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Hermann Muller 18 Mai 1876 in Mannheim 20 Marz 1931 in Berlin zur Unterscheidung von Hermann Muller nach seinen Wahlkreisen auch Muller Breslau bzw ab 1920 Muller Franken genannt war ein deutscher Politiker Er war von 1919 bis 1928 einer der Vorsitzenden der SPD Im Kabinett Bauer war er von 1919 bis 1920 zunachst Reichsminister des Auswartigen ehe er von Marz bis Juni 1920 kurzzeitig Reichskanzler des Deutschen Reiches wurde Im selben Jahr ubernahm Muller den Vorsitz der SPD Reichstagsfraktion bis 1928 als er zum zweiten Mal Reichskanzler wurde Am 27 Marz 1930 musste Muller zurucktreten weil seine Fraktion sich in der Arbeitslosenversicherungsreform einem Kompromiss verweigerte auf den sich die anderen Koalitionsparteien bereits geeinigt hatten Bis zu seinem Rucktritt war er der letzte Reichskanzler der sich auf eine parlamentarische Mehrheit stutzte bevor mit Heinrich Bruning die Zeit der Prasidialkabinette der Weimarer Republik begann Muller gehorte der Republikschutzorganisation Reichsbanner Schwarz Rot Gold an Hermann Muller 1928 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Fruhe Jahre 1 2 Politik in der Vorkriegszeit 1 3 Erster Weltkrieg und Revolution 1 4 Regierungsbeteiligung und Opposition 1 5 Kanzler einer grossen Koalition 1 6 Tod 2 Werke 3 Ehrungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenFruhe Jahre Bearbeiten Hermann Muller war der Sohn des Schaumweinfabrikanten Georg Jacob Muller Dieser zog mit der Familie 1888 nach Niederlossnitz bei Dresden Dort war er Leiter der Sektkellerei Bussard Muller besuchte ab 1882 Schulen in Mannheim Kotzschenbroda und Dresden Beeinflusst von seinem Vater der Anhanger Ludwig Feuerbachs war gehorte Muller keiner Konfession an Pragend waren die Schuljahre am Realgymnasium in Dresden Neustadt Zu den Jugenderlebnissen Mullers gehorte das Kennenlernen von Karl May in Radebeul Nach dem Tod des Vaters 1892 musste er die Schule ohne Abitur verlassen Anschliessend absolvierte er eine kaufmannische Lehre bei Villeroy amp Boch in Frankfurt am Main und arbeitete danach als Handlungsgehilfe in Frankfurt am Main und Breslau nbsp Hermann Muller auf dem Klassenfoto der Sexta des Mannheimer Gymnasiums im Jahr 1885 Hintere Reihe 5 von linksDie kaufmannische Tatigkeit hat ihm offenbar wenig zugesagt Stattdessen engagierte er sich fur die gewerkschaftliche Organisation der Handlungsgehilfen Er trat 1893 der SPD und ein Jahr spater den freien Gewerkschaften bei Er arbeitete zunachst als freier Mitarbeiter an der sozialdemokratisch orientierten Schlesischen Volkswacht und ab 1899 bis 1906 als Redakteur bei der Gorlitzer Volkswacht Er heiratete 1902 Frieda Tockus 1905 Sie war judischer Herkunft 1 ihr Vater war Kantor 2 Sie starb wenige Wochen nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Annemarie Spater heiratete er Gottliebe Jaeger Aus dieser Ehe ging Erika Biermann hervor die spater Sekretarin von Rudolf Breitscheid wurde Politik in der Vorkriegszeit Bearbeiten Von 1903 04 bis 1906 war er Stadtverordneter in Gorlitz Gleichzeitig war er auch Vorsitzender des dortigen sozialdemokratischen Unterbezirks Durch seine Tatigkeit wurde der SPD Vorsitzende August Bebel auf Muller aufmerksam Bereits 1905 wollte Bebel ihn zum Parteisekretar wahlen lassen Da der starke Gewerkschaftsflugel der Partei Muller als Vertreter der extremen Linken in der Partei ansah wurde er nicht gewahlt Statt seiner wurde Friedrich Ebert gewahlt Im folgenden Jahr gelang die Wahl als Parteisekretar in den Vorstand Dort leitete er das Referat fur die Parteipresse In dieser Funktion setzte er die Einrichtung eines SPD Nachrichtenburos ein um die Parteizeitungen von