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Die Liebfrauenkirche zu Halberstadt ist neben dem Dom und der Martinikirche eine der drei ausschliesslich evangelischen Hauptkirchen Halberstadts Sie ist neben Beispielen wie Merseburg und Naumburg eine der wenigen erhaltenen vierturmigen Basiliken aus der Zeit der Romanik in Mittel und Norddeutschland und eine der Sehenswurdigkeiten der Strasse der Romanik Im Jahre 2005 wurde ihr 1000 jahriges Jubilaum begangen Ansicht von SudostenKlosterhof der LiebfrauenkircheDie ausserlich burgartige Liebfrauenkirche schliesst den Domplatz zusammen mit dem Petershof im Westen ab Ihr gegenuber im Osten steht der Dom Daneben wird der Domplatz von einem Ensemble von Bauten aus Renaissance Barock Klassizismus und Moderne umrahmt Nach Norden und Westen mit hohen Mauern uber der Unterstadt liegend und mit Mauern und Toren nach Suden und Osten von der Oberstadt abgetrennt bildete der Domplatz mit Dom Liebfrauenkirche und anderen Gebauden die ehemalige Domburg der Bischofe von Halberstadt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Ausstattung 2 1 Chorschranken 2 2 Triumphkreuz 2 3 Barbarakapelle 2 4 Glocken 2 5 Orgel 2 6 Weitere Ausstattung 3 Bilder 4 Veranstaltungen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp GrundrissDer Halberstadter Bischof Arnulf grundete im Jahre 1005 ein Kollegiatstift zu Ehren Marias das schnell und bis zum Ende des 15 Jahrhunderts von uberregionaler Bedeutung war Die Propstei uber das Stift lag beim Domkapitel Halberstadt Die bis heute altesten erhaltenen Teile der Kirche die Untergeschosse der Westfassade stammen nach neuerer Forschung jedoch aus der Zeit nach 1089 Bis fast uber das gesamte 12 Jahrhundert hinweg wurde die dreischiffige Pfeilerbasilika um gebaut Das Gesamtbild wurde massgebend von Bischof Rudolf gepragt der die Arbeiten ab 1146 bis zu seinem Tod 1147 fuhrte und das Langhaus und die achteckigen Ostturme mit Zeltdach vollendet 1200 errichten liess Um 1170 entstand der Anbau der Taufkapelle deren Gewolbe von einer zentralen mit ornamentalem Kapitellschmuck verzierten Saule gestutzt wird Das Portal der Kirche und die Westturme mit hohen rheinischen Rhombendachern Rheinische Helme stammen aus dem 13 Jahrhundert Auch wurde in dieser Zeit das ursprungliche Flachdach uber Chor und Querhaus durch ein Kreuzgratgewolbe ersetzt In der ersten Halfte des 13 Jahrhunderts wurden Wande und Gewolbe mit uppigen Fresken verziert von denen der Konservator Ferdinand von Quast im 19 Jahrhundert schrieb Uns ist bisher bei deutschen Wandmalereien nirgends eine ahnliche Meisterschaft vorgekommen Der neue Kreuzgang westlich der Kirche stammt aus dem 14 Jahrhundert Im Laufe der Jahrhunderte erfuhr die Liebfrauenkirche teils weitreichende Veranderungen Vor allem wurde die Flachdecke des Hauptschiffs im 14 Jahrhundert durch ein Kreuzgratgewolbe ersetzt Im 16 Jahrhundert wurde die Taufkapelle mit einem gotischen Ostabschluss versehen 1661 wurde die Kirche im Stil des Barock umgestaltet die Malereien der protestantischen Schlichtheit gemass weiss ubertuncht Auch wurde im 17 Jahrhundert der steinerne Lettner von 1230 entfernt und durch einen gusseisernen ersetzt Wahrend des Siebenjahrigen Krieges und