eher politisch denn religios motiviert war er sah in den Katholiken und vor allem ihren Bischofen potentielle Verbundete des ebenfalls katholischen westromischen Kaisers Alarich II schlug wiederum einen katholikenfreundlichen Kurs ein Er ubernahm in seine Lex Romana Visigothorum Bestimmungen des romischen Rechts welche die juristische Stellung der katholischen Kirche regelten nicht jedoch ein Gesetz Kaiser Valentinians III das die gallische Kirche dem Papst unterstellte Somit wollte er den Einfluss Roms zuruckdrangen und vermutlich eine eigenstandige katholische Landeskirche schaffen 506 erlaubte er das Zusammentreten der Synode von Agde einer katholischen Reichssynode die der Metropolit Caesarius von Arles leitete Alarichs Ziel war offenbar den religiosen Gegensatz zu entscharfen und die katholischen Romanen fur den westgotischen Staat zu gewinnen Toledanisches Reich 507 725 BearbeitenPolitische Geschichte Bearbeiten Krise Herrschaft ostgotischer Konige Bearbeiten Nach 507 sturzte das Westgotenreich in eine Krise Sein Schwerpunkt verlagerte sich nach dem Verlust des grossten Teils der gallischen Gebiete nach Hispanien Das militarische Eingreifen der Ostgoten auf westgotischer Seite gegen die angreifenden Franken und die mit ihnen verbundeten Burgunden rettete zwar dauerhaft Septimanien den Rest des westgotischen Herrschaftsgebiets nordlich der Pyrenaen doch verloren die Westgoten dabei zunachst ihre Unabhangigkeit Die Ostgoten vertrieben Gesalech den unehelichen Sohn und Nachfolger des 507 gefallenen Konigs Alarich II und der Ostgotenkonig Theoderich der Grosse ubernahm die Herrschaft im Westgotenreich wo er bis zu seinem Tod 526 anderthalb Jahrzehnte lang regierte Die Verwaltung uberliess er seinen Beauftragten Theoderich war der Schwiegervater Alarichs II und Grossvater von dessen Sohn Amalarich regierte aber nicht als Vormund des anfangs unmundigen Amalarich sondern in eigenem Namen Anscheinend beabsichtigte er eine dauerhafte Verschmelzung der beiden Reiche Nach seinem Tod machten sich aber die Westgoten unter Amalarich wieder selbstandig Amalarichs Truppen erlitten 531 bei Narbonne eine Niederlage gegen den Frankenkonig Childebert I was zu neuen Gebietsverlusten der Westgoten fuhrte Bald darauf wurde Amalarich ermordet Nach einigen Monaten ohne Herrscher erhoben die Westgoten Theudis einen Ostgoten zu ihrem neuen Konig Er setzte die langwierige militarische Auseinandersetzung mit den Franken fort Auseinandersetzung mit dem Ostromischen Reich Bearbeiten Zugleich drohte nach der Vernichtung des nordafrikanischen Vandalenreichs durch eine Streitmacht des Kaisers Justinian ein ostromischer Angriff auf Hispanien Bei ersten Kampfen der Westgoten mit den Ostromern um die Stadt Ceuta an der Strasse von Gibraltar konnten sich die kaiserlichen Truppen durchsetzen 548 wurde Theudis wie schon sein Vorganger ermordet Er war einer der zahlreichen Westgotenkonige die einen gewaltsamen Tod fanden Die Grunde fur Mordanschlage auf die Konige waren teils politischer teils privater Natur Attentate Rebellionen und Staatsstreiche waren auch in der Folgezeit so haufig dass der frankische Chronist Pseudo Fredegar dafur den Begriff gotische Krankheit morbus Gothicus pragte Einer der Aufstande bot den Ostromern den Vorwand zum Eingreifen 552 landeten sie als Verbundete eines westgotischen Rebellen an der Sudkuste Hispaniens und besetzten dort unter dem greisen patricius Liberius ein Kustengebiet das mindestens von