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John Bull 1562 1563 in Somerset 13 Marz 1628 in Antwerpen war ein englischer Organist Cembalist und Komponist Er zahlte neben William Byrd zu den bedeutendsten englischen Virginalisten der elisabethanischen und jakobinischen Epoche John Bull 1589 sogenanntes Oxford Portrait Faculty of Music University of Oxford Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Werk 3 Literatur 4 Notenausgaben 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenJohn Bull wurde 1573 Kapellknabe an der Hereford Cathedral wo er unter dem Domorganisten John Hodges arbeitete Schon im nachsten Jahr 1574 wurde er wahrscheinlich Mitglied der Children of the Chapel Royal wo der Organist John Blitheman sein Lehrer wurde 1582 bekam Bull seine erste Anstellung als Organist wieder an der Kathedrale zu Hereford Im Januar 1586 wurde er offiziell zum Gentleman of the Chapel Royal unter Elisabeth I von England die sein Spiel offenbar sehr bewunderte Daneben erwarb er den Titel eines Doktors der Musik in Cambridge 1589 und Oxford 1592 als Dr Bull war er offenbar auch allgemein bekannt jedenfalls wird er in den Manuskripten haufig so genannt Nach dem Tode seines ehemaligen Lehrers John Blitheman 1591 ubernahm Bull dessen Posten als Organist der Chapel Royal Trotz dieser Posten bei Hofe scheint er finanzielle Probleme gehabt zu haben denn er machte Eingaben an die Konigin mit der Bitte um Erhohung seiner Bezuge 20 April 1591 Im Mai 1592 wurde Bull das Opfer eines Raububerfalls in der Nahe von Tewkesbury 1 Seine finanzielle Situation besserte sich als er 1597 zusammen mit sechs anderen Gelehrten zum Professor am Gresham College in London berufen wurde bis 1607 Bull bekam von der Konigin eine Extra Erlaubnis dass er seine Lesungen ausschliesslich auf Englisch halten durfte und nicht auf Latein wie sonst ublich 2 3 ansonsten musste er wie alle anderen Professoren unverheiratet sein 1601 1602 scheint der Komponist ernstlich krank gewesen zu sein 2 Eine fruher fur diesen Zeitraum angenommene Reise auf den Kontinent oder gar Spionagetatigkeit fur die Konigin ist nicht belegt 2 Bull gehorte nicht zu den privaten Musikern Elisabeths I es ist also nur dokumentiert dass er bei offiziellen Empfangen und Hoffesten in Anwesenheit auslandischer Gaste und Botschafter Orgel spielte Nach dem Tode Elisabeths I 1603 blieb Bull auch unter Jakob I in koniglichen Diensten Im Dezember 1607 verlor er seinen Posten am Gresham College weil er die 24 jahrige Elisabeth Walter heiratete 4 Bull war ca 45 Jahre alt Sie bekamen eine Tochter 5 1609 1610 versuchte sich Bull als Orgelbauer fur Erzherzog Albrecht den Statthalter der spanischen Niederlande im Verlaufe dieser Ereignisse wurde er auf einer Seereise von Piraten ausgeraubt und der Erzherzog musste sich nach eineinhalb Jahren Wartezeit einen anderen Orgelbauer suchen 6 Ab ca 1610 hatte Bull enge Verbindungen zum Hofe Prinz Henrys des englischen Thronfolgers Er scheint aber nicht dessen offizieller Lehrer gewesen zu sein im Gegensatz zu Prinzessin Elisabeth die er offiziell ab 1612 unterrichtete 6 Als Elisabeth 1613 mit Prinz Friedrich von der Pfalz dem spateren Winterkonig verheiratet wurde erhielt sie als Hochzeitsgeschenk den ersten gedruckten Band mit englischer Virginalmusik Parthenia or the Maydenhead diese Sammlung war dem koniglichen Brautpaar gewidmet und enthalt acht Stucke von William Byrd sieben von John Bull und sechs von Orlando Gibbons Es sind die einzigen publizierten Werke von Bull Bei der Hochzeit wurde ausserdem Bulls Anthem God the Father God the Son aufgefuhrt verschollen 7 Im gleichen Jahr 1613 auf dem Hohepunkt seiner englischen Musikerlaufbahn floh Bull uberraschend nach Brussel an den Hof Erzherzog Albrechts und seiner Frau Isabella Clara Eugenia Bull selber behauptete er werde in