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Die Reise Lenins im plombierten Wagen fand wahrend des Ersten Weltkriegs im April 1917 Anm 1 statt Sie fuhrte Wladimir Iljitsch Lenin zusammen mit weiteren Emigranten vom Schweizer Exil durch das Deutsche Reich uber Skandinavien nach Petrograd dem heutigen Sankt Petersburg Der plombierte Wagen Anm 2 wurde dabei nur auf dem deutschen Streckenabschnitt benutzt Die ungefahre ReiserouteAusgangspunkt der Reise Zurich HauptbahnhofZiel der Reise Finnischer Bahnhof in PetrogradLenin 1915 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Verhandlungen zur Durchreise durch Deutschland 3 Die Fahrt 3 1 Ubersicht 3 2 Schweiz 3 2 1 Erster Tag 3 3 Deutschland der plombierte Wagen 3 3 1 Erster Tag 3 3 2 Zweiter Tag 3 3 3 Dritter Tag 3 3 4 Vierter Tag 3 4 Schweden 3 4 1 Erster Tag 3 4 2 Zweiter Tag 3 4 3 Dritter Tag 3 5 Finnland 3 6 Russland 4 Wissenswert 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 Anmerkungen 9 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenIm Russischen Kaiserreich mussten politische Aktivisten die sich fur eine revolutionare Anderung der Gesellschaftsordnung einsetzten mit Gefangnis oder Verbannung rechnen Lenin und viele andere russische Sozialisten waren nach der gescheiterten Russischen Revolution von 1905 gezwungen gewesen Russland zu verlassen und ins Exil zu gehen Nach dem Sturz des Zaren Nikolaus II in der Februarrevolution 1917 bestand volle Betatigungsfreiheit fur alle sozialistischen Richtungen Lenin der sich seit 1914 in der neutralen aber von kriegsfuhrenden Machten umgebenen Schweiz aufhielt versuchte nach der Revolution verzweifelt nach Russland zuruckzukehren Er war weiterhin russischer Staatsburger und damit Angehoriger einer kriegfuhrenden Macht Sondierungen in Richtung der mit Russland verbundeten Machte Frankreich und Grossbritannien um uber sie und die ebenfalls neutralen skandinavischen Staaten nach Russland zu gelangen scheiterten weil jene befurchteten dass die gegen den Krieg gerichtete Haltung Lenins ihre Interessen in Russland beeintrachtigen konnte Die Alternative uber Deutschland und die skandinavischen Staaten nach Russland zu reisen bedeutete fur den Russen Lenin die Hilfe des Kriegsgegners anzunehmen Lenin furchtete dass dieser Vorwurf ihm politisch schaden wurde Da die mit Russland verbundeten Lander der Triple Entente sich aber strikt weigerten Lenin ein Visum auszustellen blieb ihm letztendlich nur dieser Weg Informelle Kontakte zwischen dem deutschen Auswartigen Amt und den in mehrere rivalisierende Gruppen gespaltenen russischen Exilanten in der Schweiz hatten bereits seit September 1914 bestanden als der deutsche Gesandte in Bern Gisbert von Romberg uber den estnischen Revolutionar Aleksander Keskula die Einstellung der russischen Revolutionare zur Rolle Deutschlands bei einer Revolutionierung Russlands sondierte Weitere Kontakte bestanden uber die Gesandten in den neutralen Staaten Danemark Ulrich von Brockdorff Rantzau und Schweden Hellmuth Freiherr Lucius von Stoedten Am 6 Dezember 1915 schrieb Brockdorff Rantzau in einer Denkschrift an Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg Der Sieg und als Preis der erste Platz in der Welt ist aber unser wenn es gelingt Russland rechtzeitig zu revolutionieren und dadurch die Koalition der gegnerischen Machte zu sprengen Graf Brockdorff Rantzau 1 Allerdings sollte hierdurch bestenfalls eine Drohkulisse gegenuber Russland aufgebaut werden konkrete Schritte wurden von deutscher Seite bis Marz 1917 nicht unternommen 2 Anfang April 1917 entwickelte Brockdorff Rantzau in einer weiteren Denkschrift das Programm im revolutionaren Russland durch die Anschurung von Konflikten zwischen den politischen Lagern ein grosstmogliches Chaos zu schaffen wobei die radikalen