Carthago Nova Cartagena bis Malaga reichte und unter anderem die wichtigen Stadte Cordoba und Medina Sidonia umfasste Dieser Raum der im Wesentlichen der alten Provinz Baetica entsprach wurde von Justinian als Spania reorganisiert blieb knapp 80 Jahre ostromisch und unterstand einem eigenen magister militum Wahrend dieser 80 Jahre kampften Ostromer und Westgoten mit wechselndem Erfolg gegeneinander Machtentfaltung unter Leovigild Bearbeiten Unter dem tatkraftigen Konig Leovigild 568 9 586 erlebte das Westgotenreich einen bedeutenden Aufschwung Leovigilds Ziel war es die gesamte Pyrenaenhalbinsel unter seine Herrschaft zu bringen Sein Expansionsstreben richtete sich gegen die Ostromer gegen das Konigreich der Sueben im heutigen Galicien und Nord Portugal gegen die Kantabrer und Basken sowie gegen kleinere Machtzentren die sich in der Hand von einheimischen Kleinkonigen oder ortlichem Adel befanden In einer Reihe von erfolgreichen Feldzugen konnte Leovigild die Ostromer zuruckdrangen die Sueben unterwerfen und ausgedehnte Gebiete die zuvor von regionalen und lokalen Machthabern beherrscht worden waren dem Westgotenreich einverleiben Ein frankischer Angriff auf Septimanien wurde zuruckgeschlagen die Rebellion von Leovigilds Sohn Hermenegild niedergeworfen Auf religiosem Gebiet scheiterte jedoch Leovigilds Versuch die Spannungen zwischen Arianern und Katholiken aufzulosen Ein wichtiges Anliegen Leovigilds war die Imperialisierung des Konigtums durch Imitation des ostromischen Kaisertums Dies ausserte sich beispielsweise in seiner Kleidung Hofhaltung und Munzpragung Leovigild war der erste Westgotenkonig der sich offen als souveraner Herrscher gab Er horte auf das Bild des romischen byzantinischen Kaisers auf seine Goldmunzen zu setzen und signalisierte damit dass er die formale Oberhoheit Konstantinopels nicht mehr anerkannte Zudem trug er als erster Westgote Krone und Purpur und nach der Art der romischen Kaiser grundete er eine neue Stadt die er nach seinem Sohn Rekkared Reccopolis nannte Ubergang zum katholischen Christentum Feldzuge gegen die Basken Bearbeiten Leovigilds Sohn und Nachfolger Rekkared I 586 601 konnte den Krieg gegen die Franken siegreich beenden Er beseitigte die religiose Zwietracht im Reich indem er 589 vom Arianismus zum Katholizismus ubertrat was das Ende des Arianismus im Westgotenreich zur Folge hatte Rekkared kampfte auch gegen die Ostromer und die Basken doch ohne durchschlagenden Erfolg Bis zum Ende des Westgotenreichs unternahmen die Konige immer wieder Feldzuge gegen die Basken die dabei erzielten Erfolge blieben aber jedes Mal vorubergehend da sich die unterworfenen Basken stets aufs Neue erhoben Die Wiederholung der Feldzuge zeigt deren Erfolglosigkeit eine dauerhafte Befriedung der baskischen Gebiete gelang nicht Innere Machtkampfe im 7 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Westgotenreich im 7 JahrhundertRekkareds jugendlicher Sohn und Nachfolger Liuva II wurde nach nur anderthalbjahriger Regierung schon 603 entmachtet eine Verschworung von Adligen brachte seinen Nachfolger Witterich an die Macht Damit endete die von Leovigild begrundete Dynastie In der Folgezeit setzte sich das Prinzip der Wahlmonarchie wieder durch wobei allerdings in manchen Fallen unklar ist ob eine Wahl stattfand oder der blosse Erfolg eines Staatsstreichs oder Aufstands zur Legitimation des neuen Konigs ausreichte Einzelne Konige Sisebut Suinthila Chintila versuchten vergeblich