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Der Karlsschrein in der gotischen Chorhalle des Aachener Domes entstand nach 1182 in einer Aachener Goldschmiedewerkstatt und war zur Kronung Friedrichs II im Jahre 1215 fertiggestellt nachdem Kaiser Friedrich I Barbarossa der Grossvater Friedrichs II im Jahre 1165 die Gebeine Karls des Grossen aus dessen Grab in der Aachener Pfalzkapelle erhoben hatte Der Karlsschrein in der Chorhalle des Aachener DomsFriedrich II vollzog personlich die Uberfuhrung der Gebeine und das Schliessen des Schreins am 27 Juli 1215 dem ersten Jahrestag der Schlacht von Bouvines die die Entscheidung im deutschen Thronstreit brachte Zwei Tage zuvor war er erneut und endgultig in Aachen zum romisch deutschen Konig gekront worden Neben den Gebeinen befinden sich im Schrein der sogenannte Elefantenstoff ein doppelpurpurgefarbtes Samitgewebe mit Lebensbaum und Elefantenmotiven sowie der sogenannte Hasenstoff ebenfalls aus Seidensamit mit Lebensbaum Hasen und Vogelmotiven Ersterer diente ursprunglich als Grabtuch Karls des Grossen letzterer wurde von Friedrich II bei der Verschliessung des Schreins hineingelegt Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau 2 Ikonographisches Konzept 3 Einordnung 4 Anthropologische Untersuchung 5 Bestand und Sicherung 1983 88 6 Literatur 7 Anmerkungen 8 WeblinksAufbau Bearbeiten nbsp Vordere GiebelseiteDer 2 04 Meter lange 0 57 Meter breite und 0 94 Meter hohe 1 Schrein steht in der Schreintradition des ausgehenden 12 Jahrhunderts Er hat die Form einer einschiffigen Kirche ohne Querschiff Der mehr als zwei Meter lange Eichenholzkasten ist mit vergoldetem Silber vergoldetem Kupfer Filigran Edelsteinen Emaillen und Braunfirnisplatten bedeckt Das Doppelprofil des Sockels schmucken Emailplatten Gravierungen Filigrane und Silberstanzen mit floralem Dekor Die beiden Langsseiten zeigen acht auf emaillierten Doppelsaulen ruhende Arkaden unter denen Kaiser und Konige des Reiches thronen Die vordere Giebelseite zeigt thronend Karl den Grossen zu seiner Rechten stehend Papst Leo III zur Linken Erzbischof Turpin von Reims Uber Karl befindet sich in einem Medaillon die Halbfigur Christi Auf der ruckwartigen Giebelseite thront die Madonna mit Christus zwischen den Erzengeln Michael und Gabriel Daruber stellen drei Halbfiguren die Personifikationen von Glaube Hoffnung und Liebe dar Die beiden Dachflachen zeigen je vier Reliefs mit Szenen aus der Karlslegende der legendaren Geschichte des Kaisers der durch gottliche Berufung auf seinen Lebensweg gefuhrt wird Die literarische Quelle zu diesen Reliefs bildet der sog Pseudo Turpin eine Handschrift des 12 Jahrhunderts Eine zeitgenossische Kopie derselben findet sich im Archiv des Aachener Domes das Original hingegen als drittes Buch im Codex Calixtinus in Santiago de Compostela 2 Getriebene Kamme aus vergoldetem Kupfer und funf Nodi zieren den Dachfirst und die Giebel nbsp Karl thronend zwischen Papst Leo III und Erzbischof TurpinAuf den beiden Seitenflachen thronen jeweils acht Kaiser Auf der von der Karlsseite gesehen rechten Langsseite thronen von links nach rechts Heinrich II Otto III Otto I Otto II Karl der Dicke ein namenloser Herrscher Heinrich VI und Friedrich II Auf der anderen