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Dieser Artikel behandelt den Konig der Westgoten Zu Namenstragern siehe Roderich Vorname Zum deutschen Funkmessstorgerat aus dem 2 Weltkrieg mit diesem Decknamen siehe Roderich Gerat Roderich spanisch Rodrigo zwischen 19 und 26 Juli 711 am Guadalete war von 710 bis 711 Konig der Westgoten in Hispanien In der Legende wurde er als letzter Gotenkonig bekannt Der grosste Teil seines Lebens liegt im Dunkeln Er kam als Gegner der Familie seines Vorgangers Witiza an die Macht und war unter den Adligen umstritten Seine Niederlage gegen ein arabisch berberisches Heer in der Schlacht am Rio Guadalete in der er fiel fuhrte zum Untergang des Westgotenreichs Inhaltsverzeichnis 1 Name 2 Abstammung 3 Erhebung zum Konig 4 Anlass der muslimischen Invasion 5 Die muslimische Invasion 6 Rezeption 6 1 Mittelalter 6 2 Neuzeit 7 Literatur 8 Weblinks 9 AnmerkungenName Bearbeiten Hauptartikel Roderich Vorname Der Name Roderich ist germanischen Ursprungs und bedeutet in etwa machtig durch Ruhm 1 Abstammung BearbeitenUber Roderichs Abstammung informiert nur eine spate asturische Quelle die Chronik des Konigs Alfons III von Asturien doch besteht kein konkreter Anlass die Glaubwurdigkeit ihrer Angaben zu bezweifeln Dieser Quelle zufolge hiess Roderichs Vater Theodefred und war ein Sohn des Konigs Chindaswinth 642 653 und Bruder des Konigs Rekkeswinth Mit dem Tod Rekkeswinths 672 und der anschliessenden Wahl des nicht von Chindaswinth abstammenden Wamba zum Konig wurde die von Chindaswinth begrundete Dynastie entmachtet Demnach ist die Wahl Roderichs als Ruckkehr zu der 672 verdrangten Dynastie Chindaswinths zu verstehen Konig Egica soll Theodefred verschworerischer Absichten verdachtigt deswegen seine Blendung angeordnet und ihn aus Toledo verbannt haben Dem Bericht der Chronik zufolge lebte Theodefred dann in Cordoba wo er eine Frau vornehmer Abstammung namens Ricilo heiratete die Roderichs Mutter wurde 2 In Cordoba wuchs Roderich auf Erhebung zum Konig BearbeitenVor seiner Thronbesteigung war Roderich wahrscheinlich als dux fur die Verwaltung der Region Baetica zustandig 3 Die wichtigste Quelle fur seinen Herrschaftsantritt ist die Mozarabische Chronik fruher auch Chronik von 754 und Continuatio Hispana genannt Sie gilt als glaubwurdig aber ihre Darstellung ist ausserst knapp und ihre Angaben sind wegen der sehr mangelhaften Lateinkenntnis des anonymen Verfassers generell schwer verstandlich Diese Chronik berichtet dass Roderich das Konigreich regnum gemeint die Konigswurde sturmisch tumultuose auf Aufforderung des Senats erlangte 4 Die Frage nach dem Sinn dieser Aussage ist in der Forschung lange und ausfuhrlich diskutiert worden Einen Senat gab es bei den Westgoten nicht Die Mehrheitsmeinung der spanischen und auch der deutschen Historiker ist dass es sich um eine legale Konigswahl nach geltendem Recht handelte und dass der Senat die Versammlung der wahlberechtigten Adligen und Bischofe war die nach dem Tod des Konigs Witiza zusammentrat Das Vorgehen bei der Konigswahl war durch die einschlagigen Bestimmungen des 4 Konzils von Toledo geregelt Der Begriff sturmisch bezieht sich demnach darauf dass die Wahl nicht einmutig war sondern gegen den Widerstand einer Minderheit erfolgte weil die unterlegenen Anhanger der Familie Witizas das Erbrecht von dessen Sohnen geltend machen wollten 5 Eine abweichende Auffassung vertritt Roger Collins Er vermutet dass Witiza von Roderich gesturzt und dabei wahrscheinlich getotet wurde 6 Diese Annahme ist allerdings spekulativ da keine Quelle uber einen Sturz und einen gewaltsamen Tod Witizas berichtet Fruher meinten