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Standegesellschaft bezeichnet in den Humanwissenschaften eine hierarchisch geordnete Gesellschaft mit voneinander abgegrenzten sozialen Gruppierungen den Standen oder Geburtsstanden mit eigenen rechtlichen sozialen und kulturellen Normen deren Zusammenhalt auf Gemeinsamkeit in Abstammung Beruf Besitz oder Bildung und Arbeit besteht Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 1 1 Stand Klasse und Schicht 1 2 Standegesellschaft und Feudalismus 1 3 Stande und Standegesellschaften 2 Beispiele 3 Abgeleitete Bedeutung im heutigen Gebrauch 4 Siehe auch 5 LiteraturGrundlagen BearbeitenStand Klasse und Schicht Bearbeiten Zu unterscheiden sind die soziologischen Begriffe Klasse und Schicht vom Stand Von einer sozialen Klasse und sozialer Schichtung unterscheidet sich der Stand durch seine selbstdefinierten Unterscheidungsmerkmale zu anderen Gruppen also eine Standesehre oder eine Standesethik die als Standesverfassung eine verfassungsrechtliche Dimension annehmen kann dann findet sich auch eine analoge Emblematik etwa Siegel Fahnen und Wappen Insignien der Fuhrungsfunktionen Daruber hinaus ist der Stand im Unterschied zu Klasse und Schicht die eine soziale Rolle darstellen das personliche Attribut eines Menschen Insofern ahnelt die Standesgesellschaft der Kastenordnung Die Standeordnung ist konservativ Einzelpersonen konnen nicht leicht von Stand zu Stand wechseln wahrend Auf und Abstieg in Klasse oder Schicht von wechselnden Lebensumstanden bestimmt sein konnen Haufig sind Stand und Kaste sogar erblich Geburtsstand Standegesellschaft und Feudalismus Bearbeiten Auch von der Feudalgesellschaft ist die Standegesellschaft zu unterscheiden obschon sie in der historischen Betrachtung meist einhergehen Feudalismus beschreibt ein hierarchisches Konzept zwischen Herr und Gefolgsmann Hintersasse das sich zwar primar in der herrschenden Schicht bildet und dahingehend standische Elemente ausbildet etwa die eines Adels oder eines Klerus aber eine vertikale Gliederung der Gesellschaft bildet wahrend der Stand eine Subkultur darstellt Feudale Ordnung ist eine Herrschaftsbeziehung zwischen Machthaber und Untertanen wahrend die standische Ordnung einer Gesellschaft die unterschiedliche Wertigkeit menschlicher Beziehungen in den Spharen des Glaubens der Arbeit und des Krieges abbildet Ferner umfasst die feudale Ordnung primar die Verteilung von Grund und Boden und deren Wertschopfung beruht also auf der Basis einer landwirtschaftlich organisierten Gesellschaft wahrend Stande ein Phanomen einer arbeitsteiligen Gesellschaftsform darstellen Psychologisch gesehen spiegelt der Feudalstaat die interne Struktur der Familie bzw Sippe wider die Standegesellschaft die Position der Familie bzw Sippe nach aussen Stande und Standegesellschaften Bearbeiten Fur sich gesehen muss ein Stand nicht unbedingt in eine vollstandig standische Gesellschaft eingebunden sein Wie der Ausdruck Kaste bezieht sich auch Stand auf das Funktionsprinzip der Gruppe Typische Beispiele dafur sind militarische Stande Kriegerkasten oder religiose Stande In der Soziologie der Fruhgeschichte der vorschriftlichen Kulturen kann aus dem Auftreten eines gewissen Standes jedoch nicht darauf geschlossen werden dass eine Standegesellschaft vorliege Der Stand kann sowohl in sich vertikal oder horizontal organisiert sein als auch nach aussen eine gewisse Position innerhalb einer Hierarchie oder Schichtung