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Der lateinische Begriff regulus Plural reguli ist das Deminutiv zu rex Konig und wird im Deutschen gewohnlich als Kleinkonig wiedergegeben in der angloamerikanischen Forschung bezeichnet man ihn als petty king In der Regel bezeichnet dies einen Herrscher in Antike oder Mittelalter der uber einen Teilverband eines Stammes herrschte fur den Gegensatz dazu steht der Grosskonig oder allgemein den Machthaber eines zumeist monarchisch gepragten unabhangigen aber lokal beschrankten Herrschaftsraumes in vormoderner Zeit Das jeweilige Herrschaftsgebiet wird in der Fachliteratur vereinzelt als Kleinkonigreich bezeichnet Begriffsproblematik BearbeitenDie in verschiedenen antiken und mittelalterlichen Quellen erwahnten reguli sind differenziert zu betrachten Antike romische Historiker wie Sallust Livius Tacitus und spatantike wie Ammianus Marcellinus bezeichneten damit ganz verschiedene Stammesfuhrer seien es numidische 1 keltische 2 mauretanische 3 alamannische 4 und frankische Der Begriff Stammesfuhrer konnte durchaus als rex aber eben auch als regulus wiedergegeben werden Dies zeigt bereits die Benutzung des Terminus bei Sallust und Livius Beide haben etwa Stammesfuhrer der Numidier als reges oder auch als reguli bezeichnet ahnlich verfuhr Livius bezuglich keltischer Stammesfuhrer 5 Es handelte sich demnach um weitgehend austauschbare Begriffe 6 Ebenso konnte mit regulus in einigen Fallen auch eine unterschiedliche politische Rolle gekennzeichnet werden Dies ist bereits bei Sallust zu erkennen der zwei numidische Prinzen an einer konkreten Stelle als Erben ihres Vaters und nicht als reges sondern als reguli bezeichnet Damit sollte wohl der Aspekt der Co Herrschaft betont werden ahnliches findet sich bei Livius bezuglich numidischer und keltischer Fursten Bei beiden ist regulus nicht als Abwertung der betreffenden Fursten zu verstehen 7 Allerdings wurde der Begriff auch benutzt um so den begrenzten politischen Handlungsrahmen von antiken und mittelalterlichen Stammesfuhrern zu kennzeichnen 8 In diesem Sinne werden in der Regel die uberlieferten lateinischen Berichte zu den alamannischen und frankischen reguli verstanden In beiden Stammesgruppen gab es jedenfalls erkennbar Stammesfuhrer die nur uber unterschiedlich grosse Teile des Gesamtverbandes herrschten Ammianus Marcellinus betonte dass sich verschiedene alamannische Stammesfuhrer verbundeten um gegen die Romer zu agieren Der im spaten 6 Jahrhundert schreibende Bischof und Geschichtsschreiber Gregor von Tours berichtete ebenfalls von frankischen Stammesfuhrern wie Sunno Marcomer und Gennobaudes die sich verbundet und gemeinsam gegen die Romer vorgingen Des Weiteren bezeichnete Gregor die entsprechenden frankischen Anfuhrer jeweils als subregolus d h subregulus 9 und machte damit deutlich dass sie nur uber Untergruppen der Franken herrschten Dementsprechend werden sie in der modernen Forschung sowohl auf Alamannen 10 wie auf Franken 11 bezogen oft als Kleinkonige bezeichnet Bei den Franken gelang es erst Chlodwig I dem Sohn des frankischen Kleinkonigs Childerich die anderen frankischen Kleinkonige auszuschalten und eine gesamtfrankische Konigsherrschaft zu begrunden 12 Entscheidend hierbei ist dass es sich bei diesen Kleinkonigen bei Alamannen Franken Angelsachsen vgl Heptarchie oder in Irland vor der englischen Eroberung in der ausgehenden Spatantike und dem Fruhmittelalter um Anfuhrer zersplitterter Verbande handelte denen es nicht gelang die Herrschaft uber den gesamten Stamm zu erringen oder die sich mit einer beschrankten Herrschaft begnugten Der Begriff Kleinkonig ist in diesem Sinne auf Anfuhrer oder Herrscher tribaler oder anderer Verbande