www.wikidata.de-de.nina.az
Ulrich Graf von Brockdorff Rantzau 29 Mai 1869 in Schleswig 8 September 1928 in Berlin war ein deutscher Jurist und Diplomat Im Dezember 1918 wurde er der erste deutsche Aussenminister der sein Amt nach der Abdankung Wilhelms II antrat und der erste der Weimarer Republik Mit dem ubrigen Kabinett Scheidemann das den Friedensvertrag von Versailles nicht unterzeichnen wollte trat er im Juni 1919 zuruck Im November 1922 wurde er Botschafter in Sowjetrussland Ulrich von Brockdorff Rantzau 1918 Inhaltsverzeichnis 1 Familie und Herkunft 2 Ausbildung und Karriere im Kaiserreich 3 Aussenminister und Botschafter in Moskau 4 Grab 5 Sonstiges 6 Schriften 7 Literatur 8 Weblinks 9 AnmerkungenFamilie und Herkunft BearbeitenBrockdorff Rantzau stammte vaterlicherseits aus dem Geschlecht der Rantzau und mutterlicherseits aus dem der Brockdorff beide aus altem schleswig holsteinischen Adel Nachweisbar ist das Geschlecht der Rantzau bis zuruck ins 12 Jahrhundert Vier Feldmarschalle zahlen zu den beruhmtesten Ahnen des Diplomaten Der weit gereiste Johann Rantzau war Statthalter in Danemark und wohnte Luthers Auftritt im Reichstag von Worms bei was ihn zu dessen Anhanger machte Daniel Rantzau der fur Danemark gegen die Schweden kampfte und dafur vom Nationaldichter Adam Oehlenschlager besungen wurde ging dadurch ebenfalls in die Geschichte ein Als beruhmtester Ahn gilt der Statthalter Heinrich Rantzau der drei danischen Konigen zur Seite stand und mehrere Herzogtumer verwaltete z B Schleswig Holstein Wellingsbuttel oder Wandsbeck Weiterhin besass er 6 300 Bucher und war als Kunstsammler und als Autor tatig Noch in Versailles zierte die Wand das Portrat des franzosischen Marschalls Josias Rantzau der auf den deutschen Delegationschef herabsah Fruh verlor er seinen Vater Hermann Graf zu Rantzau einen Regierungsassessor der 1872 im Alter von nur 32 Jahren verstarb Sein Grossonkel mutterlicherseits Ludwig Ulrich Hans Baron von Brockdorff 1806 1875 ein ehemals danischer Gesandter in Berlin Madrid und Lissabon und dessen Frau Cacilie deren einziges Kind 1866 gestorben war adoptierten 1873 den vierjahrigen Ulrich der den Doppelnamen Brockdorff Rantzau bekam Von seinen Adoptiveltern erbte er den Landsitz Annettenhoh bei Schleswig Brockdorff Rantzau galt nach Zeitzeugenberichten als ein Adliger der einerseits dem Neuen gegenuber aufgeschlossen war sich aber andererseits stets in der Traditionslinie grosser Ahnen betrachtete und sich zeitlebens bemuhte jenem Ruhm nachzueifern Ausbildung und Karriere im Kaiserreich BearbeitenGraf Brockdorff Rantzau absolvierte ab 1888 ein Studium der Rechtswissenschaft in Neuenburg Freiburg Berlin und Leipzig das er 1891 mit dem ersten juristischen Staatsexamen und der Promotion zum Dr jur beendete Zwischen 1891 und 1893 diente er im preussischen Heer beim 1 Garderegiment zu Fuss er wurde nach einer Verletzung schliesslich als Leutnant entlassen 1894 trat er als Attache in den Dienst des Auswartigen Amtes ein Sein erster auslandischer Dienstort war Brussel 1897 wurde er zum Legationssekretar in Sankt Petersburg 1901 zum Legationsrat in Wien ernannt wo er spater auch als Botschaftsrat diente Von 1909 bis 1912 bekleidete er das Amt des Generalkonsuls in Budapest 