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Das Aachener Marienstift von 1000 an auch Kronungsstift St Marien genannt war ein Kollegiatstift in der Reichsstadt Aachen das vom Ende des 8 Jahrhunderts bis zur Sakularisation 1802 bestand Die von dem Stiftskapitel betreute Kirche war die im Auftrag Karls des Grossen errichtete Kapelle seiner Pfalz in Aachen deren Oktogon den Kernbau des heutigen Aachener Doms bildet Die Marienkirche war die mittelalterliche Kronungskirche der deutschen Konige eine bedeutende Wallfahrtskirche und spatere Grablege Karls des Grossen Das Stift gehorte von 1789 an zum Bistum Luttich und ging 1802 teilweise in ein Domstift fur die Bischofskirche des neugegrundeten ersten Bistums Aachen uber Wappen des Marienstifts Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Stiftskapitel 1 2 Stiftsbezirk Immunitat und Gerichtsbarkeit 1 3 Stiftseigentum 1 4 Auflosung 1802 2 Wappen 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp 1147 Urkunde Konig Konrad III Die im Auftrag Karls des Grossen errichtete Kapelle seiner Konigspfalz entstand zum Ende des 8 Jahrhunderts und wurde der heiligen Maria geweiht Konpatrone waren Corona und Leopardus Nach der 1165 durch Friedrich I betriebenen Heiligsprechung wurde auch Karl selbst Patron der Marienkirche Karl schenkte dem Stift umfangreichen Grundbesitz und zahlreiche Reliquien die die Marienkirche im Laufe der Zeit zu einer viel besuchten Wallfahrtskirche werden liessen Ein Verzeichnis aus dem 12 Jahrhundert fuhrt unter Auslassung der in den Altaren befindlichen einen Bestand von allein 87 Reliquien auf spatere Verzeichnisse nennen noch hohere Zahlen Ludwig von Ungarn schenkte dem Stift im Jahr 1367 Reliquien der heiligen Konige von Ungarn Das Stift war zunachst fur die Durchfuhrung der Gottesdienste fur Karl und die damit verbundene Darstellung der Herrschaft in seinem Reich und daruber hinaus zustandig 1 In der Stiftskirche befand sich Karls Thron den im Laufe des Mittelalters bis 1531 auch dreissig seiner Nachfolger anlasslich ihrer Kronung als Zeichen ihrer Legitimation hier bestiegen wie es in der Goldenen Bulle spater niedergelegt wurde Karl selbst und sein spaterer Nachfolger Otto III der hier im Jahre 1000 das Aachener Kronungsstift St Marien grundete wurden in der Kirche beigesetzt Im Jahre 1172 wurde das Stift von Friedrich I als sedes et caput regni Sitz und Haupt des Reiches bezeichnet Im Stift wurden bis 1794 die ab etwa dem 13 Jahrhundert anlasslich der jeweiligen Konigskronung gezeigten Aachener Reichskleinodien verwahrt die Stephansbursa das Reichsevangeliar und der Sabel Karls des Grossen Mit Beginn des 14 Jahrhunderts wurde die Marienkirche auch wegen ihrer zahlreichen Reliquien zur europaweit bekannten und zunehmend Bedeutung erlangenden Wallfahrtskirche Seit Mitte des 14 Jahrhunderts brechen anlasslich der Prasentation der vier wichtigsten Reliquien Pilger aus ganz Europa im Rahmen der Heiligtumsfahrten nach Aachen auf Auch aus diesem Grund wurde die Stiftskirche zwischen 1355 und 1414 nach franzosischem Vorbild um eine gotische Chorhalle erweitert Bereits vor 1200 bestand am Marienstift ein Spital Zu Beginn des 15 Jahrhunderts weisen Unterlagen des Stifts aus dass Kantor und Scholaster des Stifts jeweils einen Lehrer fur zehn seit 1577 fur acht Jungkanoniker fur Kirche und Schule stellen mussten Im 16 Jahrhundert ist eine Lateinschule nachgewiesen an der neben den Chorschulern auch stadtische Schuler unterrichtet wurden Ab 1694 bestand eine nach Madchen und Jungen getrennte Sonntagsschule 1707 wurde ein Unterrichts und Erziehungshaus fur die Chorschuler sowie das 1802 aufgegebene Choralenhaus errichtet Auf Grund seiner Bedeutung wurde am Marienstift sowohl Instrumental als auch Chormusik aufgefuhrt Der Chor der Chorschule wurde durch Berufssanger Musikpriester und Berufsmusiker erganzt fur das Jahr 1629 wurden zwolf Musikpriester 1689 38 Musiker genannt Nach einer Stiftung des Kanonikers Peter von Beeck latinisiert Petrus a Beeck der 1624 auch eine erste Geschichte der Stadt Aachen verfasste wurden im 17 Jahrhundert Brotchen an Bedurftige verteilt Neben ihrer Funktion als Kronungskirche war die Stiftskirche auch Pfarrkirche fur villa und fiscus der Reichsstadt Aachen Im 9 