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Als vierte Teilung Polens werden in Anlehnung an die drei Teilungen Polens Ende des 18 Jahrhunderts verschiedene Ereignisse im 19 und 20 Jahrhundert bezeichnet die Neuordnung nach dem Wiener Kongress 1815 Kongresspolen 1 die im geheimen Zusatzprotokoll des deutsch sowjetischen Nichtangriffspakts von 1939 vereinbarte Aufteilung der Zweiten Republik zwischen dem Grossdeutschen Reich und der Sowjetunion in Interessenspharen der endgultige Verlust ostlicher Gebiete im Rahmen der Westverschiebung Polens nach dem Zweiten Weltkrieg Die letztgenannten werden gelegentlich je nach Sichtweise unter Berucksichtigung einer vorangegangenen vierten Teilung auch als funfte Teilung Polens bezeichnet Letzterer Begriff wird manchmal auch fur den illegalen Landkauf von Nachfahren ehemals vertriebener Deutscher genutzt Inhaltsverzeichnis 1 Kongresspolen 2 Zweiter Weltkrieg 2 1 Eingliederung in die Sowjetunion 2 2 Eingliederung ins Deutsche Reich 3 Westverschiebung 4 Literatur 5 EinzelbelegeKongresspolen Bearbeiten nbsp Herzogtum Warschau ab 1807 nach dem Wiener Kongress 1815 wurde es ohne Posen und Krakau zu KongresspolenNach militarischen Niederlagen gegen das revolutionare Frankreich die zum Untergang des Heiligen Romischen Reiches und zur Neuordnung der Staaten Mitteleuropas fuhrten verloren Preussen und Osterreich ihre Gewinne aus der zweiten und dritten Teilung 1807 bzw 1809 an das von Kaiser Napoleon gebildete Herzogtum Warschau welches 1815 ohne das Gebiet um die Stadte Posen und Krakau als Kongresspolen Konigreich Polen in Personalunion an das Russische Reich fiel Die Ostgrenze lag in etwa an der spateren Curzon Linie Nach dem gescheiterten Novemberaufstand von 1830 1831 wurde das autonome Kongresspolen unter Bruch der Wiener Kongressakte als unselbstandige Provinz dem Russischen Reich direkt einverleibt Nach dem Januaraufstand wurde Kongresspolen 1867 als Weichselland endgultig eine Provinz Das Kaisertum Osterreich folgte dem russischen Beispiel indem es 1846 nach dem Krakauer Aufstand die freie Republik Krakau annektierte Im Rahmen der Donaumonarchie Osterreich Ungarn wurde den Polen in Galizien jedoch bereits 1867 eine sehr weitgehende Selbstverwaltung gewahrt Bereits nach dem Novemberaufstand wurde dessen Autonomie eingeschrankt So bedurfte die Wahl des Senatsprasidenten seit 1833 der Zustimmung der drei Schutzmachte zugleich wurde die Krakauer Polizei osterreichischer Leitung unterstellt Der Senat wurde den Weisungen der drei Machte unterworfen die selbstandige Gerichtsbarkeit der Stadt in politischen Angelegenheiten weitgehend abgeschafft Das Konigreich Preussen folgte Osterreich und Russland in dem es ebenfalls nach einem Aufstand 1848 das Grossherzogtum Posen als unselbstandige Provinz direkt eingliederte Wie in Krakau wurde schon 1830 die Sonderstellung des Grossherzogtums innerhalb des preussischen Staatswesens weitgehend beseitigt Die souverane Zweite Polnische Republik wurde erst 1918 nach der Niederlage aller drei Teilungsmachte im Ersten Weltkrieg errichtet Zweiter Weltkrieg BearbeitenNach dem deutsch sowjetischen Nichtangriffspakt und dem deutschen Uberfall auf Polen sowie der sowjetischen Besetzung Ostpolens vereinbarten das Deutsche Reich und die Sowjetunion im deutsch sowjetischen Grenz und Freundschaftsvertrag die vierte Teilung Polens entlang der Curzon Linie unter der Schein Legitimation des ethnographischen Prinzips 2 Im Herbst 1939 setzten die Besatzer auf Massenterror zur Befriedung und Herrschaftsetablierung in ihren Gebieten Sie ermordeten deportierten oder inhaftierten Personen die als fur die eigene Herrschaft gefahrlich eingestuft wurden Dabei handelte es sich vorrangig um Angehorige der polnischen Fuhrungsschicht im weiteren Sinne Die Verfolgung der polnischen Juden und deren