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Der Kraichgau ist eine Hugellandschaft im Nordwesten von Baden Wurttemberg Physische Karte des Kraichgaus braun umrandet Blick von der Ravensburg bei Sulzfeld uber die Kraichgau Hugellandschaft zum hochsten Punkt des Kraichgaus der Burg Steinsberg am Horizont in der Bildmitte Burg Steinsberg auf dem gleichnamigen Berg der hochsten Erhebung des KraichgausDie markante katholische Pfarrkirche von WaibstadtRuine des Wasserschlosses in Kraichtal Menzingen Inhaltsverzeichnis 1 Geographie 2 Naturraumliche Gliederung 3 Namensherkunft 4 Geschichte 4 1 Fruhe Geschichte 4 2 Der Kraichgau als Gaugrafschaft im hohen Mittelalter 4 3 Kraichgauer Ritterschaft 4 4 Der Kraichgau seit dem Ende der Reichsritterschaft 4 5 Judisches Leben im Kraichgau 5 Landwirtschaft 6 Schutzgebiete 7 Eisenbahn 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseGeographie BearbeitenDie Landschaft des Kraichgaus im nordwestlichen Baden Wurttemberg wird begrenzt vom Odenwald im Norden dem Schwarzwald im Suden sowie der Oberrheinischen Tiefebene im Westen Im Osten wird der Kraichgau von den Hohenzugen des Stromberg und Heuchelberg zum Zabergau abgegrenzt Die Gesamtflache des Gebiets erstreckt sich uber 1630 km 1 Im Nordosten geht er mit Erreichen des Neckars in Bauland und Unterland uber im Sudosten mit Erreichen der Enz in das Heckengau 2 Das Gebiet des Kraichgaus erstreckt sich auf Teile der Landkreise Karlsruhe Heilbronn Enzkreis Rhein Neckar Kreis und Neckar Odenwald Kreis Die grossten Stadte des Kraichgaus sind Sinsheim Eppingen Bad Rappenau Bretten und Bruchsal Kennzeichnend ist jedoch die Vielzahl uberwiegend bereits im Mittelalter besiedelter Dorfer inmitten der Hugellandschaft Zu den vorgenannten funf Stadten gehoren alleine schon uber 40 solcher Dorfer Weitere grossere Orte sind Dielheim Muhlhausen Knittlingen Oberderdingen Ostringen Rauenberg Waibstadt und Schwaigern sowie die Gemeinden Angelbachtal Walzbachtal Pfinztal und die Stadt Kraichtal die aus der Fusion vieler kleinerer Dorfer entstanden Die bedeutendsten Fliessgewasser in dieser Landschaft sind der Kraichbach der bei Sternenfels im Enzkreis entspringt dann in Richtung Nordwesten fliesst und bei Ketsch in den Rhein mundet sowie die Elsenz welche beim gleichnamigen Dorf in der Nahe von Eppingen entspringt und bei Neckargemund in den Neckar mundet Weitere wichtige Gewasser sind im westlichen Teil Pfinz Saalbach und Leimbach im Osten Lein und Schwarzbach Der Kraichgau ist im Grunde eine tiefe Mulde die zwischen Odenwald und Schwarzwald einsank als diese Gebirge sich im Tertiar vor etwa 65 Millionen Jahren anhoben und zwischen sich und den westlicher gelegenen Vogesen und dem Pfalzerwald die heutige Oberrheinische Tiefebene bildeten Aus dem Oberrheingraben wurden im Eiszeitalter bedeutende Mengen Loss als Schluff ausgeblasen und im Kraichgau wieder abgelagert Mit bis zu uber 30 Metern Dicke erreicht der Loss im Kraichgau seine grosste Machtigkeit in Deutschland Der Loss und die daraus entstandenen fruchtbaren Boden sind Grundlage fur den intensiven Ackerbau der die Region bis heute pragt Aufgrund des relativ milden Klimas wird der Kraichgau haufig ahnlich dem Markgraflerland als badische Toskana bezeichnet Die hochste Erhebung im Kraichgau ist der Burgberg der Burg