manche Historiker dass Konig Agila II der in der Endphase des Westgotenreichs einen Teil des Reichsgebiets beherrschte ein Gegenkonig war der etwa gleichzeitig mit Roderich erhoben wurde Diese Auffassung wurde von Claudio Sanchez Albornoz widerlegt der gezeigt hat dass Agila II erst nach dem Tod Roderichs erhoben wurde 7 Als Beleg fur eine Spaltung des Reichs durch ein Gegenkonigtum Agilas wird die Verteilung der Munzfunde angefuhrt in manchen Gebieten Tarraconensis Septimanien sind keine Munzen Roderichs gefunden worden jedoch solche der fruheren Konige und Agilas Von Roderich sind nur zwolf Munzen erhalten die alle in Toledo und Egitania gepragt wurden 8 Diese geringe Anzahl von Zufallsfunden lasst aber keine weitreichenden Folgerungen zu sie ist durch die sehr kurze Regierungszeit Roderichs erklarbar 9 Dass Agila nie mehr als einen Teil des Reichs beherrscht hat und daher seine Munzen nur dort verwendet wurden ist ohnehin unstrittig Eine Angabe der Mozarabischen Chronik uber eine innere Auseinandersetzung unter den Westgoten bezieht sich auf die Zeit nach Roderichs Tod 10 Anlass der muslimischen Invasion BearbeitenSpate Quellen berichten dass ein gewisser Julian von den Arabern Ilyan genannt der Statthalter von Ceuta an der afrikanischen Kuste Verrat beging und damit den Vormarsch der Muslime begunstigte Er soll sogar eine Schlusselrolle bei der Invasion gespielt haben Die Legende erzahlt Julian habe sich an Roderich rachen wollen da dieser Julians Tochter geschwangert habe Dieser popularen literarisch ausgeschmuckten Legende wird von der seriosen Forschung keinerlei historische Glaubwurdigkeit zugebilligt Ceuta gehorte nicht zum Westgotenreich sondern zum Byzantinischen Reich Es ist ungewiss ob Julian existiert hat Falls dies doch der Fall war war er wahrscheinlich entweder ein ehemaliger byzantinischer Befehlshaber in Nordafrika oder ein Berberfurst Jedenfalls ist nicht davon auszugehen dass er beim Untergang des Westgotenreichs eine wesentliche Rolle spielen konnte 11 Christliche mittelalterliche Geschichtsschreiber behaupteten vom 9 10 Jahrhundert an die Vernichtung des Westgotenreichs sei durch Landesverrat verursacht worden Ihren Angaben zufolge haben die Sohne Witizas die Muslime zur Invasion eingeladen und ihren Vormarsch unterstutzt um sich an Roderich zu rachen der sie um die Thronfolge gebracht hatte Diese Behauptungen sind von der modernen Forschung als tendenziose Erfindungen erwiesen worden 12 Die muslimische Invasion BearbeitenSchon langere Zeit vor der Invasion von 711 hatten muslimische Einheiten Plunderungszuge in die damals noch von Roderich als dux verwaltete Baetica unternommen 13 Als das vorwiegend aus Berbern bestehende Heer der Muslime unter der Fuhrung von Tariq ibn Ziyad im Fruhjahr 711 bei Gibraltar landete befand sich Roderich im Norden auf einem Feldzug gegen die Basken 14 Im Sommer wandte er sich dem neuen Gegner zu In der Schlacht am Rio Guadalete die acht Tage dauerte 19 26 Juli 711 15 wurde das gotische Heer vernichtend geschlagen und Roderich fiel Obwohl die muslimische Eroberung des Westgotenreichs noch mehrere Jahre in Anspruch nahm war mit dieser Schlacht bereits die Entscheidung gefallen Die Reste der gotischen Streitmacht flohen nach Norden Sie nahmen Roderichs Leichnam mit und bestatteten ihn in der Stadt Viseu in Nordportugal 16 Roderichs Witwe Egilo heiratete spater Abd el Aziz den muslimischen Statthalter der Iberischen Halbinsel der im Marz 716 ermordet wurde Abd el Aziz wollte offenbar mit dieser Heirat seine Macht festigen die Ehe mit der Konigswitwe sollte ihm die Loyalitat der christlichen Bevolkerung verschaffen 17 Rezeption