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Die deutsche Konigswahl von 1002 war die Entscheidung in der Nachfolgefrage die sich nach dem erbenlosen Tod des Kaisers Otto III gestellt hatte sie wurde von Herzog Heinrich IV von Bayern unter Anwendung nicht dem Herkommen entsprechender Mittel Bestechung und Wahlmanipulation fur sich entschieden Inhaltsverzeichnis 1 Die Vorgeschichte 2 Die Kandidaten 3 Der Raub der Reichskleinodien 4 Die Kandidatur Ekkehards von Meissen 5 Die Wahl Heinrichs 6 Die Anerkennung der Wahl 7 Nachwirkungen 8 Quellen 9 Literatur 10 AnmerkungenDie Vorgeschichte BearbeitenAm 23 24 Januar 1002 starb uberraschend der gerade 21 jahrige Kaiser Otto III auf der Burg Paterno in Italien an Malaria unverheiratet kinderlos und ohne eine Regelung zur Nachfolge erlassen zu haben Mit ihm dem letzten mannlichen Nachkommen Kaiser Ottos I erlosch die altere Linie die Otto Linie der Liudolfinger Wegen dieser Situation war die Wahl eines neuen Konigs nicht mehr eine durch den Amtsinhaber gesteuerte Formalitat sondern zu einer zentralen politischen Frage geworden Die Kandidaten BearbeitenAls Nachfolger Ottos kamen in erster Linie die Herzoge des Reiches in Frage uber diesen Personenkreis hinaus bewarb sich aktiv lediglich der Markgraf Ekkehard I von Meissen Ekkehardiner der laut Thietmar von Merseburg von den Thuringern in einer Volkswahl zu ihrem Herzog erhoben worden sein soll und vom verstorbenen Kaiser ganz besonders geschatzt wurde 1 Als aussichtsreichster unter den Kandidaten galt anfangs der Konradiner Hermann II von Schwaben spatestens nachdem sich die Mehrheit der bei Ottos Beisetzung in Aachen an Ostern 1002 anwesenden Fursten fur ihn ausgesprochen hatte Ein weiterer Kandidat aus dem Kreis der Herzoge war jedoch Heinrich IV von Bayern der Sohn des seinerzeit aufstandischen Heinrich des Zankers und neben seinem Bruder Brun einzige verbliebene Liudolfinger den schon Kaiser Otto II von jeder Teilhabe an der Reichsgewalt ausgeschaltet wissen wollte und den laut Thietmar von Merseburg bis auf den Bischof von Augsburg Siegfried I niemand aus der Umgebung des verstorbenen Kaisers als Nachfolger sehen wollte Tatsachlich hatte Heinrich aber wohl mehrere Unterstutzer unter den Grossen Sachsens die Wert auf einen Herrscher aus sachsischem Haus legten Heinrich erhob Anspruch auf die Nachfolge und unterstrich diesen durch eine umfangreiche Stiftung fur den Toten einen Akt der ublicherweise dem tatsachlichen Nachfolger vorbehalten war Daruber hinaus nahm er Kontakt mit dem Salier Otto von Worms Titularherzog von Karnten einem Enkel Ottos I auf der aber zugunsten Heinrichs verzichtete nachdem dieser ihm die Kandidatur ernstgemeint oder taktierend angetragen hatte Damit war Heinrich der ranghochste und zugleich Otto III am nachsten verwandte Anwarter Dennoch blieb sein Anspruch fragwurdig da es weder kodifizierte Regeln noch ein Herkommen gab das entfernten Verwandten ein Anrecht auf die Konigsnachfolge zusprach Von einer Thronkandidatur des Pfalzgrafen Ezzo von Lothringen Ezzonen berichtet lediglich die Grundungsgeschichte der Abtei Brauweiler andererseits wird von ihm dem einzigen Schwager und Vater der nachsten Blutsverwandten Ottos III berichtet dass er vom Kanzler und Kolner Erzbischof Heribert die Reichsinsignien ubergeben bekommen habe Ein weiterer Kandidat soll nach der Vita Bernwardi c 38 und der Vita Meinwerci c 7 der Graf Brun von