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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Zur Fortbewegungsart von Tieren siehe Kreuzgang Biologie Siehe auch Klostergang Der Kreuzgang lateinisch ambitus claustrum franzosisch cloitre ist ein uberdachter gewolbter Bogengang um einen in der Regel quadratischen oder auch rechteckigen offenen nichtuberdachten Innenhof in z B christlichen Klostern oder Stiftsanlagen Er grenzt meist an die sudliche Flanke der Kirche und dient dem Zugang der umgebenden Kloster oder Konventsgebaude An den Kreuzgang angelagert und von ihm aus zu erreichen sind verschiedene Gemeinschafts und Aufenthaltsraume des Klosters und die Kirche Die offene Hofflache ein der Kontemplation dienender Kreuzganggarten 1 konnte auch als Klostergarten genutzt werden in Kreuzgang und Innenhof konnten Grablegen angeordnet sein Die Bauform des claustrum unterstreicht die weltabgeschlossene monastische Lebensform in der Klausur 2 Grundrissbeispiel Kreuzgang im Prieure de Ganagobie HandskizzeBrou Grundriss ErdgeschossReste des Kreuzgangs der Cordeliers in Saint Emilion Frankreich In der Umgebung von katholischen Bischofskirchen Kathedrale oder Dom dient der Kreuzgang haufig als Grablege der Domkapitulare und zur Erschliessung von Bischofshaus Kapitelsaal und anderen Verwaltungsgebauden der Diozese Ein Beispiel ist der Kreuzgang am Trierer Dom der auch als Verbindung zur Liebfrauenkirche und als Zugang zur Sakristei genutzt wird Inhaltsverzeichnis 1 Bezeichnung 2 Geschichte 3 Lage zum Kirchengebaude 4 Architektur 4 1 Grundriss 4 2 Abmessung 4 3 Bedachung 4 4 Geschosse 5 Symbolik 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseBezeichnung BearbeitenDie bereits im Mittelhochdeutschen als kriuz e ganc nachweisbare deutsche Bezeichnung wird von einer Prozession hergeleitet bei der ein Kreuz vorangetragen wird und wurde dann auf das claustrum als den Ort wo solche Prozessionen stattfanden ubertragen 3 Einer der altesten Belege fur das Wort kriuzganc findet sich im 13 Jahrhundert im Jungeren Titurel 4 das neuhochdeutsche Kreuzgang findet sich beispielsweise 1536 in der Augsburger Chronik des Clemens Sender in welcher er die Verwustungen auff dem kirchoff und creutzgang zuo unser libe Frauen im Jahre 1524 beschreibt 5 Geschichte BearbeitenDer Ursprung des Bautypus ist nicht eindeutig geklart Die Vertreter der Atriumstheorie behaupten der Kreuzgang sei eine Abwandlung des fruhchristlichen Peristyl manchmal in Einheit mit einem schmalen Narthex Die Anhanger der Villentheorie vertreten die Ansicht durch die Umnutzung antiker Villen zu Klostern sei das romische Atrium in Spanien Patio in die monchische Architektur eingedrungen Die Vertreter der Orienttheorie nehmen an dass ein in syrischen Klostern der Spatantike entwickelter Hoftyp als Vorbild fur den Kreuzgang diente Jungere Forschungen z B Rolf Legler weisen auf die Unstimmigkeiten in der Datierung von fruhchristlichen Klostern hin und nehmen daher an dass der Kreuzgang eine eigenstandige Neuschopfung im Zuge der anianischen Reform 820 n Chr ist nbsp Rekonstruktionszeichnung des Klosters St Gallen nach dem Klosterplan von Johann Rudolf Rahn 1876Die erste zeichnerische Darstellung eines Kreuzganges findet sich im Klosterplan von Sankt Gallen gezeichnet um das Jahr 825 Der Kreuzgang ist auf dieser konzeptionellen Zeichnung das Zentrum der Klosteranlage Die Arkaden des Kreuzganges werden auf quadratischem Grundriss errichtet Der Arkadenumgang erschliesst die wichtigen Bereiche des Klosters Kirche Dormitorium Refektorium und Kapitelsaal Wirtschaftsraume Werkstatten Kuche Pferdestall usw werden hingegen in einiger Entfernung zum Kreuzgang untergebracht Uber das fruheste gebaute Beispiel eines Kreuzganges besteht keine Einigkeit Das im Klosterplan dargestellte Schema wurde zum normalen Anlageschema benediktinischer und zisterziensischer Kloster im landlichen Raum zwischen dem 9 und dem 14 Jahrhundert Auch die Reformorden des 13 14 und 15 Jahrhunderts nutzten den Kreuzgang im deutlich geanderten Kontext des