den burgerlichen Nachrichtenagenturen unabhangiger zu machen Er beteiligte sich auch an innerparteilichen Schiedsverfahren und gehorte der Zentralstelle fur die arbeitende Jugend an Dort kam er unter anderem mit Ludwig Frank und Karl Liebknecht zusammen Letzterem bewahrte er trotz spaterer politischer Unterschiede eine personliche Hochachtung und hat seine Ermordung scharf verurteilt nbsp SPD Parteivorstand 1909 Hintere Reihe Luise Zietz Friedrich Ebert Hermann Muller Robert Wengels Vordere Reihe Alwin Gerisch Paul Singer August Bebel Wilhelm Pfannkuch Hermann MolkenbuhrIm Jahr 1908 kandidierte er vergebens wegen des Dreiklassenwahlrechts bei der Wahl zum preussischen Landtag fur den Kreis Brandenburg Westhavelland Trotz aller Loyalitat zu Bebel teilte er nicht immer dessen Positionen Muller befurwortete noch 1910 den Parteiausschluss fur diejenigen suddeutschen Sozialdemokraten die entgegen allen Parteitagsbeschlussen fur die Haushalte ihrer Lander stimmen wollten Wegen seiner Sprachkenntnisse ubertrug ihm der Vorstand vielfach den Kontakt mit den auslandischen sozialistischen Parteien deren Parteitage er besuchte Muller galt innerhalb der SPD als Kenner der Situation im Ausland und als eine Art informeller Aussenminister der SPD Diese Erfahrungen kamen ihm wahrend der Weimarer Republik zugute 3 Wahrend der 2 Marokkokrise im Jahr 1911 pladierte er zusammen mit Ebert fur eine abwartende Haltung der SPD und lehnte Konsultationen mit den auslandischen Sozialisten ab Dies brachte ihm die Kritik von Otto Wels ein der auf dem nachsten Parteitag vergeblich beantragte Muller und Ebert nicht wieder zu wahlen Dieser Konflikt stand einer guten personlichen Beziehung zu Wels nicht entgegen Moglicherweise weil sich Muller 1909 gegen die Wahl von Otto Braun in den Parteivorstand wandte war die Beziehung zu diesem stets gespannt Seit der Erkrankung von August Bebel 1910 gehorte Muller dem engsten Fuhrungszirkel der Partei an Spatestens seitdem er 1911 Rosa Luxemburg scharf angegriffen hatte war deutlich dass Muller nicht dem aussersten linken Flugel angehorte Er war ein Zentrist der sich sowohl gegen die Linke um Luxemburg wie auch gegen die Revisionisten stellte Ebert und Muller setzten die Errichtung eines Parteiausschusses als das hochste Gremium der Partei zwischen den Parteitagen durch Erster Weltkrieg und Revolution Bearbeiten Zu Beginn des Jahres 1914 versicherte er auf dem Parteitag der franzosischen Sozialisten dass die enge Freundschaft der Arbeiterbewegung der Volker immer starker wurde Im selben Jahr war er auch auf dem Parteitag der Labour Party in England zu Gast Als der Krieg im Sommer drohte drangte Muller den Parteivorsitzenden Ebert in die Schweiz zu gehen um einer befurchteten Festsetzung durch die deutschen Militarbehorden zu entgehen Muller selbst reiste nach Paris um uber ein gemeinsames Vorgehen mit der franzosischen Schwesterpartei zu beraten Als er dort ankam war gerade Jean Jaures ermordet worden Zu einer Einigung kam es auch wegen Vorbehalten von franzosischer Seite nicht mehr Muller wusste zu dieser Zeit auch nicht dass in Berlin die SPD Fraktion bereits die Zustimmung zu den Kriegskrediten beschlossen hatte Sein Bericht uber die gescheiterten Beratungen in Frankreich schien die Entscheidung zu bestatigen Nach Kriegsausbruch ruckte Muller nach rechts stand dem Kreis um Eduard David nahe und unterstutzte die Burgfriedenspolitik Als es zwischen dem linken Flugel und dem Vorstand zu Streitigkeiten um den Kurs der Stuttgarter Tagwacht kam reisten Muller und Ebert nach Stuttgart und unterstellten wegen angeblicher Kassenverfehlungen die Zeitung dem Vorstand Im Fruhjahr 1916 erhielt Muller den Auftrag beim Vorwarts eine