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Als Besitzwille 1 wird der naturliche Wille lat animus d h hier also die Sinngerichtetheit einer Person bezeichnet die Herrschaft uber eine Sache 2 zu erlangen und auszuuben 3 Kommt der Besitz mehreren Personen gleichermassen zu entsteht Mitbesitz Die blosse Mitbenutzung einer Sache begrundet keinen Mitbesitz wenn die mitbenutzende Person anstelle eigenen Besitzwillens den Alleinbesitz oder Mitbesitz anderer anerkennt 4 Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung 1 1 Vorklassisches romisches Recht 1 2 Klassisches romisches Recht 1 3 Nachklassisches romisches Recht und Justinian 2 Weitere Entwicklung des Besitzwillens 2 1 Deutschland 2 2 Osterreich 2 3 Schweiz 2 4 Liechtenstein 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseEntwicklung BearbeitenVorklassisches romisches Recht Bearbeiten Im vorklassischen romischen Recht wurde der Besitz possessio als Faktum verstanden Es reichte aus dass jemand die tatsachliche Gewalt corpus uber eine Sache hatte damit er als deren Besitzer galt Er konnte diesen Besitz selbst ausuben Eigenbesitz oder durch andere Personen Besitzdiener ausuben lassen Fremdbesitz Um die tatsachliche Gewalt uber die Sache zu erlangen musste der Besitzer diese physisch ergreifen bewegliche Sache oder physisch betreten unbewegliche Sache Klassisches romisches Recht Bearbeiten Im klassischen romischen Recht sind fur den Besitz mehrere Faktoren Voraussetzung wobei verschiedene Arten von Besitz unterschieden werden Possessio civilis 5 Possessio ad interdicta Interdiktenbesitz 6 Detentio Innehabung 7 Nach klassischer Lehre wurde der Besitz durch Herstellung der Sachherrschaft Gewalt und dem Willen die Sache zu beherrschen corpore et animo begrundet Der Besitz geht nach klassischer Lehre verloren wenn der Besitzer die Sachherrschaft freiwillig aufgibt corpore et animo oder unfreiwillig verliert corpore so bei Abhandenkommen Diebstahl Besteht hingegen Aussicht auf Wiedererlangung der Sache kann der Besitz auch nur mit dem Besitzwillen alleine solo animo aufrechterhalten werden Nachklassisches romisches Recht und Justinian Bearbeiten In der nachklassischen Entwicklung des romischen Rechts wird der Besitzwille animus domini zum zentralen Element fur den redlichen Besitz Der Besitz wandelt sich vom Faktum und nahert sich einem Recht an 8 Mit der spatantiken Justinian Entwicklung des Besitzes zum Rechtsinstitut wird davon ausgegangen dass es fur die Aufrechterhaltung des Besitzes alleine ausreichend ist den Besitzwillen animus aufrechtzuerhalten Dies bedeutet in der Praxis dass auch dann wenn die korperliche Sachherrschaft verloren gegangen ist der Besitzer den Besitz an der Sache nicht verliert Weitere Entwicklung des Besitzwillens BearbeitenDie weitere Entwicklung des Besitzwillens fusst weitgehend auf den romisch rechtlichen Grundlagen und tendiert in zwei Richtungen Besitz wird als Faktum verstanden BGB Deutschland ZGB Schweiz Besitz wird als Recht verstanden ABGB Osterreich ABGB und PGR Liechtenstein Deutschland Bearbeiten 854 Abs 1 BGB Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsachlichen Gewalt uber die Sache erworben Im deutschen Privatrecht ist Besitz die tatsachliche Herrschaft Gewalt uber eine Sache Dafur ist also nicht erforderlich dass der Besitzer ein Recht zur Ausubung des Besitzes hat Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung in Deutschland ist fur die Erlangung des unmittelbaren Besitzes im Sinne von 854 Abs 1 BGB ein zumindest konkludent vorliegender Besitzbegrundungswille erforderlich 9 Der Besitz wird im Sinne von 856 Abs 1 BGB dadurch beendigt dass der Besitzer die tatsachliche Gewalt uber die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert 10 Osterreich Bearbeiten 309 ABGB Wer eine Sache in seiner Macht oder Gewahrsame hat heisst ihr Inhaber Hat der Inhaber einer Sache den Willen sie als die seinige zu behalten so ist er ihr Besitzer Besitzer ist nach dem ABGB z B wer eine Sache fur sich behalt weil er darauf einen Rechtsanspruch hat z B der Eigentumer wer vermeint einen Rechtsanspruch auf die Sache zu haben z B derjenige der das Recht an eine Sache gutglaubig ersitzt weil er meint er sei der Eigentumer wer eine Sache fur sich behalt z B der Dieb der untreue Geschaftspartner der Hausbesetzer etc Der Besitzwille ist nach dem osterreichischen ABGB somit zwingende Voraussetzung fur den Besitzerwerb und Besitzerhalt Schweiz Bearbeiten Die grundsatzlichen Regelungen zum Besitz sind im schweizerischen Zivilgesetzbuch ZGB ahnlich wie im BGB zu finden Art 919 Abs 1 ZGB normiert Wer die tatsachliche