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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Siehe Reliquie Begriffsklarung Eine Reliquie von lateinisch reliquiae Zuruckgelassenes Uberbleibsel ist als Gegenstand kultischer religioser Verehrung ein irdischer Uberrest der Korper oder Korperteile von Heiligen oder ein Uberbleibsel des jeweiligen personlichen Besitzes Eine Sonderform der Reliquien sind Beruhrungsreliquien Gegenstande mit denen Heilige zu Lebzeiten in Beruhrung kamen oder gekommen sein sollen Mit einer Prunkrustung geschmuckte Reliquie des Katakombenheiligen Pankratius in Wil SG Inhaltsverzeichnis 1 Reliquien im Christentum 1 1 Kategorisierung 1 2 Wunderwirkungen 1 3 Bedeutung 1 4 Aufbewahrung Reliquiar Reliquienschrein 1 5 Liturgie und Brauchtum 1 6 Wallfahrten 1 7 Reliquiensammlungen und Heiltumskammern 1 8 Reliquienhandel 2 Reliquien im Islam 2 1 Reliquien schiitischer und sufischer Heiliger 2 2 Prophetische Reliquien 2 3 Die Reliquiensammunlung im Topkapi Palast 3 Reliquien in anderen Religionen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseReliquien im Christentum Bearbeiten nbsp Leopold V Osterreich schenkt dem Stift Heiligenkreuz die Kreuzreliquie die er 1188 in Jerusalem erworben hatte nbsp Schadelkalotte Hermanns von Reichenau in der Schlosskirche St Michael AltshausenBereits in der fruhen Kirche entwickelte sich eine besondere Verehrung der Martyrer Der erste biblische Beleg fur Vorlaufer von Reliquien findet sich in der Apostelgeschichte des Lukas wo die Glaubigen dem heiligen Paulus von Tarsus Tucher wegnahmen und diese dann auf die Kranken legten die geheilt wurden Apg 19 12 EU Mit der Annahme der Unverganglichkeit des heiligen Leibes Christi entwickelte sich der Glaube an die besondere Kraft der Uberreste auch der heiligen Martyrer Das Wort Martyrion bedeutet in den Schriften der Vater auch den Ort wo die Reliquien eines Martyrers aufbewahrt werden Lange Zeit wurde der aus der Urkirche herruhrende Brauch gepflegt uber den Grabern von heiligen Martyrern Kirchen zu errichten etwa die Peterskirche in Rom Im Mittelalter ging man in der lateinischen Kirche dazu uber unter oder in den Altar Reliquien einzubetten Die Ostkirchen setzen ihrer Tradition folgend Reliquien in die Mauern ihrer Kirchen Mit dieser Praxis soll der innere Zusammenhang zwischen der Gemeinschaft der Heiligen 1 und der irdischen Kirche versinnbildlicht werden Die Reliquienverehrung ist die alteste Form der Heiligenverehrung und seit dem 2 Jahrhundert nachweisbar In der Spatantike und im Fruhmittelalter nahm die Verehrung von Reliquien erheblich zu 2 Ein fruher Hinweis auf den Bedarf an Reliquien von Martyrern stellt die Passion des Fructuosus Augurius und Eulogius dar Sie berichtet dass in der Nacht nach der Hinrichtung des Bischofs Fructuosus von Tarragona am 21 Januar 259 Glaubige versuchten so viel wie moglich von der Asche der Verbrannten zu erlangen Der Bischof der ihnen im Traum erschienen sei habe sie allerdings aufgefordert sie zuruckzugeben 3 Der Kirchenvater Johannes von Damaskus 650 754 weist darauf hin dass die Heiligen keine Toten seien und fuhrt eine Reihe von Wundern auf die durch sie gewirkt worden seien 4 Seit dem 8 Jahrhundert war die Kirche bestrebt jeden ihrer Altare mit einer Reliquie auszustatten 5 Veranlasst durch Wunderberichte wurden seit dem Fruhmittelalter den Reliquien der Martyrer heilsame Wirkung zugeschrieben 6 Die grossen Kathedralen des Mittelalters verdanken ihre Entstehung und ihren Ruhm vor allem hochverehrten Reliquien etwa der Heiligen Drei Konige im Kolner Dom oder der Reliquien der heiligen Ursula von Koln und ihrer Gefahrtinnen in St Ursula