Langsseite finden wir Heinrich III Zwentibold Heinrich V Heinrich IV Otto IV Heinrich I Lothar I und Ludwig den Frommen Ikonographisches Konzept BearbeitenDas Bildprogramm ist von staufischen imperialen Gedanken gepragt Karl der Grosse thront auf der Stirnseite zwischen den Vertretern der Kirche an einer Stelle die bei allen anderen Schreinen allein Christus vorbehalten ist Er selbst Kaiser Karl der Grosse ist der Stellvertreter Christi der thronend Papst und Erzbischof uberragt Auf den beiden Langsseiten des Schreins sonst den Propheten und Aposteln vorbehalten thronen sechzehn deutsche Kaiser und Konige die Dachreliefs fuhren den imperialen Charakter des Bildprogramms weiter Sie zeigen das legendare Leben Karls basierend auf der Historia Karoli Magni et Rothalandi die angeblich von Erzbischof Turpin von Reims etwa 748 749 verfasst wurde Neuere Forschungen haben allerdings ergeben dass die Historia Karoli erst um 1130 1140 wahrscheinlich in Frankreich entstand nbsp Heinrich I nbsp Heinrich IV nbsp Ludwig der Fromme nbsp Papst Leo III Karl der Grosse Erzbischof Turpin nbsp Otto III nbsp Heinrich VI Einordnung BearbeitenDer Schrein steht in der Tradition der maaslandischen Schreine und ist mit Ausnahme des Widmungsreliefs auf dem Dach stilistisch einheitlich Sein Meister stammt vermutlich aus der Werkstatt des Maastrichter Servatiusschreins wahrend ein zweiter Meister der besagtes Widmungsrelief schuf um 1220 die Arbeit am Marienschrein begann 2 Der Karlsschrein stellt neben dem ebenfalls in der gotischen Chorhalle befindlichen Marienschrein eine der bedeutendsten und auch bekanntesten mittelalterlichen Goldschmiedearbeiten uberhaupt dar Anthropologische Untersuchung Bearbeiten1874 liess das Aachener Stiftskapitel eine wissenschaftliche Untersuchung der Gebeine Karls des Grossen durch den Bonner Anthropologen Hermann Schaaffhausen 1816 1893 durchfuhren Schaaffhausen ermittelte bei den Gebeinen eine Korpergrosse von 2 04 Metern Neuere Untersuchungen aus dem Jahr 2010 relativieren diese Angabe und kommen auf eine Grosse von 184 Zentimetern die fur Karls Zeitalter auch noch als uberdurchschnittlich gelten kann 3 Bereits Einhard hatte uber Karls Statur bemerkt denn seine Lange betrug wie man weiss sieben seiner Fusse nam septem suorum pedum proceritatem ejus constat habuisse mensuram Nach den Untersuchungen des Jahres 1874 war das rechte Schlusselbein gebrochen und wieder geheilt Von dieser Verletzung berichtet kein Geschichtsschreiber Der Schadel zeige eine dolichocephale Form Langschadel die Nahte waren spurlos geschlossen wie es dem Greisenalter zukommt Der Befund gilt als Echtheitsbeweis der Karlsreliquie Bestand und Sicherung 1983 88 BearbeitenAm 30 Januar 1983 wurden wahrend eines Vespergottesdienstes die versiegelte Zinklade mit den Gebeinen Karls dem Schrein entnommen und geoffnet Am Abend des gleichen Tages versiegelte man die Lade wieder und brachte sie in einem provisorischen Holzschrein unter Der Karlsschrein selbst wurde in derselben Nacht in eine Goldschmiedewerkstatt im Dombereich gebracht In dieser arbeiteten die Goldschmiede Gerhard Thewis und Peter Bolg unter der wissenschaftlichen Leitung von Herta Lepie funf Jahre an der Konservierung des Kunstwerks Hierbei