durch Erhebung eines Sohnes zum Mitregenten eine dauerhafte Dynastie zu begrunden wenn ein Thronfolger zur Herrschaft gelangte wurde er schon nach kurzer Regierung beseitigt Adelsverschworungen und Rebellionen mit dem Ziel den regierenden Konig zu sturzen und durch einen Usurpator zu ersetzen lassen die politische Instabilitat und die Schwache des Konigtums erkennen Um 625 gelang Konig Suinthila die Ruckeroberung der letzten ostromisch byzantinischen Stutzpunkte in Hispanien Zu einer Reaktion des Konigtums auf die Ubermacht und Unzuverlassigkeit des Adels kam es unter Chindaswinth 642 653 Chindaswinth war selbst durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen und ging dann mit ausserordentlicher Harte systematisch gegen Adelsgruppen vor die er mangelnder Loyalitat verdachtigte Seinem Terrorregime fielen Hunderte von Adligen zum Opfer Chindaswinths Ziel war eine weitgehende Auswechslung der Fuhrungsschicht die Ersetzung des bisherigen selbstandigen Adels durch zuverlassige Gefolgsleute des Konigs Es gelang ihm seinem Sohn Rekkeswinth den er zum Mitregenten erhob die Nachfolge zu sichern Nach Rekkeswinths Tod 672 kam es wieder zu einer echten Konigswahl der bereits bejahrte Adlige Wamba wurde zum neuen Konig erhoben Er ist der erste fruhmittelalterliche Herrscher fur den eine Salbung als Herrscherweihe nach alttestamentlichem Vorbild in den Quellen ausdrucklich bezeugt ist Wamba erwies sich als tuchtiger energischer Herrscher einen Aufstand in Septimanien konnte er unterdrucken doch wurde er nach achtjahriger Herrschaft durch eine Hofintrige entmachtet und zur Abdankung gezwungen In den Jahren 693 694 sowie erneut in den ersten Jahren des 8 Jahrhunderts brachen schwere Epidemien aus die das Reich schwachten hinzu kam Hungersnot Diese Faktoren fuhrten zu einem erheblichen Bevolkerungsruckgang Machtkampfe zwischen Konigtum und rebellischen Adelsgruppen dauerten an Untergang des Westgotenreichs Bearbeiten Im Zuge der islamischen Expansion setzte im Fruhjahr 711 eine relativ kleine aus Arabern und uberwiegend Berbern bestehende Streitmacht uber die Strasse von Gibraltar angeblich unterstutzt von einem ehemaligen byzantinischen Statthalter namens Julian und begann die Invasion des Westgotenreichs Konig Roderich der erst seit dem Vorjahr regierte und gerade mit Kampfen gegen aufstandische Basken beschaftigt war eilte ihnen entgegen Im Juli 711 siegten die Muslime in der Schlacht am Rio Guadalete in der Roderich fiel 7 In den folgenden Jahren eroberten sie die Iberische Halbinsel und zuletzt auch Septimanien In der nordostlichen Region Tarraconensis leisteten westgotische Truppen noch bis 719 im sudgallischen Septimanien noch bis 725 Widerstand Allerdings trifft es nicht zu dass eine der rivalisierenden Adelsparteien die Muslime zu Hilfe rief und so die muslimische Invasion der Iberischen Halbinsel veranlasste oder zumindest forderte Bei dem angeblichen Landesverrat handelt es sich um eine spater stark ausgeschmuckte Legende die wie die moderne Forschung gezeigt hat der historischen Realitat widerspricht und auf das Bedurfnis nach Erklarung der katastrophalen Niederlage und nach Schuldzuweisung zuruckzufuhren ist 8 Zuletzt fielen die Stadte Nimes und Carcassonne Zudem gibt es Hinweise dass einzelne gotische Widerstandsnester im Osten Septimaniens nicht von den Arabern eingenommen wurden sondern spater direkt an das Frankenreich fielen Dies wird fur das Jahr 756 in der Chronik der Stadt Uzes