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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Klostergarten Begriffsklarung aufgefuhrt Ein Klostergarten ist eine Gartenanlage in Verbindung mit einem Kloster 1 Der mittelalterliche Klostergarten war ursprunglich ein Nutzgarten zum Zweck monastischer Autarkie Die Gestaltung war von christlicher Symbolik und Weltdeutung beeinflusst Der Klostergarten spielte in der Entwicklung von Pflanzen und Heilmittelkunde zu wissenschaftlichen Disziplinen eine wichtige Rolle Die Kloster nahmen mit ihren Garten massgeblichen Einfluss auf den Anbau von Pflanzen deren Verbreitung in der Natur und Kulturlandschaft und deren Verwendung in Ernahrung Medizin Kultus und Alltag Heutige mittelalterliche Klostergarten sind Rekonstruktionen anhand weniger schriftlicher und bildlicher Quellen und vereinzelter archaologischer Befunde Der Monchsvater Antonius Tapisserie 15 Jh Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung und Anlage 2 Religiose Bedeutung 3 Pflanzen und Heilmittelkunde 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseEntstehung und Anlage Bearbeiten nbsp St Galler Klosterplan 9 Jh Am oberen Rand links befindet sich der kleine Krautergarten mit acht Beeten in zwei Reihen weiter rechts das zweiteilige Sanatoriumsgebaude uber der Klosterkirche dann der Baumgarten gleichzeitig Friedhof noch weiter rechts aber noch nicht ganz am Rand liegt der eigentliche Klostergarten mit achtzehn Beeten in zwei Zeilen Vorbilder fur die Garten der in der ausgehenden Antike entstandenen Kloster sind die romischen Landvillen Hier wie dort dienten Gemuse und Baumkulturen der Selbstversorgung Die monastische Autarkie mit Hilfe eines Gartens war bereits in der im 6 Jahrhundert verfassten Benediktusregel vorgegeben Monasterium autem si possit fieri ita debet constitui ut omnia necessaria id est aqua molendinum hortum vel artes diversas intra monasterium exerceantur Das Kloster soll wenn moglich so angelegt werden dass sich alles Notwendige namlich Wasser Muhle und Garten innerhalb des Klosters befindet und verschiedene Arten des Handwerks dort ausgeubt werden konnen Benedikt von Nursia Regula Benedicti Kapitel 66 Bis zum Ende des Mittelalters waren die Garten einfacher gestaltet oft mit rechteckigem Grundriss worin zeilenweise Beete angelegt und mit Flechtwerk oder Brettern besonders bei Hochbeeten eingefasst waren Neben diesem Nutzgarten fur Krauter und Gemuse befand sich ublicherweise ein Baumgarten Bei den Kartausern hielt jeder Monch wegen der einsiedlerischen Lebensweise einen eigenen kleinen Garten innerhalb der Mauern seines Zellhausleins Nahrungspflanzen die in grosseren Mengen benotigt wurden wie Erbsen Ruben und Kohl wurden auf Landgutern ausserhalb des Klosters angebaut Zu diesem Zweck wurden in grossem Massstab Walder gerodet besonders von den Zisterziensern die zusammen mit den Benediktinern eine Hauptrolle im erneuerten Gartenbau spielten und weitab von anderen Siedlungen lebten Die Urbarmachung neuen Landes durch Kloster sorgte fur die weitere Verbreitung von in den Klostergarten angebauten Pflanzen die von dort aus entkamen und sich in der Wildflora einburgerten Seit dem Hochmittelalter gab es in Klostern zunehmend auch Zier oder Lustgarten nicht wirtschaftlich genutzte Rasenanlagen die der Ruhe und dem Gebet dienten Albertus Magnus erlautert in seinem Werk De vegetabilibus Lib VII I 14 De plantatione viridariorum die Anlage eines kombinierten Krauter und Ziergartens letzterer nimmt den grosseren Teil der Anlage ein es gibt in ihm eine gefasste Quelle eine Baumreihe als Begrenzung und Ziergewachse wie Madonnenlilie Rose Schwertlilie Akelei Veilchen Salbei Basilikum Weinraute und Ysop Der eigentlichen Gartenkunst verpflichtete Parkanlagen ausserhalb des klerikalen Bereichs entstanden aber erst in Renaissance und Barock Zur Anlage der Klostergarten sind nur wenige zeitgenossische Informationen erhalten und es liegen kaum archaologische Befunde vor Einige Ruckschlusse lassen sich aus Gemalden und Bildern in Stundenbuchern oder auf Wirkteppichen in Millefleurs Gestaltung ziehen Am bedeutendsten sind der St Galler Klosterplan aus dem fruhen 9 Jahrhundert und das aus dem Jahr 827 stammende Gedicht Liber de cultura hortorum Buch uber den Gartenbau von Walahfrid Strabo Abt des Klosters Reichenau auch nur Hortulus Gartlein genannt Die karolingische Verordnung fur die