Elemente bevorzugt zu unterstutzen seien um im Osten baldmoglichst zu einem Separatfrieden zu kommen 3 Auf diese Linie schwenkte schliesslich auch Bethmann Hollweg ein der Romberg anwies den Revolutionaren in der Schweiz die Ruckreise uber Deutschland anzubieten Verhandlungen zur Durchreise durch Deutschland BearbeitenBereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Sturzes des Zaren hatten diese ein Zentralkomitee zur Ruckkehr der in der Schweiz weilenden russischen Emigranten gegrundet das uber 500 Exilanten vertrat Dieses hatte unabhangig von deutschen Angeboten am 19 Marz entschieden von den Deutschen eine Durchreiseerlaubnis im Austausch gegen deutsche und osterreich ungarische Kriegsgefangene in Russland zu beantragen Die politischen Verhandlungen wurden von dem Komitee dem Schweizer Sozialdemokraten Robert Grimm ubertragen Das Ersuchen wurde am 23 Marz vom Staatssekretar des Auswartigen Amtes Arthur Zimmermann der in Bad Kreuznach weilenden Obersten Heeresleitung bekanntgemacht die keine Einwande erhob 4 Die einzigen Bedingungen waren dass die Modalitaten der Reise gemeinsam vom Auswartigen Amt und der Abteilung III b des Stellvertretenden Generalstabs geregelt werden sollten Zudem bestanden Bedenken uber die Haltung der anderen geplanten Durchreisestaaten Die deutsche Seite war entschlossen Lenin notigenfalls uber die Frontlinie nach Russland zu bringen sollte das neutrale Schweden die Durchreise verweigern Unabhangig vom Emigrantenkomitee nahm Lenin der den Deutschen von Alexander Parvus als besonders geeignet zur Destabilisierung Russlands empfohlen wurde Ende Marz Kontakt mit der deutschen Gesandtschaft in Bern auf Zu seinem Mittelsmann bestimmte er den Schweizer Sozialisten Fritz Platten durch den er am 4 April eine Liste von Bedingungen ubermitteln liess Von Romberg reichte sie am folgenden Tag nach Berlin weiter 5 Kernpunkt war dass der Personenwagen in dem Lenin und seine Begleiter reisten als staatsrechtlich neutral deklariert wurde Lenin und seine Begleiter somit den Boden des feindlichen Auslandes nicht betraten solange sie sich im Wagen aufhielten Auch wurde direkter Kontakt zwischen Deutschen und Russen vermieden indem Platten mitreiste und als neutraler Schweizer Nachrichten zwischen Russen und deutscher Begleitung transportierte so dass diese nicht direkt miteinander sprachen Lenin konnte also immer angeben dass keiner seiner Reisegruppe wahrend der Durchfahrt mit Deutschen gesprochen habe 6 Die Bedingungen wurden drei Tage spater von der deutschen Seite bestatigt und das Verfahren wahrend der Reise im Grossen und Ganzen eingehalten Die Situation durch Deutschland reisen zu mussen wurde auch seitens russischer Exilanten in der Schweiz scharf kritisiert 7 so dass Lenin darauf bestand dass alle Mitreisenden die Durchfahrt durch Deutschland bezahlten und auch bis einen Tag vor der Abreise noch versuchte die Durchfahrt von den Alliierten genehmigt zu bekommen Noch am Ostersonntag Anm 3 dem 8 April 1917 versuchte er bei der Gesandtschaft der Vereinigten Staaten in Bern vorstellig zu werden Der junge Mitarbeiter den er telefonisch erreichte war Allen Dulles der aber zu einem Tennismatch verabredet war und ihn auf den folgenden Montag verwies 8 Platten fungierte spater bei der Fahrt durch das Deutsche Reich als Transportfuhrer Als Begleiter des Transports wurden von deutscher Seite der deutsch schwedische Gewerkschafter Wilhelm Jansson und Rittmeister der Reserve Arwed von der Planitz bestimmt Die Presse sollte uber das Ereignis nicht berichten 9 Uber die deutsche Gesandtschaft in Stockholm erwirkte man ausserdem die Durchreiseerlaubnis durch Schweden Kaiser Wilhelm II erfuhr von der Angelegenheit erst im Nachhinein am 11 April 1917 als die Aktion schon in vollem Gange war Er hatte dagegen nichts