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Franko flamische Musik auch Niederlandische Polyphonie ist die Bezeichnung einer Epoche in der abendlandischen Musik die ausgehend vom Nordwesten Europas etwa 200 Jahre lang eine fuhrende Stellung im 15 und 16 Jahrhundert eingenommen hat und die weitere Entwicklung der abendlandischen Musik grundlegend bestimmt hat 1 2 Der flamische Kulturraum entwickelte einerseits vorzugliche Kunstwerke im Bereich der Bildenden Kunst als auch auf dem Feld der Tonkunst Dies kommt auf dem Olgemalde Christus umgeben von musizierenden Engeln des flamischen Malers Hans Memling zur Geltung Engel spielen auf Instrumenten die sich im 14 und 15 Jahrhundert in der franko flamischen Musik allmahlich parallel zum menschlichen Gesang herausgebildet haben Es sind dies von links fruhe Zupfinstrumente Streichinstrumente Lauten Blechblasinstrumente und Holzblasinstrumente Inhaltsverzeichnis 1 Uberblick und kulturhistorischer Hintergrund 2 Entwicklung 2 1 Vorlaufer und Wegbereiter etwa 1380 bis 1420 2 2 1 Generation etwa 1420 bis 1450 2 3 2 Generation etwa 1450 bis 1490 2 4 3 Generation etwa 1490 bis 1520 2 5 4 Generation etwa 1520 bis 1550 2 6 5 Generation etwa 1550 bis nach 1600 3 Weiterentwicklung im 17 Jahrhundert 4 Gattungen der franko flamischen Musik 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 QuellenUberblick und kulturhistorischer Hintergrund BearbeitenNachdem der Begriff Franko flamische Musik erstmals 1939 von dem Musikwissenschaftler Paul Henry Lang benutzt wurde hat sich diese Bezeichnung auch franko flamische Schule seit den spaten 1970er Jahren fur das Schaffen mehrerer Generationen von Komponisten eingeburgert die aus Nordfrankreich dem heutigen Belgien und den sudlichen Niederlanden stammten aber etwa zwischen 1380 und 1600 in ganz Europa gewirkt haben Ein Lehrer Schuler Verhaltnis hat zwischen den wenigsten dieser Komponisten bestanden insofern ist die Bezeichnung Schule irrefuhrend Als Voraussetzung fur ihre Entstehung kann angesehen werden dass im letzten Jahrzehnt des 14 Jahrhunderts eine enge politische wirtschaftliche und kulturelle Verbindung zwischen Frankreich und dem zuvor relativ unabhangigen Burgund entstand und dass die Provinzen Flandern Brabant Hennegau und Limburg des Heiligen Romischen Reiches Deutscher Nation in nachhaltiger Weise zu gesamteuropaischer Bedeutung gelangten Der letztere Vorgang geht grossenteils auf das politische Wirken der vier Herzoge Philipp der Kuhne 1342 1404 Johann Ohnefurcht 1371 1419 Philipp der Gute 1396 1467 und Karl der Kuhne 1433 1477 und auf die an ihren Hofen gepflegte Musikkultur zuruck Der wirtschaftliche Aufstieg der flamischen und nordfranzosischen Region fuhrte zu einer Kulturgemeinschaft von pragender Kraft und besonderem Zusammengehorigkeitsgefuhl und bewirkte im Laufe der Zeit dass die Musikkultur dieser Region in ganz Europa zu hohem Ansehen gelangte Viele franko flamische Komponisten gingen aus den sogenannten Maitrisen hervor den musikalischen Ausbildungsstatten der grosseren Kathedral und Kollegiatkirchen in Luttich Tournai Cambrai Mons Lille Antwerpen Brugge Gent und anderen Stadten mit ihrer beispielhaften Organisation wobei viele von ihnen ein geistliches Amt bekleideten Sie komponierten alle fur Chore mit denen sie selbst praktisch musikalisch arbeiteten Ihr Ruf aus den fuhrenden musikalischen Zentren der Zeit zu stammen veranlasste die weltlichen und geistlichen Fursten ganz Europas sie fur ihre Hofe zu gewinnen und auch zu halten So erklart sich die grosse Breite ihres