Vorzensur durchzufuhren Er entschied ob Artikel erscheinen durften oder nicht Innerhalb der Partei hatte Muller zu Gunsten von Ebert und Philipp Scheidemann wahrend des Krieges an Einfluss verloren Als Folge einer Nachwahl war Muller von 1916 bis 1918 Mitglied des Reichstages fur den Wahlkreis Reichenbach Neurode Zusammen mit Ebert Scheidemann und anderen Delegierten reiste er 1917 zur Sozialistenkonferenz nach Stockholm Die Hoffnung auf eine Annaherung an die Parteien der Kriegsgegner erfullte sich nicht Wahrend die ubrige Delegation bald wieder abreiste blieb Muller fur einige Zeit in Schweden damit er als Folge der schlechten Ernahrung in Deutschland geschwacht wieder zu Kraften kommen konnte Muller war Gegner der burgerlichen Annexionsforderungen und pladierte fur die Unabhangigkeit Belgiens nach dem Krieg Allerdings pladierte er fur die Annahme des Diktatfriedens von Brest Litowsk Er trat auch fur den Eintritt der SPD in die Regierung von Max von Baden ein Nach dem Ausbruch der Novemberrevolution wurde Muller zusammen mit Gustav Noske Anfang November 1918 nach Kiel entsandt um auf die revolutionaren Matrosen einzuwirken Muller war vom 11 November bis zum 21 Dezember 1918 Mitglied des Vollzugsrates der Arbeiter und Soldatenrate Gross Berlin anschliessend bis zur Bildung der Regierung Scheidemann Mitglied des Zentralrats der Deutschen Sozialistischen Republik Er wurde einer von drei Vorsitzenden des Zentralrates Als solcher setzte er sich durchaus erfolgreich fur die Positionen der SPD und die baldige Wahl zu einer Nationalversammlung ein Regierungsbeteiligung und Opposition Bearbeiten nbsp Kabinett BauerIn den Jahren 1919 1920 gehorte er der Weimarer Nationalversammlung an dort dem Vorstand der Fraktion der SPD Im Juni 1919 wurde er gemeinsam mit Otto Wels zum Parteivorsitzenden gewahlt nachdem Ebert und Scheidemann als Reichsprasident beziehungsweise Reichsministerprasident amtierten Zwischen Muller und Wels kam es zu einer Aufgabenteilung Muller war hauptsachlich zustandig fur die Fraktionsarbeit und die Reprasentation nach aussen Wels ubernahm die eigentlich innere Parteiorganisation Im Zweifel war Wels gestutzt auf den Apparat starker als Muller Allerdings war Muller obwohl ein Mann des Ausgleichs mit begrenztem Rednergeschick ohne charismatische Ausstrahlung und scharfe personliche Konturen innerhalb der Partei popularer als Wels 4 Bis 1928 blieb Muller neben Wels und seit 1922 auch Arthur Crispien einer der Vorsitzenden der Partei Nach dem Rucktritt des Kabinetts Scheidemann im Sommer 1919 lehnte er den Wunsch Eberts ab eine neue Regierung zu bilden Stattdessen war Muller vom 21 Juni 1919 bis zum 26 Marz 1920 Reichsminister des Auswartigen in der von Reichskanzler Gustav Bauer gefuhrten Reichsregierung In dieser Funktion unterzeichnete er auch zusammen mit dem Zentrumsabgeordneten Johannes Bell den Versailler Vertrag Von der nationalistischen Rechten wurde er dafur als Landesverrater diffamiert 2 Fur Muller waren die Bedingungen kaum ertraglich nach seiner Einschatzung war jedoch nach Lage der Dinge eine Unterzeichnung nicht zu vermeiden In der spateren Zeit gehorte die Revision des Vertrages zu seinen aussenpolitischen Zielen Gleichwohl bahnte Muller in seiner kurzen Amtszeit jener Verstandigungspolitik den Weg die sein nationalliberaler Nachfolger Gustav Stresemann prominent fortsetzte Dabei kam ihm zugute dass er bereits vor dem Krieg die Kontakte zu den sozialistischen Parteien des westlichen Auslands gepflegt und sie als Parteivorsitzender gefordert hatte 2 5 Innerhalb des Auswartigen Amtes setzte er eine von Unterstaatssekretar Schuler entworfene Organisationsreform durch Danach wurden diplomatischer und konsularer