einzuwenden 10 Die Fahrt BearbeitenUbersicht Bearbeiten Reise Lenins von Zurich nach Petrograd im April 1917 Datum Von Nach Bahnstrecke Anm 4 Zug Anmerkung9 April Zurich HB Gottmadingen 11 Bahnstrecke Zurich WinterthurRheinfallbahnHochrheinbahn Personenzug ca zwei Stunden Fahrzeit 12 9 April Gottmadingen Singen Hochrheinbahn Sonderzug plombierter Wagen Ubernachtung in Singen10 April Singen Stuttgart Karlsruhe Frankfurt am Main Schwarzwaldbahn nur von Singen bis Immendingen Bahnstrecke Plochingen ImmendingenBahnstrecke Stuttgart HorbBahnstrecke Stuttgart BruchsalRheintalbahnBahnstrecke Frankfurt am Main Heidelberg oder Riedbahn Sonderzug plombierter Wagen Ubernachtung in Frankfurt am Main11 April Frankfurt Erfurt Berlin Bahnstrecke Frankfurt GottingenBahnstrecke Halle Bebra 13 Bahnstrecke Berlin Halle Sonderzug plombierter Wagen Ubernachtung in Berlin dort etwa 20 Stunden Aufenthalt12 April Berlin Stralsund Sassnitz Trelleborg und weiter Richtung Malmo Bahnstrecke Berlin StettinBahnstrecke Angermunde StralsundBahnstrecke Stralsund SassnitzKonigslinieKontinentalbananSodra stambananVastra stambanan Sonderzug plombierter Wagen bis SassnitzFahre Drottning Victoria bis TrelleborgRegelzug bis MalmoNachtzug nach Stockholm13 April Aufenthalt in Stockholm Abfahrt 18 37 in Richtung Bracke Ubernachtung im Liegewagen14 April Stockholm Gavle Bracke Boden Bahnstrecke Stockholm SundsvallNorra stambananBahnstrecke Sundsvall StorlienStambanan genom ovre Norrland Nachtzug Stockholm BrackePersonenzug Bracke Boden Ubernachtung im Zug nach Boden2 Apriljul 15 April 1917greg Boden Haparanda Tornio Bahnstrecke Boden HaparandaGrenzuberquerung Personenzuge Abends nach 18 Uhr Abfahrt mit Zug in Richtung Helsingfors3 Apriljul 16 April 1917greg Tornio Riihimaki Anm 5 Terijoki Petrograd Bahnstrecke Oulu TornioBahnstrecke Seinajoki OuluBahnstrecke Helsinki SeinajokiBahnstrecke Sankt Petersburg Riihimaki Personenzuge Gegen 23 Uhr abends Ankunft im Finnischen Bahnhof in PetrogradSchweiz Bearbeiten Erster Tag Bearbeiten nbsp Abreise morgenLenin oulianoff aus Bern an Henri Guilbeaux am 6 April 1917 14 nbsp Unterschriften der Teilnehmer 9 April 1917Am Ostermontag den 9 April 1917 versammelte sich die Reisegruppe am Vormittag im Gasthaus Zahringerhof am Zurcher Hauptbahnhof wo zu Mittag gegessen wurde Abschiedsreden wurden gehalten und Lenin verlas ein Statement im Namen der gesamten Gruppe auf Deutsch und Franzosisch Zu der Gruppe gehorten 32 Personen darunter neben Lenin selbst 15 Nadeschda Krupskaja Lenins Ehefrau Inessa Armand Grigori Sinowjew mit seiner Ehefrau und seinem neunjahrigen Sohn Sarra Rawitsch Sinowjews geschiedene erste Ehefrau David Suliaschwili Micha Zchakaia Grigori Ussijewitsch mit seiner Ehefrau Jelena Moissei Charitonow Georgi Safarow Grigori Sokolnikow Karl Radek osterreichischer Sozialist verliess die Reisegruppe in Stockholm 16 Fritz Platten Schweizer Kommunist reiste bis zur finnischen Grenze in Tornio wo er am Grenzubertritt gehindert wurde Auf dem Weg uber den Bahnhofsvorplatz zum Zug und auf dem Bahnsteig wurde die Gruppe mit Buh Rufen gegnerischer politischer Aktivisten bedacht Dieser erste Zug war ein planmassiger Zug 15 Anm 6 Die Abfahrt wurde von dem auf dem Bahnhof inkognito erschienenen deutschen Militarattache Major von Bismarck beobachtet 17 und verzogerte sich aufgrund einer Verspatung aber um etwa eine Viertelstunde In dem Zug reiste in einem anderen Wagen ein deutscher Feldjager mit 18 Im Bahnhof Schaffhausen erfolgte die schweizerische Zollkontrolle Schweizer Behorden hatten die Abmachung zwischen der Reisegruppe und dem Deutschen Reich nicht mitunterzeichnet und behandelten sie wie gewohnliche Reisende ins Ausland Die Russen hatten um von deutscher Versorgung unabhangig zu sein einen erheblichen Lebensmittelvorrat