in Koln Am Vorabend der Reformation war es in der Volksfrommigkeit in der Reliquienverehrung traditionell eine grosse Rolle spielte zu immer starkeren Auswuchsen gekommen 7 Die Reformatoren kritisierten zunachst diese Auswuchse bevor ihre Kritik grundsatzlicher wurde So hielt Martin Luther am 26 Januar 1546 in der Frauenkirche zu Halle eine Predigt gegen den Reliquienkram des Erzbischofs Albrecht Aus vielen Kirchen wurden im Zuge des reformatorischen Bildersturms auch die Reliquien entfernt unter den Reformierten Johannes Calvin und Huldrych Zwingli sogar verbrannt Der Verbleib vieler zuvor bedeutsamer Reliquien ist seitdem unbekannt Entgegen dem Befehl der protestantisch gewordenen Landesherren bewahrte die Bevolkerung Marburgs siehe Elisabeth von Thuringen Reliquien und manch anderer Orte die Reliquien auf Evangelische Christen sehen die Heiligenreliquien als unbiblisch an in Religionsgemeinschaften wie den Siebenten Tags Adventisten und den Zeugen Jehovas gilt ihre Verehrung sogar als Gotzendienst Auch die Neuapostolische Kirche sowie die Christadelphians lehnen die Verehrung von Reliquien ab Auf dem Konzil von Trient dem Konzil das die Gegenreformation einleitete wurde in der 25 Sitzungsperiode 1563 die Reliquienverehrung ausdrucklich empfohlen und Kritik seitens der Reformatoren zuruckgewiesen 8 In der Folge bluhte die seltener gewordene Reliquienverehrung in katholischen Gebieten wieder auf Wallfahrten zu Reliquienschreinen wurden zu einem wichtigen Mittel der Gegenreformation Im 19 Jahrhundert kam es zu einer erneuten Blute der Reliquienverehrung Zur Trierer Wallfahrt von 1844 zum Heiligen Rock kamen binnen sieben Wochen eine Million Pilger Liberale Publikationen wie der Kladderadatsch richteten ihren Spott gegen die Katholiken Das 20 Jahrhundert war im deutschen Sprachgebiet mitbeeinflusst durch die liturgische Bewegung mit ihrer Wende zur Innerlichkeit und die Liturgiereform durch einen stetigen Ruckgang der Bedeutung der Reliquienverehrung gepragt In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist unterstutzt durch eine Vielzahl popularwissenschaftlicher Publikationen das Interesse an den Reliquien und ihrer Verehrung wieder gewachsen Kategorisierung Bearbeiten nbsp Sandalen Jesu Abtei Prum Eifel Reliquien erster Klasse sind alle Korperteile von Heiligen insbesondere aus dem Skelett ex ossibus aus den Knochen in selteneren Fallen auch Blut Bei Heiligen deren Korper verbrannt wurden gilt die Asche als Reliquie erster Klasse Reliquien zweiter Klasse auch echte Beruhrungsreliquien bzw Kontaktreliquien 9 genannt sind Gegenstande die der Heilige zu seinen Lebzeiten beruhrt haben soll insbesondere Objekte von besonderer biographischer Bedeutung Dazu gehoren bei heiliggesprochenen Priestern und Ordensleuten ihre Gewander bei Martyrern auch die Foltergerate und Waffen mit denen sie ums Leben gebracht wurden Eine Stellung ausserhalb dieses Schemas kommt den sogenannten biblischen Reliquien zu also den Gegenstanden die mit dem neutestamentlichen Heilsgeschehen insbesondere mit Jesus Christus und der Mutter Gottes aber auch mit Johannes dem Taufer in direkte Verbindung gebracht werden Dazu zahlen vor allem die Kreuzreliquien kleine Holzsplitter vom Kreuz Christi von denen viele tausende uber die ganze Welt verteilt in katholischen und orthodoxen Kirchen verehrt werden Zu den Gegenstanden die Bezuge zur Passion also zur Leidensgeschichte Jesu aufweisen gehoren daneben auch die Lanze die bei der Kreuzigung verwendet wurde Joh 19 34 EU oder Partikel der Kreuznagel etwa in der Eisernen Krone der Langobarden Partikel der Dornenkrone in der Kathedrale Notre Dame de Paris ferner das Turiner