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Das Madrigal ist ein mehrstimmiges Vokalstuck meist weltlichen Inhalts und eine wichtige musikalische Gesangsform der Renaissance und des Fruhbarocks Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Ursprunge 3 Geschichte 3 1 Fruhes Madrigal 1520 1550 3 2 Klassisches Madrigal 1550 1580 3 3 Spates Madrigal 1580 1620 4 Bedeutende Madrigalisten 5 Englische Schule 6 Siehe auch 7 Literatur 8 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenDas Madrigal ist ursprunglich eine sehr freie in Italien entstandene Gedichtform die als Textgrundlage fur eine Komposition diente Singgedicht 1 Besonders in Italien war diese Gattung im 16 und 17 Jahrhundert zuerst als mehrstimmige Chorkomposition dann auch als instrumental begleitetes Sologesangsstuck sehr beliebt Der Text beinhaltet zumeist weltliche Themen das geistliche Pendant zum Madrigal bildet die Motette In der Geschichte des Madrigals hat sich seine Gestalt mehrfach verandert zu allen Zeiten aber handelte es sich dabei um weltliche in der Regel vier funf oder sechsstimmige Chorstucke in einem kammermusikalischen Rahmen Sie boten dem Komponisten die Moglichkeit sich unabhangig von der dominierenden und stark formalisierten sakralen Musik kreativ frei zu entfalten Anders als fur weltliche Musik zu dieser Zeit ublich war das Madrigal komplex durchkomponiert und auf emotionalen Ausdruck hin orientiert Insbesondere die Option den Text nicht nur einfach wiederzugeben sondern durch Gesang wie Instrumentierung mit lautmalerischen Effekten gestalterisch zu sich kommen zu lassen liess in kurzester Zeit zahlreiche neuartige musikalische Techniken entstehen so zum Beispiel Tremolo und Pizzicato Madrigale wurden auch fur verschiedene Musikinstrumente bearbeitet Das Madrigal wurde im Verlauf seiner Entwicklung auch zu einer Keimzelle anderer weltlicher aber auch sakraler Musikformen wie der Kantate des Oratoriums oder der Oper bei Claudio Monteverdi Ursprunge BearbeitenDas Madrigal entstand in den 1520er Jahren im Umkreis der Medici Papste Leo X und Clemens VII und der mit den Medici konkurrierenden Bankiers Familie Strozzi zuerst in Florenz und dann in Rom Es ging aus den nicht offentlichen Florentiner Ballata und Barzelletta Vertonungen der alteren Florentiner Komponistengeneration Alessandro Coppini Giovanni Serragli Bartolomeo degli Organi und Bernardo Pisano hervor Sie verwenden die Satztechniken der lateinischen Motette und der franzosischen Chansons der Renaissance der in Italien wirkenden frankoflamischen Meister wie Josquin Desprez Loyset Compere Antoine Busnois und Heinrich Isaac Entgegen alteren Forschungsmeinungen gibt es in den Quellen keinerlei Uberschneidungen der Florentiner Barzelletta mit der oberitalienischen Frottola Nicht verwandt ist das Madrigal mit dem italienischen Trecento Madrigal des spaten 13 und fruhen 14 Jahrhunderts meist zwei selten dreistimmigen unbegleiteten Vokalkompositionen einfacher Machart Im Laufe des 14 und 15 Jahrhunderts geriet die Bezeichnung fur musikalische Zwecke ausser Gebrauch als sich diese Madrigale nur mehr als literarische Form niederschlugen siehe Madrigal Literatur Der Ursprung des Namens ist unklar eine Herleitung von Cantus matricalis das heisst Gesang in der Muttersprache also mit weltlichem Text als Gegenstuck zum Latein der Sakralwerke als auch von Mandra Herde ist denkbar da fruheste Werke auch als Mandriale bezeichnet wurden Geschichte BearbeitenDas Madrigal war die bedeutendste weltliche Musikform seiner Zeit Seine Blutezeit hatte es in der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts Bis zur Mitte des 17 Jahrhunderts