Wirkungsfelds und die betrachtliche Zahl auch weniger bekannter Komponisten Im Unterschied zu den Komponisten des 14 Jahrhunderts schrieben sie vor allem geistliche Musik Messen geistliche Motetten sowie Propriums und Offiziumsgesange wie Hymnen Antiphonen Sequenzen Magnificats und Psalmen wogegen die Anzahl weltlicher Motetten und mehrstimmiger Lieder geringer ist Allen Komponisten dieser Gattung gemeinsam ist das Streben nach der Beherrschung des musikalischen Satzes und dessen fortschreitender Rationalisierung wobei anfangs der drei bis vierstimmige Satz vorherrschte bei den spateren Meistern der funf bis uber sechsstimmige Satz angetroffen werden kann Bei noch hoherer Stimmenzahl wird der Ubergang zur Mehrchorigkeit Coro spezzato vollzogen weil andernfalls die Anzahl der naturlichen Stimmlagen uberschritten wurde Entwicklung BearbeitenDie franko flamische Zeitspanne wird in den Vorlaufer Zeitraum und in funf Zeitabschnitte Generationen gegliedert Die musikgeschichtliche Bedeutung der franko flamischen Musik liegt in der Weiterentwicklung der mehrstimmigen Musik und der Entwicklung des Kontrapunkts der schliesslich von Giovanni Pierluigi da Palestrina zur Perfektion gebracht wird Vorlaufer und Wegbereiter etwa 1380 bis 1420 Bearbeiten Der prominenteste Vorlaufer der franko flamischen Musik ist Johannes Ciconia der in Avignon einigen italienischen Stadten Luttich und Padua wirkte Seine Werke wurzeln sowohl in der franzosischen Ars Nova als auch in der italienischen Musik des Trecento Ein Einfluss der englischen Musik seiner Zeit John Dunstable bedeutsam fur andere franko flamische Komponisten Guillaume Dufay ist bei ihm nicht nachweisbar In dieser Zeit beginnt auch die Wahrnehmung der Terz und Sext als Konsonanz siehe ausser Konsonanz auch Dissonanz Dies wurde vor allem durch John Dunstable und den Fauxbourdon vorangetrieben und verbreitet Zu der Vorlaufergruppe zahlen neben Ciconia folgende Komponisten Hugo Boy monachus Johannes Carmen Johannes Cesaris Martinus Fabri Pierre Fontaine Nicholas Grenon Mattheus Sanctus Jacob de Senleches Jean Tapissier und Petrus Vinderhout 1 Generation etwa 1420 bis 1450 Bearbeiten nbsp Guillaume Dufay links als Kanonikus des Domkapitels zu Cambrai im blauen Rock neben einem Portativ ihm gegenuber Gilles Binchois als Mitglied der burgundischen Hofkapelle rot gekleidet und auf eine Harfe gestutztHauptvertreter dieser Gruppe welche die sogenannte Burgundische Schule einschliesst ist Guillaume Dufay 1397 1474 In seinem Werk findet sich die aus England stammende Stegreifpraxis des Fauxbourdon Zunachst schrieb Dufay im Stil des dreistimmigen franzosischen Chanson wahrend er spater zur Vierstimmigkeit uberging Bei ihm besteht die Tendenz zur Vereinheitlichung und Zusammenfassung sowie zum Zusammenschluss der einzelnen Messesatze zu Messzyklen wobei die Form der sogenannten Tenormesse vorherrscht eine fremde oft weltliche Melodie als Hauptmelodie in der Tenorlage aller Messsatze Neben Dufay besitzt Gilles Binchois einen besonderen Rang Stilkennzeichen der Werke der ersten Generation ist eine melodische Frische der Oberstimme insbesondere in den Chansons weniger in den Motetten und Messen Im Falle von Binchois fuhrte dies zu seinem Beinamen als Vater der Frohlichkeit Bei dieser ersten Generation werden Motettenkompositionen wie schon im 14 Jahrhundert vom Verfahren der Isorhythmie bestimmt Die Messe wird eine selbstandige musikalische Form Es entwickeln sich die Discantusmesse und die Cantus firmus Messe In einer zeitgenossischen Handschrift gibt es eine bildliche