Grabtuch das Schweisstuch der Veronika im Petersdom in Rom wie auch die anderen Leidenswerkzeuge In ahnlicher Weise werden Gewander verehrt die Maria und Jesus zu Lebzeiten getragen haben sollen etwa der Heilige Rock in Trier die Sandalen Jesu in Prum sowie Windel und Lendenschurz Jesu in Aachen Die Gewander Mariens Schleier Gurtel Heiliger Ring zahl t en zu den Reliquien in Konstantinopel Paris und anderswo Viele der bedeutendsten biblischen Reliquien befanden sich lange Zeit in Konstantinopel und gelangten erst nach der Eroberung der Stadt durch den Vierten Kreuzzug im Jahr 1204 in den Westen Da Jesus nach Lk 24 50 53 EU Apg 1 1 11 EU und nach Lehre der romisch katholischen Kirche die Jungfrau Maria leiblich in den Himmel aufgenommen wurden gibt es von ihnen folgerichtig keine Reliquien ex ossibus und nur wenige Reliquien erster Klasse Solche Christusreliquien tauchten im Mittelalter auf werden heute uberwiegend als Falschungen angesehen und in der katholischen Kirche aber noch lokal verehrt Siehe auch Heilig Blut Reliquie Wunderwirkungen Bearbeiten nbsp Ganzkorperreliquie des hl Hyacinthus in der Klosterkirche FurstenfeldVor allem im Mittelalter wurden den Reliquien viele Wunder miracula zugesprochen In der Hagiographie sind Zeitpunkte solcher Wunder oft die Inventio Auffindung von Reliquien sowie die Translatio Uberfuhrung der heiligen Gebeine von einem Ort an einen anderen Ort etwa bei der Auffindung des Heiligen Kreuzes oder bei der Uberfuhrung der Gebeine des hl Nikolaus von Myra nach Bari Die Lebensbeschreibungen der Heiligen wurden in Hagiographien gesammelt wie der goldenen Legende Legenda aurea oder den Werken des Caesarius von Heisterbach Ihre grosse Verehrung sowie Wundergeschichten losten wahrend des Mittelalters eine allgemeine Suche nach Reliquien von Heiligen insbesondere solchen von Martyrern aus Dabei schreckte man auch vor Entwendungen der heiligen Leichname corpora sanctorum nicht zuruck wie zum Beispiel in dem von Einhard verfassten Translationsbericht uber die Uberfuhrung der Heiligen Marcellinus und Petrus von Rom nach Michelstadt Steinbach zu lesen ist Nachdem die Kreuzritter wahrend des Vierten Kreuzzuges im Jahre 1204 Konstantinopel erobert hatten wurden hunderte kleinste Teile des Kreuzes das der Uberlieferung zufolge die Kaiserinmutter Helena um 325 von Jerusalem nach Rom und Konstantinopel gebracht hatte uber die Lander Europas verstreut Zahlreiche Kirchen behaupteten infolgedessen den Besitz eines Partikels des Kreuzes Der franzosische Architekt Charles Rohault de Fleury unterzog sich der Muhe die Gesamtmenge aller Kreuzreliquien zu ermitteln und kam auf etwa ein Drittel eines Kreuzes 10 Die fruher immer wieder kolportierte Behauptung Erasmus von Rotterdam habe gespottet die angeblichen Splitter des Kreuzes Jesus reichten aus um daraus ein ganzes Schiff zu bauen ist falsch Im Enchiridion militis Christiani erinnert er lediglich daran dass der Besitz von Kreuzesreliquien ein Nichts ist verglichen mit der Kreuzesnachfolge 11 Beim Grabtuch von Turin steht die kirchliche Anerkennung als Reliquie nach wie vor aus Das Interesse an Reliquien lasst sich auch dadurch begrunden dass naturwissenschaftlich oftmals unerklarliche Phanomene im Zusammenhang mit Reliquien bekannt wurden Hauptsachlich die Unversehrtheit keine Verwesung der Heiliggesprochenen oder bestimmter Organe bzw Teile ihres Korpers sind hier zu nennen In der Pfarrkirche St Hildegard und St Johannes der Taufer in Eibingen im Rheingau wird der Schrein der Hildegard von Bingen mit Herz und Zunge in unverwestem Zustand aufbewahrt Auch die Ganzkorperreliquien einiger Heiliger stehen in der Tradition im Ruf der