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Dieser Artikel erlautert den juristischen Begriff Besitz Zur Gemeinde im Landkreis Ludwigslust Parchim siehe Besitz Mecklenburg Besitz lateinisch possessio bezeichnet in der juristischen Fachsprache die tatsachliche Herrschaft uber eine Sache abgegrenzt gegenuber Eigentum lateinisch dominium das die rechtliche Herrschaftsmacht meint Mit Besitzausubung hat jemand die Sache in seiner Gewalt wobei es auf die Rechtmassigkeit oder die Unrechtmassigkeit der Besitzausubung etwa aufgrund wirksamen Mietvertrags oder aufgrund unrechtmassiger Aneignung nicht ankommt Der Begriff Besitz setzt grundsatzlich Besitzwillen voraus wobei zwischen Eigenbesitzwille animus rem sibi habendi in Deutschland beispielsweise geregelt in 872 BGB und Fremdbesitzwille unterschieden wird je nachdem ob der Besitzer die Sache als ihm gehorend betrachtet oder im Rahmen eines Besitzmittlungsverhaltnisses als fremde Sache besitzen will Allgemeinsprachlich werden Besitz und Eigentum inhaltlich haufig juristisch unzutreffend synonym verwendet Inhaltsverzeichnis 1 Begriffshistorie 2 Merkmale 3 Unterschied zum Eigentum 4 Andere Bedeutungen 5 Rechtslage in einzelnen Landern 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBegriffshistorie BearbeitenDie kontinentaleuropaische Besitzrechtslehre wurzelt im romischen Recht Dieses unterschied zwischen zivilrechtlichem Besitz possessio civilis kraft wirksamen Besitzerwerbs iusta causa und naturlichem Besitz possesio naturalis bei dem die Ausubung der blossen Sachherrschaft genugte Vielgestaltiger wurde der Besitzbegriff zu Zeiten des Heiligen Romischen Reichs HRR im Geltungsbereich des Gemeinen Rechts Hier beeinflussten das kanonische Recht und in der Endphase des HRR die drei grossen Naturrechtskodifikationen darunter etwa das ALR und der Code civil den Besitzbegriff Nach dem Untergang des HRR 1806 orientierte F C v Savigny Mitbegrunder der Historischen Rechtsschule das Rechtsinstitut methodisch neu Seine Vorgaben flossen in Deutschland in das Burgerliche Gesetzbuch BGB ein Besitzerwerb und Besitzausgabe unterlagen gegenuber dem heutigen Verstandnis abweichenden Voraussetzungen Vergleichbar dem deutschen Recht heute konnte im antiken Rom Eigentum gutglaubig das heisst von einem Nichtberechtigten erworben werden Ersitzung Hierfur musste der gute Glaube lediglich zum Zeitpunkt der Besitzbegrundung Besitz als Rechtsscheintrager vorliegen Im Mittelalter wurde dann verlangt dass der gute Glaube wahrend der gesamten Besitzdauer vorliegt Besitz wurde somit unrechtmassig wenn nach dem Erwerb Bosglaubigkeit einsetzte Ausgeschlossen waren ausserdem Herausgabeanspruche wenn ein Besitzer den Besitz an einer Sache aufgab Auf die Wurzeln des romischen Rechts zuruckgreifend wurde in der Folge die Lehre vom gutglaubigen Eigentumserwerb entwickelt Besitzschutzmassnahmen hingegen verbesserten sich im Gemeinen Recht gegenuber der Antike denn auch Besitzmittler Mieter Pachter erhielten zum Schutze ihres mittelbaren Besitzes Abwehrrechte Spolienklage Insbesondere sollten Selbsthilfemassnahmen vermieden zumindest eingeschrankt werden Ab dem 19 Jahrhundert entwickelte sich daraus das Institut des einstweiligen Rechtsschutzes An Savigny anknupfend wurde im 19 Jahrhundert die Frage diskutiert ob Besitz ein Recht oder blosses Faktum tatsachliche Sachherrschaft sei 1 Um die Rechtsordnung vor einer Legitimation durch Diebstahl zu schutzen wurde dem Besitz Rechtscharakter dann zugewiesen wenn beim Berechtigten auch ein Wille zum Besitz vorlag Damit verbunden war die Frage ob Besitz sachenrechtlicher Lehre seit Baldus obligatorischer Savigny oder eigenstandig an die Personlichkeit gebundener Puchta Natur war Merkmale BearbeitenDer Besitzer muss ein Naheverhaltnis zu einer Sache haben diese also in seiner Macht oder in seinem Gewahrsam haben d h tatsachliche Gewalt uber die Sache corpus haben 2 Zudem muss der Besitzer Besitzwillen uber die Sache ausuben animus possidendi animus rem sibi habendi Auf einen Rechtsgrund kommt es hierbei nicht an Auch der Dieb einer Sache ist nach dieser Definition Besitzer der Sache Besitz ist kein subjektives Recht Unterschied zum Eigentum BearbeitenWahrend der Besitz