1912 wurde er durch Vermittlung seines Mentors des einflussreichen Statthalters von Elsass Lothringen Karl von Wedel der enge Beziehungen zu Skandinavien unterhielt und Brockdorff Rantzau seit seiner Wiener Zeit wo Wedel Botschafter gewesen war forderte 1 zum deutschen Gesandten in Kopenhagen ernannt wo er wahrend des gesamten Ersten Weltkrieges amtierte Ohne dafur explizit von Berlin ermachtigt worden zu sein gelang es ihm in dieser Funktion Danemark zu einer Neutralitatserklarung zu bewegen Wahrend des Ersten Weltkrieges verfolgte er gemeinsam mit den Diplomaten Rudolf Nadolny und Richard von Kuhlmann eine Revolutionierungspolitik gegenuber Russland wobei er als Verbindungsmann des Auswartigen Amtes zu Alexander Parvus diente Die beabsichtigte innere Destabilisierung Russlands wurde gefordert indem man Lenin 1917 bei seiner Ruckkehr aus der Schweiz nach Russland die Durchreise durch Deutschland ermoglichte Im Januar 1918 uberbrachte er Reichskanzler Georg von Hertling das Angebot des danischen Konigs zwischen Deutschland und Grossbritannien zu vermitteln was aber erfolglos blieb 2 Aussenminister und Botschafter in Moskau Bearbeiten nbsp Erste Kabinettssitzung des Kabinetts Scheidemann am 13 Februar 1919 in Weimar V l Ulrich Rauscher Pressechef der Reichsregierung Robert Schmidt Ernahrung Eugen Schiffer Finanzen Philipp Scheidemann Reichskanzler Otto Landsberg Justiz Rudolf Wissell Wirtschaft Gustav Bauer Arbeit Ulrich von Brockdorff Rantzau Auswartiges Eduard David ohne Portefeuille Hugo Preuss Inneres Johannes Giesberts Post Johannes Bell Kolonien Georg Gothein Schatz Gustav Noske ReichswehrIm Dezember 1918 ubernahm Brockdorff Rantzau nach anfanglichem Zogern das Amt des Staatssekretars im Auswartigen Amt ab Februar 1919 erster Reichsminister des Auswartigen der Weimarer Republik im Kabinett Scheidemann Als Adliger der entschieden demokratische Positionen vertrat sollte er die konkurrierenden Stromungen des Landes vereinen Im April 1919 reiste er als Leiter der deutschen Friedensdelegation zu Verhandlungen uber den Friedensvertrag von Versailles nach Frankreich Hier gelang es ihm einige Anderungen an dem von den Alliierten prasentierten Vertragstext zu erwirken unter anderem wurde eine Volksabstimmung in Oberschlesien vereinbart und die Gesamthohe der deutschen Reparationen vorerst offengelassen Jedoch wurde das Hauptziel die Streichung des Kriegsschuldartikels und der Artikel betreffend die Bestrafung der Kriegsverbrecher nicht erreicht Am 7 Mai hielt er in Versailles eine Ansprache bei der Uberreichung des Friedensvertrags Entwurfs durch die Alliierten und Assoziierten Machte 3 Am 20 Juni 1919 trat er zusammen mit dem ubrigen Kabinett zuruck weil er den von ihm als Verbrechen an Deutschland angesehenen Vertrag nicht unterzeichnen wollte Die neue Regierung unter Gustav Bauer musste den Vertrag aufgrund eines alliierten Ultimatums notgedrungen annehmen In den folgenden zwei Jahren kommentierte Brockdorff Rantzau immer wieder die Aussenpolitik der jungen Republik Mehrfach forderte er eine Neuaushandlung des Friedensvertrags Ausserdem trat er fur eine deutsch russische Annaherung ein lehnte aber den Vertrag von Rapallo ab weil er ihn als Hindernis fur weitere Verhandlungen mit den