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St Martini ist eine Kirche im gotischen Baustil im Zentrum von Halberstadt in Sachsen Anhalt die im April 1945 zerstort und in den folgenden Jahren bis 1954 wiederaufgebaut wurde Ansicht vom DomplatzSt Martini von Suden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Architektur 1 1 Baugeschichte 1 2 Zerstorung und Wiederaufbau 1 3 Wendezeit 2 Ungleiche Turme 3 Ausstattung 3 1 Altar Kanzel und Taufe 3 2 Grabmaler und Bildnisse 4 Orgel 5 Glocken 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte und Architektur BearbeitenBaugeschichte Bearbeiten Die Kirche wurde vermutlich im 10 Jahrhundert gegrundet und erstmals 1186 urkundlich erwahnt Die Martinikirche pragt zusammen mit der Liebfrauenkirche und dem Dom das Stadtbild Halberstadts Das Bauwerk ist eine funfjochige gotische Hallenkirche an die sich im Osten ein Querhaus sowie ein basilikaler Chor mit Funfachtelschluss mit zwei gerade schliessenden Nebenchoren anschliessen Der Westbau ist ein wenig gegliederter Querriegel der nach oben in zwei quadratische Turmfreigeschosse mit einem dazwischenliegenden Glockenhaus ubergeht die mit zunehmend reichen Masswerkfenstern durchbrochen sind Die achteckigen verschieden hohen Turmhelme sind mit einer gedeckten Brucke verbunden Die Choranlage wird mit Ablassen in den Jahren 1267 1274 und 1285 in Verbindung gebracht Der Westbau wurde vermutlich noch vor 1311 dem Datum der Unterstellung der Kirche unter das Johannisstift begonnen das Hallenlanghaus wurde vermutlich nach einer Plananderung im zweiten Viertel des 14 Jahrhunderts erbaut Das Gebaude wirkt altertumlich durch die etwas gedruckten Proportionen die durchweg verwendeten Kreuzgratgewolbe und die Einbeziehung der alteren Vierungspfeiler aus dem 12 Jahrhundert An der Nordseite ist ein zweigeschossiger zweijochiger Vorbau mit Portal angebaut An den nordlichen Nebenchor schliesst sich die Sakristei aus dem 16 Jahrhundert mit rundbogigen Fensterpaaren an Im 19 Jahrhundert wurde die sudliche Querhausfront teilweise verandert wobei das Portal eingefugt wurde Vermutlich wurden dabei auch die Einzelformen des Inneren teilweise uberarbeitet 1 nbsp Vereinfachte Darstellung der zerstorten Kirche am Denkmal fur die Trummerfrauen nbsp St Martini im wiederaufgebauten UmfeldZerstorung und Wiederaufbau Bearbeiten Die Stadt Halberstadt wurde am Ende des Zweiten Weltkrieges durch Bombenangriffe zu 82 Prozent zerstort Die drei Wahrzeichen Halberstadts Dom St Martini und Liebfrauenkirche blieben trotz schwerer Schaden von der totalen Zerstorung verschont Doch wurde auch der Zerstorungsgrad der Martinikirche auf 80 geschatzt Walter Bolze Auf die Martinikirche waren am 8 April 1945 Brandbomben gefallen Eine Sprengbombe durchschlug den unteren Teil des Sudturmes und riss dabei die Nordostecke des Turmgesimses fort Die Turmhauben brannten wie Riesenfackeln sturzten in sich zusammen und entzundeten so das Kirchendach und die umliegenden Wohnhauser Die noch vorhandenen drei Glocken sturzten aus ihren Halterungen Die grosste und schonste die Feuerglocke von 1511 sank langsam auf den Schutt nieder wodurch sie nur unwesentlich beschadigt wurde 2 Von den beiden Flugbeobachterinnen auf dem Turm kam eine ums Leben die andere wurde schwer verwundet 3 Die Umfassungsmauern und die Gewolbe der Kirche blieben erhalten Von 1945 bis 1954 wurden dank des Einsatzes des Halberstadter Architekten Walter Bolze St Martini und Liebfrauenkirche wiederhergestellt Schwerpunkt waren dabei insbesondere die Restaurierung der stadtbildpragenden Turme und des Daches Wendezeit Bearbeiten Im Herbst des Jahres 1989 wurde St Martini zusatzlich als Versammlungsraum des Neuen Forums genutzt 4 Heute setzt sich die