bzw im 11 Jahrhundert wurde der Pfarrbezirk um Laurensberg Wurselen und Burtscheid verkleinert Im 13 Jahrhundert dann wurden bestimmte Pfarrrechte an die Gemeinden St Peter St Jakob und St Adalbert abgegeben das Taufmonopol blieb jedoch bis 1802 beim Marienstift Stiftskapitel Bearbeiten nbsp Siegel und Siegelstempel des Stiftkapitels Hans von Reutlingen 1528Das Stiftskapitel bestand anfangs aus zwolf Kanonikern an deren Spitze zunachst ein Abt stand der erst ab 972 als Propst bezeichnet wurde Damit einhergehend wird das Stift im Jahre 855 noch als monasterium lateinisch fur Kloster bezeichnet im Jahr 1166 findet sich dann der Begriff Ecclesia collegiata Kollegiatkirche 1207 Imperialis capella lateinisch fur kaiserliche Kapelle Die Zahl der Kanoniker nahm im Laufe der Zeit zu zum Ende des 14 Jahrhunderts werden 39 Kanoniker und zwei kaiserliche Vikare genannt denen im Gegensatz zu den Kanonikern nur die halben Einkunfte aus den Pfrunden eines Kanonikats zustanden Ab 1577 wurden bis zur Auflosung des Stifts aus Kostengrunden acht Kanoniker weniger ernannt Dem Herrscher selbst standen mit seiner Kronung auch Rechte aus einem Kanonikat des Stiftes zu Der Propst war stets ein Adeliger der durch den Kaiser ernannt wurde Otto I hatte 972 verfugt dass der Propst aus den Angehorigen der koniglichen Hofkapelle auszuwahlen sei mithin also dem Reichsadel angehoren musse Dieser Regelung folgte man bis in das 14 Jahrhundert 1348 wurde das Besetzungsrecht fur das Amt des Propstes an das Herzogtum Julich verpfandet dessen Herrscher das Amt des Propstes in Folge an Angehorige des rheinischen Adels verliehen Dem Hochadel gehorten nur wenige Mitglieder des Kapitels an die meisten entstammten dem Dienstadel sowie dem niederen Adel und angesehenen burgerlichen Familien der naheren und weiteren Umgebung zwischen Dusseldorf Bonn Roermond und Huy Zusammen mit dem Papst setzte die Stadt durch dass ab 1418 der Nachweis der legitimen Geburt und ein akademischer Grad zu den alleinigen Kriterien fur den Bezug der vollen Einkunfte aus einem Kanonikat wurden Falls der Kandidat noch kein Studium abgeschlossen hatte war er verpflichtet ein solches mit seinem Eintritt in das Kapitel aufzunehmen Die meisten Kandidaten studierten in Koln oder in Lowen bevorzugte Studienrichtung war die Jurisprudenz Siehe auch Liste der Propste des Aachener Marienstifts und Liste der Dekane des Aachener Marienstifts Stiftsbezirk Immunitat und Gerichtsbarkeit Bearbeiten Zum Ende des 12 Jahrhunderts liess Propst Philipp von Schwaben der spatere deutsche Konig vermutlich im Nordwesten des Kirchengebaudes Kreuzgang und Dormitorium fur die Kanoniker errichten Ebenfalls im 12 Jahrhundert entstand auf dem Stiftsgelande eine mit einem Backhaus verbundene sogenannte Brudermuhle aus dieser Zeit sind auch Getreidespeicher und Weinkeller nachweisbar Seit dem 13 Jahrhundert gehorte auch das Brauhaus Rommel auf dem Katschhof zum Stiftsbezirk Muhle und Brauhaus sowie ein Fischteich dienten der Eigenversorgung und wurden zunachst vom Personal des Stiftes betrieben zum Ende des Mittelalters aber verpachtet Die Produktion von Malz und Bier war dort im Gegensatz zur Stadt steuerfrei was zu Auseinandersetzungen mit der Stadt fuhrte Im 18 Jahrhundert erstreckte sich der Stiftsbezirk auf den sudlichen Teil des Katschhofes den Klosterplatz und die Klostergasse seine Aussengrenzen bildeten die Jakobstrasse die Klappergasse das Spitzgasschen und die Rennbahn Das Stift besass allein wegen seiner Grundung durch Karl gewisse Vorrechte Durch Otto I wurde ihm 966 ausdrucklich koniglicher Schutz und Immunitat zugesichert womit es nicht mehr der normalen Rechtsprechung unterlag Ein ummauerter Immunitatsbezirk im Eigentum der Reichskirche umfasste neben der Marienkirche selbst weitere Sakral Wohn und Wirtschaftsgebaude Dort stand die Rechtsprechung in Zivilangelegenheiten und bei kleineren Vergehen dem Dekan und dem Kapitel zu die Zivil und die Kriminalgerichtsbarkeit gegenuber stadtischen Burgern und Fremden oblag dem Propst 2 In seinen ausserhalb des Stiftsbezirkes gelegenen Besitzungen waren jeweils Vogte fur die Rechtspflege eingesetzt die bis zu der Umwandlung der Amter in Erbamter durch den Herrscher selbst ernannt wurden Auf dem Stiftsbezirk