Steinsberg bei Sinsheim Weiler mit 333 m uber NN Der Bergfried der Burg wird auch als Kompass des Kraichgaus bezeichnet Als eine der markantesten Kirchen des nordlichen Kraichgau gilt die katholische Stadtpfarrkirche Unserer lieben Frau in Waibstadt deren 65 m hoher Turm weithin sichtbar ist und die als Dom des Kraichgaus bezeichnet wird Naturraumliche Gliederung Bearbeiten nbsp Schwarzbachaue bei MeckesheimDer Kraichgau ist naturraumlich in der Systematik des Handbuchs der naturraumlichen Gliederung Deutschlands die Haupteinheit 125 der mit Neckar und Tauber Gauplatten Haupteinheitengruppe 12 der Schwabischen Gaue die zusammen mit den Frankischen Gauen eine Grossregion 3 Ordnung bildet die ihrerseits Teil der Grossregion 2 Ordnung des Sudwestdeutschen Schichtstufenlandes darstellt 3 Der Kraichgau gliedert sich wie folgt in Teillandschaften 4 5 zu 12 Neckar und Tauber Gauplatten 125 Kraichgau 125 1 Lein Elsenz Hugelland 125 11 Gartacher Feld 125 12 Leinbachgau 125 13 Eppinger Gau 125 14 Neckarbischofsheimer Hohen 125 15 Eichelbergvorland 125 16 Eichelberg 125 17 Schwarzbachgau 125 18 Angelbachgau 125 2 Kraich Saalbach Hugelland Korngauplatte 5 125 21 Bruchsaler Randhugel 125 22 Brettener Hugelland 125 23 Derdinger Hugelstreifen 125 24 siehe 125 33 125 25 Strombergvorland 125 3 Pfinzhugelland Heckengau 5 125 30 Westlicher Pfinzgau 6 125 31 Pfinz Alb Platte 125 32 Ostlicher Pfinzgau 125 33 125 24 auf dem alteren Blatt Karlsruhe Bauschlotter Platte 125 34 Pforzheimer Enztal 125 4 Mingolsheim Wieslocher Bucht 125 41 Rauenberger Bucht 125 42 Letzenberg 125 43 Rettigheimer BuchtNamensherkunft BearbeitenDie Bezeichnung Kraichgau fur das heutige Gesamtgebiet ist neuzeitlichen Ursprungs Ursprunglich bezog sich der Name nur auf den Teil des heute weiter verstandenen Kraichgaues der zum Einzugsgebiet des Kraichbaches gehorte teilweise auch auf Orte an Waldangelbach und Saalbach Die ubrigen Gebiete gehorten zum Elsenzgau zum Pfinzgau oder zum Gartachgau Orte im Bereich des Leimbaches wurden zum Lobdengau gerechnet fur das Einzugsgebiet der Saalbach wurde auch der Begriff Salzgau verwendet 7 Im Fruhmittelalter wird der damals noch enger verstandene Kraichgau im Lorscher Codex zum ersten Mal urkundlich als Creichgowe 769 spater auch als Chrehgauui 773 oder Craichgoia 778 erwahnt Eine wesentlich spatere Namensform ist Kreuchgau 1594 Kraichbach wird gedeutet als gewundener Bach Kraich leitet sich ab von germanischen Wortern die Biegungen Buchten Krummungen oder Windungen bezeichnen 8 Der Begriff Gau bezeichnet ein offenes waldfreies Gebiet und insbesondere auch von Ackerbau bestimmte Landschaften Geschichte BearbeitenFruhe Geschichte Bearbeiten Der Kraichgau zahlt zu den altesten Kulturraumen Europas In diesem Gebiet war schon vor uber einer halben Million Jahren ein entfernter Verwandter des modernen Menschen der Homo heidelbergensis zu Hause Der Fund eines Unterkiefers in Mauer zwischen Sinsheim und Heidelberg aus dem Jahre 1907 sorgte weltweit fur Aufsehen bis heute ist der Unterkiefer von Mauer das alteste Fossil der Gattung Homo das jemals in Deutschland gefunden wurde Klimatische Veranderungen schufen im Laufe der nachfolgenden Jahrtausende eine hugelige Landschaft mit Lossboden so dass der gesamte Kraichgau als Senke zwischen Odenwald und Schwarzwald zu den