Dienst zusammengelegt und der Dienst fur Seiteneinsteiger geoffnet In Mullers Amtszeit kamen so z B in Paris mit Wilhelm Mayer und in London mit Friedrich Sthamer zwei Aussenseiter auf wichtige Botschafterposten Zusammen mit Otto Braun galt Muller den Beteiligten des Kapp Luttwitz Putsch als besonders verderblich 6 nbsp William Orpen The Signing of Peace in the Hall of Mirrors Die Unterzeichnung des Versailler Vertrages am 28 Juni 1919 Hermann Muller ist nur von hinten zu sehenMit dem Beginn des Kapp Luttwitz Putschs wich Muller mit anderen Regierungsmitgliedern nach Stuttgart aus Nach der Entlassung des Kabinetts Bauer war Muller vom 27 Marz bis zum 6 Juni 1920 erstmals Reichskanzler Kabinett Muller I Die Erwartungen der Gewerkschaften und vieler Sozialdemokraten auf eine Arbeiterregierung konnte Muller mit seiner Koalitionsregierung nicht erfullen Er konnte die DDP und das Zentrum nur mit Muhe zu einer Position bewegen die denen der Gewerkschaften nicht vollig entgegenstand Ein politischer Neuanfang war die Regierung nicht 3 Vielmehr war er Kanzler einer Ubergangsregierung bis zur ersten regularen Reichstagswahl In seine Amtszeit fielen als Folgen des Putsches die endgultige Niederschlagung des Ruhraufstands und der Unruhen in Mitteldeutschland Daneben setzte er sich fur die Auflosung der eher rechts gerichteten Einwohnerwehren ein Auch die Einsetzung der zweiten Sozialisierungskommission an der auch Vertreter der USPD beteiligt waren fiel in seine Amtszeit Ausserdem stand die Reparationskonferenz von Spa bevor Zeitweise wurde der Rhein Main Raum von alliierten Truppen besetzt Die Reichstagswahl von 1920 endete mit einer schweren Niederlage der Weimarer Koalitionsparteien Muller selbst war in einem frankischen Wahlkreis gewahlt worden Dem Reichstag gehorte er bis zu seinem Tod an Zur Unterscheidung von gleichnamigen Abgeordneten wurde er seither Muller Franken statt wie bisher Muller Breslau genannt Die Bildung einer Regierung unter Einschluss der USPD scheiterte Damit ging die SPD in Opposition Muller war von 1920 bis 1928 Vorsitzender der SPD Fraktion im Reichstag Er erreichte dabei die Ausweitung des politischen Spielraums der SPD Zusammen mit Otto Braun und Eduard Bernstein gelang es ihm auf dem Gorlitzer Parteitag einen Beschluss durchzusetzen der grundsatzlich eine Koalition mit der bislang gemiedenen DVP ermoglichte 7 Muller machte aber auch klar dass die Oppositionsrolle keine Absage an den Staat bedeute Innenpolitisch hat die Fraktion die Regierung von Constantin Fehrenbach kritisiert die Reparationspolitik der Regierung aber unterstutzt Muller betonte ebenso dass die SPD wieder Regierungsverantwortung ubernehmen wolle sollte die Situation dies erfordern Aber als es 1920 21 unter Joseph Wirth und 1923 unter Gustav Stresemann zu einer Regierungsbeteiligung der SPD kam gehorte er selbst nicht den Kabinetten an Er konzentrierte sich darauf die ehemaligen Mitglieder der USPD in die Fraktion der SPD zu integrieren Seine politische Haltung war nicht immer ohne Widerspruche So lehnte er 1923 ab den Acht Stunden Tag mit dem Ziel der Wahrungsstabilisierung aufzugeben Er hat aber auch massgeblich zur Erneuerung des Kabinetts Stresemann beigetragen Nachdem die Regierung jedoch gegen die Linksregierungen in Sachsen und Thuringen Deutscher Oktober ungleich harter als gegen die rechten Aktivitaten in Bayern vorgegangen war trat Muller fur ein Ende der grossen Koalition ein Seither befand sich die SPD bis 1928 in der Rolle einer Oppositionspartei Auf dem Parteitag von 1924 nach der Niederlage bei der Reichstagswahl im Mai 1924 wurde die Parteifuhrung vom linken Flugel wegen der Koalitionspolitik scharf angegriffen Robert Dissmann vom