eingepackt der nun grosstenteils beschlagnahmt wurde vor allem Schokolade und Zucker Kriegsbedingt war die Mitnahme von Lebensmitteln ins Ausland stark beschrankt 19 Wahrend der Zollkontrolle wartete die russische Reisegruppe auf Bahnsteig 3 20 Nach der Weiterfahrt wurde das Gepack der Gruppe im letzten Bahnhof auf Schweizer Gebiet Thayngen erneut kontrolliert Dieser erste Abschnitt der Fahrt endete in dem bereits in Deutschland gelegenen Bahnhof Gottmadingen Deutschland der plombierte Wagen Bearbeiten nbsp Buch des mitreisenden Schweizer Kommunisten Fritz PlattenErster Tag Bearbeiten Am Nachmittag des Abreisetages wurde die Gruppe in Gottmadingen von deutschen Offizieren unter Fuhrung des Rittmeisters der Reserve Arwed von der Planitz in Empfang genommen Dieser hatte seine Instruktionen unmittelbar vom Ersten Generalquartiermeister Erich Ludendorff erhalten Ein zweiter Offizier war ein Leutnant von Buhring der russisch sprach das aber nicht wissen lassen sollte 21 Die Gruppe musste zunachst im Empfangsgebaude des Bahnhofs warten wo die Einreiseformalitaten erledigt wurden und die Russen den Fahrpreis entrichteten Lenin hatte darauf bestanden die Fahrt von den Deutschen nicht geschenkt zu erhalten 22 und wurde dann zu ihrem Sonderzug begleitet 23 Dieser bestand aus einem Personenwagen 2 3 Klasse und einem Gepackwagen 24 Der Personenwagen der plombierte Wagen hatte einen Seitengang war also ein D Zug Wagen An jedem Ende befand sich eine Toilette An einem Ende gab es drei Abteile der alten 2 Klasse am anderen funf Abteile 3 Klasse Lenin erhielt mit seiner Frau das eine Abteil 2 Klasse fur sich alleine die beiden anderen wurden an die Familien mit Kindern vergeben 25 26 Die restlichen Reisenden verteilten sich uber vier Abteile Das eine Endabteil der 3 Klasse ubernahm die deutsche Begleitung Auf dem Gang wurde zwischen dem russischen und dem deutschen Teil des Wagens ein Kreidestrich gezogen den weder Deutsche noch Russen uberschreiten durften nur der Schweizer Fritz Platten durfte den Strich uberqueren Das Arrangement hatte den Nachteil dass die 32 Russen sich die eine Toilette an ihrem Ende des Wagens teilen mussten sowohl fur die gewohnliche Nutzung als auch zum Rauchen da Lenin das Rauchen im ubrigen Wagen verbot 27 Die Plombierung des Wagens bestand darin dass drei von vier Aussenturen abgeschlossen waren 25 Die erste Reiseetappe in Deutschland fuhrte als Sonderzug nur bis zum sechs Kilometer entfernten Bahnhof Singen Hohentwiel wo der Zug fur die Ubernachtung abgestellt wurde Die Russen blieben im neutralen Wagen die deutsche Begleitung besorgte ihnen Bier und Butterbrote und begab sich dann zur Ubernachtung in die Stadt 28 Die deutsche Presse vermeldete die Fahrt 29 und das Auswartige Amt lancierte eine entsprechende Information an die Presse 30 Die Reise fand aber nur geringes offentliches Interesse 31 Wurde die Reisegruppe bei Betriebshalten des Zuges auf Bahnhofen wahrgenommen reagierten Deutsche eher abweisend In Mannheim sah sich Fritz Platten gezwungen das Einstellen des Gesangs franzosischer Lieder zu fordern 32 Lediglich in Frankfurt am Main kam es zu einem intensiveren Kontakt bei dem auch gesprochen wurde 33 Zweiter Tag Bearbeiten Am Dienstag den 10 April 1917 wurde die Fahrt gegen 5 Uhr morgens von Singen aus uber Stuttgart nach Karlsruhe fortgesetzt Die beiden Wagen hingen nun an einem planmassigen Zug 34 Der plombierte Wagen wurde wie ein Kurswagen behandelt und an wechselnde planmassige Zuge angehangt 35 In Stuttgart bestieg der schwedisch deutsche Gewerkschafter Wilhelm Jansson den Zug Lenin lehnte aber den Kontakt mit ihm ab so dass er den russischen Teil des Wagens nicht betreten durfte 36 Lenin arbeitete wahrend der Fahrt machte Notizen und diskutierte mit Genossen Am fruhen Abend erreichte der Zug