und Territorien anwendbar die eine lokal sehr begrenzte Herrschaft ausubten etwa bei Slawen oder Wikingern Des Weiteren kann eine regional beschrankte autonome Herrschaft innerhalb eines Reiches dessen Zentralmacht zerfiel als Kleinkonigreich bezeichnet werden Beispielsweise werden auch die Provinzfursten und Regionalherrscher in Al Andalus dem muslimisch beherrschten Teil der Pyrenaenhalbinsel die vom 11 bis 13 Jahrhundert in mehreren Wellen sogenannte Taifa Konigreiche taifas errichteten in der deutschsprachigen Geschichtsschreibung oft als Kleinkonige bezeichnet 13 Wenngleich Kleinkonig weder in den Quellen noch in der modernen Forschung notwendigerweise abwertend gemeint ist wurde der Begriff in einigen Quellen durchaus sehr polemisch gebraucht So wird in der Regensburger Fortsetzung der Annales Fuldenses fur das Jahr 888 abschatzig vermerkt dass nach dem Tod des Kaisers viele reguli in Europa nach der Macht gegriffen hatten Noch einmal zugespitzter wurde regulus in der Stauferzeit von Rainald von Dassel dem Kanzler Kaiser Friedrichs I benutzt Um die von staufischer Seite propagierte Vorrangstellung des romisch deutschen Kaisertums besonders zu betonen bezeichnete Rainald von Dassel die anderen Konige des lateinischen Europas im Vergleich zum Kaiser als Provinzkonige reges provinciarum und als reguli 14 Literatur BearbeitenMatthias Becher Herrschaft im Ubergang von der Spatantike zum Fruhmittelalter Von Rom zu den Franken In Theo Kolzer Rudolf Schieffer Hrsg Von der Spatantike zum fruhen Mittelalter Kontinuitaten und Bruche Konzeptionen und Befunde Vortrage und Forschungen 70 Jan Thorbecke Verlag Ostfildern 2009 S 163 188 Steven Fanning Reguli in the Roman Empire late antiquity and the early medieval Germanic Kingdoms In Ralph Mathisen Hrsg Romans barbarians and the Transformation of the Roman World Farnham u a 2011 S 43 54 Anmerkungen Bearbeiten Sallust Iugurtha 5 7 Iugurtha 9 4 und Iugurtha 11 5 Livius 42 65 Livius 43 5 8 Ammianus 29 5 2 Passim beispielsweise Ammianus 17 2 8 Zur Benutzung der Begriffe rex regulus bei Livius bezogen auf die Kelten vgl auch Gerhard Dobesch Die Kelten in Osterreich nach den altesten Berichten der Antike Wien Koln Graz 1980 S 388ff Vgl Steven Fanning Reguli in the Roman Empire late antiquity and the early medieval Germanic Kingdoms In Ralph Mathisen Hrsg Romans barbarians and the Transformation of the Roman World Farnham u a 2011 S 45 Steven Fanning Reguli in the Roman Empire late antiquity and the early medieval Germanic Kingdoms In Ralph Mathisen Hrsg Romans barbarians and the Transformation of the Roman World Farnham u a 2011 S 45 47 Gegen diese bis heute gelaufige Interpretation der Forschung argumentiert Steven Fanning Reguli in the Roman Empire late antiquity and the early medieval Germanic Kingdoms In Ralph Mathisen Hrsg Romans barbarians and the Transformation of the Roman World Farnham u a 2011 S 49ff der auch hier nicht immer uberzeugend die Rolle der Co Herrschaft betont Gregor von Tours Historiae 2 9 Vgl die massgebliche MGH Ausgabe der Historiae Bruno Krusch Wilhelm Levison Hrsg Scriptores rerum Merovingicarum 1 1 Gregorii Turonensis Opera Teil 1 Libri historiarum X Hannover 1951 S 55 Z 4 mit Hinweis auf die Namensvarianten in den Manuskripten Dieter Geuenich Geschichte der Alemannen 2 uberarbeitete Auflage Stuttgart 2005 Ulrich Nonn Die Franken Stuttgart 2013 siehe speziell S 63ff Matthias Becher Chlodwig I Der Aufstieg der Merowinger und das Ende der antiken Welt Munchen 2011 Klaus Herbers Geschichte Spaniens im Mittelalter Stuttgart 2006 S 133 Stefan Weinfurter Das Reich im Mittelalter Munchen 2008 S 121 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kleinkonig amp oldid 233551017