Deutschen Metallarbeiterverband pladierte fur eine Politik des unbedingten Klassenkampfes ohne Rucksicht auf burgerliche Koalitionspartner Muller argumentierte dass sich die SPD in den letzten Jahren nur an Regierungen beteiligt habe wenn sie dies insbesondere aus aussenpolitischen Grunden musste Er setzte einen Antrag durch nach dem die Koalitionspolitik eine blosse Frage der Taktik nicht der Prinzipien sei 8 In der Aussenpolitik unterstutzte Muller aber weiterhin den Kurs Stresemanns Dies gilt insbesondere fur die Annaherung an die Westmachte und den Beitritt zum Volkerbund Gegen Ende des Jahres 1926 bot die Reichsregierung unter Wilhelm Marx nicht zuletzt um eine Debatte uber die militarische Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee zu verhindern wie sie die SPD ankundigte die Bildung einer grossen Koalition unter Einschluss der SPD an Muller war dazu bereit konnte sich aber in der Fraktion nicht durchsetzen 9 Kanzler einer grossen Koalition Bearbeiten Hauptartikel Kabinett Muller II nbsp Kabinett Muller IIDie Reichstagswahl von 1928 brachte erhebliche Mandatsverluste der burgerlichen Parteien und erhebliche Gewinne fur die SPD Am 28 Juni 1928 wurde Muller erneut zum Reichskanzler ernannt Kabinett Muller II Insbesondere in der DVP gab es erhebliche Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit der SPD Um seine Partei hinter sich zu bringen setzte Stresemann durch dass Muller zunachst ein Kabinett der Kopfe ohne formliche Koalitionsaussage der beteiligten Parteien bilden solle Erst im Fruhjahr 1929 kam es zu einer regelrechten Koalitionsregierung in Form einer Grossen Koalition aus SPD DDP DVP BVP und dem Zentrum Von Anfang an wurde die Regierung von den Konflikten zwischen DVP und SPD belastet Der Fortbestand der Regierung hatte viel mit den personlich guten Beziehungen zwischen Muller und Stresemann zu tun Auf der politischen Agenda stand unter anderem die Frage einer Neuregelung der Reparationszahlungen oder die Raumung des besetzten Rheinlandes Innenpolitisch gab es Konflikte um den Bau neuer Panzerschiffe Die SPD die im Wahlkampf noch mit der Parole Kinderspeisung statt Panzerkreuzer angetreten war tat sich mit einer Zustimmung schwer Um ein vorzeitiges Ende der Regierung zu vermeiden stimmten die sozialdemokratischen Minister im Kabinett dem Bau zu Die Mehrheit der Fraktion zwang sie aber die Vorlage im Parlament abzulehnen Hermann Muller wurde durch den Konflikt geschwacht und geriet zudem durch Otto Braun unter innerparteilichen Druck Zum Streit mit der DVP kam es wahrend des Ruhreisenstreits im Herbst 1928 der von der Unternehmerseite als grundsatzliche Auseinandersetzung gefuhrt wurde Muller gelang es hier erfolgreich zu vermitteln Aber kurze Zeit spater kam es zum Streit um die Haushaltspolitik Die DVP forderte in Einklang mit den Verbanden der Wirtschaft Steuern zu senken und Sozialleistungen zu kurzen Die SPD konnte dem nicht zustimmen Diese Frage blieb ein Dauerstreitpunkt bis zum Ende der Koalition Im September 1928 reiste Muller in Vertretung fur den erkrankten Aussenminister Stresemann nach Genf zum Volkerbund Zwar kam es zu einem heftigen Rededuell mit dem franzosischen Aussenminister Aristide Briand aber es gelang Muller am Rande der Verhandlungen von den westlichen Siegermachten die Zusicherung zu erhalten uber die Reparationsfrage und die Raumung des Rheinlandes zu verhandeln Diese Verhandlungen waren Basis fur den Youngplan von 1929 Dagegen gab es erhebliche Differenzen mit Polen und mit der UdSSR Diese machte die Regierung unter anderem fur gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen kommunistischen Demonstranten und der Polizei Anfang Mai 1929 Blutmai mit verantwortlich