Unverweslichkeit Bedeutung Bearbeiten Unter Christen verlangt die Pietat grundsatzlich die Achtung auch vor dem Leib des Gestorbenen Umso mehr wird bei Christen aus Frommigkeit heraus den sterblichen Uberresten jener Menschen Ehrfurcht erwiesen die zu Gott gegangen sind Die Verehrung von Reliquien in der katholischen und den orthodoxen Kirchen gilt als Ausdruck der Heiligenverehrung die die Bildnisse der Heiligen und deren Reliquien gemass der Uberlieferung in Ehren halt Mit Heiligenreliquien werden vor allem die Korper aber auch Teile davon derjenigen die nun im Himmel leben einst aber auf dieser Erde waren und zwar aufgrund der heroischen Heiligkeit ihres Lebens als hervorragende Glieder des mystischen Leibes Christi und lebendige Tempel des Heiligen Geistes bezeichnet Zu den Reliquien gehoren aber auch Gegenstande der Heiligen wie Gerate Kleidungsstucke und Handschriften ausserdem Gegenstande die mit ihren Korpern oder Grabern in Beruhrung gebracht worden sind sowie auch solche die mit verehrten Bildern in Beruhrung gekommen sind 12 Aufbewahrung Reliquiar Reliquienschrein Bearbeiten nbsp Reliquienschrein in Form einer Basilika Koln 1 Halfte 13 Jahrhundert Hauptartikel Reliquiar Ursprunglich wurden die Reliquien von Personen die im Rufe besonderer Heiligkeit und Gottesnahe standen unter den Altaren der ersten christlichen Kirchen beigesetzt Daraus entwickelte sich im Laufe der Zeit die bis heute gultige katholische Tradition bei der Weihe einer neu errichteten Kirche eine Reliquie des jeweiligen Namenspatrons in die Mensa des Hauptaltars einzumauern und in grosseren Kirchen verschiedenen Heiligen eigene mit Reliquien ausgestattete Altare zu errichten Um die dadurch gewachsene Bedeutung der Reliquien fur die Kirche in der sie sich befanden zu unterstreichen begann man mit der Anfertigung spezieller meist kunstlerisch und materiell sehr kostbar ausgefuhrter Behaltnisse zur Aufbewahrung der Reliquien Diese Behalter werden zusammenfassend als Reliquiare bezeichnet Meister des Reliquienkreuzes von Cosenza 002 jpg Meister des Reliquienkreuzes von Cosenza mit Darstellung des thronenden Christus und der vier Evangelisten aus dem 12 Jahrhundert Kathedrale von Cosenza Formen des ReliquiarsReliquienschrein Staurothek goldene Lade zur Unterbringung grosser Kreuzreliquien Reliquienkreuz Kreuzreliquiar Sprechendes Reliquiar Arm Hand Fussreliquiare Reliquiare in Form von Gegenstanden Ostensorium Osculatorium auch Paxtafel Kusstafel oder Pacificale genannt Bursa Stofftasche Reliquienhulle Reliquienpyramide Phylakterion kleine Kapsel mit Reliquien die um den Hals oder vor der Brust getragen wurden nbsp Vierpassformiges Kapselreliquiar Kusstafel Enkolpion Niedersachsen wohl Hildesheim 2 Halfte 12 Jahrhundert Domschatz Halberstadt nbsp Armreliquiar des hl Nikolaus um 1225 30 Domschatz Halberstadt nbsp Kopfreliquiar der hl Ludmilla von Bohmen im Prager Agneskloster nbsp Reliquiar als Ostensorium mit einem Stuck vom Tischtuch des letzten Abendmahls Hans Krug d J 1485 1528 Weltliche Schatzkammer Wien nbsp Reliquienbehalter aus aufgelassenen Altaren des Ostchores im Essener Munster datiert auf 1054Liturgie und Brauchtum Bearbeiten Am Gedenktag eines Heiligen oder zum Patrozinium einer Kirche wird in der Liturgie des Heiligen oder des Festgeheimnisses besonders gedacht Mancherorts werden dabei den Glaubigen Reliquiare mit Reliquien zur Verehrung zuganglich gemacht Der Priester kann dabei auch einen besonderen Segen mit dem Reliquiar erteilen Eine besonders herausragende Form der Reliquienverehrung in der katholischen Kirche ist die Reliquienprozession Hierbei werden die Reliquien von Heiligen uber einen meist