England wegen seines katholischen Glaubens verfolgt England wiederum bezichtigte Bull der offentlichen Beleidigung eines Geistlichen 8 des Ehebruchs und anderer Verbrechen und verlangte seine Auslieferung vom Statthalter 6 Dieser sah sich gezwungen den Virtuosen Ende 1614 aus diplomatischen Grunden zu entlassen unterstutzte ihn jedoch bis 1618 weiterhin mit Zahlungen aus seiner Privatschatulle 6 Bull ging nach Antwerpen wo er sich ab 1615 zunachst mehr schlecht als recht als Hilfsorganist durchschlug und sogar Almosen bezog 9 Nach dem Tode von Raymondus Waelrant ubernahm Bull dessen Amt als Organist der Kathedrale am 29 Dezember 1617 John Bull starb 1628 und wurde auf dem Sudfriedhof in Antwerpen begraben Bull war mindestens seit 1609 befreundet mit Peter Philips 6 der wie er katholisch war und als Hoforganist in Brussel wirkte Es ist nicht erwiesen ob Bull den in Amsterdam wirkenden niederlandischen Organisten Jan Pieterszoon Sweelinck personlich kannte 10 wie manchmal behauptet wird Es ist allerdings sehr wahrscheinlich dass er die beruhmte Cembalobauer Familie Ruckers kannte die in Antwerpen lebten und wirkten Werk BearbeitenJohn Bull war einer der bedeutendsten Komponisten von Tastenmusik und unzweifelhaft der grosste Tastenvirtuose den die Welt bis dahin gesehen hatte und das in einer Epoche die man als den ersten ganz grossen Hohepunkt auf dem Gebiet der Musik fur Orgel und Cembalo bezeichnen kann und die international eine ganze Reihe geistreicher Virtuosen hervorbrachte z B in England William Byrd Giles Farnaby Thomas Tomkins in Italien Andrea Gabrieli Claudio Merulo Giovanni Maria Trabaci Girolamo Frescobaldi in den Niederlanden Sweelinck in Spanien Cabezon Correa de Arauxo u a Allein 44 von Bulls Kompositionen fur Cembalo Virginal oder Orgel sind im Fitzwilliam Virginal Book enthalten darunter einige seiner bedeutendsten Werke Er hinterliess insgesamt uber 140 Tasten Werke in allen moglichen Gattungen wie Cantusfirmus und Choral Bearbeitungen In Nomines Miserere Salve Regina u a Fantasien Variationen Tanze und Charakterstucke Diese Stucke lassen sich stilistisch zumindest teilweise in Fruhwerke Reifezeit und Spatwerke aus der niederlandischen Zeit einteilen die Cantusfirmus Werke sind eine Weiterentwicklung des traditionellen etwas trockenen Tudor Orgelstils 11 Es muss betont werden dass es extrem ungerecht ware Bull als blossen Tastenakrobaten abzutun was er zwar war was man aber auch als positiv ansehen kann Dabei fallt auf dass Bulls Musik ein hohes ja brillantes geistiges Niveau aufweist und z T extrem fantasie und kunstvoll gemacht ist mit einer Vorliebe fur Imitationen und Kanontechniken manchmal auf kleinstem Raum Er schopft einfach in jeder Hinsicht aus dem Vollen Zu seinen brillantesten und virtuosesten Bravourstucken gehoren u a die 30 fantasievollen Variationen uber Walsingham die das Fitzwilliam Virginal Book einleiten hier verwendet er zahlreiche fur seine Zeit gewagte Figurationen wie gebrochene Oktav und Sextparallelen schnelle gebrochene Akkorde Tonrepetitionen Sechzehntelsextolen usw Der Walsingham ist jedoch keineswegs eine kalte etudenhafte Aneinanderreihung technischer Probleme sondern von einem Prinzip der Steigerung bestimmt und immer wieder von poetischen oder tiefsinnigeren Momenten unterbrochen ein Feuerwerk Technisch eigentlich noch anspruchsvoller mit langen Sechzehntellaufen in beiden Handen gleichzeitig zahlreichen Terz und Sextenparallelen in schnellen Laufen und anderen z T rhythmischen Finessen sind Bulls Version der Quadran Pavan mit Variatio und Galliard und ein sehr virtuoses Ut Re Mi Fa Sol La Fitzwilliam Virginal Book Band 2 S 281 letzteres freilich zu lang und trocken fur das moderne Ohr Zu Bulls musikalisch bedeutendsten schonsten und tiefsinnigsten Werken zahlen ganz allgemein seine Pavanen und Galliarden