Darstellung der beiden fuhrenden Komponisten welche Dufay als Kanonikus des Domkapitels zu Cambrai im blauen Rock neben einem Portativ zeigt und ihm gegenuber Binchois als Mitglied der burgundischen Hofkapelle rot gekleidet und auf eine Harfe gestutzt Zur Gruppe der ersten Generation gehoren neben Dufay und Binchois noch folgende Meister Johannes Brassart Simon le Breton Thomas Fabri Arnold de Lantins Hugo de Lantins Johannes de Limburgia Robert Morton Johannes de Sarto und Jacobus Vide 2 Generation etwa 1450 bis 1490 Bearbeiten nbsp Johannes Ockeghem mit Mitgliedern des Chores in einer Darstellung des 16 JahrhundertsFuhrender Kopf dieser Gruppe ist Johannes Ockeghem neben ihm hat Antoine Busnoys eine gehobene Bedeutung In dieser Zeit nach dem Ende des Hundertjahrigen Krieges in Frankreich 1453 wo sich auch das franzosische Konigtum festigte wird das Herzogtum Burgund als erledigtes Lehen eingezogen Dadurch entstand im Loire Tal um die Stadt Tours ein zweites kulturelles Zentrum neben Paris von wo aus im Bereich der Kunst des Chansons sowie der Motetten und Messenkomposition starke Impulse ausgingen Die Anzahl der Sanger und Komponisten die sich von dort aus nach Italien wandte nahm nun bestandig zu insbesondere weil an den italienischen Hofen viele neue Kapellen gegrundet worden waren Es hatten sich dort nach den Kleinkriegen der vorangegangenen Zeit stattliche Herzogtumer und Reiche gebildet die dem erreichten materiellen Wohlstand nun eine verfeinerte Kultur zur Seite stellen wollten Auf Grund ihres Ausbildungsstandes waren die Sanger und Komponisten aus dem franko flamischen Raum gerade die Krafte die diesem Bedarf entgegenkamen So kam es in der zweiten Halfte des 15 Jahrhunderts zu einer beinahe flachendeckenden Ausbreitung des franko flamischen Stils uber die Residenzen Italiens die italienischen Stadtpatriziate und den papstlichen Hof In Ockeghems Kompositionen findet sich ein Stilmittel aus der franzosischen Tradition wieder Die melodischen Linien greifen fliessend ineinander trotz klarer Gliederung sind keine deutlichen Zasuren zu horen Das Repertoire der kontrapunktischen Kompositionen wird durch viele Kanons erganzt auch solche mit verschlusselten Anweisungen Ratselkanons und Proportionskanons in Mensuralnotation 3 Zur Gruppe der zweiten Generation werden neben Ockeghem und Busnoys folgende Komponisten gerechnet Johannes Agricola Jacob Barbireau Jacobus Barle Willem Braxatoris Firminus Caron Petrus Elinc Eloy d Amerval Guillaume Faugues Jehan Fresneau Hayne van Ghizeghem Cornelius Heyns Jean Japart Gilles Joye Guillaume Le Rouge Johannes Martini Johannes Pullois Johannes Regis Johannes de Stokem und Johannes Tinctoris 3 Generation etwa 1490 bis 1520 Bearbeiten nbsp Jacob Obrecht in einer Darstellung aus dem Jahr 1496 source source Horbeispiel von Josquin Desprez Die Grille El Grillo Zweifellos erreichte die Ausbreitung der franko flamischen Musik mit der dritten Generation ihren Hohepunkt Ihre ranghochsten Vertreter sind Jacob Obrecht Heinrich Isaac und Josquin Desprez Fur die Werke des letzteren Komponisten ist besonders die Anwendung der Imitation kennzeichnend er hat die Moglichkeit die Einzelstimmen nacheinander mit demselben Thema auf verschiedener Tonhohe einsetzen zu lassen zu besonderer kompositorischer Meisterschaft entwickelt die weit uber seine Lebenszeit hinaus zum Vorbild wurde Daruber hinaus wird eine Gleichberechtigung aller Stimmen angestrebt In dieser Zeit hatten sich Italiens Residenzen und Stadte zu den wichtigsten musikalischen Zentren Europas entwickelt