Braunschweig Brunonen gewesen sein ohne dass hierzu Weiteres bekannt ist Der Raub der Reichskleinodien BearbeitenAls der Tross mit dem Leichnam Ottos III unter Fuhrung des Kanzlers und Kolner Erzbischofs Heribert die Alpen uberquert hatte traf er in Polling an der Grenze Bayerns auf Herzog Heinrich der grosse Sorge um den Zug zeigte aber auch hier seinen Anspruch formulierte und schliesslich Heribert zur Herausgabe der mitgefuhrten Reichskleinodien zwang Unter diesen fehlte jedoch die Heilige Lanze die damals wohl bereits wichtigste Reliquie des Reiches Heribert hatte sie nach Aachen vorausgesandt wohl aus Vorsicht und Misstrauen da er als Angehoriger des engeren Kreises um den verstorbenen Kaiser auch Hermann von Schwaben als neuen Konig sah Heinrich nahm den Erzbischof und spater auch dessen Bruder den Wurzburger Bischof Heinrich I in Haft Dadurch erzwang er schliesslich die Ubergabe der Lanze Die Kandidatur Ekkehards von Meissen BearbeitenWohl aufgrund der personlichen Wertschatzung die Kaiser Otto III dem Markgrafen Ekkehard von Meissen entgegengebracht hatte trat dieser nach dessen Tod den Kampf um die Nachfolge an Eine erste Zusammenkunft von 16 sachsischen Fursten und Bischofen in Frohse an der Elbe auf der Ekkehard nominiert werden sollte vertagte sich ohne Ergebnis auf eine anberaumte Zusammenkunft in Werla Wichtig fur diese Entscheidung war das Drangen des Grafen Lothar von Walbeck Markgraf der Nordmark der sich im Anschluss an den Beschluss von Frohse mit Heinrich von Schweinfurt in Verbindung setzte einem Parteiganger Heinrichs IV von Bayern den dieser mit dem Versprechen der Nachfolge in seinem Herzogtum auf seine Seite gezogen hatte In Werla gelang es Heinrich von Schweinfurt dann die Versammlung fur den abwesenden Heinrich von Bayern zu gewinnen zum einen durch reiche Geschenke die er in Heinrichs Auftrag fur den Fall der Nominierung versprach zum anderen aber und dies mit Unterstutzung der anwesenden Schwestern des verstorbenen Kaisers Sophia und Adelheid unter Hinweis auf seine Zugehorigkeit zur Familie der Liudolfinger und ein darauf abgeleitetes Erbrecht Ekkehard gab aber trotz der Niederlage seine Anspruche offensichtlich nicht auf Er trat in Werla weiterhin gemeinsam mit seinen Verbundeten Bischof Arnulf von Halberstadt und Herzog Bernhard I von Sachsen auf Wenig spater begab er sich nach Hildesheim wo er von Bischof Bernward bereits wie der neue Konig empfangen wurde und machte sich dann auf den Weg nach Duisburg um dort mit Hermann von Schwaben zu verhandeln kehrte dann aber in Paderborn um Auf dem Ruckweg wurde er am 30 April 1002 in der Pfalz Pohlde am Harz von Graf Siegfried von Northeim sowie Heinrich und Udo von Katlenburg uberfallen und getotet und zwar augenscheinlich aufgrund einer Rache und nicht im Zusammenhang mit der Konigswahl Die Wahl Heinrichs BearbeitenUnmittelbar nach der Versammlung in Werla zog Heinrich von Bayern mit militarischer Unterstutzung nach Mainz erhielt vom dafur zustandigen Mainzer Erzbischof Willigis die Zusage ihn nach erfolgter Wahl auch in seiner Kathedrale dem Mainzer Dom und nicht wie sonst ublich in Aachen zu kronen Heinrich liess dann am 7 Juni 1002 die anwesenden geistlichen und weltlichen Fursten abstimmen ohne die erforderliche allgemeine Wahlversammlung abzuwarten oder anzustreben Mit den Stimmen seiner Anhanger aus Bayern und dem ostlichen Franken und gegen die Stimmen Schwabens wurde