Frankfurt am Main wo er fur die Ubernachtung auf ein Abstellgleis kam 37 Anm 7 Die deutsche Begleitung und Fritz Platten begaben sich in die Stadt die russische Gruppe blieb im Wagen zuruck Eine Gruppe deutscher Soldaten kam in den Wagen und diskutierte mit den Russen hauptsachlich um zu erfahren wie lange denn der Krieg noch dauern werde 33 An diesem Tag stellte das Auswartige Amt fest dass die Russen sich nicht um ein Durchreise Visum fur Schweden gekummert hatten und bemuhte sich das nun auf telegrafischem Weg nachzuholen was auch gelang 38 Allerdings hatte der deutsche Gesandte in Bern auf diese Tatsache bereits am Vortag aufmerksam gemacht 39 Die schwedische Regierung gestattete die Durchreise noch am gleichen Tag 40 Dritter Tag Bearbeiten Am Mittwoch den 11 April 1917 hatte der Planzug an dem die beiden Wagen hingen einen Speisewagen und die russische Reisegruppe konnte sogar mit warmem Essen versorgt werden 41 Allerdings verliess der Zug Frankfurt mit Verspatung weil der Anschlusszug verpasst worden war mit dem der plombierte Wagen hatte weiter befordert werden sollen 42 Der Weg fuhrte bis Bebra wohl uber die Bahnstrecke Frankfurt Gottingen 43 Die Verspatung nahm im Laufe des Tages zu Das war deshalb ein Problem weil die Fahre von Sassnitz nach Schweden nur einmal am Tag fuhr Um den Zug zu beschleunigen soll in Halle sogar der Zug des deutschen Kronprinzen zwei Stunden gewartet haben um die Uberholung zu ermoglichen 44 Anm 8 Gleichwohl war klar als der Zug in Berlin eintraf dass die Fahre nach Schweden erst am nachsten Tag wurde erreicht werden konnen Die Wagen wurden deshalb in Berlin zunachst im Potsdamer Bahnhof 45 spater im Stettiner Bahnhof 46 abgestellt Die Reisenden verbrachten so in Berlin etwa 20 Stunden in ihrem Wagen Die Gruppe wurde von einem deutschen Offizier in Zivil besucht der sich uber Platten nach ihrem Befinden erkundigte Die Gruppe habe sich uber Betreuung und Versorgung wahrend der Fahrt sehr positiv geaussert berichtete der Offizier 47 Vierter Tag Bearbeiten nbsp Die Drottning Victoria mit der Lenin die Ostsee uberquerteVon Berlin ging es am Donnerstag dem 12 April 1917 zunachst nach Stralsund Eine feste Verbindung zur Insel Rugen bestand damals noch nicht so dass der plombierte Wagen mit dem Trajekt zwischen Stralsund und Altefahr auf die Insel transportiert werden musste 48 ehe er schliesslich nach insgesamt funfstundiger Fahrt den Fahrhafen Sassnitz erreichte wo die Reisenden ihren Wagen verliessen und auf die Fahre Drottning Victoria der Konigslinie ins schwedische Trelleborg umstiegen 49 Die meisten Mitglieder der Reisegruppe wurden bei der Uberfahrt seekrank nicht so Lenin 50 Die Uberfahrt dauerte vier Stunden 49 Schweden Bearbeiten nbsp Stockholm Hauptbahnhof nbsp Bahnhof HaparandaErster Tag Bearbeiten In Trelleborg erwartete die Gruppe ein kleines Empfangskomitee einschliesslich des Burgermeisters von Trelleborg Aber es blieben nur 15 Minuten bevor die Reisegruppe den Zug nach Malmo bestieg Im Hotel Savoy in Malmo hatte Jakub Furstenberg ein Buffet bereitstellen lassen welches in weniger als 15 Minuten verzehrt war Furstenberg arbeitete in einem Im und Exportgeschaft das auch einen Teil der Gelder transferierte mit denen Deutschland subversive Bestrebungen in Russland finanzierte 50 Noch am gleichen Abend ging die Fahrt mit einem Nachtzug nach Stockholm weiter Zweiter Tag Bearbeiten Wahrend der Nachtfahrt diskutierte Lenin in seinem Abteil mit seinen Mitreisenden bis 4 Uhr morgens 51 Am nachsten Morgen Freitag dem 13 April 1917 kamen sie gegen 9 00 Uhr in Stockholm an 52 und wurden vom Stockholmer Burgermeister Carl Lindhagen dem Reichstagsabgeordneten Fredrik Strom und anderen Reichstagsabgeordneten im Hauptbahnhof begrusst 53 Da ein Zug nach Nordschweden erst am Abend abging nutzte Lenin