Gewalt uber eine Sache hat ist ihr Besitzer Nach einem Teil der schweizerischen Lehre zum ZGB wird der Besitzwille jedoch nicht gefordert Besitz sei ein rein faktisches Verhaltnis dessen Vorliegen jeweils von der entsprechend vorhandenen Verkehrsanschauung abhange Es wird teilweise unter anderem davon ausgegangen dass die tatsachliche Gewalt den Willen bereits beinhalte und der Besitzwille kein eigenes Element des Besitzes sei 11 Mit dieser Rechtsansicht folgt dieser Teil der schweizerischen Lehre dem ursprunglichsten Konzept des romischen Rechts Liechtenstein Bearbeiten Der Besitzwille ist im liechtensteinischen Sachenrecht SR eine Voraussetzung fur den Besitz an sich Trotz der Aufhebung des 309 ABGB 12 fliessen uber den Art 5 Abs 1 SR die allgemeinen Regelungen des ABGB und des PGR in das SR und aus den noch bestehenden Regelungen insbesondere des ABGB kann die Notwendigkeit des Besitzwillens als notwendige Voraussetzung abgeleitet werden 13 Literatur BearbeitenAntonius Opilio Arbeitskommentar zum liechtensteinischen Sachenrecht 2 Band EDITION EUROPA Verlag 2009 ISBN 978 3 901924 25 5 Max Kaser Romisches Privatrecht C H Beck Munchen 1960 ISBN 3 406 36065 3 Peter Tuor Das schweizerische Zivilgesetzbuch Schulthess Verlag Zurich 1973 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Besitz Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wikiquote Besitz ZitateEinzelnachweise Bearbeiten In der deutschen Lehre und Rechtsprechung wird teilweise in einen Besitzbegrundungswillen 854 BGB und einen Besitzaufgabewillen 856 BGB differenziert Im Sinne des BGB und des schweizerischen ZGB konnen Sachen in der Regel nur korperliche Sachen sein oder solche die der Gesetzgeber den korperlichen Sachen gleichgestellt hat z B bestimmte Rechte Im Sinne des osterreichischen ABGB und des liechtensteinischen ABGB und PGR konnen Sachen auch unkorperliche Sachen Rechte sein und daran Besitz begrundet werden Jorg Neuner Naturlicher und freier Wille Eine Studie zum Burgerlichen Recht AcP 2018 S 1 ff 21 PDF Klaus Vieweg Sigrid Lorz Sachenrecht Verlag Franz Vahlen GmbH 2021 ISBN 978 3 8006 6616 4 2 Rn 10 doi 10 15358 9783800666164 beck elibrary de abgerufen am 21 Marz 2022 Voraussetzung tatsachliche Gewalt uber die Sache und einen tauglichen Rechtsgrund fur den Erwerb iusta causa possessionis z B Kauf Schenkung Vermachtnis etc Besitzer welche durch pratorisches Recht in ihrem Besitz geschutzt sind und durch Klage gegen eine eigenmachtige Storung oder Besitzentziehung vorgehen konnen Dies sind z B der Eigenbesitzer der den Besitzwillen hat der Fremdbesitzer dem der Prator einen besonderen Schutz zukommen liess z B der Pfandnehmer der Streitverwahrer der Erbpachter Bittleiher etc Alle anderen Fremdbesitzer die nicht die Voraussetzungen der civilis possessio erfullen und nicht Interdiktenbesitzer sind aber den ausseren Anschein als Besitzer erwecken naturalis possessio tenere oder detinere Dies sind z B der Verwahrer Geschaftsfuhrer ohne Auftrag Auftragnehmer nach romischem Recht auch Mieter und Pachter Vgl Max Kaser Romisches Privatrecht S 98 Den Besitzbegrundungswillen kann fur die Erlangung des unmittelbaren Besitzes auch ein ansonsten Geschaftsunfahiger haben Eine Mindermeinung in der deutschen Lehre vertritt die Ansicht dass der Besitzwille keine Voraussetzung fur den Besitz Besitz als Sachherrschaft sei Die Aufgabe der tatsachlichen Gewalt wird von der Rechtsprechung in der Regel sehr weit interpretiert und kommt faktisch einem Besitzaufgabewillen gleich Vgl dazu fur viele Peter Tuor Das schweizerische Zivilgesetzbuch 432 ff der aber auch darauf verweist dass noch Eugen Huber diesbezuglich eine etwas andere Sichtweise vertreten hat Das liechtensteinische Sachenrecht SR vermengt bezuglich des Besitzes sowohl die Elemente des schweizerischen Zivilgesetzbuches Art 641 ff ZGB als auch des osterreichischen ABGB oABGB Im Furstentum Liechtenstein gilt ein Sachenrecht welches weitgehend aus dem ZGB rezipiert ist 1923 und gleichzeitig ein Schuldrecht das aus dem oABGB ubernommen wurde 1812 Eine abschliessende und von der Praxis anerkannte Aufarbeitung dieser Rechtsgemengenlage zum Besitz im liechtensteinischen Zivilrecht ist bislang noch nicht erfolgt Die Rechtsprechung der liechtensteinischen Gerichte orientiert sich teilweise am ABGB und der osterreichischen Rechtsprechung zum oABGB und teilweise am SR beziehungsweise der schweizerischen Rechtsprechung zum ZGB Antonius Opilio Arbeitskommentar zum liechtensteinischen Sachenrecht Art 498 ff SR EDITION EUROPA Verlag Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Besitzwille amp oldid 236881714