leicht bebaubaren und ohne Schwierigkeiten zu durchquerenden Siedlungsgebieten wurde In die Jungsteinzeit und die Bronzezeit weisen viele Einzelfunde von beispielsweise Steinbeilen Getreidereiben Dolchklingen Lanzenspitzen und bronzezeitliche Bestattungen Weitere Spuren hinterliess auch der keltische Volksstamm der Helvetier von dem Siedlungsspuren aus der Zeit um 400 v Chr existieren Besonders die Romerzeit hinterliess nachhaltige Spuren Zahlreiche Funde zeugen von der Bedeutung dieses Raumes als Hinterland des Obergermanisch Raetischen Limes wahrend der romischen Besetzung Ein eindrucksvolles Beispiel gallo romischer Kunst stellt die hochste Jupitergigantensaule Suddeutschlands dar die 1959 in Steinsfurt zutage kam Von den landsuchenden Germanenstammen drangen in der Folgezeit besonders Kimbern Teutonen und Sueven nach Sudwestdeutschland vor Sesshaft wurden seit 260 n Chr die Alemannen Spuren ostlich von Sinsheim zu deren Siedlungsgebiet der Kraichgau etwa bis zum Jahre 500 gehorte Die Alemannen gerieten in Konflikt mit dem Frankischen Reich da sie ihr Gebiet nach Westen und Nordwesten ausdehnen wollten Aus der entscheidenden Schlacht von Zulpich 496 497 gingen die Franken als Sieger hervor Spatestens nach einem gescheiterten Aufstand der Alemannen 506 507 mussten sie ihr bisheriges Herrschafts und Siedlungsgebiet an die Franken abtreten In der fruhen frankischen Merowingerzeit wurden im Kraichgau vor allem die grossen Bachtaler besiedelt Dort durften auch wichtige Fernverbindungen verlaufen sein da nur in den Bachtalern des Kraichgau eine weitgehend ebene Ost West Passage zwischen dem Odenwald im Norden und dem Schwarzwald im Suden moglich ist Eine grossflachige Rodungstatigkeit setzte ebenfalls langs der Bachtaler ein Spatere Siedlungsgrundungen fanden im Wesentlichen nur mehr dort statt wo zwischen den Siedlungsschneisen der Bachtaler noch genugend Flache zur Verfugung stand 9 10 Der Kraichgau als Gaugrafschaft im hohen Mittelalter Bearbeiten Der Kraichgau als frankische Gaugrafschaft wurde erstmals im 8 Jahrhundert im Lorscher Codex als Craichgoia urkundlich dokumentiert Die Grafen wurden vom Konig bzw Herzog als Stellvertreter eingesetzt wobei sich die Grenzen der Verwaltungsbezirke im Wesentlichen an den Naturraumen orientierten ein Graf aber auch gleichzeitig die Vormacht uber verschiedene Gaue haben konnte So zahlte z B der Anglachgau verwaltungstechnisch immer zum Kraichgau vom spaten 10 bis spaten 11 Jahrhundert wurden Anglach Elsenz Gartach und Kraichgau jeweils von denselben Wurdentragern verwaltet Zu jener Zeit war wohl die Grossmotte Wigoldesberg bei Ostringen Eichelberg zentraler Verwaltungssitz 11 Bis zum fruhen 12 Jahrhundert war der Grafentitel immer an eine Person gebunden und nicht erblich wurde dann aber einhergehend mit schwindender Macht der Grafen zum erblichen Titel 12 Als einer der fruhen Kraichgaugrafen wird Gerold um 730 um 784 786 genannt Er war Kraichgaugraf ab spatestens 777 bis um 784 786 Der Sohn eines frankischen Grafen und Mitglied der frankischen Reichsaristokratie war mit Imma Tochter des alemannischen Herzogs Hnabi verheiratet und Vater von Hildegard der Ehefrau Karls des Grossen Der Kraichgaugraf Sieghard der von 858 bis 861 genannt wird war Stammvater der Sieghardinger nbsp Das Stift Sinsheim wurde um das