der Besatzungszeit unter Napoleon diente die Liebfrauenkirche kurzzeitig unter anderem als Gefangnis Munitionsproduktionsstatte und Waffenlager der Kreuzgang als Pferdestall Bei der Besatzung entstanden auch Schaden an den Chorschranken einigen Figuren wurden zum Vergnugen franzosischer Soldaten die Nasen abgeschlagen Im Jahre 1810 wurde das Stift durch die Regierung des Konigreichs Westphalen aufgehoben 1833 besuchte Karl Friedrich Schinkel im Auftrag des Konigs Friedrich Wilhelm IV die Liebfrauenkirche und erkannte die kunsthistorische Bedeutung der mittelalterlichen Fresken im Kirchenschiff und im Hohen Chor die kurz zuvor wiederentdeckt worden waren Der Konig gab daraufhin 1840 Ferdinand von Quast den Auftrag zu umfassenden Restaurierungsarbeiten die bis 1848 abgeschlossen wurden Die Arbeiten wurden jedoch unsachgemass ausgefuhrt die ubertunchten Fresken wurden bei der Freilegung stark beschadigt sodann nicht konserviert sondern historisierend ubermalt Zuvor wurden jedoch Strichpausen der Fresken angefertigt die heute im Kunstgewerbemuseum Berlin liegen Trotz neuerlicher Reinigung und Konservierung sind heute nur noch Reste der Fresken erhalten Die Restaurierungsarbeiten unter Friedrich Wilhelm umfassten auch eine Erneuerung der Decke des Mittelschiffs das nachtraglich eingebaute Kreuzgratgewolbe druckte die Wande auseinander und der Mauern der Seitenschiffe sowie eine vollstandige Erneuerung des Nordostturms In die Sudseite wurde ein Eingang gebrochen der heute als Haupteingang dient und die zwei Eingange der Ostseite ersetzt Bei dem amerikanischen Bombenangriff vom 8 April 1945 wurde Halberstadt fast vollstandig in Schutt und Asche gelegt Auch die Liebfrauenkirche wurde sehr stark beschadigt Vor allem Dank des Einsatzes des Halberstadter Architekten Walter Bolze konnte die Liebfrauenkirche zwischen 1946 und 1952 restauriert werden Nach der Wende folgten weitere wichtige Restaurierungsarbeiten die bis 2003 in grossen Teilen abgeschlossen wurden Ausstattung BearbeitenChorschranken Bearbeiten Die Chorschranken aus der Zeit um 1200 1210 sind mit einzigartigen Stuckfiguren der 12 Apostel Maria und Christus in fast lebensgrossen Vollreliefs mit zum Teil noch originaler Fassung ausgestattet Die gemauerten Schranken sind 2 15 m hoch daruber erheben sich holzerne Arkaden An der Nord und der Sudschranke sind in den jeweils sieben Blendarkaden Sitzfiguren aus Stuck angebracht worden die eine Hohe von 1 14 m bis 1 20 m haben Auf dem sudlichen Teil der Chorschranke steht in der Mitte die Szene der Maria mit dem Kind umgeben von sechs Aposteln Der Kopf des Jesus ist verloren gegangen Das Vorbild fur diese Darstellungen waren vielleicht byzantinische Elfenbeintafeln oder Reliquienschreine Diese Sitzfiguren zeigen nicht die sonst ubliche strenge symboltrachtige Unnahbarkeit des 12 Jahrhunderts sondern zeichnen sich aus durch echte Korperlichkeit harmonische Bewegungen und naturliches lockeres Sitzen Die Korper der Figuren sind nur rund 10 bis 13 cm uber den Reliefgrund hinausgehoben worden Ihre Kopfe sind dagegen fast vollrund Die Maria ist streng frontal ausgerichtet wahrend die Apostel sich im Gesprach einander zuwenden Gleichmassig kleidet alle Dargestellten eine ganz