und behielten diesen Rang noch durch das ganze 17 Jahrhundert Das Konzept der franko flamischen Komponisten hatte sich inzwischen vollstandig durchgesetzt Nachdem in Rom unter Papst Sixtus IV Amtszeit 1471 1484 die papstliche Kapelle wieder aufgebaut war hatte dies einen grossen Einfluss auf die Entfaltung kirchenmusikalischer Zentren in anderen Stadten Italiens Das Defizit in der italienischen Musikerausbildung verringerte sich nach und nach weil die komplizierte mehrstimmige Mensuralmusik einen ausgebildeten Sangertyp erforderte wie er in Italien vor dieser Zeit kaum vorhanden war Ausserdem hatte sich in Antwerpen und Mecheln Petrus Alamire darauf spezialisiert zusammen mit anderen die europaische Musikwelt mit Handschriften auszustatten die wegen ihrer hohen Qualitat hinsichtlich Notentext und Schmuck sehr begehrt waren und sowohl von den hofischen Musikkapellen wie von den Kathedralen angefordert wurden Daruber hinaus kam fur die Herstellung von Musikdrucken mit mehrstimmiger Mensuralmusik ziemlich rasch das Buchdruckverfahren zur Anwendung ein Verdienst von Ottaviano dei Petrucci 1466 1539 Auch macht sich in dieser Zeit eine allmahliche Abschwachung des Fuhrungsanspruchs der franko flamischen Musik bemerkbar begleitet von einer sich anbahnenden nationalen Differenzierung in der Musik Kurz nach dem Jahr 1500 breitete sich ausgehend von Mantua und Verona die italienischsprachige Frottola aus und in Suddeutschland und Osterreich kam das deutsche Tenorlied zur Blute Zur Gruppe der dritten franko flamischen Generation gehoren folgende Komponisten Alexander Agricola Petrus Alamire alias Peter Imhoff Noel Bauldeweyn Philippe Basiron Antoine Brumel Nicolaes Craen Loyset Compere Antonius Divitis Antoine de Fevin Gaspar van Weerbeke Johannes Ghiselin alias Verbonnet Heinrich Isaac Josquin Desprez Colinet de Lannoy Erasmus Lapicida Pierre de la Rue Nicolas Champion genannt Liegeois Stephan Mahu Jean Molinet Jean Mouton Jacob Obrecht Marbriano de Orto Paulus de Roda Nicolas Payen Matthaeus Pipelare Johannes Prioris Adam Rener Colijn Sampson Crispinus van Stappen 4 Generation etwa 1520 bis 1550 Bearbeiten nbsp Adrian Willaert war Domkapellmeister am Markusdom in VenedigDie Tendenzen des vorangegangenen Zeitabschnitts setzten sich wahrend der vierten Generation verstarkt fort Noch standen die franko flamischen Komponisten fast uberall im Zentrum des internationalen Musiklebens wie Adrian Willaert als Kapellmeister der Staatskirche San Marco in Venedig oder Jacobus Arcadelt als Leiter der Sixtinischen Kapelle in Rom Josquins Stil lebte weiter und erfuhr eine erneute Belebung ein Vorgang der hier in der Musikgeschichte erstmals eintrat Der verbindliche Stil der franko flamischen Musik wurde festgeschrieben und vertieft konnte aber kaum weiter entwickelt werden In der Uberlieferung der Handschriften und Drucke wachst der Anteil nicht franko flamischer Komponisten fortwahrend insbesondere in Frankreich Deutschland und Spanien Diese Komponisten machten sich zwar den franko flamischen Stil zu eigen zeigten aber in den Gattungen der Messe und der Motette eigene Zuge die auf nationale Ursprunge hinweisen zum Beispiel Costanzo Festa 1480 1545 in Italien Die fur Festa charakteristische Komponierweise wurde von Giovanni da Palestrina und der Romischen Schule weiter entwickelt Die Unterscheidung zwischen Dur und Moll sowie die Regeln zur restriktiven Dissonanzenbehandlung setzten sich durch Funf und Sechsstimmigkeit wurden zur Norm der Cantus firmus verlor an Bedeutung und es entstand die Parodiemesse Die