Histoire d Uzes berichtet 9 Einige Goten scheinen sich zudem in die Pyrenaen zuruckgezogen zu haben wo sie unter Fuhrung von Pelagius gemeinsam mit den Einheimischen erfolgreich Widerstand leisteten Kultur Verfassungs und Sozialgeschichte Bearbeiten nbsp Die Votivkrone des Westgotenkonigs Rekkeswinth 653 672 aus dem Schatz von GuarrazarIdentitatsstiftende Faktoren Bearbeiten Im 5 und 6 Jahrhundert war das Westgotenreich noch eng mit dem spatantiken Mittelmeerraum verbunden Auffallend ist dann eine kulturelle Isolierung des Westgotenreichs im 7 Jahrhundert Vorgange ausserhalb der eigenen Reichsgrenzen fanden in westgotischen Quellen nun nur noch wenig Beachtung umgekehrt wurden in Quellen aus Gebieten ausserhalb der Iberischen Halbinsel Ereignisse bei den Westgoten selten registriert Mit den anderen Ostgermanenstaaten teilte das Westgotenreich den politischen Grundkonflikt zwischen der kleinen Schicht der germanischen Eroberer und den romanisierten Untertanen Vier Faktoren trugen zu seiner Uberwindung bei Seit dem Ende des 5 Jahrhunderts gab es den gemeinsamen Kriegsdienst von berittenen Goten und meist zu Fuss kampfenden Romanen Unter Leovigild wurde das Verbot von Mischehen aufgehoben und das romische Erbrecht der Tochter auch bei den Germanen eingefuhrt Der Ubertritt Rekkareds zum Katholizismus der zur Ausloschung des Arianismus fuhrte ermoglichte die Vollendung der Verschmelzung von Westgoten und Provinzialromern zu einem nun religios geeinten Reichsvolk Unter Rekkeswinth wurde schliesslich 654 das Nebeneinander von westgotischem Volksrecht und provinzialromischem Recht aufgehoben In keiner anderen germanischen Staatsgrundung kam es zu einem solchen Angleichungsprozess von Kulturen der Herrschenden und Beherrschten wenngleich dieser durch Absorption der Eroberer in das spatromisch byzantinische Kulturmilieu erfolgte So erlebte das Westgotenreich seit der Wende vom 6 zum 7 Jahrhundert eine kulturelle Blutezeit die unter anderem von Maximus von Saragossa Isidor von Sevilla und Ildefons von Toledo gepragt wurde Fur Isidor waren die Romani Byzantiner bereits Auslander gegen die man sich zur Wehr setzen musste die Loyalitat der spanischen Provinzialen gegenuber dem byzantinischen Kaiserreich war erloschen 10 Druck auf die judische Bevolkerung Bearbeiten Die an diesem Vorgang nicht beteiligten Juden blieben als einzige nichtkatholische Bevolkerungsgruppe ubrig Daher ergriffen die Westgotenkonige und die katholische Kirche energische Massnahmen mit dem Ziel die Juden zur Konversion zum katholischen Glauben zu zwingen und sie so zu assimilieren Zahlreiche scharfe Konzilsbeschlusse und Gesetze dienten dem Zweck den Juden die ihren Glauben behielten das Leben zu erschweren und sie vor allem ihrer Einnahmequellen durch Handelstatigkeit zu berauben Ab 694 befanden sich die Juden in einer faktisch rechtlosen Lage ihr Eigentum wurde konfisziert und ihre Kinder wurden ihnen weggenommen und in christliche Familien gegeben Westgotische Reichsidee Bearbeiten Konig Rekkeswinth erliess 654 ein einheitliches Gesetzbuch fur Goten und Romanen Liber iudiciorum oder Liber iudicum Damit setzte sich im Rechtswesen das Territorialprinzip gegenuber dem fruheren Grundsatz des personalen an die Volkszugehorigkeit gebundenen Rechts durch Die Idee eines solchen einheitlichen Reichsrechts stellte eine Pionierleistung der Westgoten dar denn in den anderen Germanenreichen herrschte noch das ethnische Prinzip Damit zeigte