Bewirtschaftung der kaiserlichen Landguter und Herrenhofe aus dem Jahr 812 das Capitulare de villis vel curtis imperii durfte mit ihrer umfangreichen Liste von 73 Blumen Krautern Gemuse und Obstpflanzen und 16 Baumen den Hortulus und St Gallen wesentlich beeinflusst haben Nach diesen Vorgaben werden auch heute sogenannte Karlsgarten bepflanzt In den 2000er Jahren wurde der Klostergarten in Braunschweig eroffnet Religiose Bedeutung BearbeitenDie Pflanzen der Klostergarten fanden Eingang in die Bucher die in den Skriptorien hergestellt wurden und erschienen in stilisierter Form als Verzierungen neben dem Text Auf der anderen Seite waren im Klostergarten wo sowohl Kontemplation als auch handwerkliche Arbeit stattfanden christliche Symbolik und Weltdeutung stets prasent 2 Die Ordensregeln luden die manuelle Arbeit mit dem Aspekt des Heils auf das sich auf das Objekt der Arbeit ubertrug Die Obstbaume waren mit ihrem Vegetationsrhythmus Blute Fruchtreife Winterruhe und erneutes Erbluhen ein Sinnbild der Auferstehung der Baumgarten diente deshalb oft auch als Klosterfriedhof Auch immergrune Pflanzen Efeu oder Rosmarin verwiesen auf das ewige Leben Die angebauten Pflanzen erhielten christianisierte Bezeichnungen die an die Stelle der volkstumlichen Namen traten die fallweise wegen ihrer heidnischen Herkunft abgelehnt wurden Georgenkraut anstelle von Baldrian Johanniskraut oder Jageteufel anstelle von Hartheu Pflanzennamen wie Frauenschuh oder Frauenminze leiten sich von der Anrufung Marias als Unsere liebe Frau her nbsp Oberrheinischer Meister Das Paradiesgartlein um 1420Die Gottesmutter wird auf Altarbildern oder Wirkteppichen oft im Hortus conclusus verschlossener Garten dargestellt Dort symbolisierten weisse Madonnenlilien ihre Jungfraulichkeit und Reinheit die dornenlose Rose ihre unerschopfliche Barmherzigkeit Anmut und Milde Das Bild des verschlossenen Gartens geht zuruck auf eine Passage des Hohen Liedes die auf die Jungfrau Maria bezogen wird Hortus conclusus soror mea sponsa hortus conclusus fons signatus Ein verschlossener Garten ist meine Schwester und Braut ein verschlossener Garten und versiegelter Quell Vulgata Hohelied Salomos 4 12 Der Hortus conclusus reprasentierte das irdische Paradies ausserhalb dessen Einfriedung die heillose Welt ist Mit Maria als Gottesmutter verband sich dabei die Vorstellung des durch den Sundenfall Adams und Evas verlorenen und durch Christus wieder geoffneten Garten Eden Oft wird Maria in Gesellschaft eines Einhorns dargestellt das den menschgewordenen Gott verkorpert und mit seinem Horn die Wirkung von Gift aufheben soll so wie Christus die Erbsunde uberwunden hat Fur die Darstellung des Hortus conclusus standen die Zier und Baumgarten der Kloster augenfallig Pate Albertus Magnus empfahl fur diese Garten Pflanzen wie Madonnenlilie Rose Schwertlilie Akelei Veilchen Salbei Weinraute oder Ysop die in Beziehung zu Maria oder zu Kirche und Kultus beispielsweise als Altarschmuck oder als Attributpflanzen bei Heiligenfesten gesetzt wurden Viele der im Klostergarten angebauten Pflanzen wie Johanniskraut Jageteufel Beifuss oder Disteln erfullten auch apotropaische Funktionen indem sie helfen sollten finsteren Machte den Zugriff zu verwehren oder Damonen und Zauberei zu exorzieren In der kreuzformigen Wegefuhrung zur Beeteinteilung wurde eine ahnliche Wirksamkeit erblickt Pflanzen und Heilmittelkunde Bearbeiten nbsp Im Kreuzgang mikroklimatisch begunstigte Hochbeete Kloster Blaubeuren 2007Die Monche sammelten Werke antiker Autoren uber Pflanzen und Heilmittelkunde vervielfaltigten sie und bauten auf diesem Wissen auf Sie verfassten eigene Abhandlungen und zwischen den Klostern entstand ein reger Austausch von Buchern Pflanzen Praparaten und Samen Auf diese Weise und uber den Fernhandel gelangten etliche sudeuropaische und orientalische Gewachse in den mitteleuropaischen und nordalpinen Raum Dort ermoglichte eine geschutzte Lage innerhalb oder entlang der Klostermauern deren Kultivierung und damit die vertiefte Kenntnis vormals fremdlandischer Pflanzen wie Fenchel oder Liebstockel Die ursprunglich mediterranen Pflanzen wurden mit der Zeit nicht nur in den Klostergarten sondern auch in burgerlichen und bauerlichen Hausgarten angepflanzt Die systematische Unterscheidung der unterschiedlichen Floren und grossere botanische Genauigkeit in der Beschreibung der jeweils vorkommenden Arten