Kirchengemeinde fur ein gewaltfreies Halberstadt ein An der Westseite der Kirche wurde ein schlichtes Denkmal zur Erinnerung an die Friedliche Revolution 1989 in Halberstadt errichtet die von Friedensgebeten in der Martinikirche ihren Ausgang genommen hat Weitere Sanierungsarbeiten begannen Anfang des 21 Jahrhunderts da die Bausubstanz vor allem durch Witterungseinflusse Luftverschmutzung Saurer Regen gelitten hatte Die Burger Halberstadts sammelten dazu 100 000 Euro In Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz konnte St Martini instand gesetzt werden Ungleiche Turme Bearbeiten nbsp Die ungleichen TurmeDer Westbau mit den zwei unterschiedlich hohen Turmhelmen ist traditionell Eigentum der Stadt Halberstadt und deren Wahrzeichen Die machtige Doppelturmanlage wurde zu Beginn des 14 Jahrhunderts erbaut und diente als Feuerwachturm Warum die Turme eine unterschiedliche Grosse besitzen ist unbekannt Dazu gibt es folgende drei Theorien Die Turme wurden mit Absicht unterschiedlich hoch gebaut um dem Wachter im hoheren Turm einen Blick in alle Richtungen zu verschaffen Der Wachter brauchte einen Blick in alle Richtungen da in Vororten wie in Sargstedt so genannte Alarmfeuerturme standen Wenn der Wachter aus einer Himmelsrichtung Rauch gesehen hat konnte er die Stadt alarmieren Die Alarmfeuerturme waren bis zu 20 Kilometer von Halberstadt entfernt was auch erklart warum man einen solch hohen Aussichtspunkt wie St Martini benotigte St Martini wurde nicht von der Kirche erbaut sondern von Geldern wohlhabender Burger Wahrend des Baus ging jedoch den Gebern das Geld aus und um Kosten zu sparen wurde beschlossen den zweiten Turm nicht weiter auszubauen Im Mittelalter soll St Martini gebrannt haben wobei ein Turm zerstort wurde Da die Stadt jedoch nicht genugend finanzielle Mittel besass wurde der zerstorte Turm nur notdurftig wieder neu gebaut Ausstattung BearbeitenAltar Kanzel und Taufe Bearbeiten nbsp Renaissance Kanzel von 1595 nbsp Das Jungste Gericht nbsp Leiden und Auferstehung Christi nbsp Kanzeldetails nbsp Sundenfall nbsp Barockaltar von 1696 nbsp Taufkessel Funte aus der Hansezeit nbsp Geburt Jesu und Hl drei Konige nbsp Kindermord zu Bethlehem und Flucht nach Agypten nbsp Taufe Jesu im Jordan Hauptstuck der Ausstattung ist ein bedeutender barocker Altar moglicherweise von Thiele Zimmermann aus dem Jahre 1696 In der Bauphase 1880 bis 1881 war dieser in ein Seitenschiff verbracht und durch einen neugotischen Hochaltar ersetzt worden der in der Werkstatt des Holzbildhauers Gustav Kuntzsch Wernigerode hergestellt worden war 5 6 Im Zuge des Wiederaufbaus in den Jahren 1945 bis 1954 wurde der Barockaltar wieder an seinen alten Standort gebracht Uber den Verbleib des neugotischen Altars ist nichts bekannt Der barocke Altar fullt den Chorschluss nahezu vollig aus Er besteht aus einem dreigeschossigen Aufbau mit vorschwingenden Seitenteilen und gewendelten Saulen mit Weinlaub Im Untergeschoss ist das Abendmahl dargestellt seitlich davon sind Durchgangsportale angeordnet Im Mittelgeschoss befindet sich eine freistehende vollplastische Kreuzigungsgruppe daneben sind in Nischen Johannes der Taufer und Mose sowie Putten mit den Arma Christi zu sehen Im obersten Geschoss ist freistehend eine Gruppe der Grablegung Christi begleitet vom Ecce homo angeordnet daneben der heilige Martin von Tours mit dem Bettler und Martin Luther mit dem Schwan sowie die Evangelisten Matthaus und Johannes Zuoberst ist der auferstandene Christus begleitet von Markus und Lukas zu sehen Die wertvolle Kanzel wurde 1595 geschaffen und 1690 teilweise Ecksaulchen Ornamente Kanzeltur umgestaltet Der Korb wird von einer Figur des Samson getragen Am Korb sind Reliefs mit Darstellungen von der Erschaffung