BearbeitenMittelalter Bearbeiten In den Jahrhunderten der muslimischen Herrschaft und der Reconquista suchten die Christen nach einer religiosen Erklarung fur die Katastrophe die der Untergang des Westgotenreichs aus ihrer Sicht war Die christlichen Geschichtsschreiber fuhrten die Niederlage auf den Zorn Gottes zuruck Dies setzte voraus dass die Westgoten schwere Sunden begangen hatten die auf solche Weise bestraft wurden Daraus ergab sich eine sehr negative Beurteilung der letzten Westgotenkonige Witiza und Roderich Im 13 Jahrhundert war die Legende von Roderichs angeblichen Ausschweifungen bereits voll ausgebildet wie die Darstellung des Chronisten Rodrigo Jimenez de Rada zeigt 18 Die Legende von Roderichs Vergewaltigung der schonen Tochter des Grafen Julian der sich dann rachte indem er die Araber zur Invasion veranlasste taucht zuerst in muslimischen Quellen auf Sie ist aber wohl unter mozarabischen Christen entstanden wobei ursprunglich die Rolle des Vergewaltigers nicht Roderich sondern Witiza zugewiesen wurde Die erste christliche Quelle die von der Schandung berichtet ist eine lateinische Chronik Chronica Pseudo Isidoriana die ein Mozaraber im arabischen Teil der Iberischen Halbinsel im spaten 11 Jahrhundert verfasste Dieser Chronist beschuldigt Witiza der Ubeltat Der unbekannte Verfasser der Historia Silense fruhes 12 Jahrhundert ist der erste christliche Geschichtsschreiber welcher der arabischen Uberlieferung folgend Roderich als denjenigen bezeichnet der Julians Tochter Gewalt antat Nach seiner Darstellung hielt der Konig sie als Konkubine Ab der ersten Halfte des 13 Jahrhunderts verbreitete sich eine abweichende Version wonach Roderich nicht die Tochter sondern die Frau Julians entehrte Nach einer anderen Legende die sich in Teilen der Iberischen Halbinsel verbreitete entkam Roderich der Schlacht lebend und fluchtete verkleidet in das Kloster von Cauliniana bei Merida Von dort floh er zusammen mit einem Monch des Klosters nach Westen wobei sie ein wundertatiges Abbild der Madonna mitnahmen um es vor den heranruckenden Muslimen zu retten Die beiden lebten dann als Einsiedler in einer gebirgigen Gegend nahe dem heutigen portugiesischen Ort Nazare Nach Roderichs Tod blieb das Abbild der Gottesmutter dort versteckt bis es nach der christlichen Ruckeroberung der Gegend im Verlauf der Reconquista 1179 aufgefunden wurde Die Madonna wurde dann als Nossa Senhora da Nazare verehrt und Nazare wurde zu einem der bedeutendsten Zentren der Marienverehrung auf der Iberischen Halbinsel 19 Neuzeit Bearbeiten Im 16 Jahrhundert erschienen mehrere Druckausgaben der wohl um 1430 von Pedro de Corral verfassten Cronica del Rey don Rodrigo Cronica sarracina 20 Dabei handelt es sich um eine phantasievolle literarische Gestaltung des Roderich Stoffs Auf diesem Werk fussten die dichterischen Bearbeitungen des Stoffs die Romances del rey Rodrigo 21 Lope de Vega schrieb eine Komodie El postrer godo de Espana Der letzte Gote Spaniens die 1617 gedruckt wurde 22 Im 19 Jahrhundert griff der Dichter Jose Zorrilla y Moral in einem Einakter El punal del godo Der Dolch des Goten das Thema auf 1875 veroffentlichte Felix Dahn die Tragodie Konig Roderich Literatur BearbeitenDietrich Claude Untersuchungen zum Untergang des Westgotenreichs 711 725 In Historisches Jahrbuch Bd 108 1988 S 329 358 Roger Collins The Arab Conquest of Spain 710 797 Oxford 1989 ISBN 0 631 15923 1 Julia Montenegro und Arcadio del Castillo Le regne de Roderic Akhila II et l invasion musulmane de la peninsule Iberique In Francia Bd 34 1 2007 S 1 17RezeptionRamon Menendez Pidal Hrsg Floresta de leyendas heroicas espanolas Rodrigo