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Deutsche Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg mussten aufgrund des Kriegsschuldartikels 231 des Versailler Vertrages von 1919 durch Deutschland gezahlt werden Die endgultige Hohe und Dauer der Reparationen waren im Versailler Vertrag nicht festgelegt sondern sollten von einer mit weitreichenden Kontrollfunktionen ausgestatteten Reparationskommission ohne deutsche Beteiligung festgesetzt werden Die Verringerung Verschiebung und endgultige Beendigung der Reparationszahlungen waren das vorrangige Ziel der deutschen Aussenpolitik Vor allem Gustav Stresemann und Heinrich Bruning brachten Deutschland dem Ziel naher Als aber die deutsche Regierung 1932 auf der Konferenz von Lausanne das Ende der Reparationszahlungen erreichte war Stresemann bereits tot und Bruning war kurz zuvor entlassen worden Inhaltsverzeichnis 1 Positionen der Siegermachte 2 Erste Forderungen 3 Einigungsversuche 4 Ruhrbesetzung 5 Inflation und Ende des Ruhrkampfs 6 Dawes Plan 7 Young Plan 8 Ende der Reparationszahlungen 9 Bewertung 10 Literatur 11 Weblinks 12 EinzelnachweisePositionen der Siegermachte BearbeitenDie USA unter Prasident Thomas Woodrow Wilson wollten Deutschland als Bollwerk gegen den Kommunismus und eine stabile Situation in Europa siehe 14 Punkte Programm Sie waren aber auch an einer Ruckzahlung der Kriegskredite die sie den Europaern Grossbritannien Frankreich Italien gewahrt hatten interessiert In den USA wurde der Vertrag von Versailles kritisiert Da der Grossteil der Reparationen als Ruckzahlung von Kriegskrediten letztendlich in die USA floss hatten sie den grossten Einfluss auf die Entwicklung der Zahlungen Die USA ratifizierten den Versailler Vertrag jedoch nicht Aufgrund des Berliner Vertrages von 1921 wurde eine German American Mixed Claims Commission bestehend aus je einem Schiedsrichter benannt von den USA und vom Deutschen Reich eingesetzt um die Schadenersatzanspruche festzustellen 1923 beendeten die Vereinigten Staaten ihre freiwillige Isolation und gaben im Rahmen des Dawes Plans an dem sie massgeblich beteiligt waren Kredite an Deutschland 1931 ging vom amerikanischen Prasidenten Herbert C Hoover das Hoover Moratorium aus 1 Die Position der USA und der Versailler Vertrag wurden zum Beispiel von John Maynard Keynes kritisiert da es keine Regelungen zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas gab Grossbritannien unter Premierminister David Lloyd George hatte eine ahnliche Position Es wollte Deutschland als Schutz gegen den Kommunismus ein europaisches Machtegleichgewicht und brauchte die Reparationen um die Kredite an die USA zuruckzahlen zu konnen Der Versailler Vertrag wurde in Grossbritannien abgelehnt Es beteiligte sich nicht an der Ruhrbesetzung sondern verurteilte sie als Vertragsbruch Frankreich unter Ministerprasident Raymond Poincare war primar an einer Schwachung Deutschlands und an einer Starkung der eigenen Position in Europa interessiert es erhob hohe Forderungen und pladierte fur hartes Durchgreifen Frankreich wollte auch die Kontrolle uber die Industriegebiete im Westen Deutschlands Seit dem Deutsch Franzosischen Krieg herrschte in Frankreich aus Frustration uber die schnelle Niederlage ein Revanchismus auch die gezahlten funf Milliarden Francs 1 450 Tonnen Feingold waren nicht vergessen In Frankreich standen sich Poincare mit einer kompromisslosen Haltung und Aristide Briand der sich fur eine Verstandigung mit Deutschland einsetzte gegenuber Bei der Ruhrbesetzung war Frankreich unter Poincare die treibende Kraft Von 1925 bis 1929 arbeitete Briand als Aussenminister eng mit Gustav Stresemann zusammen und es entstand der Vertrag von Locarno Die Bevolkerung war fur einen harten Kurs gegenuber Deutschland so dass Briand keine grossen Zugestandnisse machen konnte die Stresemann den Rucken