Darunter stechen ganz besonders hervor Die sogenannte Fantastic Pavan Name nicht von Bull zu der es zwei Galliarden gibt und die Chromatic Pavan and Galliard die auch als Queen Elisabeth s Pavan uberliefert ist und moglicherweise nach dem Tode der Konigin als Trauermusik komponiert wurde Ganz aussergewohnlich und eine kompositorische Glanzleistung ist Bulls chromatisches eigentlich enharmonisches Ut Re Mi Fa Sol La mit Hexachordeinsatzen auf allen 12 Tonstufen da dieses Stuck in mitteltoniger Stimmung nicht spielbar ist war es vermutlich fur ein cembalo cromatico mit gebrochenen Obertasten fur die Halbtone konzipiert 12 wie sie vor allem in Italien verwendet wurden Trabaci Ascanio Mayone Eine Sonderstellung hat auch das geheimnisvolle In Nomine IX das in einem aussergewohnlichen 11 4 Takt geschrieben ist dieses Stuck ist nicht nur mit virtuosen Terzenparallelen gespickt sondern auch musikalisch geistreich und nach neuesten Erkenntnissen mit Zahlensymbolik prapariert 13 Zu Bulls bedeutendsten Werken kann man auch einige einfachere kleine Charakterstucke zahlen die oft von besonderem Charme und Reiz sind wie z B The Duke of Brunswick s Alman The Duchess of Brunswick s Toy oder Dr Bull s Juel 14 Jewel Neben diesem umfangreichen Tasten Oeuvre sind auch einige Vokal und Ensemblewerke erhalten besonders Anthems und uber 120 instrumentale Kanons davon 116 uber das Miserere 15 Literatur BearbeitenWilli Apel Bull In ders Geschichte der Orgel und Klaviermusik bis 1700 hrg und Nachwort von Siegbert Rampe Barenreiter Kassel 2004 urspr 1967 ISBN 3 7618 1668 5 S 298 306 Lydia Maria Blank Uberlegungen zur Symbolik von John Bulls In Nomine IX Unter Berucksichtigung einiger Werke von Parsley Tye Strogers Mallory Alwood und engl Anonymous In European Journal of Musicology 15 Jahrgang Januar 2016 ISSN 2504 1916 S 71 111 european musicology eu PDF abgerufen am 16 Marz 2017 Werner Braun Bull John In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Zweite Ausgabe Personenteil Band 3 Bjelinski Calzabigi Barenreiter Metzler Kassel u a 2000 ISBN 3 7618 1113 6 Sp 1233 1239 Online Ausgabe fur Vollzugriff Abonnement erforderlich Manfred Bukofzer Music in the Baroque Era W W Norton amp Co New York 1947 ISBN 0 393 09745 5 engl Thurston Dart Calendar of the Life of John Bull Introduction zu J Steele Francis Cameron rev by Alan Brown Hrsg John Bull Keyboard Music I Musica Britannica 14 Stainer amp Bell London 1960 rev 1970 S xxi xxv Pieter Dirksen Towards a canon of the keyboard music of John Bull In David J Smith Hrsg Aspects of Early English Keyboard Music to c 1630 Ashgate Historical Keyboard Series Routledge Oxon New York 2019 S 184 206 Susi Jeans O W Neighbour Bull John In Stanley Sadie Hrsg The New Grove Vol 4 2 ed Macmillan Publishers London 2001 S 584 591 Gustave Reese Music in the Renaissance W W Norton amp Co New York 1954 ISBN 0 393 09530 4 englisch Thilo Muster So wie der Teufel Dr John Bull und die Orgel In organ Journal fur die Orgel 2006 1 Thilo Muster Du Jan Bull Doctr In organ Journal fur die Orgel 2006 2 Notenausgaben BearbeitenJ Steele Francis Cameron rev by Alan Brown Hrsg John Bull Keyboard Music I Musica Britannica 14 Stainer amp Bell London 1960 2001 Thurston Dart rev by Alan Brown Hrsg John Bull Keyboard Music II Musica Britannica 19 Stainer amp Bell London 1960 2016 J A Fuller Maitland W Barclay Squire Hrsg Blanche Winogron Korr u Hrsg The Fitzwilliam Virginal Book revised Dover Edition 2 Bde Dover Publications New York 1979 1980 PARTHENIA or the Maydenhead of the first musicke that ever was printed for the Virginalls Performer s Facsimiles New York 1985 Weblinks BearbeitenWerke von und uber John Bull im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Noten und Audiodateien von John Bull Komponist im International Music Score Library Project Gemeinfreie