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In einer dreigliedrigen Standeordnung wie sie seit dem ausgehenden Mittelalter beispielsweise fur Frankreich charakteristisch war waren im Dritten Stand franzosisch Tiers Etat diejenigen gesellschaftlichen Rechtssubjekte versammelt die nicht zu den beiden privilegierten Standen Klerus als Erstem Stand und Adel als Zweitem Stand gehorten Er umfasste also nominell alle freien Bauern und Burger Inhaltsverzeichnis 1 Der Dritte Stand am Vorabend der Franzosischen Revolution 2 Der Dritte Stand in der zeitgenossischen Publizistik 3 Begriffswandel 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDer Dritte Stand am Vorabend der Franzosischen Revolution BearbeitenIm Frankreich des Ancien Regime waren alle drei Stande in den Generalstanden frz Etats generaux vertreten einer Standeversammlung deren Hauptaufgabe die Steuerbewilligung war Die Generalstande wurden 1302 zum ersten Mal von Philip dem Schonen einberufen und erreichten den Hohepunkt ihres Einflusses im 15 Jahrhundert Danach verloren sie an Bedeutung und wurden wahrend des Absolutismus seit 1614 bis 1789 nicht mehr einberufen also bis zu dem Jahr der Franzosischen Revolution zu deren Beginn der Verlauf der ersten Versammlung der Generalstande seit 175 Jahren entscheidend beitrug Der Dritte Stand frz tiers etat war sozial sehr unterschiedlich zusammengesetzt und umfasste vom Grossburgertum uber Handwerkerschaft Bauernstand und Tagelohnern bis zu den stadtischen Unterschichten alle Personen die nicht zu den ersten beiden Standen gehorten Dies waren 1789 etwa 98 der Bevolkerung 25 Millionen gegenuber 500 000 Aristokraten und Klerikern Diese heterogenen Gruppen der Bevolkerung verteilten sich unterschiedlich auf die landlichen und stadtischen Regionen in den Stadten entwickelte sich die Gruppe der kleinen und mittleren Bourgeoisie Dieses Burgertum bestand aus Handwerkern und Kaufleuten Aber auch die freien Berufe wie die der Rechtsanwalte Notare Lehrer und Arzte konnen hier mit eingeordnet werden Zur Grossbourgeoisie zahlten Angehorige wie etwa Finanziers und Bankiers fermiers generaux Mit ihrem Kapital waren sie dem Adel uberlegen allerdings kauften sich viele der Grossbourgeoisie in den Adel ein Somit gab es viele soziale Unterschiede innerhalb des Dritten Standes man war ein Stand politisch rechtlich aber nicht eine Klasse sozial okonomisch Die stadtischen Klassen des Dritten Standes waren durch ihre Skepsis gegenuber der Aristokratie des Ancien Regime und ihren Vertretern verbunden aber sie waren in verschiedene Gruppen geteilt Neben den Manufakturarbeitern eine zahlenmassig kleine Gruppe gab es noch die Lohnempfanger ohne feste Anstellung Sie bildete wohl die wichtigste Gruppe der stadtischen Volksklassen Sie bestand zum Beispiel aus Tagelohnern Laufburschen Hauspersonal der Aristokratie oder der Grossbourgeoisie sowie Landarbeitern und Bauern die in den schlechten Ertragszeiten eine Arbeit suchten Die Lebensbedingungen dieser Landbevolkerung waren unterschiedlich Man unterschied zwischen Leibeigenen franzosisch servage und freien Bauern franzosisch paysan 1 Die Lebensbedingungen des Dritten Standes verschlechterten sich im 18 Jahrhundert zunehmend 2 Das Bevolkerungswachstum in den Stadten fuhrte zu Preissteigerungen und zu Ungleichgewichten von Lohnen und Lebenshaltungskosten In der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts bestand eine Tendenz zur Verarmung der in Lohn stehenden Bevolkerung Das Wirtschaftsleben Frankreichs des 18 Jahrhunderts wurde durch eine landwirtschaftliche Produktion beherrscht diese Landbevolkerung betrug etwa 75 Prozent aller Einwohner Hingegen aber lag der bauerliche Grundbesitz bei nur 35 Prozent doch durch die grosse Anzahl der Landbevolkerung war der Anteil eines jeden Bauern sehr gering oder gleich null Die Bauern waren Eigentumer einer Parzelle es gab aber auch viele landlose Bauern Die Bauern bewirtschafteten Land das meist im Besitz eines Herrn franzosisch Seigneur war In der Funktion des Seigneur traten haufig der Erste und Zweite Stand auf Klerus und Adel aber mit zunehmendem Masse auch die stadtische Bourgeoisie Die freien Bauern traten dem Seigneur als Pachter bzw Halbpachter gegenuber und waren