stadtischen missionarisch ausgerichteten Klosters In Lateinamerika erlebte das benediktinische Anlageschema eine entscheidende Transformation Der als Claustro Mayor bezeichnete zentrale Kreuzgang hatte Funktion und Position des mittelalterlichen Kreuzganges Der Grundriss wurde aber erganzt durch eine grosse Anzahl von weiteren kleineren Kreuzgangen denen jeweils Teilbereiche des klosterlichen Lebens zugewiesen wurden Diese Struktur spiegelt die komplexe stadtartige Struktur des lateinamerikanischen Stadtklosters wider Lage zum Kirchengebaude BearbeitenIn der Regel befindet sich der Kreuzgang an einer der Langseiten des Kirchengebaudes auf Grund der Ostung der mittelalterlichen Kirchen also nordlich oder sudlich des Gotteshauses Bei den uber 1000 Kreuzgangen in Europa ist keine eindeutige Bevorzugung erkennbar Lediglich die Kathedralkreuzgange liegen haufiger im Norden als im Suden da auf der klimatisch gunstigeren Sudseite meist schon zuvor der Bischofssitz angelegt worden war 6 Es gibt nur wenige Ausnahmen von der Nord oder Sudlage Uber ostlich angebaute Kreuzgange verfugen der Hildesheimer Dom das Kloster Kastl und die Kathedrale von Lissabon Im Westen angelegte Kreuzgange haben der Dom zu Fulda die Liebfrauenkirche in Halberstadt das Kloster Comburg bei Schwabisch Hall die Benediktinerinnenabtei Nonnberg in Salzburg und die Basilika San Francesco in Assisi Architektur BearbeitenWichtige Elemente des Kreuzgangs sind die Arkatur das Gewolbe und der Brunnen manchmal auch eine Zisterne wie im Prieure de Ganagobie Grundriss Bearbeiten nbsp Der dreieckige Kreuzgang chiostro triangolare in Genua Italien Seit dem Klosterplan von Sankt Gallen galt das Quadrat als die Idealform des Kreuzganggrundrisses Meistens ist jedoch ein Rechteck zu finden dessen langere Seite parallel zum Kirchengebaude verlauft 6 Auch Trapeze und unregelmassige Vierecke kommen als Grundriss vor An die Kirche Sant Agostino in Genua heute Museum wurde im 14 Jahrhundert sogar ein nahezu dreieckiger Kreuzgang chiostro triangolare angebaut der zweite quadratische Kreuzgang wurde erst im 17 Jahrhundert hinzugefugt Abmessung Bearbeiten Fur den Klosterplan von Sankt Gallen ergibt sich ein Grundquadrat von 100 Fuss Hildemar von Corbie erwahnt diese Masszahl in seinem um etwa 840 verfassten Regelkommentar Die Idealform eines benediktinischen Klosterhofes von 100 Fuss Seitenlange scheint in der Folgezeit vorbildhaft gewesen zu sein 6 Im Skizzenbuch des Villard de Honnecourt aus dem fruhen 13 Jahrhundert befindet sich eine Skizze mit den Konstruktionsdetails eines Kreuzgangs 7 Die Diagonale des Innenhofs und die Seite des Aussenquadrats sind gleich lang Folglich sind auch die Flache des Innenhofs und die Flache des umgebenden Kreuzganges gleich gross was ein harmonisches Ganzes ergibt 6 Bedachung Bearbeiten Ein einfaches Holzdach erlaubt die Anordnung von zierlichen und eleganten Saulen Die spater ubliche Steinwolbung verlangte ein angepasstes System von Stutzen und Offnungen Teilweise wurden dadurch kraftige Mauerstreben an der Hofseite notig Mit der Entwicklung der Stadte entstanden die ersten uberbauten Kreuzgange Die beiden erhaltenen Flugel des falschen Kreuzgangs von Santa Maria Nuova in Viterbo werden in das Jahr 1085 datiert Ein wichtiger Anlass fur die Uberbauung bereits vorhandener Bausubstanz war die Abkehr vom gemeinsamen Schlafsaal der Monche bzw Klosterfrauen Die neuen Einzelzellen erforderten wesentlich mehr Platz im Klausurgeviert als das zuvor genutzte gemeinsame Dormitorium 6 Geschosse Bearbeiten Neben eingeschossigen Kreuzgangen gibt es etliche Beispiele von mehrgeschossigen Objekten Der zweigeschossige Kreuzgang der Abtei Saint Andre Lavaudieu wird von einer Holzbalkendecke uberdeckt 11 Jahrhundert Zu einer Vereinigung von drei zweigeschossigen Kreuzgangen kam es im franzosischen Kloster Brou das in seiner heutigen Gestalt im 16 Jahrhundert errichtet wurde Dreigeschossige Kreuzgange gibt es etwa im Kloster von Pedralbes in Sant Abbondio in Como und im ehemaligen Kloster Torri in Rignano sull Arno