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Fredegar auch Fredegarius Scholasticus ist der uberlieferte aber nicht gesicherte Name des Verfassers einer fruhmittelalterlichen lateinischen Chronik aus der zweiten Halfte des 7 Jahrhunderts Die Fredegar Chronik ist neben dem im fruhen 8 Jahrhundert unabhangig davon verfassten Liber Historiae Francorum eine Hauptquelle fur die Geschichte des Frankenreichs im 7 Jahrhundert Eine Seite einer Handschrift der Fredegar Chronik von der Reichenau Wien Osterreichische Nationalbibliothek Cod 482 fol 61v 8 9 Jahrhundert Die Chronik ist seit dem 19 Jahrhundert Gegenstand von Forschungsdiskussionen Dabei stehen die Verfasserfrage und die Sprache der Chronik im Mittelpunkt des Interesses 1 Inhaltsverzeichnis 1 Zur Person 2 Zur Chronik 3 Ausgaben und Ubersetzungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenZur Person BearbeitenDer Verfassername Fredegar taucht in der Uberlieferung erst im 16 Jahrhundert auf zuerst bei Claude Fauchet in Recueil des antiquitez gauloises et francoises Paris 1579 2 Er kann somit keineswegs als gesichert angesehen werden Ebenso ist unklar wie viele Personen sich hinter diesem Namen tatsachlich verbergen Bruno Krusch der auch die massgebliche Textausgabe herausgab ging von drei Schreibern aus die die Chronik in Etappen verfasst bzw fortgesetzt hatten wobei der letzte Verfasser die alteren Vorlagen uberarbeitet und der Chronik ihre heutige Form gegeben habe 3 Diese These fand sowohl Befurworter als auch Gegner John Michael Wallace Hadrill und andere Forscher modifizierten die These Kruschs und nahmen zwei Verfasser an Die neuere Forschung geht jedoch mehrheitlich davon aus dass es sich nur um einen einzigen Verfasser gehandelt hat der das Werk kurz nach 659 als das letzte vorgreifend erwahnte Ereignis stattfand verfasste 4 Allgemein wird ausserdem davon ausgegangen dass der Autor aus aristokratischen Kreisen stammte eventuell aus der koniglichen Verwaltung da die Texte ein eindeutiges Interesse fur diese Bereiche vermuten lassen Ob er Laie war wie Wallace Hadrill vermutet hat muss dahingestellt bleiben Meistens wird zudem vermutet dass der Autor ursprunglich aus Burgund stammte auch Krusch nahm bei seiner These an dass zwei der von ihm vermuteten drei Verfasser aus Burgund stammten spater aber in das frankische Teilreich Austrasien ubersiedelte Das Werk war wohl fur das austrasische Publikum bestimmt Recht wahrscheinlich ist die Annahme dass es speziell den Interessen der Pippiniden dienen sollte die in dieser Zeit den Sturz des machtigen Hausmeiers Grimoald verkraften mussten 5 Zur Chronik Bearbeiten nbsp Seite aus einer Abschrift der Fredegar Chronik Paris Bibliotheque nationale de France Latin 10910 fol 23vBei der Chronik des sogenannten Fredegar handelt es sich um eine Weltchronik die 642 abrupt endet einzelne Angaben reichen jedoch noch bis 659 n Chr IV 81 Da diese spateren Ereignisse im byzantinischen Osten stattfanden kann die Chronik nicht vor dem Jahr 660 abgeschlossen worden sein Die ersten funf Chroniken Buch I III bauen auf alteren Werken auf Unter anderem dienten Hippolyt von Rom genauer gesagt eine uberarbeitete lateinische Ubersetzung seiner griechischen Chronik der sogenannte Liber Generationis Isidor von Sevilla Hieronymus Hydatius von Aquae Flaviae und Gregor von Tours der Chronik als Quelle So geht Roger Collins davon aus dass die Chronik um 660 geschrieben wurde und eine historiographische Sammlung einer Weltgeschichte darstellt als deren Grundlage die eben erwahnten spatantiken Chroniken und die ersten sechs Bucher der Historien Gregors von Tours als Grundlage dienten allerdings wohl in Form einer Kompilation 6 Von