Jahr 1000 von Otto von Worms gegrundetOtto von Worms um 948 1004 war 956 Graf im Nahegau Graf im Speyergau Wormsgau Elsenzgau Kraichgau Enzgau Pfinzgau und Ufgau Er wurde 978 Herzog von Karnten und war Thronkandidat bei der Konigswahl von 1002 Er gilt um das Jahr 1000 als Grunder des Stifts Sinsheim Im Amt nachgefolgt konnte ihm sein Sohn Konrad 1011 sein moglicherweise aber auch bereits ein Vertreter der Zeisolf Wolframe da die Grafen Zeisolf vermutlich der 1008 belegte Wormsgau Graf Zeisolf II und Wolfram vermutlich der 987 bis 1006 als Graf des Speyergaus auftretende Wolfram I schon 1001 beim Gerichtstag in Verona als Zeugen Ottos erscheinen Fur das Kraichgau ist ein Wolfram mehrfach zwischen 1024 und 1056 belegt 13 Ab 1065 folgte ihm Engelbert I von Spanheim 14 1067 wird das Eigengut eines Grafen Zeisolf in Sinsheim erwahnt Fur das Jahr 1100 wird mehrfach ein Graf Bruno genannt der in alterer Literatur irrtumlich mit Erzbischof Bruno von Trier gleichgesetzt wird Beim Grafen Bruno konnte es sich vielmehr um den 1102 genannten Strassburger Vogt Bruno handeln der aufgrund seiner nachgewiesenen Aufgaben moglicherweise der im Kraichgau beguterten Familie der Michelbach Steinsberger entstammte 15 Jener Bruno vereinte letztmals die Grafschaften in Anglach Elsenz Gartach und Kraichgau auf sich Ungefahr um 1103 kamen Anglach und Kraichgau wohl an die Grafen von Lauffen Zwar fehlt ein direkter urkundlicher Beweis doch ging die Grossmotte Wigoldesberg bis 1123 von den erloschenen Zeisolf Wolframen an die Lauffener uber wahrend die Grafschaft gleichzeitig ihren Namen zu Grafschaft Brettheim wechselte womit sich der Hauptverwaltungssitz wohl in die zentraler gelegene Burg der Lauffener im Burgwaldle bei Bretten verlagert hatte Im April 1138 wurde Heinrich von Katzenelnbogen von Konig Konrad III zum Grafen des Kraichgaus ernannt Auf dieser Standeserhohung basiert der Titel der Grafen von Katzenelnbogen In den Folgejahren sank der Einfluss der Kraichgaugrafen genannt werden 1179 Berthold I von Katzenelnbogen 1237 Simon von Katzenelnbogen und 1268 Dieter von Katzenelnbogen 16 Kraichgauer Ritterschaft Bearbeiten nbsp Der Esel als Wappentier des Ritterkantons Kraichgau nbsp Helmstatt Neipperger Allianzwappen von 1546 in NeckarbischofsheimBedeutende Regionalherren waren bereits im Hochmittelalter die Goler von Ravensburg und die Grafen von Eberstein die ab Ende des 11 Jahrhunderts bedeutende Besitztumer im Kraichgau hatten und auch verantwortlich fur die Stadtgrundungen von Bretten und Gochsheim um 1250 waren Ab dem spaten Mittelalter traten auch reichsritterliche Familien wie die Herren von Gemmingen die Herren von Neipperg die Herren von Helmstatt die Herren von Venningen und die Herren von Mentzingen in Erscheinung die sich im 16 Jahrhundert dem Schwabischen Ritterkreis als dessen Ritterkanton Kraichgau anschlossen der seinen Sitz erst in Wimpfen ab 1619 in Heilbronn hatte Die Bruder Dietrich 1526 Wolf 1555 und Philipp von Gemmingen 1544 fuhrten ab 1522 als erste ihres Standes die Reformation im Kraichgau ein Der Kraichgauer Adel mit seinen zersplitterten Besitzverhaltnissen wandte sich danach mehrheitlich den Lehren Luthers zu so dass die Kraichgau Gemeinden uberwiegend protestantisch gepragt sind Die Region weist eine aussergewohnlich hohe Dichte von adligen