die Zeit zu zahlreichen Gesprachen mit schwedischen Genossen und liess sich in Begleitung von Frederik Strom im PUB einem Warentempel der Bourgeoisie neu einkleiden Hier erwarb er auch Anzug und Schuhe die er bei seinen ersten Auftritten in Petrograd und auch spater in der Offentlichkeit trug und die damit spater auf zahlreichen Leninstatuen verewigt wurden Auf den Kauf von Unterwasche verzichtete er aus Zeitmangel Zahlreiche andere Mitglieder der Gruppe nutzten erst einmal in einem Hotel die Moglichkeit sich nach vier Tagen wieder frisch zu machen 53 Am Abend nahm die Reisegruppe den Zug um 18 Uhr 37 nach Bracke Hunderte von Sozialisten waren gekommen um sie zu verabschieden Rote Fahnen flatterten sogar an der Lokomotive Dank der von Genossen in Stockholm gespendeten Mittel konnte die Gruppe sich Abteile mit Holz Kojen leisten und liegend durch die Nacht reisen Dritter Tag Bearbeiten Am Sonnabend dem 14 April 1917 um 5 30 erreichte der Zug Bracke 54 Hier stiegen sie in einen Zug nach Boden um das der Zug gegen 22 Uhr erreichte Nach mehr als zwei Stunden Wartezeit fuhren sie mit einem Zug der die Stadt kurz nach Mitternacht verliess weiter Es war nun Sonntag der 15 April 1917 Nach sieben Stunden Fahrt erreichten sie den Grenzbahnhof Haparanda 55 Finnland Bearbeiten nbsp Erinnerungsplakette an den Grenzubertritt Lenins am Bahnhof in TornioDas Grossfurstentum Finnland war damals ein mit einer weitgehenden inneren Autonomie ausgestatteter Teil des Russischen Reiches Die Russen betraten hier exakt einen Monat nach der Abdankung des Zaren also heimischen Boden Platten als Schweizer wurde dagegen die Einreise verweigert Die grundlichen Kontrollen der Einreisenden im finnischen Grenzort Tornio endeten am 2 Apriljul 15 April 1917greg hier galt nun der Julianische Kalender und es war der Ostersonntag der Russisch Orthodoxen Kirche gegen 18 Uhr 56 Die Gruppe bestieg anschliessend einen Zug Richtung Helsingfors den sie bis Riihimaki nutzte 56 Die Gruppe fuhr in Wagen der 3 Klasse 57 In Riihimaki stieg sie am Montag den 3 Apriljul 16 April 1917greg in einen Zug nach Terijoki und wechselte dort erneut den Zug der diesmal bis Petrograd fuhr 56 Russland Bearbeiten nbsp Leninstatue von Sergej Jewsejew vor dem Finnischen Bahnhof in St Petersburg 58 Zuvor war aber eine erneute Grenzkontrolle zu passieren da die Grenze zwischen Finnland und Russland wie eine internationale Grenze kontrolliert wurde Grenzbahnhof war damals Beloostrow etwa 40 km vor Petrograd gelegen Eine ordnungsgemasse Grenzkontrolle aber fand nicht mehr statt Vielmehr wurde der Zug von begeisterten Arbeitern gesturmt noch bevor er am Bahnsteig endgultig zum Stehen gekommen war Die Arbeiter hatten zum Teil lange Fusswege aus Sestrorezk zuruckgelegt oder waren aus Petrograd mit dem Zug angereist um Lenin zu begrussen Sie trugen ihn in die Bahnhofshalle wo er eine improvisierte Rede hielt 56 Die Provisorische Regierung glaubte indes keine besonderen Gegenmassnahmen vorbereiten zu mussen da sie erwartete dass Lenin durch die blosse Tatsache dass seine Reise durch den Kriegsgegner Deutschland ermoglicht worden war in der Offentlichkeit diskreditiert werden wurde Diese Annahme erwies sich als irrig 59 Der Empfang am Finnischen Bahnhof in Petrograd war uberwaltigend Tausende von Arbeitern erwarteten die Ankunft Soldaten aus Kronstadt waren gekommen um eine Ehrenformation zu bilden 60 Der Zug erreichte den Bahnhof mit Verspatung kurz vor Mitternacht Beim Aussteigen wurde Lenin ein Blumenstrauss in die Hand gedruckt mit dem er so gar nichts anfangen konnte Er eilte sofort in das Furstenzimmer des Bahnhofs Dort erklarte er den Anwesenden die eher erwartet hatten dass er sich der bestehenden aus der Revolution hervorgegangenen Regierung anschliessen werde dass nun eine neue Epoche