der Welt dem Sundenfall und dem Erloser der Opferung Isaaks und des Konigs David der Verklarung Christi ein Kruzifix mit dem Stifter Bartelt Hane sowie der Auferstehung angebracht An der Treppenbrustung folgen Darstellungen von Weltuntergang und Weltgericht Die Rahmungen sind mit fein gearbeiteten Spatrenaissanceornamenten gestaltet Der Schalldeckel ist mit einer Figur des auferstandenen Christus bekront Der bronzene Taufkessel ist ein kunstlerisch wertvolles Werk vom Ende des 13 Jahrhunderts Der Taufkessel wird getragen von vier Mannern welche die Paradiesflusse Euphrat Tigris Pischon und Gihon symbolisieren An der Wandung sind neun flache Reliefdarstellungen der Kindheit und Jugend Christi von der Verkundigung an Maria bis zur Taufe durch Johannes zu finden Die Farbfassung wurde im 19 Jahrhundert erneuert Ein geschnitztes Triumphkreuz wahrscheinlich von 1443 zeigt Christus mit Naturhaar als Haupt und Barthaar 1 Grabmaler und Bildnisse Bearbeiten Zahlreiche Grabmaler und Epitaphe des 16 bis 18 Jahrhunderts erganzen die Ausstattung Davon ist besonders das Epitaph fur Christoffel von Lepzczik 1550 am nordwestlichen Vierungspfeiler hervorzuheben das den gerusteten Verstorbenen vor dem gekreuzigten Christus zeigt Ein Epitaph fur ein Ehepaar Blume 1573 und 1581 im sudlichen Querhaus ist mit feingearbeiteten Reliefs versehen Ebenfalls im sudlichen Querhaus befindet sich die Grabplatte fur den ersten evangelischen Prediger an St Martini Justus Otho von Eimbeck 1574 mit einer Darstellung des Verstorbenen als Ganzfigur in einer Adikularahmung In der Gestaltung ahnlich sind die Grabmaler fur die Prediger Daniel Sachse 1605 und Lambert Ehrentraut 1606 Zahlreiche Pastorenbildnisse mit Darstellungen der Verstorbenen als Ganzfigur oder Buste sind in den Seitenschiffen oder auf der Orgelempore erhalten davon hervorzuheben ist das Bild fur Heinrich Rixner aus dem Jahr 1698 in besonders reicher Rahmung uber dem sudlichen Hauptportal Weiter sind auf der Orgelempore Burgermeister Epitaphe mit Bildnispaar und Ehewappen erhalten davon besonders bemerkenswert ist dasjenige fur Johann Beyr 1704 und seine Frau Katharina Elisabeth Froweins 1 Orgel Bearbeiten nbsp Orgelprospekt von David BeckIn St Martini befindet sich der Prospekt der sog Groninger Orgel eines der Meisterwerke fruhbarocken Orgelbaus Erbaut wurde diese Orgel in den Jahren 1592 bis 1596 von dem Orgelbauer David Beck Auftraggeber war Herzog Heinrich Julius von Braunschweig Wolfenbuttel der das Instrument als Administrator des Stifts Halberstadt fur die Schlosskapelle in seinem Residenzschloss Groningen erbauen liess etwa zeitgleich mit dem Groninger Fass Das monumentale Werk mit 59 Registern wurde 1596 in einer Orgelprobe von den 53 namhaftesten Organisten der Zeit gepruft und eingeweiht Michael Praetorius beschrieb die Orgel und ihre Disposition in seinem Syntagma musicum Im Zuge der Auflosung des Groninger Schlosses verschenkte Friedrich der Grosse die Orgel an St Martini wo das Instrument im Jahre 1770 aufgestellt wurde Es ersetzte dort eine Orgel die um das Jahr 1590 ebenfalls von dem Orgelbauer David Beck erbaut worden war und die nun nach Derenburg verkauft wurde erhalten ist davon bis heute der Prospekt das Orgelwerk wurde 1888 von Friedrich Ladegast romantisch verandert Etwa sechzig Jahre spater um das Jahr 1830 wurde das originale Pfeifenwerk der Groninger Orgel entfernt Weitgehend erhalten blieb nur der historische Prospekt mit Ausnahme des Gehauses und Prospekts des Ruckpositivs das in die Kirche Harsleben gebracht wurde In dem erhaltenen Prospekt baute der Orgelbauer Johann Friedrich Schulze ein neues Orgelwerk im Stile der Zeit ein Dieses Orgelwerk wurde im Jahre 1921 durch ein Orgelwerk ersetzt das 1886 1899 von