selbst stand dem Propst auch die Hochgerichtsbarkeit zu Stiftseigentum Bearbeiten Das hohe Ansehen des Stiftes fuhrte auch dazu dass es auch nach Karl von weiteren frankischen und deutschen Herrschern bis in das 11 Jahrhundert hinein umfangreiche Schenkungen von Grundbesitz Zehnt und Nonenrechte erhielt Die meisten Nonenrechte wurden dem Stift von Lothar II Heinrich I und Otto I ubereignet Der Grundbesitz umfasste etwa zwanzig Ortschaften mit Kirchen und den daraus resultierenden Zehntrechten sowie weitere zehn Kirchen mit den entsprechenden Zehntrechten und den Besetzungsrechten fur die Pfarrstellen dazu Weinberge an Rhein Ahr und Mosel Aus dem Landbesitz und den Zehntrechten inkorporierter Kirchen darunter seit 1059 die Kirche St Salvator auf dem Salvatorberg und die St Paulus Kerk in Vaals die im Wesentlichen bis 1802 erhalten blieben ergaben sich etwa 60 der Getreideeinnahmen des Stifts Dazu kamen im Laufe der Zeit weitere Vermachtnisse und Stiftungen teilweise von Privatpersonen fur jahrliche Messen Das Stift erwarb auch Grundrechte Renten und Schuldverschreibungen teilweise zum Ausgleich von im Laufe des Achtzigjahrigen Krieges verloren gegangenem Grundbesitz um Luttich Auflosung 1802 Bearbeiten Mit der Grundung des ersten Bistums Aachen im Jahre 1802 wurde das Marienstift aufgelost und sein Eigentum zu grossen Teilen verkauft Teile des Kirchenschatzes wie die Reichskleinodien gelangten bereits 1794 nach Paderborn und spater nach Wien andere wie den Proserpina Sarkophag transportierten die franzosischen Truppen nach Paris Die Marienkirche wurde 1802 zur Bischofskirche des neuen Bistums der Kirche ein Domkapitel aus acht Kanonikern zugeordnet von denen bereits drei dem Marienstift angehort hatten Mit Auflosung des ersten Bistums Aachen wurde aus dem Domstift erneut ein Kollegiatstift mit einem Propst an seiner Spitze Mit der erneuten Errichtung des Bistums Aachen im Jahr 1930 wurde aus dem Kollegiatstift erneut ein Domstift mit einem Dompropst Wappen Bearbeiten Hauptartikel Aachener Stiftswappen Es wird angenommen dass das Stift in der zweiten Halfte des 14 Jahrhunderts unter dem Kaisertum von Karl IV neben dem 1347 gefertigten erst 1528 ersetzten Siegel als Hoheitszeichen ein Stiftswappen als angebliches Wappen Karls des Grossen einfuhrte Auf dessen gespaltenem Schild stellte es auf der rechten vornehmeren Seite einen halbierten Reichsadler und auf dessen linker nachrangiger Seite ein Feld franzosischer Lilien dar 3 Im 18 Jahrhundert wurde im Wappen das Lilienfeld zusatzlich mit einer Madonna sowie einem Bild Karls des Grossen dargestellt der in seiner Rechten ein Modell der Kirche halt Literatur BearbeitenLudwig Falkenstein Karl der Grosse und die Entstehung des Aachener Marienstiftes Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte N F 3 Schoningh Paderborn 1981 ISBN 3 506 73253 6 Digitalisat Peter Offergeld Marienstift In Manfred Groten Georg Molich Gisela Muschiol Joachim Oepen Hrsg Wolfgang Rosen Red Nordrheinisches Klosterbuch Lexikon der Stifte und Kloster bis 1815 Teil 1 Aachen bis Duren Studien zur Kolner Kirchengeschichte Bd 37 Schmitt Siegburg 2009 ISBN 978 3 87710 453 8 S 121 139 Textbeispiele Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Marienstift Aachen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kollegiatstift St Maria Aachen In Germania Sacra GSN 2077 Einzelnachweise Bearbeiten Emil Pauls Einigung zwischen dem Propst und den Kanonikern fratres des Marienstifts zu Aachen uber eine Wachslieferung zu Kerzen 1213 In Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 25 Band Aachen 1903 S 362 364 Textarchiv Internet Archive abgerufen am 11 Mai 2015 Emil Pauls Entscheidung des geistlichen Gerichts Kapitels des Aachener Marienstifts in Sachen einer Schuldforderung gegen einen Geistlichen des Stifts 1543 Oktober 19 In Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 28 Band Aachen 1906 S 458 464 Textarchiv Internet Archive abgerufen am 11 Mai 2015 Aachen In Gustav Adelbert Seyler Johann Siebmacher s grosses und allgemeines Wappenbuch Band 1 Abt 5 Reihe 2 Kloster Verlag von Bauer und Raspe Emil Kuster Nurnberg 1882 S 1 Google Books Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marienstift Aachen amp oldid 234544795