nationalen Musikstile wie das italienische Madrigal ab 1530 das entstehende Pariser Chanson und das aufstrebende deutsche Tenorlied sowie die selbstandigen Gattungen in Spanien und England wurden zunehmend von einheimischen Komponisten getragen wahrend die nationalitat ubergreifenden Gattungen von Madrigal Cipriano de Rore und neuem Chanson Jakob Arcadelt von franko flamischen Komponisten weiter gepflegt wurden Folgende Komponisten werden der vierten franko flamischen Generation zugeordnet Benedictus Appenzeller Jakob Arcadelt Antoine Barbe Josquin Baston Jacquet de Berchem Jean de Bonmarche Cornelis Boscoop Arnold von Bruck Jakob Buus Cornelius Canis Jacobus Clemens non Papa Jean Courtois Thomas Crecquillon Jean De Latre Philippe Duc le Duc Theodor Evertz Franciscus Florius Andrea Gabrieli Gheerkin de Hondt Nicolas Gombert Joest Hectre Lupus Hellinck Homer Herpol Christian Hollander Georgius Hompe Jachet de Mantua Pierken Jordain Jean Lecocq alias Joannes Gallus Mattheus Le Maistre Johannes Lupi Pierre de Manchicourt Gherardus Mes Servaes van der Meulen Pierre Moulu Dominique Phinot Jean Richafort Cipriano de Rore Claudius Salmier Adrianus Scockaert Carolus Souliaert Tielman Susato Gerard de Turnhout Alexander Utendal Jheronimus Vinders Matthias Hermann Werrecore Philip van Wilder Adrian Willaert Jan van Wintelroy Joannes Zacheus 5 Generation etwa 1550 bis nach 1600 Bearbeiten nbsp Orlando di Lasso inmitten einer Kapelle source source Orlando di Lasso Resonet in laudibus LV 363In der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts gab es zwei franko flamische Komponisten die ihre komponierenden Zeitgenossen bei weitem uberragt haben Giovanni Pierluigi da Palestrina und Orlando di Lasso Sie kronten die Schlussphase dieser Musik auf ganz verschiedene Weise Palestrina befasste sich ausschliesslich mit der Komposition von Messen und Motetten deren Satz auf einer Summe von ausgefeilten Satzregeln beruhte Seine Werke gelten seither insbesondere hinsichtlich der Textverstandlichkeit als Vorbild jeglicher Kirchenmusik Das Werk Orlando di Lassos dagegen umfasst samtliche musikalische Gattungen des 16 Jahrhunderts Beide Komponisten gelten als die zusammenfassenden Vollender des franko flamischen Stils Es ist bemerkenswert dass die Kunst der letzten franko flamischen Komponisten besonders nachhaltig am Hof der Habsburger Fursten gepflegt wurde wobei die hochste kontrapunktische Meisterschaft sozusagen als Symbol einer alles vereinenden universalen Idee dienen konnte Wahrend der Gegenreformation fand das Konzil von Trient statt auf dem die Kirchenmusik und deren Verstandlichkeit massgeblich diskutiert wurden Hingegen bahnte sich im letzten Drittel des Jahrhunderts in Venedig Florenz London und Paris eine neue Entwicklung an von der prima zur seconda prattica Entstehung der Oper und des konzertierenden Stils Dieser revolutionare Wandel der musikalischen Sprache beispielhaft sichtbar an dem Werk von Claudio Monteverdi 1567 1643 ab dem Jahr 1600 ist bei keinem dieser Komponisten vorbereitet Zur funften franko flamischen Generation werden folgende Komponisten gerechnet Agidius Bassengius Jan Belle Jean de Castro Johannes de Cleve Pieter Cornet Severin Cornet Ludovicus Episcopius Noe Faignient Jacobus Florius Johannes de Fossa Dyricke Gerarde Gery de Ghersem Antonius Gosswin George de La Hele Balduin Hoyoul Jacobus de Kerle Orlando di Lasso Orlande de Lassus Claude Le Jeune Simon Lohet Carl Luython Jean de Macque Johannes Mangon Samuel Mareschall Rinaldo del Mel Renatus del Mel Leonard Meldert