fur die Nutzung des Bodens zu regelmassigen Geldzahlungen oder Naturalleistungen aufgefordert dabei war der Umfang jener feudalen Belastungen regional unterschiedlich nbsp Ein Bauer beim Scharfen einer Sense Detail aus einer Monatsblattfolge von Caspar Luyken 1672 1708 um 1700 In der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts gab es nur noch wenige Leibeigene im strengen Sinne so waren die meisten Landwirte freie Bauern Dennoch gab es Klassenunterschiede in der landlichen Bevolkerung neben Grosspachtern Pachtern Halbpachter und Kleinbauern mit Grundbesitz Die Masse von Tagelohnern verfugten nur uber ihre Arbeitskraft Die Belastungen fur die Bauern waren oft sehr schwer Zum einen die koniglichen Lasten Die Bauern beziehungsweise der Dritte Stand zahlte eigentlich alleine die Steuern und diese waren im Verlauf des 18 Jahrhunderts immer weiter angestiegen Zum anderen die kirchlichen Lasten da man den Zehnt an den Klerus abtragen musste Ausserdem hatten sie noch die grundherrlichen Lasten zu tragen 3 Um einen drohenden Staatsbankrott durch Steuererhohungen abzuwenden die nach der Ablehnung des koniglichen Ansinnens durch die Adelige Notabelnversammlung nur die drei Generalstande beschliessen konnten erklarte sich Konig Ludwig XVI auf Anraten seines Finanzministers Jacques Necker mit der Einberufung der Generalstande einverstanden Zwar wurde dem Dritten Stand aufgrund seines gewachsenen Selbstbewusstseins und seiner wirtschaftlichen Bedeutung die doppelte Anzahl an Abgeordneten zugebilligt aber es blieb zunachst unentschieden ob die Generalstande nach Standen oder nach Kopfen abstimmen sollten Eine Abstimmung nach Standen hatte von vornherein eine Mehrheit fur Adel und Klerus bedeutet Bei einer Abstimmung nach Kopfen konnte das Burgertum hoffen Teile des Adels und besonders des einfachen Klerus auf seine Seite zu ziehen Als Ludwig XVI schliesslich dem Ansinnen einer Abstimmung nach der Kopfzahl nicht nachgab erklarten sich die Abgeordneten des Dritten Standes am 17 Juni 1789 zur Nationalversammlung und schworen nicht eher auseinanderzugehen bis eine Verfassung fur Frankreich geschaffen sei Ballhausschwur Der Dritte Stand in der zeitgenossischen Publizistik BearbeitenBereits die Ankundigung der Generalstande hatte eine grosse Zahl von Flugschriften hervorgerufen deren bekannteste und einflussreichste die des Abbe Emmanuel Joseph Sieyes war Sieyes schrieb in der Einleitung zu Qu est ce que le Tiers etat Was ist der Dritte Stand Alles und noch mehr Was ist er bis jetzt in der politischen Ordnung gewesen Nichts Was verlangt er Etwas zu sein und so zu bestehen wie er immer sein wird Im weiteren Verlauf erklart Sieyes dass der Dritte Stand auf Grund seiner Bedeutung alleine dazu berechtigt sei den Willen der Nation zu vertreten und eine Nationalversammlung zu bilden Begriffswandel BearbeitenIm Verlauf des 19 Jahrhunderts bezieht sich der Begriff Dritter Stand nur noch auf das Burgertum Das Industrieproletariat tritt als Vierter Stand dazu Literatur BearbeitenAugustin Thierry Essai sur l histoire de la formation et des progres du Tiers Etat Paris 1853 Weblinks BearbeitenSieyes Was ist der Dritte Stand Christoph Vormweg 17 06 1789 Dritte Stand in Nationalversammlung WDR ZeitZeichen vom 17 Juni 2014 Podcast Einzelnachweise Bearbeiten Annie Antoine Die Grundherrschaft in Frankreich am Ende des Ancien Regime Gegenwartiger Stand und neue Perspektiven der Forschung In Reiner Prass Jurgen Schlumbohm Gerard Beaur Landliche Gesellschaften in Deutschland und Frankreich 18 19 Jahrhundert Veroffentlichungen des Max Planck Instituts fur Geschichte Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2003 ISBN 3 525 35185 2 S 53 f Jean Tulard Frankreich im Zeitalter der Revolutionen 1789 1851 Bd 4 Aus Geschichte Frankreichs in 6 Bde ISBN 3 421 06454 7 S 31 ff Die gesellschaftliche politische und wirtschaftliche Situation im Frankreich des 18 Jahrhunderts 2 3 Der Dritte Stand In Patrick Suskinds Roman Das Parfum Projekt des Grundkurses Deutsch der Staatlichen Handelsschule mit Wirtschaftsgymnasium Harburg 13 Dezember 2000 abgerufen am 28 Juli 2012 Normdaten Sachbegriff GND 4150694 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dritter Stand amp oldid 233544669