einnehmen und in eine andere Gesamtgesellschaftsform als eine standische eingebettet sein Ein Stand zeichnet sich durch eine eigenstandige Standeskultur aus die sie innerhalb der Gesamtkultur der Standegesellschaft kennzeichnet und abgrenzt zu der diese als Subkultur aber beitragt Beispiele BearbeitenDie mittelalterliche Standeordnung Klerus Lehrstand erster Stand Adel und Patrizier Wehrstand zweiter Stand Burgertum mit den Handwerkern Kaufleuten Grundbesitzern und Beamten sowie den Bauernstand Nahrstand dritter Stand im Heiligen Romischen Reich die Reichsstande die Personen und Korporationen die Sitz und Stimme im Reichstag besassen die Zunfte und Gilden sowie die Bauhutten ab dem Hochmittelalter im mittelalterlichen und fruhneuzeitlichen Territorium die Landstande die Vertretungen der Stande gegenuber dem Landesherrn im politischen System der Schweiz werden die Kantone noch heute als Stande bezeichnet der Standerat ist die foderative Kammer der Schweizerischen Bundesversammlung auch in Volksentscheiden muss neben den Volksmehr das Standemehr der Kantone vorliegen im parlamentarischen Sinne Stande als Interessenvertretungen in einem Parlament sowie im vorrevolutionaren Frankreich die Generalstande als Vorlaufer des Parlaments der Standestaat als Selbstbezeichnung des Austrofaschismus der auf die mittelalterlichen Stande Bezug nahm Abgeleitete Bedeutung im heutigen Gebrauch BearbeitenIm burgerlichen Recht spricht man vom Personenstand Zivilstand und Familienstand Auch das Standesamt hat sich aus der mittelalterlichen Standeordnung entwickelt Als Stand bezeichnet man in Bezug auf mittelalterliche Zunfte allgemein eine Berufsgruppe den Berufsstand Das Standesrecht erfasst Berufsgruppen wie Anwalte Arzte Apotheker Notare oder Wirtschaftstreuhander Berufsbilder mit besonderer Verantwortung die auch heute noch ein eigenstandiges Berufsethos kennen analog bezeichnet man auch verantwortungsvolle Funktionen der Richter und Rechtsanwalte Lehrer oder Beamten vorrangig mit Stand Siehe auch BearbeitenMittelstand der Begriff ist im soziologischen Sinne nicht korrekt verwendet wenn er eine soziale Schicht die Mittelschicht beschreibt Verwendet wird er in der Wirtschaftspolitik fur die vom Eigentumer selber gefuhrten Mittelstandsunternehmen mit bis zu 200 Beschaftigten lt 50 Millionen Umsatz im Jahr diese Unternehmergruppe bildet aber heute keine eigenstandige Gemeinschaft StandeliteraturLiteratur BearbeitenMarian Fussel Thomas Weller Hrsg Ordnung und Distinktion Praktiken sozialer Representation in der standischen Gesellschaft Rhema Munster 2005 ISBN 978 3 930454 55 6 Winfried Schulze Hrsg Standische Gesellschaft und soziale Mobilitat Schriften des Historischen Kollegs Kolloquien 12 Oldenbourg Munchen 1988 ISBN 978 3 486 54351 3 Digitalisat Winfried Schulze Vom Gemeinnutz zum Eigennutz Uber den Normenwandel in der standischen Gesellschaft der Fruhen Neuzeit Schriften des Historischen Kollegs Vortrage Bd 13 Munchen 1987 Digitalisat Peter Feldbauer Herbert Knittler Ernst Bruckmuller Herrschaftsstruktur und Standebildung Beitrage zur Typologie der osterreichischen Lander aus ihren mittelalterlichen Grundlagen Verlag fur Geschichte und Politik Wien 1973 Gertraude Mikl Horke Soziologie Historischer Kontext und soziologische Theorie Entwurfe Oldenbourg Wien Munchen 2001 ISBN 3 486 25660 2 Normdaten Sachbegriff GND 4204063 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Standegesellschaft amp oldid 234632267