Rogier Michael Philippe de Monte Giovanni Pierluigi da Palestrina Andreas Pevernage Jakob Regnart Philippe Rogier Franz Sales Lambert de Sayve Joannes Tollius Jan van Turnhout Jacobus Vaet Ivo de Vento Cornelis Verdonck Caspar Vincentius Hubert Waelrant Giaches de WertWeiterentwicklung im 17 Jahrhundert BearbeitenDie romische Schule fuhrte die Franko flamische Musik fort und entwickelte sie weiter im Sinne einer Vereinfachung Von kirchlicher Seite wurde sie mit dem Argument der fehlenden Textverstandlichkeit aufgrund der vorherrschenden Polyphonie kritisiert Der romische Stil stand in einem gewissen Gegensatz zum progressiveren venezianischen Stil im Sinne Giovanni Gabrielis und Claudio Monteverdis der noch homophoner angelegt ist und vor allem nun auch z T solistische Instrumentalstimmen miteinbezog Zu Beginn des 17 Jahrhunderts fuhrten die Bruder Giulio Cesare und Claudio Monteverdi den Begriff prima pratica ein als Gegensatz zu der von ihnen geschaffenen monodisch gepragten seconda pratica Der Ausdruck stile antico tauchte im Ruckblick auf die Polyphonie der Renaissance erstmals etwa um 1640 beim Musiktheoretikern Marco Scacchi auf Er wird bis heute oft als Synonym von prima pratica verwendet Die Florentiner Camerata verfolgte als Ziel den vollkommenen Ausdruck des Affektes und die Verstandlichkeit des Textes Dieser Gesang entwickelte sich deshalb zur Monodie die nur noch von einigen stutzenden Akkorden des Generalbasses begleitet wurde Die Polyphonie hingegen wurde verworfen Das Prinzip Monodie trat erfolgreich in Konkurrenz zum bis dahin immer komplizierter werdenden mehrstimmigen kontrapunktisch komponierten Gesang prima pratica Neben den formalen Aspekten bestand die grosste Neuerung darin dass der Gesang die Textverstandlichkeit und den Textsinn zur Hauptsache machte Im Zeitalter des Absolutismus bildete sich die Polyphonie deshalb stark zuruck vgl Barockmusik was erst nachtraglich wahrgenommen wurde Jean Philippe Rameau stellte fest dass die Akkorde mittlerweile wichtiger waren als die individuellen Stimmen Traite de l harmonie 1723 Er bezeichnete dies als naturliches Prinzip Gattungen der franko flamischen Musik BearbeitenMesse Musik Parodiemesse Cantus firmus Discantusmesse Motette Staatsmotette Tenormotette Isorhythmische Motette Madrigal Musik Siehe auch BearbeitenKategorie Franko flamischer KomponistLiteratur BearbeitenFrancois Joseph Fetis Memoire sur cette question Quels ont ete les merites des neerlandais dans la musique principalement aux 14e 15e et 16e siecles Amsterdam 1829 J Wolf Der niederlandische Einfluss in der mehrstimmigen gemessenen Musik bis zum Jahre 1480 In Tijdschrift van de Vereniging voor nederlandse muziekgeschiedenis Nr 6 1900 und Nr 7 1904 A Schering Die niederlandische Orgelmesse im Zeitalter des Josquin Leipzig 1912 K Ph Bernet Kempers Die wallonische und franzosische Chanson in der 1 Halfte des 16 Jahrhunderts In Kongressbericht Luttich 1930 A Grundzweig Notes sur la musique des Pays Bas au XVe siecle In Bulletin de l Institut historique belge de Rome Nr 18 1937 W Stephan Die burgundisch niederlandische Motette zur Zeit Ockeghems Kassel 1937 Nachdruck 1973 Heidelberger Studien zur Musikwissenschaft Nr 6 J Marix Histoire de la musique et des musiciens de la cour de Bourgogne sous le regne de Philippe le Bon 1420 1467 Strassburg 1939 Reprint Baden Baden 1974 Sammlung musikwissenschaftlicher Abhandlungen Nr 28 als Reprint Nr 29 E E Lowinsky Secret Chromatic Art in the Netherlands Motet New York 1946 Reprint New York 1967 Charles van den Borren