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Ein Furstenbahnhof oder in einem bestehenden Empfangsgebaude ein Furstenzimmer ist eine gesonderte Empfangsanlage einer Eisenbahn die hochgestellten Personlichkeiten zum Warten und Aufenthalt sowie zum Empfang und zur Verabschiedung von Gasten dient Heute werden diese Einrichtungen nur noch in ganz seltenen Fallen als solche genutzt Kaiserbahnhof im Bahnhof Potsdam Park SanssouciPavillon zum Empfang des Konigs im Bahnhof des thailandischen Badeorts Hua Hin Inhaltsverzeichnis 1 Anlass 2 Bauformen 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseAnlass BearbeitenIn der stark standisch gegliederten Gesellschaft des 19 Jahrhunderts in dem in Europa zum grossten Teil das Eisenbahnnetz errichtet wurde war die Beforderung der Reisenden mit der Bahn den alles dominierenden Standesgrenzen unterworfen Die Eisenbahnwagen waren in drei oder vier Wagenklassen eingeteilt besonders Reiche oder Privilegierte vor allem die Spitzen der regierenden Hauser hatten daruber hinaus Salonwagen oder sogar eigene Hofzuge als Sonderzug Diese Klassentrennung bestand analog in den Empfangsgebauden Es gab Wartesale fur die unterschiedlichen Klassen Furstenbahnhof und Furstenzimmer erfullten als Warte Um und Zusteigemoglichkeit fur die hochsten und allerhochsten Herrschaften wie das zeitgenossisch formuliert wurde diese Funktion fur diesen Personenkreis Sie waren die stationare Entsprechung zu Salonwagen und Hofzug Im Deutschland des 19 Jahrhunderts waren die Staaten und deren Oberhaupter zahlreich Gleichermassen verbreitet waren die Furstenbahnhofe und Furstenzimmer Sie finden sich an Eisenbahnknotenpunkten und in Residenzstadten oft auch in landlichen Bahnhofen wenn in der Nahe Hochadel residierte der Landesherr ein Jagdschloss unterhielt oder sich ein Truppenubungsplatz befand Nahezu alle zwischen etwa 1860 und 1918 erbauten Grossstadtbahnhofe und Bahnhofe in bedeutenden Kurorten besassen entsprechende Raumlichkeiten 1895 verzeichneten die Preussischen Staatseisenbahnen allein 116 solcher Anlagen 1918 waren es 153 und in ganz Deutschland mehr als 300 1 Daruber hinaus wurden anlassbezogen Bauten vorubergehend errichtet die als Furstenbahnhof dienten wenn hoher Besuch zu erwarten war und eine derartige Einrichtung vor Ort nicht bestand Anlass konnte eine Einweihung oder ein Manover sein Die Kosten dafur waren ganz erheblich Als Kaiser Wilhelm II am 11 August 1899 den Dortmund Ems Kanal einweihte wurden Dortmund Hauptbahnhof und der Bahnhof Rauxel fur 10 000 Mark kaufkraftbereinigt in heutiger Wahrung rund 79 000 Euro mit temporaren Empfangsanlagen versehen 2 Fur Kaiser Wilhelm II den Reisekaiser wurden 1907 dann sogar zwei zusatzliche auf und wieder abbaubare Empfangszelte beschafft die in Posen und Hannover bereitgehalten wurden nachdem das 1883 unter seinem Grossvater fur diesen Zweck beschaffte Zelt das die Eisenbahndirektion Frankfurt vorhielt den Bedarf nicht mehr deckte 3 Die Kosten fur die sonst vorgehaltenen Furstenbahnhofe und zimmer waren gemessen an der geringen tatsachlichen Nutzung hoch 4 Mit dem Untergang der Monarchien in Deutschland Osterreich Ungarn und Russland am Ende des Ersten Weltkriegs und dem damit verbundenen Bedeutungsverlust des Adels wurden die Furstenbahnhofe in diesen Landern funktionslos standen leer wurden anderen Nutzungen zugefuhrt oder abgerissen In Grossbritannien bestanden derartige Einrichtungen an den den koniglichen Residenzen nachstgelegenen Bahnhofen aber auch der Hochadel und viele reiche Industrielle besassen hier entsprechende Einrichtungen In Grossbritannien kam hinzu dass die konkurrierenden privaten Bahngesellschaften jeweils eigene derartige Einrichtungen am gleichen Ort vorhielten Bauformen Bearbeiten nbsp Bahnhof der Vatikanstadt Eigener Bahnhof nbsp Darmstadt Hauptbahnhof