sich im Westgotenreich eine Entwicklung vom Personenverbandsstaat zum territorialen Flachenstaat Solchem Denken und dem damit zusammenhangenden Aufkommen einer transpersonalen Staatsidee entsprach auch der Umstand dass eine Reichsteilung unter den Sohnen eines verstorbenen Herrschers wie sie bei den Franken und Burgunden ublich war fur die Westgoten nicht in Betracht kam Mitregenten erhielten zwar eigene Herrschaftsbereiche doch war dabei nie eine reale Aufteilung in eigenstandige Staaten beabsichtigt Prominente Metropoliten wie Isidor von Sevilla und Julian von Toledo der eine romanischer der andere judischer Herkunft identifizierten sich als Geschichtsschreiber vollig mit der Westgotenherrschaft und wurden zu Propagandisten der westgotischen Reichsidee Es entstand ein Zusammengehorigkeitsgefuhl der Bewohner der Iberischen Halbinsel wobei sich auch die Romanen nun als Goten betrachteten Dieser hispanisch westgotische Nationalismus ausserte sich in einer Verherrlichung des eigenen Volkstums und in scharfer Polemik gegen die auswartigen Feinde Ostromer und Gallier oder Franken In den Rechtsquellen tauchte oft der Begriff des Vaterlandes patria auf dem man Loyalitat schuldete Verhaltnis von weltlicher und geistlicher Macht Bearbeiten Die Konzile von Toledo zeigten die gegenseitige Durchdringung von weltlicher und geistlicher Macht im Westgotenreich die Konige mischten sich massiv in kirchliche Angelegenheiten ein und die Bischofe in die Politik So fassten Bischofe als Konzilsteilnehmer Beschlusse uber das Vorgehen bei der Konigswahl Sie ubernahmen auch von Amts wegen Aufgaben im weltlichen Justizwesen und bei der Steuererhebung die Kirche wurde wie ein Zweig der Staatsverwaltung behandelt Feudalisierung Bearbeiten In der Spatphase des Westgotenreichs kam es zu einer zunehmenden Feudalisierung Der Hofadel trat in den Vordergrund an der Konigswahl durften ab 653 nur noch Hofadlige maiores palatii und Bischofe teilnehmen wahrend zuvor alle Vornehmen das aktive Wahlrecht besessen hatten Nach der Wahl schworen der neue Konig und seine Wahler einander Eide die spatestens ab 672 auch schriftlich fixiert und unterzeichnet wurden Die Treueide entstammten der Gedankenwelt des Gefolgschaftswesens Es wurden aber nicht nur die Hofadligen sondern alle freien Reichsbewohner auf den Konig vereidigt Die Gefolgsleute des Konigs fideles regis waren ihm durch einen besonderen Eid verbunden Der Konig verlieh ihnen Landereien behielt sich aber vor diese Leiheverhaltnisse jederzeit zu widerrufen Diese Landleihe die ein wichtiges Instrument der koniglichen Politik zur Sicherung der Loyalitat der Gefolgschaft bildete kann als eine Vorstufe der Belehnung im Rahmen des mittelalterlichen Lehnswesens betrachtet werden die auch mit einer Entvolkerung der grossen Stadte einherging Im Unterschied zur frankischen Institution der Vasallitat blieb das Treue und Dienstverhaltnis jedoch privatrechtlicher Art es ersetzte nicht die Rolle der Zivilverwaltung Inwieweit man fur die Spatphase des Westgotenreichs von einem Protofeudalismus oder prefeudalismo ein von dem Historiker Claudio Sanchez Albornoz 11 12 gepragter Ausdruck sprechen kann ist umstritten Jedenfalls wurde der Hofadel immer machtiger Konig Rekkeswinth bezeichnete die Hofadligen 653 als seine Gefahrten in der Regierung in regimine socios Das 13 Konzil von Toledo 683 verfugte dass kein Hofadliger ohne ein Gerichtsverfahren verurteilt werden durfte zustandig war fur solche