Familien auf insgesamt sind mehr als einhundert Geschlechter bekannt Sebastian Munster nannte den Kraichgau 1550 das Land der Edelleut Franz Josef Mone 1796 1871 der erste Direktor des Generallandesarchivs in Karlsruhe zahlte 109 adlige Familien Nach der Verwustung des Landes im Dreissigjahrigen Krieg trachtete die Kraichgauer Ritterschaft nach einer raschen Wiederbesiedlung um neue Untertanen zu gewinnen und damit weiterhin ein Steuereinkommen zu haben Unter den Neusiedlern bildeten Schweizer aus den Kantonen Zurich und Bern die grosste Gruppe Der grossteils zur damals calvinistischen Kurpfalz zahlende Kraichgau war fur die zumeist aus wirtschaftlichen Grunden auswandernden Schweizer das nachstgelegene reformierte Gebiet nordlich der Alpen 17 In die Zeit nach dem Dreissigjahrigen Krieg fallt auch die Ankunft einiger neu im Kraichgau auftretender katholischer Adelsfamilien wie der Grafen von Wiser oder der Grafen von Yrsch die von der im Laufe der zahlreichen Konfessionswechsel zeitweise wieder katholisch gewordenen Kurpfalz mit den frei gewordenen Lehen ausgestorbener angestammter Familien begutert wurden und die bei der Wiederbesiedlung der verwusteten Orte Neusiedler katholischer Herkunft bevorzugten und nachdrucklich die Rekatholisierung vorantrieben Bei der Herkunft und den Vermogensverhaltnissen der Neusiedler war man jedoch unter beiden Konfessionen wenig wahlerisch doch kam es nicht zur Ausbildung von Armenkolonien wie sie sich in Schwaben unter den gleichen Umstanden entwickelten Im Gegensatz zu den meisten umliegenden Herrschaften konnten sich auch Juden gegen Schutzgeld in vielen Ritterdorfern des Kraichgaus ansiedeln Diese lebten dann verstreut unter der Bevolkerung oder in bestimmten Wohnbereichen es gab jedoch keine ausgesprochene Ghettobildung Die Kraichgauer Ritter konnten zwar ihre Reichsunmittelbarkeit gegen die Interessen des aufstrebenden Flachenstaats Wurttemberg der Markgrafschaft Baden des Hochstifts Speyer und der Kurpfalz verteidigen doch mit der Mediatisierung nach dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 wurden die Ritterverbande aufgelost und die reichsritterlichen Territorien im Kraichgau wurden grosstenteils dem neu gegrundeten Land Baden zugeschlagen Die grundherrlichen Rechte Grundherrschaft entfielen zumeist durch Freikauf in der Mitte des 19 Jahrhunderts Gleichwohl lag weiterhin viel Grundbesitz bei den Nachfahren des Kraichgauer Adels was noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg an einigen grossen Hofgutern wie in Grombach oder Eichtersheim zu erkennen war Viele ehemals ritterschaftliche Hofguter wurden erst in jungerer Zeit aufgegeben oder verpachtet Als bedeutender Pachter ehemals ritterschaftlicher Guter ist insbesondere die Sudzucker zu nennen Von den erhaltenen Burgen und Schlossern deren alteste wohl aus dem fruhen 13 Jahrhundert die jungsten aus der Zeit um 1900 stammen gelangten einige in Gemeinde und sonstigen offentlichen Besitz und dienen heute als Rathauser oder Sitz staatlicher oder offentlicher Verwaltungen Einige Nachfahren der Kraichgauer Ritterschaft wie die Neipperg und die Gemmingen besitzen jedoch bis heute noch zahlreiche Burgen Schlosser und Landereien Der Kraichgau seit dem Ende der Reichsritterschaft Bearbeiten Nach dem Ende der Reichsritterschaft und der Auflosung