Noten von John Bull Komponist in der Choral Public Domain Library ChoralWiki englisch Einzelnachweise Bearbeiten Thurston Dart Calendar of the Life of John Bull Introduction zu John Bull Keyboard Music I Musica Britannica 14 London 1960 rev 1970 S xxii a b c Susie Jeans O W Neighbour Bull John In Stanley Sadie Hrsg The New Grove 2 ed Vol 4 Macmillan Publishers London 2001 S 585 Bull konnte vermutlich Latein lesen aber nicht sprechen siehe Thurston Dart Calendar of the Life of John Bull Introduction zu John Bull Keyboard Music I Musica Britannica 14 London 1960 rev 1970 S xxii Thurston Dart Calendar of the Life of John Bull Introduction zu John Bull Keyboard Music I Musica Britannica 14 London 1960 rev 1970 S xxiii Siehe auch Susi Jeans amp O W Neighbour Bull John In The New Grove Vol 4 2001 S 585 Susi Jeans behauptet die Braut sei bereits schwanger gewesen und Bull habe sie heiraten mussen Susi Jeans O W Neighbour Bull John In Stanley Sadie Hrsg The New Grove 2 ed Vol 4 Macmillan Publishers London 2001 S 585 586 a b c d e Susi Jeans O W Neighbour Bull John In Stanley Sadie Hrsg The New Grove 2 ed Vol 4 Macmillan Publisher London 2001 S 586 Thurston Dart Calendar of the Life of John Bull Introduction zu John Bull Keyboard Music I Musica Britannica 14 London 1960 rev 1970 S xxiv Dies schrieb George Abbott Erzbischof von Canterbury in einem Brief vom Dezember 1613 an Sir William Trumbull den englischen Gesandten in Brussel Bull sei kurz vor dem Beginn des Gebetes in eine Kirche gekommen dann as the minister was entering into service in the sight of the congregation Bull pulled him violently out of his seat and despitefully intreated him Siehe Susi Jeans amp O W Neighbour Bull John In The New Grove Vol 4 2001 S 586 Nachgewiesen fur 1616 siehe Thurston Dart Calendar of the Life of John Bull Introduction zu John Bull Keyboard Music I Musica Britannica 14 London 1960 rev 1970 S xxiv Siehe auch Susi Jeans amp O W Neighbour Bull John In The New Grove Vol 4 2001 S 586 Werner Braun Bull John In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Zweite Ausgabe Personenteil Band 3 Bjelinski Calzabigi Barenreiter Metzler Kassel u a 2000 ISBN 3 7618 1113 6 Sp 1233 1239 hier Sp 1234 Online Ausgabe fur Vollzugriff Abonnement erforderlich Willi Apel Geschichte der Orgel und Klaviermusik bis 1700 Barenreiter Kassel et al 2004 S 299 Willi Apel Geschichte der Orgel und Klaviermusik bis 1700 Barenreiter Kassel et al 2004 S 301 302 Lydia Maria Blank Uberlegungen zur Symbolik von John Bulls In Nomine IX Unter Berucksichtigung einiger Werke von Parsley Tye Strogers Mallory Alwood und engl Anonymous In European Journal of Musicology 15 Jahrgang Januar 2016 ISSN 2504 1916 S 71 111 unibe ch PDF abgerufen am 16 Marz 2017 Bull s Juel existiert in einer einfachen fruhen Version die weitverbreitet und auch im Fitzwilliam Virginal Book Nr CXXXVIII Band 2 S 128 ff ist und in einer komplizierteren spaten Version die er 1621 fur Jacques Champion komponiert haben soll Musica Britannica 19 Nr 142 S 216ff Siehe auch Thurston Dart Calendar of the Life of John Bull Introduction zu John Bull Keyboard Music I Musica Britannica 14 London 1960 rev 1970 S xxv Werner Braun Bull John In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Zweite Ausgabe Personenteil Band 3 Bjelinski Calzabigi Barenreiter Metzler Kassel u a 2000 ISBN 3 7618 1113 6 Sp 1233 1239 hier Sp 1237 Online Ausgabe fur Vollzugriff Abonnement erforderlich Normdaten Person GND 120297450 lobid OGND AKS LCCN n81016939 VIAF 54331967 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Bull JohnKURZBESCHREIBUNG englischer Organist Cembalist und KomponistGEBURTSDATUM 1562 oder 1563GEBURTSORT SomersetSTERBEDATUM 13 Marz 1628STERBEORT Antwerpen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title John Bull Komponist amp oldid 235197384