Verfahren ein Standesgericht aus Bischofen und Hofadligen Dieses westgotische Habeas corpus Gesetz das den Hofadel vor koniglicher Willkur schutzen sollte wurde zwar spater missachtet doch zeugt seine Existenz von der Macht des Hofadels der sich zumindest zeitweise sogar gegenuber dem Konig dem er seine Existenz verdankte durchsetzen konnte Probleme im Heerwesen Bearbeiten nbsp Westgotische Bugelfibel des 6 Jahrhunderts aus Castiltierra Provinz Segovia Spanien Im westgotischen Heerwesen trat im Lauf des 7 Jahrhunderts ein Verfall ein Eine wesentliche Rolle spielte dabei der Umstand dass zahlreiche Wehrpflichtige sich dem Heeresdienst entzogen wodurch der Anteil der Freien im Heer zuruckging Der grosste Teil des Heeres bestand aus Unfreien die mit ihren Herren zum Kriegsdienst einruckten Die Vornehmen rusteten nur einen kleinen Teil ihrer Unfreien aus und fuhrten ihn ins Feld Gesetze Konig Wambas und seines Nachfolgers Erwig illustrieren diese unbefriedigenden Verhaltnisse Wamba drohte bei Nichterfullung der militarischen Pflichten den Saumigen drastische Vermogens und Freiheitsstrafen an Diese Militargesetze spielen in der Forschungsdebatte um den westgotischen Protofeudalismus eine wichtige Rolle Besitzverhaltnisse und Armut Bearbeiten Der Adel zeichnete sich durch seine faktische Macht aus einen eigenen abgegrenzten Stand im rechtlichen Sinn bildeten die westgotischen Adligen allerdings nicht Die Schicht der einfachen Freien dagegen war am Schwinden obwohl die Konige sie mit ihrer Gesetzgebung zu starken versuchten Unter den Freien standen im sozialen Rang die freigelassenen Sklaven Sie waren nicht Freien gleichgestellt sondern verblieben in einem Abhangigkeitsverhaltnis zu ihren bisherigen Herren Im 7 Jahrhundert verscharften sich die sozialen Unterschiede im Westgotenreich Einer sehr reichen Oberschicht deren Vermogen hauptsachlich aus Landbesitz bestand stand eine wachsende Zahl von Unfreien Sklaven und Freigelassenen gegenuber Bischofskirchen Kloster und Pfarrkirchen besassen zahlreiche Sklaven Bischofe liessen ihre Kirchensklaven als Strafe verstummeln dies kam so oft vor dass Konzilien sich veranlasst sahen es durch besondere Bestimmungen zu verbieten 13 Haufig entflohen Sklaven ihren Herren und lebten dann in grosser Armut auf der Flucht Dadurch entstand ein Mangel an Arbeitskraften Wahrscheinlich schlossen sich die fluchtigen Sklaven oft Raubern an die das Reisen und die Tatigkeit von Boten gefahrlich machten Ein strenges Verbot der Kindestotung durch ein Gesetz Konig Chindaswinths illustriert die extreme wirtschaftliche Notlage vieler Familien die das Motiv fur solche Verzweiflungstaten bildete Nachwirkung BearbeitenIn Asturien grundeten einige Jahre nach der Niederlage gegen die Araber rebellierende Christen das Konigreich Asturien siehe Pelayo Dessen Herrscher betrachteten sich als Nachfolger der Westgotenkonige und legitimierten damit ihre Herrschaft sogenannter Neogotismus Das Westgotenreich bildete in vielerlei Hinsicht eine Brucke zwischen Antike und Mittelalter da hier langer als in vielen anderen Regionen des romischen Westens spatantike Strukturen fortbestanden andererseits Lebens und Rechtsformen des Mittelalters in einigen Bereichen prototypisch und in Ansatzen entwickelt worden sind Ein Beispiel hierfur ist unter anderem auch Theodulf von Orleans der 750 als Sohn westgotischer adeliger Eltern in Septimanien geboren wurde und spater Bischof von Orleans und einer der wichtigsten