hingegen verlor es allmahlich wieder an Bedeutung Fruhes Madrigal 1520 1550 Bearbeiten Bernardo Pisano kann als Vorreiter der fruhen Madrigalisten gelten die den Boden fur Philippe Verdelot die beiden Bruder Costanzo und Sebastiano Festa sowie Jacques Arcadelt die auf seinem Fundament ihr Talent weiterentwickelten bereitet haben Dessen Musikdruck Musica di meser Bernardo pisano sopra le canzone del petrarca von 1520 der erste Individualdruck mit Kompositionen eines einzigen Komponisten in italienischer Sprache enthalt Petrarca Texte und zeigt erstmals Vertonungen der neuen literarischen Stromungen Bembismus Pietro Bembo und Petrarkismus die sich nur wenig von den fruhen Madrigalen Verdelots unterscheiden 1530 erschien in Rom mit Madrigali de diversi musici primo libro de la Serena der erste Musikdruck mit dem Wort Madrigal im Titel Von nun an hauften sich Individualdrucke Die Form wurde rasch aufgenommen zum Beispiel von Costanzo Festa und Jacques Arcadelt 1539 In seinen Anfangen vertonte das Madrigal klassische italienische Lyrik und verband so weltliche Texte mit Musik Zu Beginn ist es meistens noch vierstimmig selten funf oder gar sechsstimmig und homophon gesetzt die Texte sind einstrophig mit ein bis zwei Reimpaaren in freier Abfolge Bereichert wurde die Form bald von Adrian Willaert der die Funfstimmigkeit durchsetzte und von seinem Schuler Cyprian de Rore der erste chromatische Madrigale komponierte Das fruhe Madrigal war lokal noch auf Florenz und Rom beschrankt Erst ab der Blutezeit wurde mit Willaert die Entwicklung in Venedig und ubrigen Teilen Italiens fortgesetzt Klassisches Madrigal 1550 1580 Bearbeiten nbsp Orlando di Lasso um 1593In dieser Phase gewann das Madrigal an Ausdruck und formaler Vielfalt Zumeist funfstimmig wechselnd homophon und polyphon und mit starken rhythmischen und harmonischen Kontrasten werden zum musikalischen Ausdruck der Textvorlage Mittel verwandt die an formaler Strenge verlieren und so die Form freier werden lassen Die bedeutendsten Vertreter dieser Zeit sind Orlando di Lasso Luca Marenzio Andrea Gabrieli zeitweise Giovanni Pierluigi da Palestrina und Philippe de Monte am Prager Hof bei Rudolf II und am Habsburger Hof bei Maximilian II Letzterer kennzeichnet auch den beginnenden Siegeszug des Madrigals in Europa Spates Madrigal 1580 1620 Bearbeiten Bereits in den 1560ern und 1570ern kam England durch die Tatigkeit Alfonso Ferraboscos am Hofe von Konigin Elisabeth I in Beruhrung mit der neuen Form Obgleich bereits damals erste Nachahmungen durch englische Komponisten verfasst wurden begann die Blute der Form in England erst 1588 mit dem Erscheinen einer Madrigalsammlung namens Musica transalpina mit in das Englische ubertragenen Texten verlegt von Nicholas Yonge Die ausserst erfolgreiche Sammlung initiierte explosionsartig die Entstehung der wohl reichhaltigsten Madrigalkultur ausserhalb Italiens mit Vertretern wie Thomas Weelkes John Wilbye William Byrd Orlando Gibbons Thomas Morley Thomas Tomkins und Thomas Bateson und liess in den 1620ern einen eigenstandigen Typ des Madrigals die Ayre entstehen die mit zunehmender Beliebtheit das Madrigal vergessen machte Auch in anderen Landern verbreitete sich das Madrigal wenn auch weniger stark In Deutschland war der wichtigste Madrigalist Hans Leo Hassler O Haupt voll Blut und Wunden aber auch Johann Hermann Schein und zeitweise Heinrich Schutz trugen zur Entwicklung des deutschen Madrigals wesentlich bei nbsp nbsp Horbeispiel i Chromatik in Gesualdos Madrigal Dolcissima mia vitaAuch in Italien blieb die Entwicklung nicht stehen Voll chromatischer Experimentierfreudigkeit siehe Hor und Notenbeispiel