Muller war bereits zu Beginn des Jahres 1929 gesundheitlich schwer angeschlagen Seit April litt er unter einer Gallenblasenentzundung Durch einen Unfall bei der Einlieferung in ein Krankenhaus platzte die Blase und machte eine Notoperation notig Immer noch erkrankt und gegen den Willen der Arzte stand Muller den Streit um die Arbeitslosenversicherung und den Youngplan durch Hinter den Kulissen bemuhten sich die Rechtsparteien um ein Herausdrangen der SPD aus der Regierung Zusammengehalten wurde die Regierung noch einmal durch das von der extremen Rechten geschurte Volksbegehren und den Volksentscheid uber den Youngplan Ende 1929 Aber in der Frage der Arbeitslosenversicherung und der Haushaltspolitik waren keine Kompromisse zwischen den Koalitionsparteien mehr moglich Um die Koalition zu retten war er zu erheblichen Zugestandnissen bereit Dazu zahlte die Entlassung des sozialdemokratischen Finanzministers Rudolf Hilferding Doch am 27 Marz 1930 trat er von seinem Amt zuruck da er von der SPD Reichstagsfraktion keine Zustimmung fur einen Koalitionskompromiss uber die Arbeitslosenversicherung erhielt Seine Hoffnung der Reichsprasident Paul von Hindenburg werde ihn mit Hilfe des Notverordnungsrechts weiter regieren lassen erfullte sich nicht als dieser stattdessen Heinrich Bruning mit der Regierungsbildung beauftragte Muller fuhlte sich von seiner eigenen Partei und dem Reichsprasidenten im Stich gelassen Nach den Reichstagswahlen vom September 1930 und den Erfolgen der NSDAP rief er seine Partei zur Tolerierung der Regierung Bruning auf Tod Bearbeiten Hermann Muller starb am 20 Marz 1931 an den Folgen einer Gallenoperation In einem grossen Trauerzug erwies ihm die SPD die letzte Ehre Reichsprasident Hindenburg hatte einen Staatsakt fur den fruheren Reichskanzler abgelehnt aber mindestens 50 000 Menschen nahmen an dem Trauerzug in Berlin teil und weitere 350 000 Menschen saumten seinen Weg Es handelte sich zwar nicht um ein offizielles Staatsbegrabnis ahnelte einem solchen aber sehr So verbindet sich mit Mullers Namen auch eine der letzten Massendemonstrationen fur die demokratische Republik 2 Zur Beisetzung Mullers reiste sowohl der Vorsitzende der franzosischen Sozialisten Leon Blum als auch der Botschafter Frankreichs 10 an ein deutlicher Hinweis auf Mullers Verdienste um die deutsch franzosische Aussohnung 2 Auf dem Weg durch das Regierungsviertel schlossen sich Angehorige der Reichsregierung der preussischen Staatsregierung und des Reichsrates dem Zug an Lediglich die Reichswehr beteiligte sich nicht 11 Er wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin Lichtenberg beigesetzt Die Grabstatte wurde 1950 in die damals von der DDR Fuhrung neu errichtete Gedenkstatte der Sozialisten integriert und gehort seither zur Reihe der Graber und Denkmaler an deren Ringmauer Das Grabrelief wurde vom Bildhauer Martin Meyer Pyritz angefertigt 12 nbsp Trauerzug fur den verstorbenen Hermann Muller nbsp Trauerzug fur Hermann Muller Der Katafalk wird flankiert von Angehorigen des Reichsbanners Schwarz Rot Gold nbsp Grabstein von Muller nbsp Berliner Gedenktafel am Haus Derfflingerstrasse 21 in Berlin TiergartenWerke BearbeitenHermann Muller Franken Die Novemberrevolution Erinnerungen Der Bucherkreis GmbH Berlin 1928 Hermann Muller Franken Vom Sturz der Monarchie zur Weimarer Republik Die Novemberrevolution 1918 Severus Verlag Hamburg 2017 ISBN 978 3 95801 735 1 Nachdruck der Ausgabe von 1928 Ehrungen BearbeitenIn Mannheim wurde 1979 die Reichskanzler Muller Strasse nach Hermann Muller benannt 13 An seinem Sterbehaus in der Derfflingerstrasse 21 in Berlin Tiergarten erinnert seit 2011 eine Berliner Gedenktafel an Muller 11 Literatur