Westmachten sah Im November 1922 trat Brockdorff Rantzau den Botschafterposten in Moskau an Recht autonom konnte er uber den Personaleinsatz und die Wahl seiner engsten Vertrauten wahrend seiner Amtszeit entscheiden In dieser Funktion versuchte er ein gutes Verhaltnis zur Sowjetunion aufzubauen zugleich aber eine zu enge Anlehnung Deutschlands an sie zu vermeiden Der militarischen Kooperation beider Staaten trat er energisch entgegen was ihn vor allem in Konflikt mit der deutschen Heeresleitung brachte Fur die Bedingungen der diplomatischen Arbeit in einem sich neu etablierenden seine zahlreichen Geburtswehen hinter sich lassen wollenden Landes war er eine gute Wahl Der Botschafter trug wesentlich zum Zustandekommen des Berliner Vertrags 1926 zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion bei 1928 starb er mit 59 Jahren uberraschend wahrend eines Besuchs bei seinem Bruder in Berlin an den Folgen eines Schlaganfalls Ich sterbe gern ich bin ja schon in Versailles gestorben Brockdorff RantzauGrab Bearbeiten nbsp Grab des Grafen Brockdorff RantzauBeerdigt ist der letzte Bismarckianer in Annettenhoh Schleswig Versteckt und durch die Bundesstrasse 76 abgeschnitten ist das Grab schwer zu finden und nur uber einen unbeschilderten Waldweg zu erreichen Er fuhrt vom Archaologischen Landesamt dem fruheren Herrenhaus an der Brockdorff Rantzau Strasse durch eine Tunnelrohre zum Hugel mit dem eingewachsenen Erbbegrabnis Neben ihm ruhen unter schwarzen Marmorplatten seine Mutter Juliane Grafin zu Rantzau geb Grafin von Brockdorff und sein Zwillingsbruder Ernst Graf zu Rantzau Sonstiges Bearbeiten nbsp Ulrich von Brockdorff Rantzau 1919 Gemalde von Max Liebermann Ol auf Karton 101 75 cmDer Politiker Walter Koch schrieb in seinen Erinnerungen Die Geister schieden sich in der Reichsregierung stand Graf Brockdorff Rantzau der vom Ehrenstandpunkt aus unbedingt ablehnte dem leichtsinnigen Optimisten Erzberger gegenuber der fur Unterzeichnung war weil solche Sachen nie so schlimm werden wie sie aussehen Die ubrigen Mitglieder schwankten zwischen diesen beiden Extremen neigten aber doch aus der Erwagung dass ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende sei der Annahme zu 4 Schriften BearbeitenPatronat u Compatronat Dissertation Leipzig 1890 bis 1891 Dokumente Deutsche Verlags Gesellschaft fur Politik und Geschichte Charlottenburg 1920 Dokumente und Gedanken um Versailles Verlag fur Kulturpolitik Berlin 1925 Literatur BearbeitenEdgar Stern Rubarth Graf Brockdorff Rantzau Wanderer zwischen zwei Welten Ein Lebensbild Reimar Hobbing Berlin 1929 Werner Conze Brockdorff Rantzau Ulrich Karl Christian Graf In Neue Deutsche Biographie NDB Band 2 Duncker amp Humblot Berlin 1955 ISBN 3 428 00183 4 S 620 f Digitalisat Udo Wengst Graf Brockdorff Rantzau und die aussenpolitischen Anfange der Weimarer Republik H Lang Bern 1973 ISBN 3 261 00880 6 Leo Haupts Graf Brockdorff Rantzau Diplomat und Minister in Kaiserreich und Republik Muster Schmidt Gottingen 1984 ISBN 3 7881 0116 4 Christiane Scheidemann Ulrich Graf Brockdorff Rantzau 1869 1928 Eine politische Biographie Verlag Peter Lang Frankfurt am Main 1998 ISBN 3 631 32880 X Michael Knoll Anmerkungen zu Brockdorff Rantzaus Rede in Versailles In Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 38 Februar 1987 S 108 111 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Ulrich von Brockdorff Rantzau Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikiquote Ulrich von Brockdorff Rantzau Zitate Literatur von und uber Ulrich von Brockdorff Rantzau im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Ulrich von Brockdorff Rantzau in der Deutschen Digitalen Bibliothek Zeitungsartikel uber Ulrich von Brockdorff Rantzau in den Historischen Pressearchiven der ZBW Claudia Bannert Kai Britt Albrecht Ulrich von Brockdorff Rantzau Tabellarischer Lebenslauf im LeMO DHM und HdG AnnettenhohAnmerkungen Bearbeiten Klaus Schwabe Brockdorff Rantzau Ulrich Graf von In Gerhard Hirschfeld Gerd Krumeich Irina Renz Hrsg Enzyklopadie Erster Weltkrieg 2 Auflage UTB Ferdinand Schoningh Paderborn 2014 ISBN 978 3 8252 8551 7 S 392 Ernst Johann Hrsg Innenansicht eines Krieges Deutsche Dokumente 1914 1918 dtv Munchen 1973 ISBN 3 423 00893 8 S 283 f Ansprache des Reichsaussenministers Ulrich Graf von Brockdorff Rantzau bei der Uberreichung des Friedensvertrags Entwurfs durch die Alliierten und Assoziierten Machte Versailles 7 Mai 1919 Nachgesprochen von Ranzau 1920 Archiv SWR2 Der sachsische Gesandte Erinnerungen von Walter Koch 1870 aus Dresden Gesandter von Sachsen in der Nationalversammlung 1919 auf dhm deStaatssekretare im Auswartigen Amt des Deutschen Kaiserreichs Hermann von Thile Hermann Ludwig von Balan Bernhard Ernst von Bulow Joseph Maria von Radowitz Chlodwig Furst zu Hohenlohe Schillingsfurst Friedrich Graf zu Limburg Stirum Clemens Busch Paul Graf von Hatzfeldt zu Wildenburg Herbert Graf v Bismarck Adolf Frhr Marschall v Bieberstein Bernhard Graf v Bulow Oswald Frhr Praetorius v Richthofen Heinrich v Tschirschky und Bogendorff Wilhelm Frhr v Schoen Alfred von Kiderlen Waechter Gottlieb von Jagow Arthur Zimmermann Richard von Kuhlmann Paul von Hintze Wilhelm Solf Ulrich Graf v Brockdorff RantzauReichsaussenminister des Deutschen Reiches 1919 bis 1945 Weimarer Republik Ulrich von Brockdorff Rantzau Hermann Muller Adolf Koster Walter Simons Friedrich Rosen Joseph Wirth Walther Rathenau Frederic von Rosenberg Gustav Stresemann Julius Curtius Heinrich Bruning Konstantin Freiherr von NeurathZeit des Nationalsozialismus Konstantin Freiherr von Neurath Joachim von Ribbentrop Arthur Seyss Inquart Johann Ludwig Graf Schwerin von KrosigkKabinett Scheidemann 13 Februar 1919 bis 20 Juni 1919 Philipp Scheidemann Ministerprasident SPD Eugen Schiffer DDP Bernhard Dernburg DDP Ulrich Graf von Brockdorff Rantzau parteilos Hugo Preuss DDP Otto Landsberg SPD Rudolf Wissell SPD Robert Schmidt SPD Gustav Bauer SPD Gustav Noske SPD Johannes Bell Zentrum Johannes Giesberts Zentrum Georg Gothein DDP Eduard David SPD Matthias Erzberger Zentrum Normdaten Person GND 118674242 lobid OGND AKS LCCN n85058831 VIAF 77109804 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Brockdorff Rantzau Ulrich vonALTERNATIVNAMEN Brockdorff Rantzau Ulrich GrafKURZBESCHREIBUNG erster Aussenminister der Weimarer RepublikGEBURTSDATUM 29 Mai 1869GEBURTSORT SchleswigSTERBEDATUM 8 September 1928STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ulrich von Brockdorff Rantzau amp oldid 239301740