Strassenseite Furstenbahnhof als Anbau nbsp Bahnhof Hanau Wilhelmsbad ehemals mit mittig angeordnetem FurstenzimmerDa die Anlage dazu diente die protokollarisch erforderliche Distanz zwischen Furst und Untertanen herzustellen bestand sie mindestens aus einem abgetrennten Warteraum wies in der Regel einen separaten Strassenzugang und in aller Regel eine Vorfahrt oft mit Vordach auf Gleisseitig musste sie sicherstellen dass der Furst einen direkten Bahnsteigzugang hatte und auf kurzestem Weg seinen Salonwagen oder den Sonderzug betreten konnte Abgesehen von einigen Anlagen aus der Fruhzeit der Eisenbahn bei denen versucht wurde das Furstenzimmer in zentraler Lage im Empfangsgebaude unterzubringen 5 was sich aber als hochst unpraktisch erwies bedingte das eine Randlage zu den Empfangsanlagen fur den offentlichen Verkehr Bei Kopfbahnhofen befanden sich in Deutschland die Raume typischerweise in einem der Seitenflugel gegenuber Gleis 1 das aus protokollarischen Grunden grundsatzlich angefahren werden musste Grossere Anlagen hatten getrennte Raume fur Furst und Furstin die jeweilige Dienerschaft sowie Raume fur das Gefolge Es gab prinzipiell vier verschiedene Bauformen eigener Bahnhof Beispiel Der Bahnhof Citta del Vaticano in der Vatikanstadt eigenes Empfangsgebaude in einem sonst vom offentlichen Verkehr genutzten Bahnhof Beispiel Kaiserbahnhof in Potsdam oder der kaiserliche Hofpavillon Hietzing nahe dem Schloss Schonbrunn in Wien Anbau an ein Empfangsgebaude das im Ubrigen dem offentlichen Verkehr diente Beispiel Darmstadt Hauptbahnhof Entsprechende Raume in einem Empfangsgebaude Furstenzimmer das im Ubrigen dem offentlichen Verkehr diente In diesen Bautypen wird eine zeitliche Abfolge gesehen 6 Bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen dass es sich aber wohl eher um den Ausdruck wirtschaftlicher Potenz des standischen Ranges derjenigen handelt fur die eine solche Anlage errichtet wurde oder um die Anpassung an betriebliche Gegebenheiten der Bahn Siehe auch BearbeitenListe von Furstenbahnhofen HofzugLiteratur BearbeitenPeter Bock Alfred Gottwaldt Regierungszuge Salonwagen Kaiserbahnhofe und Staatsfahrten Frankfurt 2010 ISBN 978 3 7973 1223 5 Alfred Gottwaldt Furstenraume in deutschen Bahnhofen In Ders Der Hofzug sr Majestat des Deutschen Kaisers Konigs von Preussen Modelleisenbahner Verlag o J ca 1992 Eisenbahn in Hessen Kulturdenkmaler in Hessen Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland hrsg vom Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Theiss Verlag Stuttgart 2005 3 Bande im Schuber 1 448 S ISBN 3 8062 1917 6 Rolf Reutter Der Furstenbahnhof ein abgeschlossenes Kapitel der Architekturgeschichte In Denkmalpflege und Kulturgeschichte 4 2008 Hrsg Landesamt fur Denkmalpflege Hessen S 27 30 Eduard Schmitt Empfangsgebaude der Bahnhofe und Bahnsteiguberdachungen J M Gebhardt s Verlag 1911 S 72 73 und div Abb Dirk Strohmann Das Empfangsgebaude des Detmolder Bahnhofs und sein Furstenzimmer Arbeitsheft des LWL Amtes fur Denkmalpflege in Westfalen 7 Munster 2009 ISBN 978 3 86206 001 6 Bettina Vaupel Allerhochste Eisenbahn Von Kaiserbahnhofen Furstenzimmern und Salonwagen In Monumente 23 Jg 2013 Nr 3 S 9 17 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Furstenbahnhof Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Hessische Furstenbahnhofe Allerhochste Eisenbahn In Monumente Juni 2013Einzelnachweise Bearbeiten Strohmann S 54 f Strohmann S 60 Strohmann S 59 mit weiteren Nachweisen Vaupel S 10 Im Bahnhof Wrexen wurde 1910 ein Furstenzimmer aufgegeben nachdem es mehr als zehn Jahre lang nicht benutzt worden war So einige von Julius Eugen Ruhl entworfene Bahnhofe aus der Mitte des 19 Jahrhunderts etwa in Hofgeismar oder Wilhelmsbad Reutter S 27 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Furstenbahnhof amp oldid 239138386