traditionell festgelegten Prozessionsweg getragen Eine wichtige bis heute gepflegte Feier dieser Art ist die Reliquienprozession der heiligen Hildegard von Bingen die jahrlich am 17 September in Eibingen stattfindet Wallfahrten Bearbeiten Vielerorts finden traditionell Wallfahrten statt anlasslich derer sonst nicht sichtbare oder zugangliche Reliquien den Glaubigen gezeigt werden Reisen ins Heilige Land um dort Reliquien zu verehren gibt es seit dem Fruhmittelalter Oft wurden auch Reliquien von Jerusalem nach Europa gebracht Bekannte Beispiele sind etwa die alle sieben Jahre stattfindende Aachener Heiligtumsfahrt zu der die Aachener Heiligtumer aus dem Marienschrein des Aachener Dom geholt werden die in unregelmassigen Abstanden stattfindenden Wallfahrten zum Heiligen Rock der Tunika Christi nach Trier und die Wallfahrt zu den heiligen drei Hostien nach Andechs Reliquiensammlungen und Heiltumskammern Bearbeiten Hauptsachlich im Mittelalter war es verbreitet bedeutenden Personlichkeiten Reliquien zu schenken Schon Karl der Grosse in Aachen und spater Karl IV in Prag hauften Reliquiensammlungen an Am Vorabend der Reformation liess Kurfurst Friedrich der Weise von Sachsen in seiner Residenz Wittenberg einen der grossten Reliquienschatze seiner Zeit zeigen Der von der heiligen Hildegard von Bingen bereits im 12 Jahrhundert zusammengetragene Eibinger Reliquienschatz wird noch heute in der Pfarrkirche Eibingen aufbewahrt Kostbare Umhullungen oder Gefasse aus Gold und Silber gaben den unansehnlichen Uberbleibseln auratischen Glanz Die Dome von Aachen Bamberg Braunschweig Essen Freising Halberstadt Koln Minden Munster Osnabruck und Trier besassen und besitzen haufig heute noch ihre in Schatz oder Heiltumskammern gezeigten Bestande Bedeutende kirchliche Schatzkammern befinden sich auch in Augsburg Essen Werden Schwabisch Gmund Xanten Im Mittelalter in katholischen Zentren auch spater noch wurden den wallfahrenden Glaubigen bei Prozessionen und sogenannten Heiltumsweisungen die Reliquienschatze von einer Galerie einer Empore oder einem Heiltumstuhl Wien aus prasentiert oder wie in Trier der Heilige Rock anlasslich der Wallfahrten dorthin periodisch ausgestellt Reliquienhandel Bearbeiten Obwohl bereits eine vom 26 Februar 386 datierte Regelung im Codex Theodosianus den Verkauf von Martyrergebeinen untersagte wurden Reliquien in den folgenden Jahrhunderten gehandelt Auch ein im Jahr 1215 vom vierten Laterankonzil ins kanonische Recht eingebrachter Passus altehrwurdige Stucke weder aus ihren Behaltnissen zu nehmen noch sie zum Verkauf zu stellen konnte den Reliquienhandel nicht unterbinden 13 Das kanonische Recht verbietet Katholiken den Handel mit Reliquien Katholiken durfen solche Objekte zwar erwerben sie besitzen und verehren aber nicht weiterverkaufen 14 Zulassig sind lediglich das Verschenken von Reliquien an andere Glaubige und die Ubergabe an die Kirche Am 8 Dezember 2017 erliess die Kongregation fur die Selig und Heiligsprechungsprozesse eine detaillierte Instruktion Die Reliquien in der Kirche Echtheit und Aufbewahrung 15 Reliquien im Islam BearbeitenWenn auch die Reliquienverehrung im Islam nicht die Bedeutung erlangt hat die ihr in anderen Religionen zukommt sie kein Element im Systeme des doctrinaren Islam bildet wie es Ignaz Goldziher ausdruckt 16 so tritt sie dennoch im islamischen Volksglauben in verschiedenen Formen zur Erscheinung 17 Reliquien schiitischer und sufischer Heiliger Bearbeiten nbsp Der Schrein in dem sich al Husains Kopf befinden soll in der Imam Husain Moschee in KairoReliquienverehrung war vor allem im schiitischen Islam verbreitet und einige Formen des sunnitischen Reliquienkults