allgemein antikisierende Gewandung Bei einer auch nur oberflachlichen Betrachtung der Reliefs fallt sofort die eigenwillige Formgebung ins Auge Eine ausserst komplizierte Fuhrung der Gewandbahnen kennzeichnet die Draperie die entgegen dem naturlichen Fall der Falten gebildet wird Die glatte Flache ist vermieden jedes Formdetail wird in eine in sich schwellende Form versetzt Die Falten werden wie von unsichtbaren Kraften gestaucht und gezerrt Die Tendenz der wirr flatternden Gewander und die wilde Bewegung der Faltenbahnen entnahm man um 1200 den byzantinischen Arbeiten die sich damals in Europa einer besonderen Vorliebe erfreuten 1204 hatten die Kreuzfahrer Konstantinopel erobert und geplundert und von da an ergoss sich eine Flut von Kunstwerken in das Abendland und konfrontierte die Kunstler mit der byzantinischen Kunst Das war aber nicht die einzige Quelle aus der die Bildhauer dieser Chorschranken schopften Wie schon bei den Figuren des Triumphkreuzes im Dom sind auch hier Anleihen aus der franzosischen Kathedralplastik anzunehmen die aber ihrerseits in der Zeit um 1200 von der byzantinischen Welle getragen waren besonders in Laon von wo dieser Stil ausging Hier finden sich zum ersten Mal jene byzantinisierenden Stilmerkmale die so melodios den Korper umfliessenden Falten und die Faltenbausche an den Armen Triumphkreuz Bearbeiten Das Triumphkreuz aus dem zweiten Viertel des 13 Jahrhunderts befindet sich im westlichen Vierungsbogen Christus ist hier noch stehend dargestellt nicht hangend Erst nach 1220 entwickelte sich der Typus des hangenden Christus Ein erster Schritt dazu war dass die Fusse ubereinander gelegt und mit einem Nagel an das Kreuz geschlagen sind Diesem Ubergangsstil gehort dieses Kruzifix an zwar noch stehend aber schon mit genagelten Fussen Seit ungefahr 1220 werden die Fusse Christi nur noch von einem Nagel durchbohrt dargestellt was einen Verlust an Symmetrie bedeutet und damit an Strenge und auch an Reprasentation Aber damit sind auch sehr viel grossere Bewegungsmoglichkeiten in der Gestaltung des Korpers gegeben der jetzt als Leidender und nicht mehr als Herrschender dargestellt wird Bei dieser Plastik hier wird davon noch kein Gebrauch gemacht sie steht am Anfang dieser Entwicklung Barbarakapelle Bearbeiten Vor allem in der mit Kreuzgratgewolben versehenen und den Heiligen Jacobus der Alteren und Barbara geweihten Barbarakapelle sind romanische Fresken erhalten Sie wurden bei den Restaurierungsarbeiten im 19 Jahrhundert freigelegt jedoch nicht ubermalt Nur die Zeichnungen selbst sind Fresken die Ausmalung erfolgte jedoch auf dem trockenen Putz so dass die Farben verblasst oder nachgedunkelt sind Dargestellt sind Maria und Christus die Evangelisten Engel die Kirchenvater und Propheten Der ikonographische Flugelaltar mit Kreuzigung einigen Aposteln aussen und Heiligen innen entstand vermutlich zwischen 1420 und 1430 im Umfeld des Kolner Malers Stefan Lochner Die zum Altar gehorige Predella ist ungefahr 100 Jahre junger Glocken Bearbeiten Die vier verbliebenen Glocken stammen aus dem 13 und 14 Jahrhundert und hangen im Sudturm Drei weitere Glocken wurden in den 1930er und 1940er Jahren zerstort Die drei kleineren Glocken bildeten das