des Ritterkantons Kraichgau trat der Begriff Kraichgau zunachst in den Hintergrund und bezeichnete in der Mitte des 19 Jahrhunderts lediglich noch die Gegend des badischen Amtsbezirks Bruchsal Der Naturraum dagegen wurde als Enz Pfinz und Kraichgauer Hugelland Neckarplateau oder Neckarhugelland bezeichnet Erst die Geografen Friedrich Ratzel und Friedrich Metz bezeichneten ab 1900 wieder das gesamte Hugelland zwischen Neckar Enz und Rhein als Kraichgau Diese Bezeichnung fur die rund 1600 Quadratkilometer grosse naturraumliche Einheit wurde auch durch die Bundesanstalt fur Raumforschung heute Bundesamt fur Bauwesen und Raumordnung zwischen 1957 und 1963 bei der Raumgliederung der Bundesrepublik Deutschland ubernommen Judisches Leben im Kraichgau Bearbeiten Der Kraichgau wies seinerzeit die grosste Dichte an judischen Gemeinden in Baden auf in einzelnen Gemeinden war bis zu ein Drittel der Gesamtbevolkerung judischen Glaubens Vor allem im 19 und beginnenden 20 Jahrhundert pragten so die Menschen judische Glaubens das kulturelle und wirtschaftliche Leben im Kraichgau mit davon zeugen heute z B der grosste suddeutsche judische Verbandsfriedhof bei Bad Rappenau der Judische Friedhof Heinsheim der judische Friedhof in Waibstadt oder aufgelassene aber noch vorhandene Synagogen wie die in Heinsheim 18 oder Sinsheim Steinsfurt Landwirtschaft Bearbeiten nbsp Tabakschuppen in Hoffenheim abgerissen 2013 Der Kraichgau gilt durch seinen Lossboden der durch eiszeitliche Ablagerungen entstand als besonders fruchtbar und zahlt daher zu den Kornkammern Suddeutschlands Auch Obst und Weinanbau insb auf den Keuperhohen um Sinsheim und Sulzfeld sind weit verbreitet Ebenso werden Kartoffeln Zuckerruben und Tabak angebaut Insbesondere mit Tabakanbau und der Grundung zahlreicher kleiner Zigarrenfabriken im Kraichgau haben die ansassigen Bauern im 19 Jahrhundert versucht der vorherrschenden Armut in weiten Teilen der Gegend zu entfliehen wegen der es mancherorts zu starker Auswanderung kam Eine typische Erscheinung im Kraichgau sind auch die traditionsreichen Bauerngarten Uber Jahrhunderte wurde in und an ihnen gearbeitet bis sie ihre heutige Pracht entfaltet hatten Die ersten Bauerngarten waren von den Germanen angelegt worden und waren komplett auf Nutzen ausgelegt Es wurden verschiedene Gemuse vielfaltige Gewurze Arzneipflanzen vor allem Salbei aber auch wenige Zierpflanzen angebaut Der Kraichgau blieb bis in die jungste Vergangenheit stark landwirtschaftlich gepragt wobei kleinbauerliche Betriebe und durch Realteilung in der Landwirtschaft stark zersplitterter Grundbesitz bis zu den beginnenden Flurbereinigungen in den 1950er Jahren charakteristisch waren Industrie siedelte sich zunachst nur in den Grenzregionen des Kraichgau an wegen der Nahe zu den grosseren Stadten Bedeutende wirtschaftliche Impulse gingen erst vom Ausbau der Bundesstrassen und Autobahnen in den 1960er Jahren aus Schutzgebiete BearbeitenIm Kraichgau liegen zahlreiche Natur und Landschaftsschutzgebiete Drei Landschaftsschutzgebiete sind nach dem Kraichgau benannt LSG Kraichgau Nr 2 15 038 zwischen Ubstadt Weiher und Sulzfeld Das Gebiet ist 4086 2 Hektar gross und wurde durch Verordnung des Landratsamts Karlsruhe vom 3 Juni 1987 gebildet LSG Brettener Kraichgau Lohnwald und Talbachniederung Neibsheim