sind auch von sunnitischer Seite ubernommen worden Ein Beispiel ist das angebliche Haupt von al Husain ibn ʿAli das die Fatimiden im Jahre 1153 anlasslich der Belagerung von Askalon durch die Kreuzfahrer aus dieser Stadt nach Kairo uberfuhrten und dort unter Verschluss hielten Heute wird es in der als besonders heilig angesehenen Imam Husain Moschee aufbewahrt und von Agyptern sowie Schiiten aus Indien Pakistan und Iran aufgesucht und verehrt 18 Auch in sufischen Kreisen spielte die Verehrung von Reliquien aṯar eine gewisse Rolle So heisst es zum Beispiel in einem Werk zu den Gelehrten der schafiitischen Rechtsschule uber den jemenitischen Sufi ʿAbdallah al Yafiʿi gest 1367 Die Menschen suchten bei seinen Uberbleibseln den Segen und kauften sie zu hohen Preisen tabarrak an nas bi aṯarihi wa sarauha bi aṯman ġaliya 19 Sufis bewahrten in ihren Ordenshausern pietatvoll die Chirqa den Gebetsteppich und andere Utensilien des Grunders als Document ihres legitimen Zusammenhanges mit ihm 17 Prophetische Reliquien Bearbeiten nbsp Reliquienbehalter mit einem Barthaar des Propheten an der Grossen Moschee von MardinDie grosste Bedeutung haben in der islamischen Religiositat die prophetischen Reliquien al aṯar an nabawiya erlangt So wurden sehr fruh Haare Mohammeds als Amulett verwendet 20 Chalid ibn al Walid soll sich wenn er in den Krieg zog etwas von den Haaren des Propheten in seine Kopfbedeckung gesteckt und sich dann fur unuberwindlich gehalten haben Vom Kalifen Muʿawiya I wird uberliefert dass er abgeschnittene Finger und Fussnagel in einer Flasche bewahrte und kurz vor seinem Tod verfugte dass man diese zermahlen und ihm beim Begrabnis in Augen und Mund streuen sollte damit Gott ihm durch ihre Baraka gnadig sein moge 21 Anas ibn Malik liess sich angeblich ein Buschel von den Haaren des Propheten mit ins Grab legen 22 Daneben wurden dem Propheten zugehorige Gebrauchsgegenstande und Kleidungsstucke als Reliquien verehrt So wurde das Schwert Dhu l faqar das Mohammed in der Schlacht von Badr von einem Unglaubigen erbeutet und anschliessend ʿAli ibn Abi Talib geschenkt haben soll lange Zeit in der Abbasiden Familie vererbt 23 Die Abbasiden verwendeten auch den Mantel burda den Stab qaḍib und den Siegelring ḫatim des Propheten in ihren Inthronisationszeremonien und stellten sie offentlich zur Schau um die Macht und Legitimitat der Abbasiden als einzige Erben des Propheten zu betonen 24 Der mamlukische Wesir Tadsch ad Din Ibn Hina gest 1307 08 kaufte einer Familie in Yanbuʿ fur 100 000 Dirham eine ganze Kollektion von prophetischen Reliquien ab und richtete fur sie sudlich von Kairo einen speziellen Ribat ein Im 14 Jahrhundert zeigte man dort verschiedene Gegenstande die der Prophet benutzt haben soll ein Stuck von einer Schussel die Pinzette die er beim Schminken der Wimpern verwendete die Ahle die er beim Anlegen seiner Sandalen gebraucht haben soll usw 25 Der mamlukische Sultan Qansauh al Ghuri gest 1516 verlegte diesen Reliquienschrein spater in die Qubba die er neben seiner Madrasa in Kairo errichtet hatte 26 Dort blieben die Reliquien bis 1858 59 als sie erneut verlegt wurden Nach verschiedenen Zwischenstationen gelangten sie schliesslich 1887 88 in die Imam Husain Moschee 27 Die Reliquiensammunlung im Topkapi Palast Bearbeiten Hauptartikel Emanat i mukaddese Eine der bedeutendsten islamischen Reliquiensammlungen sind die Emanat i mukaddese Heilige Deposita im Topkapi Palast in Istanbul Zu dieser Sammlung gehoren neben dem Mantel des Propheten auf Turkisch Hirka i Serif der edle Mantel genannt auch Barthaare des Propheten die Standarte des Propheten Sancak i Serif Schwerter und ein angeblicher