BearbeitenHermann Muller In Franz Osterroth Biographisches Lexikon des Sozialismus Verstorbene Personlichkeiten Bd 1 J H W Dietz Nachf Hannover 1960 S 228 230 Martin Vogt Hermann Muller In Wilhelm von Sternburg Hrsg Die deutschen Kanzler Von Bismarck bis Kohl Berlin 1998 ISBN 3 7466 8032 8 S 191 206 Martin Vogt Muller Hermann In Neue Deutsche Biographie NDB Band 18 Duncker amp Humblot Berlin 1997 ISBN 3 428 00199 0 S 410 414 Digitalisat Eugen Prager Hermann Muller und die Presse In Mitteilungen des Vereins Arbeiterpresse Heft 312 April 1931 S 1 2 Andrea Hoffend Mut zur Verantwortung Hermann Muller Kleine Schriften des Stadtarchivs Mannheim Nr 17 Verlagsburo von Brandt Mannheim 2001 ISBN 3 926260 49 1 Rainer Behring Wegbereiter sozialdemokratischer Aussenpolitik Hermann Muller In Frankfurter Allgemeine Zeitung 26 April 2006 S 8 Bernd Braun Die Reichskanzler der Weimarer Republik Zwolf Lebenslaufe in Bildern Dusseldorf 2011 ISBN 978 3 7700 5308 7 S 134 167 Rainer Behring Hermann Muller und Polen Zum Problem des aussenpolitischen Revisionismus der deutschen Sozialdemokratie in der Weimarer Republik In Archiv fur Sozialgeschichte 55 2015 S 299 320 Rainer Behring Hermann Muller 1876 1931 und die Chancen der Weimarer Republik In Peter Brandt Detlef Lehnert Hrsg Sozialdemokratische Regierungschefs in Deutschland und Osterreich 1918 1983 Bonn 2017 ISBN 3 8012 0495 2 S 127 157 Peter Reichel Der tragische Kanzler Hermann Muller und die SPD in der Weimarer Republik Munchen 2018 ISBN 978 3 423 28973 3 2 Rainer Behring Hermann Muller und die Aussenpolitik der Weimarer Republik Zur sozialdemokratischen Qualitat republikanischer Aussenpolitik In Andreas Braune Michael Dreyer Hrsg Weimar und die Neuordnung der Welt Politik Wirtschaft Volkerrecht nach 1918 Weimarer Schriften zur Republik 11 Franz Steiner Verlag Stuttgart 2020 ISBN 978 3 515 12676 2 S 3 25 Ein Sozialdemokrat im Auswartigen Amt Gutachten des Instituts fur Zeitgeschichte zur Bedeutung Hermann Mullers fur die Aussenpolitik der Weimarer Republik In Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte Heft 1 Januar 2021 ISSN 0042 5702 S 121 154Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hermann Muller Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Hermann Muller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Hermann Muller in der Deutschen Digitalen Bibliothek Zeitungsartikel uber Hermann Muller in den Historischen Pressearchiven der ZBW Andreas Michaelis Hermann Muller Tabellarischer Lebenslauf im LeMO DHM und HdG Hermann Muller in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten Biografie von Hermann Mueller In Heinrich Best Datenbank der Abgeordneten der Reichstage des Kaiserreichs 1867 71 bis 1918 Biorab Kaiserreich Hermann Muller in der Online Version der Edition Akten der Reichskanzlei Weimarer Republik Verhandlungen des Reichstages Elektronische Ausgabe Band 445 Hermann Muller Franken zum Gedachtnis Gest 20 Marz 1931 Neubearbeitung des Nachlasses Hermann Muller Friedrich Ebert Stiftung Nachlass BArch N 2200 Kurzbiografie zum Engagement im Reichsbanner Schwarz Rot GoldEinzelnachweise Bearbeiten Der Hinweis darauf ist Hans Gunter Hockerts zu verdanken em Professor fur Zeitgeschichte an der LMU Munchen Hockerts zufolge wirft die Heirat ein Licht auf Mullers Haltung zum Antisemitismus so wandte er sich entschieden gegen die Judenhetze der NS Bewegung a b c d e f Hans Gunter Hockerts Sozialdemokrat Hermann Muller Der vergessene Kanzler In Suddeutsche Zeitung 15 April 2019 S 13 abgerufen am 21 Marz 2021 Rezension der Muller Biografie von Peter Reichel a b Heinrich August Winkler Weimar 1918 1933 Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie Munchen 1993 