Kuckucksberg und Aspe Buchig Waldwingert Bauerbach Grossmulte Golshausen Weinberg Durrenbuchig Sprantal und Salzachtal Ruit Nr 2 15 070 Mehrere Teilgebiete rund um Bretten mit 529 2 Hektar Verordnung des Landratsamts Karlsruhe vom 14 Juli 2006 LSG Westlicher Kraichgau Nr 2 26 046 bei Rauenberg im Rhein Neckar Kreis Das Gebiet mit 930 0 Hektar entstand durch Verordnung des Landratsamts Rhein Neckar Kreis vom 16 September 2002 Schutzzweck ist in allen Fallen die Erhaltung der typischen Kraichgaulandschaft mit sanften Losshugeln einem ausgepragten Talsystem steilen Keuperhangen zahlreichen geomorphologischen Gelandekleinformen wie Hohlwegen Terrassen und Boschungen einer vielfaltigen Landnutzung mit Ackerbau Grunlandwirtschaft Weinbau Obstbau und Wald sowie zahlreichen in die Feldflur eingestreuten Vorwaldern Einzelbaumen Feldgeholzen Feldhecken Gebuschen Gras Krautsaumen und Magerrasen Ausserdem sollen die speziellen Lebensraume der zum Teil gefahrdeten heimischen wildlebenden Tiere und Pflanzen erhalten werden Eisenbahn BearbeitenMit der Schnellfahrstrecke Mannheim Stuttgart der Wurttembergischen Westbahn der Bahnstrecke Karlsruhe Muhlacker der Kraichgaubahn und der Elsenztalbahn ist der Kraichgau wie kaum eine andere landliche Gegend in Deutschland von Hauptbahnen durchzogen 19 Daruber hinaus verlaufen im Kraichgau als Nebenbahnen die Katzbachbahn Bruchsal Odenheim Hilsbach die Kraichtalbahn Bruchsal Menzingen die Bahnstrecke Meckesheim Neckarelz und die Bahnstrecke Steinsfurt Eppingen Auf der Krebsbachtalbahn Neckarbischofsheim Nord Huffenhardt ist der normale Personenverkehr eingestellt Ein Museumsbahnbetrieb besteht aktuell auch 2013 an Sonn und Feiertagen zwischen 1 Mai und 20 Oktober siehe Krebsbachtalbahn Beide Aste der Bahnstrecke Wiesloch Meckesheim Waldangelloch sind vollstandig abgebaut Literatur BearbeitenZur literarischen Rezeption des Kraichgaus siehe auch Kraichgau Bibliothek Gochsheim Thomas Adam Der Kraichgau Eine kleine Geschichte Regionalgeschichte fundiert und kompakt 3 aktualisierte Auflage Lauinger Verlag Karlsruhe 2017 ISBN 978 3 7650 8433 1 David Chytraus Uber den Kraichgau Rostock 1561 lat De craichgoia oratio Heimatverein Kraichgau e V Hrsg Kraichgau Beitrage zur Landschafts und Heimatforschung Regionalkultur ZDB ID 127933 6 seit 1968 herausgegeben Ludwig H Hildebrandt Hrsg Archaologie und Wustungsforschung im Kraichgau Hrsg vom Heimatverein Kraichgau e V Sonderveroffentlichung Nr 18 Verlag regionalkultur Ubstadt Weiher 1997 ISBN 978 3 929366 34 1 Ludwig H Hildebrandt Die Grafschaften des Elsenz und Kraichgaus im hohen Mittelalter ihre Grafen und deren Burgensitze mit spezieller Berucksichtigung von Bretten In Brettener Jahrbuch fur Kultur und Geschichte NF 5 Bretten 2008 S 55 85 Wolfgang Martin Umfang und Wesen des Kraichgaus im hohen Mittelalter In Brettener Jahrbuch fur Kultur und Geschichte 1964 65 Bretten 1964 S 19 27 Umfang und Wesen des Kraichgaus im spaten Mittelalter In Brettener Jahrbuch fur Kultur und Geschichte 1967 Bretten 1967 S 125 134 Arnold Scheuerbrandt Der Kraichgau Naturraum oder Kulturraum In Heimatbote Bad Rappenau Nr 14 Bad Rappenau 2003 Reichsritterorte im Kraichgau In Heimatbote Bad Rappenau Nr 15 Bad Rappenau 2004 Roland Thomann Schicksal einer Landschaft Ein Lesebuch zur Geschichte des Kraichgaus