er gewahlt ohne Wissen und Teilnahme des Nordens und Westens Lothringen Sachsen und Thuringen Heinrichs Machtbasis waren sein Herzogtum und die Mehrheit der Bischofe unter Fuhrung des Mainzer Erzbischofs Willigis der die zugesagte Kronung auch unmittelbar nach der Wahl vornahm Zwar war Willigis als Erzbischof von Mainz fur die Kronung auch zustandig alles andere an dieser Konigswahl hingegen entsprach nicht den Traditionen der Ort der Wahl die fehlende Thronsetzung auf dem Karlsthron und naturlich die fehlende allgemeine Wahl Die Anerkennung der Wahl Bearbeiten nbsp Verlauf des KonigsumrittesDie fehlende allgemeine Wahl veranlasste Heinrich dazu die Huldigungen durch einen monatelangen Konigsumritt einzuholen Solch ein Umritt war bei den Merowingern ublich aber spater jahrhundertelang entfallen Der Umritt sollte uber Thuringen Sachsen Niederlothringen Schwaben und Bayern nach Oberlothringen fuhren wurde aber anfangs durch den Widerstand der Schwaben aufgehalten bzw umgelenkt Hermann von Schwaben hatte die Wahl und die Kronung in Mainz erwartungsgemass nicht anerkannt so dass Heinrich Ende Juni also fast unmittelbar nach seiner Erhebung bereits einen Feldzug gegen den Konradiner einleitete der ihn nach Strassburg und Ende des Monats auf die Insel Reichenau fuhrte Uber Bamberg reiste er nach Kirchberg bei Jena weiter wo ihm am 20 Juli 1002 die Thuringer unter Fuhrung des Grafen Wilhelm II von Weimar huldigten Wenige Tage spater vom 24 bis zum 28 Juli fanden in Merseburg die Verhandlungen mit den sachsischen Grossen statt vor allem Herzog Bernhard von Sachsen Herzog Boleslaw I von Polen Markgraf Lothar von der Nordmark Pfalzgraf Friedrich von Sachsen den Bischofen Arnulf von Halberstadt und Bernward von Hildesheim denen in Mainz die Abstimmung aus der Hand geschlagen worden war Am Ende einigte man sich darauf Heinrich unter bestimmten Bedingungen anzuerkennen die beide Seiten das Gesicht wahren liessen zumal die Sachsen nach vier sachsischen Herrschern beansprucht hatten dass auch der nachste Konig aus ihren Reihen kommen musse eine Bedingung die Heinrich als bayerischer Herzog in der dritten Generation trotz seiner Abstammung nicht erfullte Das Abkommen umfasste folgende Punkte Heinrich erkannte die Rechte der Sachsen am deutschen Konigtum an Die Sachsen erkannten Heinrichs Rang als Konig an Die Wahl in Mainz war fur die Sachsen aufgrund der fehlenden Teilnahmemoglichkeit nicht verbindlich Heinrich unterwarf sich der separaten Erhebung zum Konig durch die Sachsen Herzog Bernhard ubergab ihm die Heilige Lanze Huldigung und eine weitere Kronung schlossen sich an Uber Grona reiste Heinrich nach Paderborn weiter wo am 10 August die Kronung seiner Ehefrau Kunigunde zur Konigin stattfand Am 18 August 1002 versohnte sich Heinrich mit dem Kolner Erzbischof Heribert in Duisburg die Huldigung durch die Bischofe Lothringens schloss sich unmittelbar an Nach Stationen in Nimwegen und Utrecht erfolgte am 8 September eine weitere Kronung in Aachen die mit der Huldigung durch die Barone Niederlothringens einherging Am 1 Oktober unterwarf sich in Bruchsal Herzog Hermann und mit ihm der schwabische Adel Uber Augsburg begab sich Heinrich nach Regensburg wo ihm vom 11 bis 24 November seine eigene Gefolgschaft huldigte bevor er nach Frankfurt am Main weiterreiste und schliesslich nach Diedenhofen Thionville wo er am 15 Januar 1003 einen Hoftag und eine Reichssynode abhielt