angebrochen sei und liess die sozialistische Weltrevolution hoch leben Lenin entwickelte dabei in skizzenhafter Form zum ersten Mal die Ideen die spater als Aprilthesen bekannt wurden Nachdem es ihm gelungen war den Bahnhof durch die Menschenmassen zu verlassen bestieg er einen vor dem Empfangsgebaude stehenden Panzerwagen von dem aus er eine Rede an die Versammelten hielt und mit dem er dann in die Stadt fuhr 61 Wissenswert BearbeitenEs gab weitere Transporte russischer Emigranten auf der von Lenin ab Karlsruhe genutzten Route Im Mai und Juni 1917 waren es zwei Transporte mit 400 Personen unterschiedlicher politischer Richtungen auch Familien mit Kleinkindern und Emigranten die aus Belgien dazustiessen 62 Die heute am Finnischen Bahnhof ausgestellte Lokomotive H2 293 der Finnischen Eisenbahn ist die auf der Lenin im August 1917 nach Finnland floh und auf der er im Oktober zuruckkehrte Sie hat mit seiner Fahrt von Zurich nach Petrograd im April 1917 nichts zu tun 63 Der in der Zeit der DDR im Lenin Museum in Sassnitz ausgestellte Wagen war einer der 1912 fur den Hofzug der deutschen Kaiserin gebaut und nach Abschaffung der Monarchie zu einem Wagen 1 2 Klasse umgebaut worden war Er hatte ebenfalls mit der Fahrt Lenins von Zurich nach Petrograd im April 1917 nichts zu tun 64 Winston Churchill sagte vor dem Unterhaus Lenin wurde von den Deutschen nach Russland geschickt so wie man eine Phiole mit Typhus oder Cholerakultur in die Wasserversorgung einer grossen Stadt giessen konnte und es funktionierte mit erstaunlicher Genauigkeit 65 Siehe auch BearbeitenDer Zug 1988 Originaltitel Lenin The Train Koproduktion Italien Deutschland Frankreich Osterreich 208 Minuten Damiano Damiani Regie Ben Kingsley Hauptrolle Literatur Bearbeiten nbsp Belletristik Emil Belzner 1969 nach Autoren alphabetisch geordnet Werner Hahlweg Lenins Reise durch Deutschland im April 1917 In Vierteljahreshefte fur Zeitgeschichte 1957 S 307 333 PDF 1 3 MB Werner Hahlweg Hrsg Lenins Ruckkehr nach Russland 1917 Die deutschen Akten Studien zur Geschichte Osteuropas IV Brill Leiden 1957 Catherine Merridale Lenins Zug Die Reise in die Revolution Ubersetzung Bernd Rullkotter S Fischer Frankfurt am Main 2017 ISBN 978 3 10 002274 5 66 englisch 2016 Michael Pearson Der plombierte Waggon Lenins Weg aus dem Exil zur Macht Universitas Verlag Berlin 1977 ISBN 3 8004 0845 7 Anm 9 Fritz Platten Die Reise Lenins durch Deutschland im plombierten Wagen Neuer Deutscher Verlag Berlin 1924 Erweiterte Neuauflage mit Anmerkungen und biografischem Personenverzeichnis bei Arbeiterlogik Boklund 2022 ISBN 978 3 95514 050 2 Leseprobe Karl Radek Lenin s sealed train In New York Times 19 Februar 1922 Stefan Zweig Der versiegelte Zug In Sternstunden der Menschheit vierzehn historische Miniaturen Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1964 ISBN 3 596 20595 6 Text bei Projekt GutenbergWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Lenin on the train 1917 Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Gerd Koenen Der deutsch russische Nexus In Aus Politik und Zeitgeschichte 44 45 2007 auf den Seiten der Bundeszentrale fur politische Bildung Hans Michael Kloth Dokumente der Intrige In Akten die Geschichte machten Spiegel Online 2007 abgerufen am 11 Juli 2015 Anmerkungen Bearbeiten Soweit nicht anders angegeben handelt es sich um Daten nach dem Gregorianischen Kalender In Russland galt damals noch der Julianische Kalender mit einer Zeitverschiebung von 13 Tagen Der Eisenbahnwagen war nicht plombiert durfte aber nicht verlassen werden Mehr dazu vgl im entsprechenden Abschnitt Ostersonntag der West Kirchen Nach Wikipedia Klassifikation soweit vorhanden Die Angabe bei Merridale S 245 dass die Reisegruppe knapp nordlich von Helsingfors umgestiegen sei kann sich nur auf