dem Orgelbauer Ernst Rover erbaut worden war und bis 1921 als Mietinstrument in der Barmer Stadthalle gestanden hatte Die Orgel wurde im Zweiten Weltkrieg ausgebaut ausgelagert und so vor der Zerstorung bei dem Bombenangriff vom 8 April 1945 bewahrt Ein Forderverein setzt sich seit einigen Jahren fur die Ruckfuhrung des Ruckpositivs und die Rekonstruktion der Groninger Orgel ein Das Orgelwerk von Ernst Rover wurde 2012 abgebaut und wird derzeit in St Stephani in Calbe in einem neuen Orgelgehause wieder aufgestellt Hauptartikel Groninger OrgelGlocken BearbeitenVom Gelaut mit sechs Glocken das seit dem Mittelalter in Konkurrenz zu dem des Domes steht blieben nach den beiden Weltkriegen drei ubrig es sind die Feuerglocke die Apostelglocke und die Armesunderglocke Wahrend die Armesunderglocke gesprungen war blieben die beiden grossen Glocken unversehrt Nach dem Wiederaufbau der Turme wurden diese lautbar gemacht indem man sie in einen Stahlglockenstuhl an verkropfte Stahljoche hing die kleine Glocke wurde geschweisst und lediglich als Uhrschlagglocke verwendet Durch die technisch ungunstige Aufhangung bekam die Apostelglocke einen langen horizontalen Riss wahrend bei der Feuerglocke ein Kronenhenkel brach und sich kleinere Risse in der Kronenplatte auftaten der Lautebetrieb musste eingestellt werden Im Rahmen einer Sanierung ab dem Jahre 2003 wurden alle Glocken geschweisst und in einen Holzglockenstuhl an gerade Holzjoche gehangt sowie mit neuen Kloppeln versehen In der Neujahrsnacht 2005 lauteten 7 die Glocken das erste Mal nach der Restaurierung Durch einen Glockentausch von Zeitz und Halle gelangten zwei Gussstahlglocken fur den Uhrschlag nach St Martini 8 Nr Name Gussjahr Giesser Durchmesser mm Masse kg Schlagton HT 1 16 Glockenstube 1 Feuerglocke Burgerglocke 1511 Heinrich von Kampen 2 129 5 700 gis0 2 Sudturm2 Apostelglocke 1439 unbekannt 1 488 2 390 dis1 3 Nordturm nebeneinander3 Armesunderglocke 14 Jh unbekannt 699 260 e2 0 5I Stundenschlag Glocke 1922 AG Lauchhammer Torgau 1 100 fis1 2II Viertelschlag Glocke 1 180 650 a1 0 5Literatur BearbeitenOskar Doering Beschreibende Darstellung der alteren Bau und Kunstdenkmaler der Provinz Sachsen XXIII Heft Die Kreise Halberstadt Land und Stadt Hrsg Historische Commission fur die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt Druck und Verlag Otto Hendel Halle a d S 1902 S 387 408 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Martinikirche Halberstadt Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Webseite der Kirchengemeinde Internetprasenz des OrgelbauprojektesEinzelnachweise Bearbeiten a b c Georg Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Sachsen Anhalt I Regierungsbezirk Magdeburg Deutscher Kunstverlag Munchen Berlin 2002 ISBN 3 422 03069 7 S 335 338 Werner Hartmann Halberstadt brennt Halberstadt 2015 S 38 39 Alexander Kluge Der Luftangriff auf Halberstadt am 8 April 1945 Suhrkamp Verlag Frankfurt 2008 ISBN 978 3 518 42035 5 Fraunhofer Informationszentrum Raum und Bau Baufachinformation St Martini Memento vom 29 September 2007 im Internet Archive Soproni Muzeum Sopron Ungarn Invent Nr S 2425 E 251 Storno konyvtar Gustav Kuntzsch Mappe nicht paginiert Oskar Doering Beschreibende Darstellung der alteren Bau und Kunstdenkmaler der Provinz Sachsen XXIII Heft Die Kreise Halberstadt Land und Stadt S 392 Videoaufnahme des Vollgelauts 02 11 auf YouTube Constanze Treuber u a Gegossene Vielfalt Glocken in Sachsen Anhalt Hinstorff Rostock 2007 S 53 55 Normdaten Geografikum GND 4366980 3 lobid OGND AKS LCCN n96041497 VIAF 139721588 51 895436111111 11 051091666667 Koordinaten 51 53 43 6 N 11 3 3 9 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title St Martini Halberstadt amp oldid 237399109