el ultimo godo 3 Bande Madrid 1925 1927 Untersuchung und Edition der Quellentexte zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Roderich Legende Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Roderich Sammlung von Bildern nbsp Wiktionary Roderich Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Medieval Sourcebook Ibn Abd el Hakem The Islamic Conquest of SpainAnmerkungen Bearbeiten Roderik In Nederlandse Voornamenbank Meertens Instituut abgerufen am 29 Juli 2022 englisch Zur Identitat und zum Schicksal Theodefreds siehe Yves Bonnaz Chroniques asturiennes Paris 1987 S 131 Luis A Garcia Moreno Estudios sobre la organizacion administrativa del reino visigodo de Toledo in Anuario de Historia del Derecho Espanol 44 1974 S 148 u Anm 581 Chronica Muzarabica 43 hrsg Juan Gil Corpus Scriptorum Muzarabicorum Bd 1 Madrid 1973 S 31 Rudericus tumultuose regnum ortante senatu invadit Claudio Sanchez Albornoz El senatus visigodo in Origenes de la nacion espanola Bd 1 Oviedo 1972 S 265ff Enrique Gallego Blanco Los concilios de Toledo y la sucesion al trono visigodo in Anuario de Historia del Derecho Espanol 44 1974 S 738 Dietrich Claude Untersuchungen zum Untergang des Westgotenreichs 711 725 in Historisches Jahrbuch 108 1988 S 340 343 Roger Collins Visigothic Spain 409 711 Malden MA 2004 S 113 und 132f Sanchez Albornoz El senatus visigodo S 197ff 224f George C Miles The Coinage of the Visigoths of Spain New York 1952 S 442f Claude S 355 und Anm 106 107 Claude weist auch darauf hin dass nicht einmal aus den sonst sehr aktiven Munzstatten von Merida und Cordoba Munzen von Roderich erhalten sind Dass diese Stadte wahrend Roderichs Regierung von ihm beherrscht wurden ist unstrittig Daher kann nicht aus dem Fehlen von Munzen Roderichs aus einer Munzstatte gefolgert werden dass deren Gebiet nicht seiner Herrschaft unterstand sondern der eines Gegenkonigs Chronica Muzarabica 45 hrsg Juan Gil Corpus Scriptorum Muzarabicorum Bd 1 Madrid 1973 S 32 dum non solum hostili verum etiam intestino furore confligeretur Claude S 337f und Anm 24 25 349f mit kritischer Sichtung der alteren Forschungsliteratur Claude S 330 343 352 Zur altesten uberlieferten arabischen Version der Legende die in einer Quelle des 10 Jahrhunderts auftaucht siehe Ann Christys How the royal house of Witiza survived the Islamic conquest of Spain In Walter Pohl Maximilian Diesenberger Hrsg Integration und Herrschaft Wien 2002 S 233 246 Chronica Muzarabica 43 hrsg Juan Gil Corpus Scriptorum Muzarabicorum Bd 1 Madrid 1973 S 31 diu sibi provinciam creditam incursantibus Sanchez Albornoz Origenes Bd 1 S 366 370 Claude S 355 und Anm 107 Zur Datierung Sanchez Albornoz Origenes Bd 1 S 370 392 412 Sanchez Albornoz Origenes Bd 1 S 330 333 Claude S 352 Claude S 352f Claude S 347 350 Siehe dazu Manuel de Brito Alao Antiguidade da Sagrada Imagem de Nossa Senhora de Nazare 2 Auflage Lissabon 1684 Neuausgabe Lissabon 2001 Pedro de Corral Cronica del Rey don Rodrigo Cronica sarracina 2 Bande hrsg James Donald Fogelquist Madrid 2001 Kritisch ediert von Ramon Menendez Pidal Floresta de leyendas heroicas espanolas Band 2 Madrid 1926 S 75 189 Herausgegeben von Ramon Menendez Pidal Floresta de leyendas heroicas espanolas Band 2 Madrid 1926 S 231 254 VorgangerAmtNachfolgerWitizaKonig der Westgoten 710 711Agila II Normdaten Person GND 118911260 lobid OGND AKS LCCN n85051926 VIAF 316428596 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME RoderichKURZBESCHREIBUNG Konig der Westgoten 710 711 GEBURTSDATUM 7 JahrhundertSTERBEDATUM Juli 711STERBEORT am Guadalete Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Roderich amp oldid 236064275