die er mit der Huldigung durch die Barone Oberlothringens verband Nachwirkungen BearbeitenHermann von Schwaben der Heinrichs Wahl anfangs nicht anerkannte sich aber spater in Bruchsal unterworfen hatte starb bereits wenige Monate spater am 4 Mai 1003 Heinrich ubernahm fur Hermanns jungen Sohn Hermann III die Regierung des Herzogtums ein Zustand der bis zur Jahrhundertmitte auch unter beider Nachfolger faktisch nicht rechtlich erhalten blieb und verdrangte damit die Familie seines Konkurrenten dauerhaft von der Macht Heinrich von Schweinfurt hatte den gewahlten Konig unterstutzt gegen die Zusage seine Nachfolge in Bayern antreten zu konnen Als der neue Konig diese Zusage jedoch nicht einloste da er sich eine derart machtvolle Position der Schweinfurter im Sudosten des Reiches nicht leisten konnte verbundete sich Heinrich von Schweinfurt neben einigen Verwandten mit Boleslaw I von Polen der sich noch in Merseburg nach einem ungeklarten Angriff auf sich mit Heinrich uberworfen hatte und Brun dem Bruder des Konigs Die verbundeten Adligen wurden im Sommer 1003 geschlagen Die Herzogswurde in Bayern gab der Konig an Heinrich von Luxemburg seinen Schwager zudem grundete er in dem entstehenden Machtvakuum 1007 das Bistum Bamberg um die Konigsmacht in Ostfranken zu starken Heinrich von Schweinfurt verlor seine Grafschaften und Reichslehen wurde 1004 begnadigt erhielt aber nur seinen Eigenbesitz zuruck Quellen BearbeitenAdalbold von Utrecht Vita Heinrici II imperatoris ed Georg Waitz in Monumenta Germaniae Historica Scriptores in folio 4 Hannover 1841 Nachdruck 1982 S 679 695 Online Thietmar von Merseburg Chronik Ubersetzt von Werner Trillmich Darmstadt 1957 Freiherr vom Stein Gedachtnisausgabe 9 Lateinischer Text in Robert Holtzmann Hrsg Scriptores rerum Germanicarum Nova series 9 Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Uberarbeitung Thietmari Merseburgensis episcopi Chronicon Berlin 1935 Monumenta Germaniae Historica Digitalisat Literatur BearbeitenGerd Althoff Hagen Keller Die Zeit der spaten Karolinger und der Ottonen 888 1024 Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte Bd 3 10 vollig neu bearbeitete Auflage Klett Cotta Stuttgart 2008 S 315ff ISBN 978 3 608 60003 2 Eduard Hlawitschka Die Thronkandidaturen von 1002 und 1024 Grundeten sie im Verwandtenanspruch oder in Vorstellungen von freier Wahl In Karl Schmid Hrsg Reich und Kirche vor dem Investiturstreit Thorbecke Sigmaringen 1985 ISBN 3 7995 7030 6 Eduard Hlawitschka Merkst Du nicht dass Dir das vierte Rad am Wagen fehlt Zur Thronkandidatur Ekkehards von Meissen 1002 nach Thietmar Chronicon IV c 52 In Karl Hauck Hubert Mordek Hrsg Geschichtsschreibung und geistiges Leben im Mittelalter Festschrift fur Heinz Lowe zum 65 Geburtstag Bohlau Koln u a 1978 ISBN 3 412 05178 0 Eduard Hlawitschka Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Halfte des 11 Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Suddeutschlands Zugleich klarende Forschungen um Kuno von Ohningen Vortrage und Forschungen Band 35 Thorbecke Sigmaringen 1987 ISBN 3 7995 6695 3 Steffen Patzold Konigserhebungen zwischen Erbrecht und Wahlrecht Thronfolge und Rechtsmentalitat um das Jahr 1000 In Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters Bd 58 2002 S 467 507 Digitalisat Anmerkungen Bearbeiten Thietmar IV 45 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konigswahl von 1002 amp oldid 220863397