Geschiedenis van de Muziek in de Nederlanden 2 Bande Antwerpen 1948 Heinrich Besseler Bourdon und Fauxbourdon Studien zum Ursprung der niederlandischen Musik Leipzig 1950 herausgegeben von Peter Gulke 1974 Rene Bernard Lenaerts The 16th Century Parody Mass in the Netherlands In The Musical Quarterly Nr 36 1950 Peter Gulke Liedprinzip und Polyphonie in der burgundischen Chanson des 15 Jahrhunderts Dissertation an der Universitat Leipzig 1958 Ludwig Finscher Die nationalen Komponenten in der Musik der 1 Halfte des 16 Jahrhunderts In Kongressbericht Salzburg 1964 Band 1 S 37 45 und Band 2 S 81 87 Diskussionsprotokoll W Elders Studien zur Symbolik in der Musik der alten Niederlander Bilthoven 1968 Utrechtse Bijdragen tot de Muziekwetenschap Nr 4 K Polk Ensemble Performance in Dufay s Time In Allan W Atlas Herausgeber Dufay Quincentenary Conference Brooklyn College December 6 7 1974 New York 1976 S 61 75 D Bryant The Cori Spezzati of St Mark s Myth and Reality In Early Music History Nr 1 Studies in Medieval and Early Modern Music herausgegeben von I Fenlon Cambridge und andere 1981 S 165 186 L Lockwood Music in the Renaissance Ferrara 1400 1505 The Creation of a Musical Centre in the Fifteenth Century Oxford 1984 P M Higgins Antoine Busnois and Musical Culture in the Late Fifteenth Century France and Burgundy Dissertation an der Princeton University 1987 Lothar Hoffmann Erbrecht Stufen der Rezeption des niederlandischen Stils in der deutschen Musik der Durerzeit In Festschrift H Federhofer herausgegeben von C H Mahling Tutzing 1988 S 155 168 Florilegium musicologicum A Planchart Guillaume Du Fay s Benefices and His Relationship to the Court of Burgundy In Early Music History Nr 8 1988 S 117 171 Ludwig Finscher Hrsg Die Musik des 15 und 16 Jahrhunderts Laaber 1989 Neues Handbuch der Musikwissenschaft 3 1 und 3 2 darin Klaus Hortschansky Kapitel 1 Musikleben S 23 128 Klaus Hortschansky Musikwissenschaft und Bedeutungsforschung Uberlegungen zu einer Heuristik im Bereich der Musik der Renaissance In Die Musik des 15 und 16 Jahrhunderts herausgegeben von Ludwig Finscher Zeichen und Struktur in der Renaissance Kongressbericht der Gesellschaft fur Musikforschung 1987 Kassel und andere 1989 S 65 86 A Kirkman Some Early Fifteenth Century Fauxbourdons by Dufay and his Contemporaries A Study in Liturgically Motivated Style In Tijdschrift van de Vereniging voor nederlandse muziekgeschiedenis Nr 40 1990 S 3 35 Laurenz Lutteken Guillaume Dufay und die isorhythmische Motette Gattungstradition und Werkcharakter an der Schwelle zur Neuzeit Hamburg Eisenach 1993 J Hale Die Kultur der Renaissance in Europa Munchen 1994 Weblinks BearbeitenDie franko flamische Musik des 15 und 16 Jahrhunderts in Worner Gratzer Meierott Geschichte der Musik 1993 Liste der Franko flamischen Komponisten auf der Webseite der Adriaen Willaert Stiftung W Schicker Franko Flamische Vokalpolyphonie Pragende Kompositionssprache der Renaissance In Alte Musik Auf br klassik de 28 November 2020 abgerufen am 4 Februar 2021 Lexikonartikel mit zusatzlichem Audiobeitrag inkl Musikbeispielen Quellen Bearbeiten Die Musik in Geschichte und Gegenwart MGG Sachteil Band 3 Barenreiter u a Kassel u a 1995 ISBN 3 7618 1104 7 Marc Honegger Gunther Massenkeil Hrsg Das grosse Lexikon der Musik Band 3 Elsbeth Haitink Herder Freiburg im Breisgau u a 1980 ISBN 3 451 18053 7 Ulrich Michels dtv Atlas Musik Band 1 22 Auflage dtv Munchen 2008 ISBN 978 3 423 03022 9 S 241 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Franko flamische Musik amp oldid 239268112