Bedeutung ist vor allem das vierte und letzte Buch der Chronik das trotz vieler Probleme die zentrale Quelle zur frankischen Reichsgeschichte des 7 Jahrhunderts darstellt Das Interesse des Autors galt vor allem den Herrschern deren Schwachen er pointiert und bisweilen wohl ubertrieben herausstellt Ein Massstab der Beurteilung eines Herrschers ist seine Verantwortung fur die Ausbreitung des Christentums als Grunder von Klostern und Forderer der Organisation der Kirche und ist damit ein Ausdruck fur die Verchristlichung der gesamten Lebensauffassung Die weltliche Komponente seiner Herrschaft wird dabei ebenso vernachlassigt wie sein kriegerischer Fuhrungsanspruch 7 Dem Einfluss von Frauen auf die Regierungsgeschafte steht er meistens aber nicht generell feindlich gegenuber 8 Ebenso wird aber Kritik an den Merowingerkonigen geubt denen der Autor wenig zugeneigt ist vielmehr sympathisiert er mit den weltlichen Grossen die gegen die zentrale Konigsmacht agierten Der Aristokratie widmet die Chronik teils breiten Raum In der Chronik wird erstmals die frankische Trojasage beruhrt die angebliche Abstammung der Franken von den Trojanern siehe auch Origo gentis und Niederrheinischer Trojamythos Die Angaben sind auch ansonsten nicht immer zuverlassig Die Chronik enthalt eines der fruhesten europaischen Zeugnisse fur die arabischen Eroberungen es heisst darin Die Leute von Hagar die auch Sarazenen genannt werden wie das Buch des Orosius bezeugt sind ein beschnittenes Volk das schon von alters her an den Abhangen des Kaukasusberges am Kaspischen Meer in einem Land lebte das Ercolia genannt wurde als ihre Bevolkerung zu dicht geworden war griffen sie schliesslich zu den Waffen und fielen in die Provinzen des Kaisers Heraklius ein um sie zu plundern Heraklius sandte ihnen Soldaten entgegen um ihnen Widerstand zu leisten Als es aber zum Kampfe kam besiegten die Sarazenen die romischen Soldaten und fugten ihnen eine schwere Niederlage zu In dieser Schlacht sollen 150 000 romische Soldaten von den Sarazenen getotet worden sein Fredegar Chronik IV 66 Ubersetzung aus Andreas Kusternig Hermann Haupt Quellen zur Geschichte des 7 und 8 Jahrhunderts S 233 siehe Ausgaben Die Fredegar Chronik berichtet auch uber die Beziehungen des Frankenreichs zu den Landern Mittel und Osteuropas und uberliefert als einzige unabhangige schriftliche Quelle alle spateren Berichte basieren auf ihr die Existenz des fruhslawischen Samo Reiches Das in mangelhaftem Latein abgefasste Werk ist in 38 Handschriften uberliefert die fruheste entstand wohl in Metz um 700 Die Einteilung der sechs Chroniken in vier Bucher und Kapitel erfolgte erst spater In karolingischer Zeit wurde die Fredegar Chronik als karolingische Hauschronik bis 768 fortgefuhrt Diese Fortsetzung wird als Continuationes bezeichnet Ausgaben und Ubersetzungen BearbeitenBruno Krusch Hrsg Chronicarum quae dicuntur Fredegarii Scholastici libri IV cum Continuationibus In Bruno Krusch Hrsg Fredegarii et aliorum chronica Vitae sanctorum Monumenta Germaniae Historica Scriptores 2 Scriptores rerum Merovingicarum Bd 2 ISSN 0343 7574 Hahn Hannover 1888 S 1 193 Digitalisat Andreas Kusternig Hermann Haupt Quellen zur Geschichte des 7 und 8 Jahrhunderts Ausgewahlte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters 4a Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1982 ISBN 3 534 01414 6 S 1 325 Die vier Bucher der Chroniken des sogenannten Fredegar Buch 2 Kapitel 53 bis Buch 4 unwesentlich gekurzt Die Fortsetzungen des sogenannten Fredegar Das Buch von der Geschichte der Franken Das alte Leben Lebuins Jonas erstes Buch vom Leben Columbans John M Wallace Hadrill The fourth book of the chronicle of Fredegar