gegenuber den radikalen Parteien gestarkt hatten 1931 war Frankreich als einziges Land gegen das Hoover Moratorium 20 Juni 1931 Frankreich fuhlte sich dagegen von den USA ubergangen da es vorher nicht konsultiert worden war erst nach wochenlangen Verhandlungen stimmte die franzosische Regierung unter Ministerprasident Pierre Laval zu Am 13 Juli 1931 brach das deutsche Bankensystem zusammen Erste Forderungen BearbeitenIm Versailler Vertrag war zunachst festgelegt dass Deutschland 20 Milliarden Goldmark 2 dies entsprach zum damaligen Zeitpunkt uber 7 000 Tonnen Gold im Laufe der Jahre 1919 1920 und bis einschliesslich April 1921 in Raten zahlen sollte Im April 1920 stellte der Oberste Alliierte Rat fest dass Deutschland mit den Kohlelieferungen und mit den Zahlungen in Ruckstand war Im Juni 1920 forderten die Alliierten auf der Konferenz von Boulogne 269 Milliarden Goldmark in 42 Jahresraten nbsp Sachlieferungen auf Reparationskonto an Frankreich 1920 1920 kam es zu mehreren Konferenzen San Remo im April Hythe und Boulogne sur Mer im Juni bei denen auch die Reparationsfrage besprochen wurde Auf der Konferenz von Spa im Juli 1920 durften erstmals Vertreter aus Deutschland teilnehmen Auf dieser Konferenz wurde ein Verteilerschlussel festgelegt um zu klaren welchen Anteil die verschiedenen Lander von den Reparationszahlungen erhalten sollten Demnach sollte Frankreich 52 England 22 Italien 10 und Belgien 8 bekommen Die Alliierten drohten weiterhin mit der Besetzung des Ruhrgebiets falls die Forderungen nicht erfullt wurden Im Dezember trafen sich Sachverstandige zur Diskussion uber die Reparationen in Brussel 1921 verlangten die Siegermachte auch dass die beiden neuen DELAG Verkehrsluftschiffe LZ 120 und LZ 121 ausgeliefert werden Teils auf ausdruckliches Verbot der Alliierten hin kam so die deutsche Zeppelin Luftfahrt vorubergehend zum Stillstand 1924 lieferte Deutschland das Amerikaluftschiff an die USA ebenfalls als Reparation Am 29 Januar 1921 forderten die Alliierten in Paris erneut 269 Mrd Goldmark in 42 Jahresraten davon 226 Mrd als unveranderliche Hauptsumme ausserdem musste Deutschland 12 des Wertes seiner jahrlichen Ausfuhren abgeben Am 27 April 1921 folgte der Londoner Zahlungsplan Der Reichstag lehnte diese Forderungen ab und die Alliierten besetzten nachdem sie in London einen Vorschlag Deutschlands von 50 Mrd abgelehnt hatten am 8 Marz Ruhrort Duisburg und Dusseldorf nbsp Nicht nur Goldmark sondern auch Industrieprodukte wie die Kemna Strassenlokomotive EM im gesamten Deutschen Reich produzierte Einheitsmaschine wurden als Reparationsleistungen an die Siegermachte in Europa verschickt 3 Es kam zu einer schweren Regierungskrise die am 4 Mai im Rucktritt der Regierung Fehrenbach gipfelte Fehrenbach hatte den Londoner Zahlungsplan als inakzeptabel abgelehnt und machte den Weg fur eine Nachfolgeregierung frei welche das Abkommen unterzeichnen konnte David Lloyd George ubergab am 5 Mai 1921 dem deutschen Botschafter in London die neuen Forderungen der Alliierten Deutschland sollte einwilligen insgesamt 132 Milliarden Goldmark zu tilgen und zu verzinsen Ob die so genannten C Bonds die mit 82 Milliarden Goldmark den grossten Teil der Reparationsschuld ausmachten bedient werden mussten wurde von einem Votum der Reparationskommission uber die deutsche Leistungsfahigkeit abhangig gemacht 4 Die Annuitaten betrugen 2 Milliarden Goldmark zusatzlich hatte Deutschland 26 des Wertes seiner Ausfuhr zu begleichen Die Forderungen waren begleitet vom Londoner Ultimatum der Alliierten Bei Nichtannahme der Forderungen innerhalb von sechs Tagen drohten die Alliierten darin das Ruhrgebiet zu besetzen Im Ultimatum wurde ausserdem die im Versailler Vertrag festgeschriebene Auslieferung von Kriegsverbrechern und die Demilitarisierung gefordert Die Regierung unter Reichskanzler Joseph Wirth sah