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Der Marienschrein im Aachener Dom ist ein um 1220 vom Kapitel des Aachener Marienstifts in Auftrag gegebener und 1239 vollendeter Reliquienschrein Das Kunstwerk das der Ubergangszeit von der Romanik zur Gotik zuzuordnen ist gehort neben dem Karlsschrein zu den bedeutendsten Goldschmiedearbeiten des 13 Jahrhunderts Vorder und Ruckansicht des Marienschreins Chorhalle Aachener Dom Inhaltsverzeichnis 1 Funktion und Tradition 2 Form und Gestaltung 3 Einordnung 4 Restaurierung 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseFunktion und Tradition Bearbeiten nbsp Der wahrend der Heiligtumsfahrt geoffnete MarienschreinDer Schrein dient der Aufbewahrung der vier grossen Beruhrungsreliquien und Heiligtumer des Aachener Doms Diese sind im Einzelnen die Windeln und das Lendentuch Jesu das Kleid Mariens und das Enthauptungstuch Johannes des Taufers die nachweislich seit dem Pestjahr 1349 alle sieben Jahre der Bevolkerung und den Pilgern im Rahmen der Aachener Heiligtumsfahrt gezeigt werden 1 Daruber hinaus war er bis zum 19 Jahrhundert der Aufbewahrungsort fur das Kastchen Noli me tangere Ruhr mich nicht an eine silbervergoldete Schatulle mit geheimnisvollem Inhalt Nach altem Brauch ist der Marienschrein mit einem kunstvoll bearbeiteten Schloss versiegelt welches zusatzlich noch mit Blei ausgegossen wird Der dazugehorige Schlussel wird von zwei Goldschmiedemeistern zersagt Den Kopf des Schlussels erhalt das Domkapitel der Bart wird den Stadtoberen ausgehandigt was sich aus dem sogenannten Kustodien bzw Konkustodienrecht also dem mit dem Domkapitel geteilten Mitaufbewahrungsrecht und Wachteramt an den Heiligtumern heraus erklart 2 Zu Beginn einer jeden Heiligtumsfahrt wird dann das Schloss zerschlagen um den Schrein erneut zu offnen Die nicht mehr verwendeten Schlosser werden in einer Dauerausstellung der Aachener Domschatzkammer prasentiert Diese Vorhangeschlosser waren bis einschliesslich 1881 noch ohne besondere Verzierung und erstmals ab 1888 kreierte der Aachener Stiftsgoldschmied Bernhard Witte Schlosser mit Schmuck oder Wappenbildern um ihnen dadurch eine besondere Bedeutung zu verleihen 3 Ihre kunstlerische Gestaltung die in der Regel vom Stifter des Schlosses zusammen mit dem von ihm beauftragten Goldschmied entwickelt wird ist entsprechend dem sich wandelnden Zeitgeschmack vielfaltig So greift z B das Schloss von 1986 das Logo des parallel zur Heiligtumsfahrt in Aachen stattfindenden Katholikentags auf Das seit dem Ende der Heiligtumsfahrt 2014 verwendete Schloss wurde von Michaela und Michael Wirtz gestiftet und ist nach der Himmelsscheibe von Nebra gestaltet Form und Gestaltung BearbeitenDer Schrein ist 95 cm hoch 54 cm breit und 184 cm lang und hat die Form einer einschiffigen Basilika mit einem kurzen Querhaus Im Kern ist er aus Eichenholz Daruber ist Silber getrieben und vergoldet gravierte Leisten opake Silberemails Filigrane mit Steinbesatz sowie antike und mittelalterliche Steinschnitte Mehr als 1000 Edelsteine wurden bei der Erstellung des Kunstwerkes verarbeitet Auf den beiden Langsseiten sind die feuervergoldeten Figuren der zwolf Apostel dargestellt Die vier Kopfseiten zieren Darstellungen von Christus Mutter Maria mit dem Gotteskind Papst Leo III und Karl dem Grossen Die Dachflachen zeigen in Goldreliefs Szenen aus dem Leben Jesu 4 nbsp Christus nbsp Die Apostel Paulus Andreas und Philippus nbsp Leo III nbsp Karl der Grosse nbsp Schloss samt zersagtem SchlusselEinordnung BearbeitenStilistisch steht der Marienschrein in der Tradition der rheinisch maaslandischen Schreine der Spatromanik weist jedoch bereits eine Auseinandersetzung mit der beginnenden Gotik auf Vermutlich haben zumindest zwei Goldschmiede an dem Werk gearbeitet Wahrend der altere noch im Stil des Karlsschreins arbeitete schuf der jungere im gotischen Stile plastischere und individuellere Figuren Es lassen sich zudem durch die zahlreichen ornamentalen Details Einflusse auf die Werkstatt des Remaclusschreins um 1240 in Stavelot nachweisen Restaurierung BearbeitenDurch die jahrhundertelangen Belastungen wahrend