S 128 Heinrich August Winkler Weimar 1918 1933 Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie Munchen 1993 S 335 Vgl dazu auch die Studie von Matthias Bauer Die transnationale Zusammenarbeit sozialistischer Parteien in der Zwischenkriegszeit Droste Dusseldorf 2018 ISBN 978 3 7700 5339 1 Heinrich August Winkler Weimar 1918 1933 Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie Munchen 1993 S 118 Heinrich August Winkler Weimar 1918 1933 Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie Munchen 1993 S 163 Heinrich August Winkler Weimar 1918 1933 Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie Munchen 1993 S 263 Heinrich August Winkler Weimar 1918 1933 Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie Munchen 1993 S 319 bis August 1931 Pierre Jacquin de Margerie a b Vorwarts 07 08 2011 S 32 Vorwarts Mittwoch 11 11 1931 Deutsches Zeitungsportal Abgerufen am 25 Oktober 2022 Reichskanzler Muller Strasse In Marchivum Abgerufen am 28 April 2019 Reichskanzler der Weimarer Republik 1918 bis 1933 Friedrich Ebert Philipp Scheidemann Gustav Bauer Hermann Muller Constantin Fehrenbach Joseph Wirth Wilhelm Cuno Gustav Stresemann Wilhelm Marx Hans Luther Wilhelm Marx Hermann Muller Heinrich Bruning Franz von Papen Kurt von SchleicherReichsaussenminister des Deutschen Reiches 1919 bis 1945 Weimarer Republik Ulrich von Brockdorff Rantzau Hermann Muller Adolf Koster Walter Simons Friedrich Rosen Joseph Wirth Walther Rathenau Frederic von Rosenberg Gustav Stresemann Julius Curtius Heinrich Bruning Konstantin Freiherr von NeurathZeit des Nationalsozialismus Konstantin Freiherr von Neurath Joachim von Ribbentrop Arthur Seyss Inquart Johann Ludwig Graf Schwerin von KrosigkKabinett Bauer 21 Juni 1919 bis 27 Marz 1920 Gustav Bauer Reichskanzler SPD Matthias Erzberger Zentrum Eugen Schiffer DDP Hermann Muller SPD Eduard David SPD Erich Koch Weser DDP Rudolf Wissell SPD Robert Schmidt SPD Alexander Schlicke SPD Gustav Noske SPD Johannes Bell Zentrum Johannes Giesberts Zentrum Wilhelm Mayer Zentrum Otto Gessler DDP Kabinett Muller I 27 Marz 1920 bis 21 Juni 1920 Hermann Muller Reichskanzler SPD Erich Koch Weser DDP Adolf Koster SPD Andreas Blunck DDP Joseph Wirth Zentrum Robert Schmidt SPD Andreas Hermes Zentrum Alexander Schlicke SPD Otto Gessler DDP Johannes Bell Zentrum Gustav Bauer SPD Johannes Giesberts Zentrum Eduard David SPD Kabinett Muller II 28 Juni 1928 bis 27 Marz 1930 Hermann Muller Reichskanzler SPD Gustav Stresemann DVP Julius Curtius DVP Carl Severing SPD Erich Koch Weser DDP Theodor von Guerard Zentrum Rudolf Hilferding SPD Paul Moldenhauer DVP Robert Schmidt SPD Hermann Dietrich DDP Rudolf Wissell SPD Wilhelm Groener parteilos Georg Schatzel BVP Adam Stegerwald Zentrum Joseph Wirth Zentrum Parteivorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Alwin Gerisch Paul Singer August Bebel Hugo Haase Friedrich Ebert Philipp Scheidemann Otto Wels Hermann Muller Arthur Crispien Hans Vogel Kurt Schumacher Erich Ollenhauer Willy Brandt Hans Jochen Vogel Bjorn Engholm Rudolf Scharping Oskar Lafontaine Gerhard Schroder Franz Muntefering Matthias Platzeck Kurt Beck Franz Muntefering Sigmar Gabriel Martin Schulz Andrea Nahles Norbert Walter Borjans Saskia Esken Lars Klingbeil Siehe auch Sozialdemokratische Partei Deutschlands Parteivorsitzende Normdaten Person GND 118584979 lobid OGND AKS LCCN no89000889 VIAF 42630212 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Muller HermannKURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker SPD MdRGEBURTSDATUM 18 Mai 1876GEBURTSORT MannheimSTERBEDATUM 20 Marz 1931STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hermann Muller Reichskanzler amp oldid 238649156