with its continuations Nelson London u a 1960 lateinisch englisch Otto Abel Ubers Die Chronik Fredegars und der Frankenkonige Die Lebensbeschreibungen des Abtes Columban der Bischofe Arnulf und Leodegar der Konigim Balthilde Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit VII Jahrhundert 2 Auflage Franz Duncker Berlin 1876 Digitalisat Literatur BearbeitenAusfuhrliche Literaturangaben sind in den in Abstanden aktualisierten Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters hrsg von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu finden online Peter Classen Fredegar In Neue Deutsche Biographie NDB Band 5 Duncker amp Humblot Berlin 1961 ISBN 3 428 00186 9 S 385 f Digitalisat Roger Collins Die Fredegar Chroniken Monumenta Germaniae Historica Studien und Texte 44 Hahnsche Buchhandlung Hannover 2007 ISBN 978 3 7752 5704 6 Walter Goffart The Fredegar Problem Reconsidered In Walter Goffart Romes Fall and after Hambledon Press London u a 1989 ISBN 1 85285 001 9 S 319 354 zuerst erschienen in Speculum Bd 38 Nr 2 1963 S 206 241 doi 10 2307 2852450 Bruno Krusch Fredegarius Scholasticus Ouderius Neue Beitrage zur Fredegar Kritik In Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Gottingen Philologisch Historische Klasse 2 1926 ZDB ID 505052 2 S 237 263 Digitalisat PDF 1 66 MB Georg Scheibelreiter Gegenwart und Vergangenheit in der Sicht Fredegars In Erik Kooper Hrsg The Medieval Chronicle II Proceedings of the 2nd International Conference on the Medieval Chronicle Driebergen Utrecht 16 21 July 1999 Costerus Essays in English and American Language and Literature NS 144 Rodopi Amsterdam u a 2002 ISBN 90 420 0834 2 S 212 222 Georg Scheibelreiter Justinian und Belisar in frankischer Sicht Zur Interpretation von Fredegar Chronicon II 62 In Wolfram Horandner Johannes Koder Otto Kresten Erich Trapp Hrsg Byzantios Festschrift fur Herbert Hunger zum 70 Geburtstag Becvar Wien 1984 ISBN 3 900538 04 2 S 267 280 John M Wallace Hadrill Fredegar and the History of France In John M Wallace Hadrill The Long Haired Kings and Other Studies in Frankish History Methuen London 1962 S 71 94 Ian N Wood Fredegar s Fables In Anton Scharer Georg Scheibelreiter Hrsg Historiographie im fruhen Mittelalter Veroffentlichungen des Instituts fur Osterreichische Geschichtsforschung 32 Oldenbourg Wien u a 1994 ISBN 3 486 64832 2 S 359 366 Weblinks BearbeitenFredegar im Repertorium Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters Anmerkungen Bearbeiten Ian N Wood Fredegar s Fables In Anton Scharer Georg Scheibelreiter Hrsg Historiographie im fruhen Mittelalter 1994 S 359 366 hier S 359 Angaben zu Fredegar in der Datenbank der Bibliotheque nationale de France Bruno Krusch Die Chronicae des sogenannten Fredegar In Neues Archiv der Gesellschaft fur altere deutsche Geschichtskunde Bd 7 1882 S 247 351 421 516 Vgl Ian N Wood Fredegar s Fables In Anton Scharer Georg Scheibelreiter Hrsg Historiographie im fruhen Mittelalter 1994 S 359 366 hier S 359 f siehe vor allem Walter Goffart The Fredegar Problem Reconsidered in Ders Hrsg Romes Fall and after London 1989 S 319 354 Ian N Wood Fredegar s Fables In Anton Scharer Georg Scheibelreiter Hrsg Historiographie im fruhen Mittelalter 1994 S 359 366 hier S 366 Roger Collins Die Fredegar Chroniken Hannover 2007 S 24ff Georg Scheibelreiter Die barbarische Gesellschaft Darmstadt 1999 S 66 Vgl die Belege bei Ian N Wood Fredegar s Fables In Anton Scharer Georg Scheibelreiter Hrsg Historiographie im fruhen Mittelalter 1994 S 359 366 hier S 361 f Normdaten Person GND 118873512 lobid OGND AKS VIAF 13105463 Wikipedia Personensuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fredegar amp oldid 234749482