der Heiligtumsfahrten sowie durch das Mitfuhren bei den dazugehorigen Prozessionen kam es zu deutlichen Schaden am Marienschrein Das vergoldete Silber war angelaufen einige Teile hatten sich gelost andere waren nur behelfsmassig repariert worden und wiesen Beulen Risse und Locher auf Deshalb wurde er von 1989 bis 2000 in der Goldschmiedewerkstatt des Aachener Doms gesichtet und konserviert Uber 3000 Einzelteile mussten abgelost gereinigt und restauriert werden Diese Restaurierungsarbeiten wurden in allen Phasen vom WDR dokumentiert Seit Marz 2000 steht der Marienschrein wieder an seinem Platz in einer Vitrine in der Chorhalle des Aachener Doms Jedes Jahr wird er inspiziert und nach Bedarf aus der Vitrine geholt und gereinigt Literatur BearbeitenStephan Beissel Der Marienschrein des Aachener Munsters In Aachener Geschichtsverein Hrsg Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 5 Band Benrath amp Vogelsang Aachen 1883 S 1 36 Online abgerufen am 1 Marz 2015 Ernst Gunther Grimme Der Aachener Domschatz Aachener Kunstblatter Bd 42 2 Auflage Schwann Dusseldorf 1973 S 71 73 Nr 48 Helga Giersiepen Die Inschriften des Aachener Doms Die Deutschen Inschriften Band 31 Reichert Wiesbaden 1992 ISBN 3 88226 511 6 S 37 39 Nr 35 Online Herta Lepie Georg Minkenberg Die Schatzkammer des Aachener Domes Brimberg Aachen 1995 ISBN 3 923773 16 1 S 90 91 Jurgen Fitschen Die Goldschmiedeplastik des Marienschreins im Aachener Dom Eine stilgeschichtliche Untersuchung Lang Frankfurt a M 1998 ISBN 3 631 32584 3 Dieter P J Wynands Hrsg Der Aachener Marienschrein Eine Festschrift Einhard Verlag Aachen 2000 ISBN 3 930701 68 5 Ernst Gunther Grimme Der Karlsschrein und der Marienschrein im Aachener Dom Einhard Verlag Aachen 2002 ISBN 3 936342 01 6 Hans Jurgen Roth Ein Abbild des Himmels Der Aachener Dom Liturgie Bibel Kunst Thouet Aachen 2011 S 91 98 mit theologischem Schwerpunkt Walter Maas Pit Siebigs Der Aachener Dom Schnell amp Steiner Regensburg 2013 ISBN 978 3 7954 2445 9 S 94 96 Herta Lepie Der Domschatz zu Aachen In Clemens M M Bayer Dominik M Meiering Martin Seidler Martin Struck Hrsg Schatzkunst in Rheinischen Kirchen und Museen Schnell amp Steiner Regensburg 2013 ISBN 978 3 7954 2827 3 S 121 137 hier S 134 135 Christoph Stender Michael Lejeune Verschlossen und aufgeschlagen Die Schlosser des Marienschreins und die Heiligtumsfahrt zu Aachen Schnell amp Steiner Regensburg 2014 ISBN 978 3 7954 2835 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Marienschrein Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Marienschrein im Aachener Dom Reliquien auf Heiligtumsfahrt Nicht mehr online verfugbar In Nordrhein Westfalen Stiftung Naturschutz Heimat und Kulturpflege Marz 2013 archiviert vom Original am 9 November 2013 abgerufen am 24 Juli 2014 Der Marienschrein wird wieder auf Hochglanz poliert Silberschmied Lothar Schmitt befreit das Kunstwerk vom Staub der Zeit Nicht mehr online verfugbar In Heiligtumsfahrt 2014 Bistum Aachen 13 Dezember 2013 archiviert vom Original am 9 November 2013 abgerufen am 24 Juli 2014 Einzelnachweise Bearbeiten Bruno Reudenbach Der Marienschrein und seine Reliquien eine problematische Beziehung In Andreas Gormans Alexander Markschies Hrsg Venite et videte Kunstgeschichtliche Dimensionen der Aachener Heiligtumsfahrt Aachener Beitrage zu Pastoral und Bildungsfragen Bd 27 Beitrage einer wissenschaftlichen Tagung des Instituts fur Kunstgeschichte der RWTH Aachen in Zusammenarbeit mit der Bischoflichen Akademie des Bistums Aachen Aachen 2012 S 94 121 Hans Siemons Das Kustodienrecht der Stadt Aachen an den vier Grossen Heiligtumern und an drei Konigsinsignien In Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins Bd 102 1999 2000 S 137 163 Eckhard Hoog Spannendes Buch um das Ratsel des Marienschreins In Aachener Zeitung vom 11 Juni 2014 Herta Lepie Georg Minkenberg Die Schatzkammer des Aachener Domes Aachen 1995 S 90 91 50 774727777778 6 0842305555556 Koordinaten 50 46 29 N 6 5 3 2 O Normdaten Werk GND 4503800 4 lobid OGND AKS VIAF 207943719 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marienschrein amp oldid 231580532