diesen Abzweigbahnhof beziehen Da die Abreise mittags erfolgte kommt dafur der Nahverkehrszug nach Schaffhausen Zurich HB ab 13 35 Uhr vgl Amtliches Schweizerisches Kursbuch Winter 1916 1917 Tabelle 349 in Frage Dem widerspricht die Angabe des deutschen Militarattache Major von Bismarck der die Szene beobachtete und von einem Schnellzug spricht Hahlweg Lenins Ruckkehr S 96f Auch einen Schnellzug gab es in der Verbindung in der Mittagszeit nicht Pearson sagt explizit der Zug sei um 15 10 Uhr abgefahren Pearson S 63 Einen Zug um 15 10 Uhr weist der genannte Fahrplan nicht auf Da der Zug aber mit etwa einer viertel Stunde Verspatung abgefahren ist Hahlweg Lenins Ruckkehr S 101 konnte es der Zug mit der planmassigen Abfahrt 14 58 gewesen sein Auf welchem der zahlreichen Frankfurter Bahnhofe das geschah sagt die Quelle nicht Zumindest die Angabe dass der Zug des Kronprinzen zwei Stunden lang gewartet habe um diesen Uberholvorgang zu organisieren ist wenig glaubhaft Es handelt sich um eine eher literarische Darstellung Sie enthalt faktische Fehler und Schlussfolgerungen des Autors gehen auch schon mal ins Spekulative Einzelnachweise Bearbeiten Gerd Koenen Spiel um Weltmacht Deutschland und die Russische Revolution In Aus Politik und Zeitgeschichte 67 Heft 34 36 2017 S 15 online Zugriff am 21 Oktober 2017 Hahlweg Lenins Reise durch Deutschland im April 1917 S 308 312 Hahlweg Lenins Reise durch Deutschland im April 1917 S 312 f Hahlweg Lenins Reise durch Deutschland im April 1917 S 315 f Merridale S 169 Hahlweg Lenins Ruckkehr S 91 Merridale S 170 Merridale S 170 f Es erschien lediglich eine kurze Notiz in der Zurcher Morgenzeitung die im deutschen Sinne davon berichtete vgl Hahlweg Lenins Reise durch Deutschland im April 1917 S 323 Hahlweg Lenins Ruckkehr S 93 95 Angaben nach Merridale S 173 176 Merridale S 175 Peter Kehm Bahnhof Bebra Die Geschichte eines Eisenbahnknotens in der Mitte Deutschlands DGEG Medien GmbH Hovelhof 2019 ISBN 978 3 946594 14 7 S 171 Text des Telegramms partons demain midi allemagne platten accompagne train priere venir immediatement frais couvrirons amenez romain rolland s il est d accord en principe faites possible pour amener naine ou graber telegraphiez volkshaus oulianoff a b Merridale S 172 Merridale S 231 Hahlweg Lenins Ruckkehr S 96f Hahlweg Lenins Ruckkehr S 101 Pearson S 64 Merridale S 176 Pearson S 65 Pearson S 65 Merridale S 176 f Pearson S 66 a b Merridale S 177 Pearson S 66 Merridale S 178 180 Merridale S 179 Merridale S 181 Hahlweg Lenins Ruckkehr S 95 f Merridale S 182 Platten S 35 a b Merridale S 189 Pearson S 72 Vgl den Bericht Lenins zu der Reise in Hahlweg Lenins Ruckkehr S 106 Pearson S 72 Merridale S 182 f Merridale S 188 Merridale S 193 Hahlweg Lenins Ruckkehr S 91 Hahlweg Lenins Ruckkehr S 92 Pearson S 72 82 Hahlweg Lenins Ruckkehr S 92 Peter Kehm Bahnhof Bebra Die Geschichte eines Eisenbahnknotens in der Mitte Deutschlands DGEG Medien GmbH Hovelhof 2019 ISBN 978 3 946594 14 7 S 171 Pearson S 82 Pearson S 82 85 Pearson S 85 Hahlweg Lenins Ruckkehr S 92 Merridale S 190 a b Merridale S 191 a b Merridale S 194 Pearson S 88 Pearson S 88 a b Merridale S 226 Merridale S 231f Merridale S 232f a b c d Merridale S 243 Person S 95 Vgl Merridale Abb 39 Wladimir D Nabokow Petrograd 1917 Der kurze Sommer der Revolution Rowohlt Berlin 1992 S 107 f und 133 Merridale S 250 Merridale S 254 256 Hahlweg Lenins Ruckkehr S 115 136 Mikko Alameri Eisenbahnen in Finnland Josef Otto Slezak Wien 1979 ISBN 3 900134 22 7 S 63 89 Merridale Abb 36 The Creeds of the Devil Churchill between the Two Totalitarianisms 1917 1945 1 of 3 Buchvorstellung und Rezensionen bei Perlentaucher de abgerufen am 5 April 2017 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reise Lenins im plombierten Wagen amp oldid 239290493