Symbolik BearbeitenDer Brunnen und die Bepflanzung im Innenhof des Kreuzgangs erinnern an die biblischen Beschreibungen des Paradiesgartens Gen 2 EU Diese Vorstellung vom Paradies als Garten zeigt sich am deutlichsten im Chiostro del Paradiso 8 an der Nordseite des Doms von Amalfi Dort bilden die sich uberschneidenden Segmentlinien oberhalb der schlanken Doppelsaulen einen stilisierten Wald der dieses Paradies umgibt 6 Der Kreuzgarten mit seinem Lichthof samt Brunnen erinnerte die klosterlichen Bewohner auch an das Neue Jerusalem die Stadt des Lichts Offb 21 EU 6 nbsp Ste Eulalie et Ste Julie d Elne Kreuzganghof und Nordturm von Nordosten gesehen nbsp Abtei Saint Andre Lavaudieu Blick aus der Nordgalerie nach Suden nbsp Kreuzganggalerie des Naumburger Domes nbsp Kreuzgang der Hohen Domkirche zu Essen nbsp Kreuzgang des Papstpalastes in Avignon nbsp Ostlicher Kreuzgang am Aachener Dom nbsp Kreuzgang des Hildesheimer Domes nbsp Chiostro del Paradiso in Amalfi 6 8 nbsp Kreuzgang des Zisterzienserklosters in WalkenriedSiehe auch BearbeitenLineare Bauteile Stoa Bogengang Arkadenhof Galerie Punktuelle Bauteile Portikus Loggia SaulenhalleEinzelne Kreuzgange Millstatter Kreuzgang Kollegiatstifts Kreuzgang Altotting Kreuzgang St Zeno Bad Reichenhall Kreuzgang St Peter und Johannes der Taufer Berchtesgaden Literatur BearbeitenMatthias Hamann Kreuzgang In Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Band 6 Herder Freiburg im Breisgau 1997 Sp 458 f Peter K Klein Hrsg Der mittelalterliche Kreuzgang Architektur Funktion und Programm Regensburg 2004 ISBN 3 7954 1545 4 Rolf Legler Der Kreuzgang ein Bautypus des Mittelalters Verlag Peter Lang Frankfurt am Main 1989 ISBN 3 631 40706 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kreuzgange in Deutschland Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Commons Kreuzgange in aller Welt Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Kreuzgang Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Christina Becela Deller Ruta graveolens L Eine Heilpflanze in kunst und kulturhistorischer Bedeutung Mathematisch naturwissenschaftliche Dissertation Wurzburg 1994 Konigshausen amp Neumann Wurzburg 1998 Wurzburger medizinhistorische Forschungen Band 65 ISBN 3 8260 1667 X S 100 und 102 Matthias Hamann Kreuzgang In Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Band 6 Herder Freiburg im Breisgau 1997 Sp 458 Wolfgang Pfeifer u a Etymologisches Worterbuch des Deutschen Akademie Verlag Berlin 1993 digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer uberarbeitete Version im Digitalen Worterbuch der deutschen Sprache s v Kreuzgang abgerufen am 18 Marz 2022 Friedrich Kluge Hrsg Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache Bearbeitet von Elmar Seebold 23 Auflage Verlag de Gruyter Berlin New York 1999 S 486 Werner Wolf Kurt Nyholm Hrsg Albrechts von Scharfenberg Jungerer Titurel Nach den altesten und besten Handschriften kritisch herausgegeben Deutsche Texte des Mittelalters Band 45 Band 1 Akademie Verlag Berlin 1955 S 97 387 367 Ir palas und ir dormpter stunt gen meridjane einkruceganchwol geformter da zwischen lac Norbert Schnitzler Ikonoklasmus Bildersturm Theologischer Bilderstreit und ikonoklastisches Handeln wahrend des 15 und 16 Jahrhunderts Wilhelm Fink Verlag Munchen 1996 S 178 archive org a b c d e f g h Rolf Legler Mittelalterliche Kreuzgange in Europa Michael Imhof Verlag Petersberg 2007 ISBN 978 3 86568 167 6 S 41f Lage S 43 Grundriss S 44 Abmessungen S 79 81 Bedachung S 135 himmlisches Jerusalem S 137 Paradiesgarten Amalfi Villard de Honnecourt Album de dessins et croquis In bnf fr Bibliotheque nationale de France abgerufen am 24 November 2020 Skizze in der Bildmitte von folio 20r diese Flachenhalbierung des Quadrats mit einfachen geometrischen Mitteln war bereits in der Antike bekannt a b nbsp Commons Chiostro del Paradiso Amalfi Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienNormdaten Sachbegriff GND 4033079 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kreuzgang amp oldid 235137224