und seiner Orte verlag regionalkultur Ubstadt Weiher 1999 ISBN 978 3 929366 21 1 Ludwig Vogely Das Leben im Kraichgau in vergangener Zeit Verlag Regionalkultur Ubstadt Weiher 1997 ISBN 3 929366 56 8 Kraichgauer Gestalten 36 historische Personlichkeiten aus Politik Kirche Wissenschaft und Kunst Verlag Regionalkultur Ubstadt Weiher 1994 ISBN 3 929366 07 X Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kraichgau Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikivoyage Kraichgau Reisefuhrer Naturraumsteckbriefe der LUBW siehe 125 Kraichgau PDF 10 7 MB Hinweise Losslandschaft Kraichgau Umweltinformationssystem Baden Wurttemberg Kraichgauwortschatz Mundartausdrucke aus dem Kraichgau Judisches Leben im Kraichgau Aufsatz von Klaus Graf zur regionalen IdentitatEinzelnachweise Bearbeiten Bundesamt fur Naturschutz Landschaftssteckbrief 12502 Nordlicher Kraichgau Bundesamt fur Naturschutz Landschaftssteckbrief 12502 Sudlicher Kraichgau Historischer Atlas von Baden Wurttemberg Karte II 4 Karte der Naturraumlichen Gliederung von Baden Wurttemberg Emil Meynen Josef Schmithusen Herausgeber Handbuch der naturraumlichen Gliederung Deutschlands Bundesanstalt fur Landeskunde Remagen Bad Godesberg 1953 1962 9 Lieferungen in 8 Buchern aktualisierte Karte 1 1 000 000 mit Haupteinheiten 1960 Josef Schmithusen Geographische Landesaufnahme Die naturraumlichen Einheiten auf Blatt 161 Karlsruhe Bundesanstalt fur Landeskunde Bad Godesberg 1952 Online Karte PDF 5 1 MB a b c Friedrich Huttenlocher Hansjorg Dongus Geographische Landesaufnahme Die naturraumlichen Einheiten auf Blatt 170 Stuttgart Bundesanstalt fur Landeskunde Bad Godesberg 1949 uberarbeitet 1967 Online Karte PDF 4 0 MB Der kleine auf Blatt Karlsruhe liegende Nordteil ist dort als 125 31 Pfinztal eingezeichnet Historischer Atlas von Baden Wurttemberg Karte IV 3 Karte der Bezirksnamen des 8 bis 12 Jahrhunderts online Albrecht Greule Deutsches Gewassernamenbuch Etymologie der Gewassernamen und der dazugehorigen Gebiets Siedlungs und Flurnamen De Gruyter Berlin 2014 ISBN 978 3 11 019039 7 S 281 Friedrich Metz Der Kraichgau Karlsruhe 1922 S 148ff Karl Banghard Archaologische Aspekte der fruhmittelalterlichen Kulturlandschaftsgenese im Kraichgau in Ludwig H Hildebrandt Hrsg Archaologie und Wustungsforschung im Kraichgau Heimatverein Kraichgau Sonderveroffentlichung Nr 18 Ubstadt Weiher 1997 S 35 46 Hildebrandt 2008 S 60 63 Hildebrandt 2008 S 54 Hildebrandt 2008 S 55 Thiele Andreas Erzahlende genealogische Stammtafeln zur europaischen Geschichte Band I Teilband 2 Deutsche Kaiser Konigs Herzogs und Grafenhauser II R G Fischer Verlag 1994 Tafel 495 Hildebrandt 2008 S 56 Hildebrandt 2008 S 58 59 Konstantin Huber Schweizer Einwanderer zwischen Rhein Neckar Enz und Pfinz 1648 1740 in Kraichgau 17 2002 S 283 298 Judisches Leben Kraichgau e V Wanderausstellung Abgerufen am 10 Dezember 2017 Wilfried Biedenkopf Einiges zur Fahrplangeschichte im Kraichgau In Die Eisenbahn im Kraichgau Eisenbahngeschichte zwischen Rhein und Neckar EK Verlag Freiburg Breisgau 2006 ISBN 3 88255 769 9 S 253 49 116666666667 8 7166666666667 Koordinaten 49 7 0 N 8 43 0 O Normdaten Geografikum GND 4032740 1 lobid OGND AKS LCCN sh85073239 VIAF 32144647635637368851 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kraichgau amp oldid 230677983