ehemalige Chorgelaut obwohl die Glocken fur den Einzelgebrauch bestimmt waren erklingen sie zusammen zufalligerweise in einem Es Dur Dreiklang 1 2 Anlasslich der 1000 Jahr Feier der Kirche wurde 2005 eine neue Glocke mit dem Namen Sophia gegossen Nr Name Gussjahr Giesser Durchmesser Masse Schlagton1 Sophia 2005 Lauchhammer 645 kg g12 13 Jh unbekannt 946 mm 460 kg as1 63 1403 unbekannt 635 mm 136 kg es2 14 14 Jh unbekannt 628 mm 170 kg g2 15 14 Jh unbekannt 570 mm 147 kg b2 3Orgel Bearbeiten nbsp Schuster Orgel von 1958Die Orgel wurde in den Jahren 1957 1958 von der Orgelbau A Schuster amp Sohn aus Zittau erbaut Das Instrument hat 1142 Pfeifen in 15 Registern auf zwei Manualen und Pedal Die Trakturen sind elektropneumatisch Im Jahre 2011 wurde das noch fehlende Register Trompete 8 hinzugefugt Die Vorgangerorgel aus der Werkstatt W Sauer Orgelbau Frankfurt Oder aus dem Jahr 1938 hatte 27 Register und wurde im April 1945 zerstort 3 I Hauptwerk C 1 Prinzipal 8 2 Rohrflote 8 3 Spitzflote 4 4 Oktav 2 5 Mixtur IV6 Trompete 8 II Oberwerk C 7 Gedakt 8 8 Prinzipal 4 9 Blockflote 2 10 Sifflote 1 11 Zimbel III Pedal C 12 Subbass 16 13 Prinzipal 8 14 Choralbass 4 15 Basskornett IIIWeitere Ausstattung Bearbeiten Fresken Gotischer Bronzeleuchter 1475 mit zwei Madonnengravuren Chorgestuhl 16 Jahrhundert Flachschnitzereien und Drachenfiguren Pieta 1420 Bilder Bearbeiten nbsp Liebfrauenkirche Luftaufnahme 2019 nbsp Ansicht vom Domplatz nbsp Ansicht von Nordosten nbsp Kirchenschiff nbsp Triumphkreuz vor dem Chor nbsp Matthias und Bartholomaus an der nordlichen Chorschranke Kreuzblick 3D Foto nbsp Chorgestuhl Detail nbsp Holzarkade AusschnittVeranstaltungen BearbeitenNeben Gottesdiensten finden in der Kirche regelmassig Ausstellungen Konzerte und Vortrage statt In der Busserkapelle ist eine kleine Dauerausstellung zur 1000 jahrigen Geschichte der Liebfrauenkirche und des Domplatzes eingerichtet Literatur BearbeitenSusanne Beatrix Hohmann Die Halberstadter Chorschranken Ein Hauptwerk der niedersachsischen Kunst um 1200 In Neue Forschungen zur deutschen Kunst 3 Berlin 2000 ISBN 978 3 87157 181 7 Peter Findeisen Halberstadt Dom Liebfrauenkirche Domplatz Konigstein i T 3 Aufl 2005 ISBN 3 7845 4605 6 Alfred Wendehorst Stefan Benz Verzeichnis der Sakularkanonikerstifte der Reichskirche Schriften des Zentralinstituts fur Frankische Landeskunde und Allgemeine Regionalforschung an der Universitat Erlangen Nurnberg Bd 35 Degener Neustadt an der Aisch 1997 ISBN 3 7686 9146 2 S 78 79 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Liebfrauenkirche Halberstadt Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Website der Kirchengemeinde Inschriften der Chorschranken an der Nord und Sudseite der VierungEinzelnachweise Bearbeiten Claus Peter Die Glocken der Liebfrauenkirche zu Halberstadt In Konrad Bund u a Jahrbuch fur Glockenkunde Jg 2003 2004 MVR Bruhl 2004 S 1 17 Halberstadt Liebfrauenkirche Vollgelaut auf YouTube Nahere Informationen zur Orgel51 895638888889 11 044163888889 Koordinaten 51 53 44 3 N 11 2 39 O Normdaten Geografikum GND 4366979 7 lobid OGND AKS LCCN n96041496 VIAF 138540708 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Liebfrauenkirche Halberstadt amp oldid 237310167