gelang ab dem 16 Jahrhundert parallel zu den damals aufkommenden zahlreichen Krauterbuchern Die botanischen Garten die sich ebenfalls in dieser Zeit im Umfeld der medizinischen Fakultaten an den Universitaten entwickelten und die Forschung weiter vorantrieben standen sichtlich in der Tradition der Klostergarten die zu Lehrzwecken mit exotischen Arzneipflanzen bereichert worden waren Einige Orden widmeten sich vor allem oder ganz der mittelalterlichen Klostermedizin Die Antoniter oder der Lazarus Orden spezialisierten sich auf die medizinische Tatigkeit und die Benediktiner sahen die Fursorge fur ihre Kranken als Dienst an Christus selbst Infirmorum cura ante omnia et super omnia adhibenda est ut sicut revera Christo ita eis serviatur Die Sorge fur die Kranken muss vor und uber allem stehen damit man ihnen wirklich wie Christus diene Benedikt von Nursia Regula Benedicti Kapitel 36 Vor allem stark riechende Pflanzen fanden im medizinischen Bereich Anwendung Die seit der Antike herrschende Miasmenlehre besagte dass giftige Ausdunstungen des Erdreichs mit der Luft fortgetragen wurden und so Krankheiten weiterverbreiteten In den Hospizen wurde die verpestete Luft ausgerauchert auf den Boden der Kloster und Kirchen verstromten frische Schnittblumen ihren Duft dem man eine belebende und heilende Wirkung zuschrieb Der starke Duft von Rosen und Lilien wurde herausgestellt wahrend duftlose Blumen keine Beachtung fanden Nicht zuletzt die Krauter aus dem Mittelmeergebiet waren wegen ihrer ausgepragten Aromen bei Arzten Apothekern und dem Volk sehr beliebt Die Monche und Nonnen sammelten Erfahrungswissen im Umgang mit den Heilkrautern und deren Wirkkraften Den eigenen Wissensbestand erganzten mundliche Uberlieferungen der Volksmedizin die in die Lehre miteinbezogen wurden Namhaft dafur sind die Abhandlungen der Benediktinerin Hildegard von Bingen Teilweise wurden darin bereits fruher bekannte Behandlungen aufgenommen einiges war aber vollig neu beziehungsweise in schriftlicher Form bislang nicht festgehalten Aus den klosterlichen Erfahrungen schopfte schliesslich die weltliche Apotheke die sich seit dem 14 Jahrhundert in den Stadten verbreitet hatte eigene Krautergarten anlegte und mit anderen offentlichen Gesundheitseinrichtungen seit der fruhen Neuzeit vermehrt an die Stelle des Komplexes aus Klostergarten apotheke und hospiz trat Literatur BearbeitenJohannes Gottfried Mayer Klostermedizin Die Krautergarten in den ehemaligen Klosteranlagen von Lorsch und Seligenstadt Verlag Schnell und Steiner 2002 ISBN 978 3 7954 1429 0 Johannes Gottfried Mayer Klostergarten die Apotheke Gottes In Rudolf Walter Hrsg Gesundheit aus Klostern Verlag Herder Freiburg 2013 ISBN 978 3 451 00546 6 S 8 ff Irmgard Muller Heilpflanzen aus Klostergarten In Das Erbe der Klostermedizin Symposion im Kloster Eberbach Eltville Rh am 10 September 1977 Wortlaut der Vortrage Ingelheim a Rh 1978 S 9 14 Marilise Rieder Klostergarten Kleines Klingental Symbolik und Gebrauch der Gartenpflanzen im Mittelalter Museum Kleines Klingental Basel 2002 ISBN 3 9522444 1 4 Harald Schwillus Markus Globisch Klostergarten der Zisterzienser und Spiritueller Tourismus In Cistercienser Chronik Band 128 2021 S 314 324 Markus Globisch Klostergarten ein theologischer Blick In Cistercienser Chronik Band 129 2022 H 2 181 186 Harald Schwillus Markus Globisch Klostergarten und Spiritueller Tourismus Eine qualitativ explorative Studie Logos Verlag Berlin 2022 ISBN 978 3 8325 5447 7 open access https doi org 10 30819 5447 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Klostergarten Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Klostergarten Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Doris Schulmeyer Torres Bauerngarten Auszug Turba Delirantium Hortulus Informationen zu hochmittelalterlichem Garten und Ackerbau Einzelnachweise Bearbeiten Christina Becela Deller Ruta graveolens L Eine Heilpflanze in kunst und kulturhistorischer Bedeutung Mathematisch naturwissenschaftliche Dissertation Wurzburg 1994 Konigshausen amp Neumann Wurzburg 1998 Wurzburger medizinhistorische Forschungen Band 65 ISBN 3 8260 1667 X S 104 110 Markus Globisch Klostergarten ein theologischer Blick In Cistercienser Chronik Band 129 H 2 S 181 186 Normdaten Sachbegriff GND 4257637 4 lobid OGND AKS LCCN sh88003973 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Klostergarten amp oldid 236309790