spatere Ermordung entsprang der NS Rassenideologie die in allen Juden grundsatzlich eine Bedrohung sah Die Sowjets definierten ihre Feinde nach Klassenzugehorigkeit und sozialer Stellung Da die Polen als die herrschende Schicht und als Unterdrucker der Weissrussen und Ukrainer galten befanden sich unter den Opfern des sowjetischen Terrors besonders viele Polen aber auch Weissrussen Juden und besonders Ukrainer 3 Eingliederung in die Sowjetunion Bearbeiten nbsp Aufteilung Polens 1939Die besetzten polnischen Ostgebiete waren ein ethnisch vielschichtiges und kompliziertes Gebiet in dem die zweite polnische Republik mit ihrer oftmals brutalen Polonisierungspolitik zu Spannungen gegen die polnischstammigen Einwohner beigetragen hatte Fur die nationalen Minderheiten brachte die sowjetische Besetzung zunachst die Chance auf eine Veranderung 4 Die Sowjets deportierten die polnische Fuhrungsschicht in Arbeitslager und in scheindemokratischen Wahlen wurden am 22 Oktober 1939 Nationalversammlungen in Lviv fur die Westukraine und in Bialystok fur Westbelarus abgehalten Nach Antrag dieser Versammlungen wurden die Gebiete im November in die Weissrussische und Ukrainische SSR aufgenommen und sowjetisiert 5 Vilnius wurde von der Sowjetunion zeitgleich mit dem Abschluss eines erzwungenen Beistandspaktes im Oktober 1939 an Litauen ubergeben 6 Der Sowjetunion fielen 201 000 km mit 13 2 Mio Menschen zu die im November die sowjetische Staatsburgerschaft erhielten Ethnisch handelte es sich um etwa 40 Polen 34 2 Ukrainern 8 4 Weissrussen Litauern und Sonstigen 7 Fabriken Wohnhauser und grossere Landereien wurden unter dem Wohlwollen armerer Schichten verstaatlicht politische Parteien verboten die polnische Sprache im offentlichen Leben durch Weissrussisch Ukrainisch und meist Russisch ersetzt die katholischen griechisch orthodoxen und judischen Glaubensgemeinschaften enteignet und die Religionsausubung behindert 8 Nach dem deutschen Uberfall auf die Sowjetunion wurde unter britischer Hilfestellung am 30 Juli 1941 von der polnischen Exilregierung mit der Sowjetunion das Sikorski Maiski Abkommen abgeschlossen Darin erklarte die Sowjetunion anzuerkennen dass die deutsch sowjetischen Vertrage betreffend die territorialen Anderungen in Polen ausser Kraft getreten sind 9 Der Grenzverlauf fur die Nachkriegszeit wurde offen gelassen 10 Eingliederung ins Deutsche Reich Bearbeiten Der von Deutschland annektierte Teil wurde Anfang Oktober 1939 teils den Reichsgauen Wartheland Danzig Westpreussen Ostpreussen und Oberschlesien eingegliedert Von Gebietsumfang und Bevolkerungszahl entsprach dies fast dem Doppelten der ehemaligen preussischen Abtretungsgebiete 11 Der nicht eingegliederte Teil das Generalgouvernement erhielt eine deutsche Zivilverwaltung unter Hans Frank Das Generalgouvernement sollte zur Abkapselung und Ausbeutung von Polen und Juden herangezogen werden und war als Auffangbecken fur die bevolkerungspolitischen Umsiedlungen aus dem erweiterten Reichsgebiet vorgesehen 12 Das vom Dritten Reich insgesamt besetzte Gebiet umfasste 188 000 km auf dem 22 Mio polnische Staatsburger etwa 80 Polen 10 Juden sowie Volksdeutsche Weissrussen und Ukrainer lebten 13 Westverschiebung Bearbeiten nbsp Westverschiebung nach 1945Auf der Teheran Konferenz 1943 und den Folgekonferenzen in Jalta und Potsdam wurde von den alliierten Westmachten und der UdSSR beschlossen dass der Staat Polen wiederhergestellt aber dauerhaft nach Westen verschoben werden sollte Die deutsche Bevolkerung sollte ausgesiedelt werden Auf der Teheraner Konferenz bezogen sich die Grossen Drei 1943 nicht auf die im Nichtangriffspakt festgelegte Westgrenze der Sowjetunion die Churchill und Roosevelt noch nicht kannten sondern auf einen Vorschlag des ehemaligen britischen Aussenministers Curzon Die weitgehende