das tatsachliche Herrschaftsverhaltnis einer Person zu einer Sache bezeichnet bezeichnet das Eigentum das rechtliche Herrschaftsverhaltnis einer Person zu einer Sache Der Eigentumer ist kraft seines Eigentums berechtigt uber die Sache frei zu verfugen und andere von jeder Einwirkung auf diese auszuschliessen soweit nicht Gesetze oder Rechte anderer Personen dem entgegenstehen So kann der Eigentumer der rechtliche Sachherrscher vom Besitzer dem tatsachlichen Sachherrscher die Herausgabe der Sache und damit die Einraumung der tatsachlichen Sachherrschaft verlangen und gerichtlich durchsetzen soweit der Besitzer kein Recht zum Besitz geltend machen kann Im Gegensatz zum Besitz braucht die abstrakte Herrschaftsgewalt des Eigentums keinen direkten Bezug zwischen Person und Sache So kann eine in Europa lebende Person Eigentum an einem Mietshaus in Japan haben ohne unmittelbaren Besitz an diesem zu haben Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Besitzmittlungsverhaltnis Der Mieter in Japan ware unmittelbarer Besitzer Fremdbesitzer der Eigentumer in Europa mittelbarer Besitzer Eigenbesitzer Andere Bedeutungen BearbeitenLaien verwechseln oft die Begriffe Besitz und Eigentum oder halten sie von vornherein fur gleichbedeutend Folgerichtig verzeichnet beispielsweise der Duden kein juristisches Fachworterbuch sondern ein Worterbuch des allgemeinen Sprachgebrauchs unter den Synonymen des Stichworts Besitz auch Eigentum Entsprechend wird beim Stichwort Eigentum unter anderem Besitz als Synonym angegeben 3 Dabei lasst sich anhand eines Diebstahls der Unterschied auch fur den Laien relativ einfach erklaren Wenn jemand einem anderen einen Mantel z B aus einer Garderobe stiehlt ist der Dieb zwar anschliessend im Besitz des Mantels aber der Mantel ist nicht sein Eigentum das heisst ein Dieb ist Besitzer aber niemals Eigentumer Gelegentlich wird auch in wissenschaftlichen Texten der Begriff Besitz im Sinne von Eigentum benutzt Dies liegt unter anderem daran dass es verschiedene Eigentumstheorien gibt In historischen Zusammenhangen und auf bestimmte Gesellschaften bezogen ist eine Anwendung der Begriffe Besitz und Eigentum im modernen Sinne nicht moglich 4 Umgangssprachlich und wissenschaftlich ausserhalb der juristischen Fachsprache bezeichnet Besitz auch die Dinge uber die man unmittelbare Verfugungsgewalt hat die Habe rechtlich die Innehabung oder ein Sachinbegriff mathematisch gesprochen eine Menge von zusammen gehorenden Sachen Rechtslage in einzelnen Landern BearbeitenDeutschland Besitz Deutschland Osterreich Besitz Osterreich Schweiz Besitz Schweiz Liechtenstein Besitz Liechtenstein Literatur BearbeitenJohann Braun Der Besitzrechtsstreit zwischen Carl Friedrich von Savigny und Eduard Gans In Quaderni Fiorentini Band 9 1980 S 457 506 Dieter Krimphove Das europaische Sachenrecht Eine rechtsvergleichende Analyse nach der Komparativen Institutionenokonomik Eul Lohmar 2006 ISBN 3 89936 429 5 S 45 ff Therese Muller Besitzschutz in Europa Eine rechtsvergleichende Untersuchung uber den zivilrechtlichen Schutz der tatsachlichen Sachherrschaft Mohr Siebeck Tubingen 2010 ISBN 978 3 16 150220 0 Zugl Diss Freiburg 2009 Friedrich Carl von Savigny Das Recht des Besitzes Eine civilistische Abhandlung 1 Auflage Heyer Giessen 1803 Gunter Wesener Zur Dogmengeschichte des Rechtsbesitzes In Festschrift Walter Wilburg 1975 S 453 476 Jan Wilhelm Der Besitz Sachenrecht Berlin Boston De Gruyter 2021 S 255 315 Weblinks Bearbeiten Wikiquote Besitz Zitate Wiktionary Besitz Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Georg Friedrich Puchta Lehrbuch der Pandekten Verlag von Johann Ambrosius Barth Leipzig 1838 Siehe in Deutschland 854 Absatz 1 BGB in Osterreich 309 ABGB und in der Schweiz Art 919 Absatz 1 ZGB Vgl Besitz und Eigentum bei Duden online jeweils Abschnitt Synonyme W Theil Eigentum und Verpflichtung einige juristische Aspekte In H J Stadermann O Steiger Verpflichtungsokonomik Eigentum Freiheit und Haftung in der Geldwirtschaft S 175 200 Online Version PDF 187 kB Memento vom 9 Oktober 2007 im Internet Archive Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4006023 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Besitz amp oldid 234978083