und mit kontrapunktischer Verflechtung der verschiedenen Stimmen lassen insbesondere das Madrigalwerk Carlo Gesualdos und die ersten Madrigalbucher Claudio Monteverdis mit ihrer extremen Ausdruckssteigerung die Ausgeglichenheit der Renaissancemusik bereits hinter sich und kundigen das Barock an Auch die Textvorlagen werden freier meist sechs bis dreizehn sieben und elfsilbige Verse in freier Reimstellung bieten der Musik weiten Raum Die Verstandlichkeit des Textes wird jedoch zugunsten der musikalischen Darstellung vernachlassigt Bereits 1601 schrieb Giulio Caccini in seinen Le nuove musiche Arien und Madrigale fur eine Singstimme und Basso continuo diesen Generalbass entwickelte Monteverdi ab 1605 in seinen Madrigalbuchern weiter Dessen achtes Buch Madrigali guerrieri et amorosi von 1638 wird gemeinhin als die Vollendung des Madrigals betrachtet Zugleich war das Madrigal am Ende seiner Entwicklung angelangt Die barocke Monodie loste die Polyphonie der Renaissance ab und die Entstehung neuer Formen wie Oper Rezitativ und Oratorium offnete weitere Horizonte Das Madrigal ging auf in Formen wie Kantate und Dialog als selbststandige Form horte es auf zu existieren Spater entstandene Beispiele sind in der Regel reine Ruckgriffe auf ein abgeschlossenes Formenrepertoire Auch Komponisten des 20 Jahrhunderts knupften gelegentlich erneut an seine Tradition an meistens aber ohne die Formstrenge des Vorbilds zum Beispiel im Schwarzen Madrigal von Mauricio Kagel oder in den Drei Madrigalkomodien von Peter Eotvos Bedeutende Madrigalisten BearbeitenFruhzeit Hohepunkt SpatzeitJacques Arcadelt um 1500 1568 Adrian Willaert 1490 1562 Costanzo Festa 1490 1545 Cyprian de Rore 1516 1565 Philippe Verdelot 1490 1562 Orlando di Lasso 1532 1594 Andrea Gabrieli um 1510 1586 Giovanni Pierluigi da Palestrina um 1525 1594 Philippe de Monte 1521 1603 Giaches de Wert 1535 1596 Luca Marenzio 1553 1599 Giovanni Gabrieli 1557 1612 Claudio Monteverdi 1567 1643 Carlo Gesualdo 1566 1613 Heinrich Schutz 1585 1672 Hans Leo Hassler 1564 1612 Johann Hermann Schein 1586 1630 Sigismondo d India 1582 1629 Englische Schule Bearbeiten Hauptartikel Englische Madrigalschule Alfonso Ferrabosco 1543 1588 Italienischer Herkunft aber in England lebend und wirkend William Byrd 1543 1623 John Dowland 1563 1626 Orlando Gibbons 1583 1625 Thomas Morley 1557 1602 Thomas Tomkins 1572 1656 Thomas Weelkes 1576 1623 John Wilbye 1574 1638 Peter Philips 1561 1628 John Bull 1562 1628 Thomas Campion 1567 1620 John Jenkins 1592 1678 John Mundy 1529 1591 Thomas Bateson 1570 1630 George Kirbye 1565 1634 Giles Farnaby 1563 1640 Michael Cavendish 1565 1628 John Farmer um 1570 nach 1601 John Bennet um 1575 nach 1614 Richard Carlton um 1558 um 1638 Michael East um 1580 1648 Thomas Greaves wirkte um 1600 Robert Jones 1577 nach 1617 Henry Lichfield Francis Pilkington um 1565 1638 John Ward 1571 1638 Thomas Vautor um 1580 Siehe auch BearbeitenListe von MadrigalistenLiteratur BearbeitenSabine Ehrmann Herfort Madrigal In Handworterbuch der musikalischen Terminologie Bd 4 Hrsg von Hans Heinrich Eggebrecht und Albrecht Riethmuller Schriftleitung Markus Bandur Steiner Stuttgart 2005 Digitalisat Markus Grassl Madrigal In Oesterreichisches Musiklexikon Online Ausgabe Wien 2002 ff ISBN 3 7001 3077 5 Druckausgabe Band 3 Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 2004 ISBN 3 7001 3045 7 Einzelnachweise Bearbeiten Karl Vossler Das deutsche Madrigal Geschichte seiner Entwicklung bis in die Mitte des XVIII Jahrhunderts Weimar 1898 S 1 12 Normdaten Sachbegriff GND 4168452 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Madrigal Musik amp oldid 234889949