Ubereinstimmung der Curzon Linie von 1919 und der Grenze der Interessenspharen des Paktes von 1939 und der sowjetischen Westgrenze nach 1945 fuhrte zu unterschiedlichen Erinnerungskulturen 14 Ostpolen wurde zwischenzeitig Teil der Sowjetunion nach 1991 Teil von Litauen Belarus bzw der Ukraine Seine polnische Minderheitsbevolkerung wurde uberwiegend in die ehemals deutschen Gebiete und in die ehemalige Freie Stadt Danzig umgesiedelt Im Osten handelte es sich also ausgehend von den von 1918 bis 1939 anerkannten Grenzen der Zweiten Polnischen Republik um eine Abtrennung ehemaligen Staatsgebiets Zum Ausgleich sollte Polen im Westen Gebiete hinzugewinnen Die Oder Neisse Grenze als neue Westgrenze Polens sollte die Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion auf Kosten des besiegten Deutschen Reichs fur die polnische Seite akzeptabler machen Aus deutscher Sicht wurde diese zunachst von der DDR 1950 in einem Vertrag mit Polen akzeptiert und war in der Bundesrepublik lange umstritten Erst 1970 im Warschauer Vertrag und im Zuge der deutschen Wiedervereinigung kam es 1990 zu einer vertraglichen Regelung auch mit Gesamtdeutschland Literatur BearbeitenFelix Ackermann Die vierte Teilung Polens In Hahn u Traba Hrsg Deutsch Polnische Erinnerungsorte Band 1 Schoningh 2015 ISBN 978 3 506 77338 8 S 343 358 Martin Broszat Nationalsozialistische Polenpolitik 1939 1945 Fischer Frankfurt am Main Hamburg 1965 Bogdan Musial Die vierte Teilung Polens Polen unter deutscher und sowjetischer Besatzung 1939 1945 In Der militarische Widerstand gegen Hitler im Lichte neuer Kontroversen Manuel Becker Hrsg LIT Verlag 2010 ISBN 978 3 8258 1768 8 Einzelbelege Bearbeiten So z B Robert Bideleux Ian Jeffries A history of Eastern Europe Crisis and change Verlag Routledge London 1998 ISBN 0 415 16111 8 S 168 Ingeborg Fleischhauer Der Deutsch Sowjetische Grenz und Freundschaftsvertrag vom 28 September 1939 Die deutschen Aufzeichnungen uber die Verhandlungen zwischen Stalin Molotov und Ribbentrop in Moskau S 451 f Bogdan Musial Die vierte Teilung Polens Polen unter deutscher und sowjetischer Besatzung 1939 1945 S 47 f Wanda Krystyna Roman Die sowjetische Okkupation der polnischen Ostgebiete 1939 bis 1941 In Bernhard Chiari Hrsg Die polnische Heimatarmee Geschichte und Mythos der Armia Krajowa seit dem Zweiten Weltkrieg Oldenbourg 2009 ISBN 3 486 56715 2 S 89 David R Marples Russia in the Twentieth Century The quest for stability Routledge ISBN 978 1 4082 2822 7 S 125 ff Joachim Tauber Die Geschichte der baltischen Staaten bis 1945 In Die politischen Systeme der baltischen Staaten Eine Einfuhrung Hrsg Michele Knodt Sigita Urdze Springer 2012 ISBN 978 3 531 19555 1 S 25 Bogdan Musial Die vierte Teilung Polens Polen unter deutscher und sowjetischer Besatzung 1939 1945 S 26 Wanda Krystyna Roman Die sowjetische Okkupation der polnischen Ostgebiete 1939 bis 1941 S 97 ff Abkommen zwischen der Regierung der UdSSR und der polnischen Regierung in Zeitschrift fur auslandisches offentliches Recht und Volkerrecht Vol 11 1942 43 S 100 Dokumente betreffend das Sowjetrussisch Polnisches Abkommen vom 30 Juli 1941 online Bernd Ebersold Machtverfall und Machtbewusstsein Britische Friedens und Konfliktlosungsstrategien 1918 1956 Oldenbourg 1992 ISBN 3 486 55881 1 S 62 ff Martin Broszat Nationalsozialistische Polenpolitik 1939 1945 De Gruyter 1961 S 34 Martin Broszat Nationalsozialistische Polenpolitik 1939 1945 De Gruyter 1961 S 31 f Bogdan Musial Die vierte Teilung Polens Polen unter deutscher und sowjetischer Besatzung 1939 1945 S 25 f Wolfram von Scheliha Der Pakt und seine Falscher In Der Hitler Stalin Pakt 1939 in den Erinnerungskulturen der Europaer Wallstein Gottingen 2011 ISBN 978 3 8353 0937 1 S 177 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vierte Teilung Polens amp oldid 233566481