achtete man darauf dass nicht wie in der Vergangenheit vielfach bei der Instandsetzung von Kunstwerken geschehen eine Restaurierung oder gar Renovierung vorgenommen wurde damit der Schrein nicht irreversibel verandert und in seiner Originalitat beschadigt wurde Die mittelalterliche Vergoldung konnte wieder freigelegt werden Die Altersbestimmung der fur den Eichenholzkasten verwendeten Eiche ergab dass diese um 1182 gefallt worden war 4 Literatur BearbeitenErnst Gunther Grimme Text Ann Bredol Lepper Aufnahmen Aachener Goldschmiedekunst im Mittelalter Seemann Koln 1957 S 38 48 Ernst Gunther Grimme Text Ann Bredol Lepper Aufnahmen Die grossen Jahrhunderte der Aachener Goldschmiedekunst Aachener Kunstblatter Bd 26 Verlag des Aachener Museumsvereins Aachen 1962 S 44 49 Ernst Gunther Grimme Der Aachener Domschatz Aachener Kunstblatter Bd 42 2 Auflage Schwann Dusseldorf 1973 Nr 44 S 66 69 Helga Giersiepen Die Inschriften des Aachener Doms Die Deutschen Inschriften Band 31 Reichert Wiesbaden 1992 ISBN 3 88226 511 6 S 29 36 Nr 34 Online Ernst Gunther Grimme Text Ann Munchow Aufnahmen Der Dom zu Aachen Architektur und Ausstattung Einhard Aachen 1994 ISBN 978 3 920284 87 3 S 152 163 167 175 Herta Lepie Georg Minkenberg Die Schatzkammer des Aachener Domes Brimberg Aachen 1995 ISBN 3 923773 16 1 S 12 13 Florentine Mutherich Dietrich Kotzsche Hrsg Der Schrein Karls des Grossen Bestand und Sicherung 1982 1988 Einhard Verlag Aachen 1998 ISBN 3 930701 45 6 Ernst Gunther Grimme Der Dom zu Aachen Einhard Aachen 2000 ISBN 978 3 930701 75 9 S 70 75 Ernst Gunther Grimme Der Karlsschrein und der Marienschrein im Aachener Dom Einhard Verlag Aachen 2002 ISBN 3 936342 01 6 Hans Jurgen Roth Ein Abbild des Himmels Der Aachener Dom Liturgie Bibel Kunst Thouet Aachen 2011 S 99 106 mit theologischem Schwerpunkt Herta Lepie Der Domschatz zu Aachen In Clemens M M Bayer Dominik M Meiering Martin Seidler Martin Struck Hrsg Schatzkunst in Rheinischen Kirchen und Museen Schnell amp Steiner Regensburg 2013 ISBN 978 3 7954 2827 3 S 121 137 hier S 126 Walter Maas Pit Siebigs Der Aachener Dom Schnell amp Steiner Regensburg 2013 ISBN 978 3 7954 2445 9 S 103 106 Ute Fessmann Das Programm des Karlsschreins im Kontext seiner Zeit Dissertation Christian Albrechts Universitat zu Kiel Kiel 2018 Anmerkungen Bearbeiten Walter Maas Pit Siebigs Der Aachener Dom Regensburg 2013 S 103 a b Herta Lepie Georg Minkenberg Die Schatzkammer des Aachener Domes Aachen 1995 S 12 Frank J Ruhli Bernhard Blumich Maciej Henneberg Charlemagne was very tall but not robust In Economics amp Human Biology Bd 8 2010 S 289 290 Herta Lepie Georg Minkenberg Die Schatzkammer des Aachener Domes Aachen 1995 S 13 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Karlsschrein Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien 800 Jahre Karlsschrein Aachener Domkapitel abgerufen am 6 Marz 2016 800 Jahre Karlsschrein Karl so nah wie nie Interview mit Herta Lepie In Youtube Kanal Heiligtumsfahrt Aachener Domkapitel 17 Juni 2015 abgerufen am 6 Marz 2016 50 774805555556 6 0844333333333 Koordinaten 50 46 29 3 N 6 5 4 O Normdaten Werk GND 4204512 5 lobid OGND AKS VIAF 193946898 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Karlsschrein amp oldid 236748415