Brief des Propheten eine Armreliquie Johannes des Taufers und noch verschiedene andere Reliquien nbsp Eingang zur Reliquienkammer nbsp Behalter mit Zahn Mohammeds links Fussreliquie Mitte Behalter mit Staub aus Mohammeds Grab rechts nbsp Schwerter und Pfeil und Bogen des Propheten nbsp Armreliquie Johannes des Taufers nbsp Verschiedene Bart und Fussreliquien nbsp Ein angeblicher Brief des ProphetenReliquien in anderen Religionen Bearbeiten nbsp Buddhistisches Sarira Reliquiar des Gameunsa Tempels Gyeongju KoreaIn diesem Artikel oder Abschnitt fehlen noch wichtige Informationen Hilf der Wikipedia indem du sie recherchierst und einfugst Reliquien finden sich in anderen Religionen zum Beispiel im Shintō vgl shintai und im Buddhismus vgl Sarira Als der erleuchtete Buddha hochbetagt starb wurden nach der buddhistischen Uberlieferung seine sterblichen Uberreste eingeaschert Seine Asche Knochen und Zahne teilten sich mehrere Kleinkonige Nordindiens Uber den Reliquien wurden Hugelgraber stupas errichtet die im Laufe der Zeit immer aufwendiger kultisch ausgestaltet wurden Siehe auch BearbeitenReliquiensammlung von VodnjanLiteratur BearbeitenChristliche Reliquienverehrung Arnold Angenendt Heilige und Reliquien Die Geschichte ihres Kultes vom fruhen Christentum bis zur Gegenwart C H Beck Munchen 1994 1997 ISBN 3 406 42867 3 Klaus Gereon Beuckers Dorothee Kemper Hg Typen mittelalterlicher Reliquiare zwischen Innovation und Tradition Objekte und Eliten in Hildesheim 1130 bis 1250 Bd 2 Regensburg 2017 Joseph Braun Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklung Herder Freiburg i Br 1940 Philippe Cordez Die Reliquien ein Forschungsfeld Traditionslinien und neue Erkundungen In Kunstchronik 2007 7 S 271 282 Jean Luc Deuffic Hrsg Reliques et saintete dans l espace medieval 1 Martina Hartl Leichen Asche und Gebeine Der fruhchristliche Umgang mit dem toten Korper und die Anfange des Reliquienkults Handbuch zur Geschichte des Todes im fruhen Christentum und seiner Umwelt Band 3 Schnell amp Steiner Regensburg 2018 ISBN 978 3 7954 3258 4 Horst Herrmann Lexikon der kuriosesten Reliquien Vom Atem Jesu bis zum Zahn Mohameds Rutten amp Loening Berlin 2003 ISBN 3 352 00644 X Michael Hesemann Die stummen Zeugen von Golgatha Die faszinierende Geschichte der Passionsreliquien Christi Hugendubel Munchen 2000 ISBN 3 7205 2139 7 Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Herder Freiburg i Br 1993 Karl Heinz Kohl Die Macht der Dinge Geschichte und Theorie sakraler Objekte C H Beck Munchen 2003 ISBN 3 406 50967 3 Anton Legner Hrsg Reliquien Verehrung und Verklarung Skizzen und Noten zur Thematik und Katalog zur Ausstellung der Kolner Sammlung Louis Peters im Schnutgen Museum Schnutgen Museum Stadt Koln Koln 1989 ohne ISBN Tino Licht Kirsten Wallenwein Hrsg Reliquienauthentiken Kulturdenkmaler des Fruhmittelalters Schnell amp Steiner Regensburg 2021 Markus Mayr Geld Macht und Reliquien Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Reliquienkultes im Mittelalter Studienverlag Innsbruck 2000 Ernst Alfred Stuckelberg Geschichte der Reliquien in der Schweiz 2 Bde Basel 1902 1908 Helmut Moll Art Reliquienverehrung Katholisch in Lexikon fur Kirchen und Religionsrecht Band 3 Paderborn 2020 915 Islamische Reliquienverehrung Ignaz Goldziher Muhammedanische Studien Band II Niemeyer Halle a S 1889 S 356 362 Digitalisat David Samuel Margoliouth The Relics of the Prophet Mohammed in The Muslim World 27 1937 20 27 Josef W Meri Relics of Piety and Power in Medieval Islam in Alexandra Walsham Hrsg Relics and Remains Oxford University Press Oxford 2010 S 97 120 