Berater Karls des Grossen wurde Die Stadtgrundungen Re c copolis und Victoriacum durch Konig Leovigild sind belegt in anderen Fallen scheint es sich weniger um Stadte als um erweiterte Befestigungen gehandelt zu haben Siehe auch BearbeitenListe westgotischer Konige Westgotische Architektur El BovalarLiteratur BearbeitenBibliographie Alberto Ferreiro The Visigoths in Gaul and Spain A D 418 711 A Bibliography Brill Leiden 1988 ISBN 90 04 08793 1 umfassende Bibliographie Darstellungen Alexander Pierre Bronisch Toledanisches Reich In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 31 Walter de Gruyter Berlin New York 2006 ISBN 3 11 018386 2 S 37 45 Dietrich Claude Geschichte der Westgoten Kohlhammer Stuttgart 1970 knappe Einfuhrung Dietrich Claude Adel Kirche und Konigtum im Westgotenreich Thorbecke Sigmaringen 1971 Standardwerk zur Verfassungsgeschichte Roger Collins Visigothic Spain 409 711 Blackwell Oxford 2004 ISBN 0 631 18185 7 Wolfgang Giese Die Goten Kohlhammer Stuttgart 2004 ISBN 3 17 017670 6 Gerd Kampers Tolosanisches Reich In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 31 Walter de Gruyter Berlin New York 2006 ISBN 3 11 018386 2 S 51 56 Gerd Kampers Geschichte der Westgoten Schoningh Paderborn 2008 ISBN 978 3 506 76517 8 S 121 156 darin III Teil REGNUM TOLOSANUM Digitalisat Knut Schaferdiek Die Kirche in den Reichen der Westgoten und Suewen bis zur Errichtung der westgotischen katholischen Staatskirche Arbeiten zur Kirchengeschichte Band 39 de Gruyter Berlin 1967 Edward A Thompson The Goths in Spain Clarendon Press Oxford 1969 Eugen Wohlhaupter Hrsg Gesetze der Westgoten Germanenrechte Texte und Ubersetzungen 11 Bohlau Weimar 1936 PDFWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Westgoten Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Westgoten Egica und Wittiza Munzstatten Anmerkungen Bearbeiten Henning Borm Westrom Stuttgart 2013 S 99ff Karl F Stroheker Eurich Stuttgart 1937 S 88 Dietrich Claude Geschichte der Westgoten Stuttgart 1970 S 33f Klaus Herbers Geschichte Spaniens im Mittelalter Stuttgart 2006 S 35 Die Pionierrolle Eurichs betont Isidor von Sevilla Historia Gothorum 35 Ob schon Eurichs Vorganger gesetzgeberisch tatig waren oder vor Eurich nur Gewohnheitsrecht galt ist strittig Vgl Guy Halsall Barbarian Migrations and the Roman West Cambridge 2007 S 422 ff Dietrich Claude Geschichte der Westgoten Stuttgart 1970 S 37f mit Diskussion der alteren Forschung Dietrich Claude Geschichte der Westgoten Stuttgart 1970 S 52f Fur Hintergrunde und Einzelheiten siehe Dietrich Claude Untersuchungen zum Untergang des Westgotenreiches 711 725 In Historisches Jahrbuch Bd 108 1988 S 329 358 hier 336 352 Siehe dazu Dietrich Claude Untersuchungen zum Untergang des Westgotenreiches 711 725 In Historisches Jahrbuch 108 1988 S 329 358 hier 343 351 David Nicolle Poitiers AD 732 Charles Martel turns the Islamic tide Oxford 2008 S 88 Franz Georg Maier Die Verwandlung der Mittelmeerwelt Fischer Weltgeschichte Band 9 Frankfurt 1968 S 302 f Claudio Sanchez Albornoz En torno a los origenes del feudalismo Universidad Nacional de Cuyo Mendoza Argentinien 1942 Claudio Sanchez Albornoz El Stipendium hispano godo y los origenes del beneficio prefeudal Buenos Aires 1947 Dietrich Claude Geschichte der Westgoten Stuttgart 1970 S 112 Normdaten Geografikum GND 4079225 0 lobid OGND AKS VIAF 240809212 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Westgotenreich amp oldid 236004920