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Reliquien Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Reliquie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen www stjosef at Lexikon der christlichen Moral www padre at PDF 177 kB Kurzgeschichte der Reliquienverehrung anhand konkreter Beispiele Herzschreinreliquien Buddhismus Memento vom 15 Januar 2012 im Internet Archive Digitalisierte Heiltumsbucher aus den Bestanden der Staatsbibliothek BambergEinzelnachweise Bearbeiten Glaubenssatz aus dem Nicano Konstantinopolitanum Dazu ausfuhrlich Martina Hartl Leichen Asche und Gebeine Der fruhchristliche Umgang mit dem toten Korper und die Anfange des Reliquienkults Handbuch zur Geschichte des Todes im fruhen Christentum und seiner Umwelt Band 3 Schnell amp Steiner Regensburg 2018 ISBN 978 3 7954 3258 4 Wolfgang Kinzig Christenverfolgung in der Antike C H Beck Munchen 2019 S 78 Johannes von Damaskus Genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens Von der Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien Johannes Gottfried Mayer Unversehrtheit des Leibes Zur Leib Seelevorstellung in Spatantike und Mittelalter In Wurzburger medizinhistorische Mitteilungen Band 18 1999 S 75 85 hier S 82 Nancy G Siraisi Medieval amp Early Renaissance Medicine An Introduction to Knowledge and Practice Chicago 1990 S 11 Dazu beispielsweise August Franzen Kleine Kirchengeschichte 9 Auflage Freiburg 1980 S 244 Dass diejenigen welche behaupten den Reliquien der Heiligen gebuhre keine Vererhrung und Ehre des Ganzlichen zu verdammen seien Zitiert nach Das heilige allgultige und allgemeine Concilium von Trient Beschlusse und heil Canones nebst den betreffenden Bullen treu ubersetzt von Jodoc Egli Verlag Xaver Meyer Luzern 1832 2 Auflage S 274 332 Betty Sonnberger Merkblatter des Bundesamtes fur Bevolkerungsschutz Kulturguterschutz Reliquiare S 2 Stand 2004 Charles Rohault de Fleury Memoire sur les instruments de la Passion de N S J C Paris 1870 S 79 89 Addition auf S 89 Desiderius Erasmus Enchiridion militis Christiani Funfte Regel Kap 13 in der englischen Ubersetzung The Manual of the Christian Knight erschienen im Verlag Methuen and Co London 1905 S 157 Verlautbarungen des Heiligen Stuhls Nr 160 Kongregation fur den Gottesdienst und die Sakramentenordnung Hrsg Direktorium uber die Volksfrommigkeit und die Liturgie 2001 Herbers Bauer Der Jakobuskult in Suddeutschland S 307 ISBN 3 8233 4007 7online abgefragt am 26 Februar 2009 Vgl Codex Iuris Canonici can 1190 Die Reliquien in der Kirche Echtheit und Aufbewahrung vatican va Goldziher Muhammedanische Studien 1889 Bd II S 357 a b Goldziher Muhammedanische Studien 1889 Bd II S 356 Meri Relics of Piety and Power in Medieval Islam 2010 S 101 Siraǧ ad Din Ibn al Mulaqqin al ʿIqd al muḏhab fi ṭabaqat ḥamalat al maḏhab Ed Aiman Naṣr al Azhari u Saiyid Muhanna Dar al kutub al ʿilmiya Beirut 1997 S 432 Digitalisat Goldziher Muhammedanische Studien 1889 Bd II S 357f Muḥammad ibn Ǧarir aṭ Ṭabari Taʾriḫ ar rusul wa l muluk Ed Michael De Goeje Brill Leiden 1881 1883 Bd II S 201 Digitalisat Siehe Margoliouth The Relics of the Prophet Mohammed 1937 S 20 Muhammad ibn Saʿd Kitab aṭ Ṭabaqat al kabir Ed E Sachau 9 Bde Leiden 1904 1940 Bd VII 1 S 16 Zeile 11 13 Digitalisat Goldziher Muhammedanische Studien 1889 Bd II S 359 Meri Relics of Piety and Power in Medieval Islam 2010 S 118 Goldziher Muhammedanische Studien 1889 Bd II S 362 Aḥmad Taimur Basa al Aṯar an nabawiya Dar al Kitab al ʿArabi Kairo 1951 S 40 Digitalisat Wikisource Aḥmad Taimur Basa al Aṯar an nabawiya Dar al Kitab al ʿArabi Kairo 1951 S 43 Normdaten Sachbegriff GND 4177751 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reliquie amp oldid 237804620