sich gezwungen die Forderungen einen Tag nach Amtsubernahme am 11 Mai 1921 zu akzeptieren Diese Erfullungspolitik wurde von den Rechten heftig kritisiert Wirth knupfte damit an die Bemuhungen Matthias Erzbergers an der zur Bewaltigung der antizipierten Zahllast die Finanz und Steuerreform von 1919 20 durchgefuhrt und durch die damit einhergehende Unitarisierung die fiskalische Stellung des Reiches gegenuber den Landern massgeblich gestarkt hatte Erzberger wurde am 26 August 1921 von Mitgliedern der Organisation Consul als Erfullungspolitiker ermordet Einigungsversuche BearbeitenDie Grundsatzentscheidung unter Reichskanzler Joseph Wirth den Forderungen nachzukommen um dadurch ihre Unerfullbarkeit zu zeigen loste aber nicht die Reparationsfrage Ende 1921 konnte der deutsche Aussenminister Walther Rathenau ein Abkommen mit Frankreich erreichen so dass Frankreich mehr Sachlieferungen statt finanzieller Leistungen erhielt Rathenau wurde im Juni 1922 ermordet aus demselben Grund wie Erzberger 5 1922 erreichte Deutschland mit britischer Unterstutzung einen Zahlungsaufschub Grossbritannien wollte die deutsche Kaufkraft und industrielle Produktion schutzen damit Deutschland weiterhin britische Waren kaufen und Reparationen zahlen konnte Dies war ein erster Erfolg bei dem Bemuhen dem Ausland die Grenzen der deutschen Zahlungsfahigkeit zu zeigen Die Briten wollten ihr Ziel eines Ausgleichs in Europa durch die Konferenz von Genua 1922 uber Finanz und Weltwirtschaftsfragen voranbringen die 34 teilnehmenden Staaten erreichten aber keine nennenswerten Ergebnisse Am Rande der Konferenz von Genua schlossen Deutschland und Sowjetrussland am 16 April 1922 den Vertrag von Rapallo In ihm verzichteten beide Vertragspartner darauf von der anderen Seite Entschadigungen zu fordern und er brachte eine Annaherung der beiden ansonsten isolierten Staaten Ruhrbesetzung Bearbeiten Hauptartikel Ruhrbesetzung Die Reparationsfrage war weiterhin ungelost und wahrend nach der Meinung der deutschen Regierung die starke Inflation die rechtzeitige Zahlung verhinderte warfen die Westmachte nicht unbegrundet Deutschland vor es lasse die Inflation bewusst auf hohem Niveau Die Westmachte waren nur zu einzelnen kurzen Zahlungsaufschuben bereit eine langere Aussetzung lehnten sie ab Da die Erfullungspolitik keine nennenswerten Erfolge vorweisen konnte wurde sie in Deutschland zunehmend abgelehnt die Regierung unter Wilhelm Cuno beendete sie im November 1922 nbsp Szene aus dem Ruhrkampf 1923Nach der Konferenz von Genua hatte Frankreich wieder die Initiative in der Deutschlandpolitik der Westmachte ergriffen und forderte produktive Pfander 1922 wurde die Ubergabe deutscher Industrieanteile an die Reparationskommission durch Grossbritannien verhindert Als Deutschland mit den Reparationszahlungen wieder in einen vergleichsweise kleinen Ruckstand kam besetzten franzosische und belgische Truppen Anfang 1923 das Ruhrgebiet Die deutsche Regierung und die Bevolkerung reagierten mit passivem Widerstand das heisst Befehle der Besatzungstruppen wurden ignoriert ein Generalstreik wurde ausgerufen und vor allem die Transportzuge mit der Kohle die Franzosen und Belgier als Reparationen abtransportieren wollten wurden umgelenkt und blockiert Daraufhin entliessen die Besatzer alle deutschen Bahnarbeiter die wie die Streikenden von der Reichsregierung finanziell unterstutzt wurden Inflation und Ende des Ruhrkampfs BearbeitenDie Reparationen trugen zur Inflation in Deutschland insofern bei als mehr Geld gedruckt wurde um zum Beispiel den Ruhrkampf zu unterstutzen Von Januar bis Oktober 1923 hatten sich die Ausgaben des Reichs im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres verdoppelt wahrend die Einnahmen stark zuruckgingen Wahrend des Ruhrkampfes waren nur 19 62 der Ausgaben des Reichs durch Einnahmen gedeckt der Rest wurde uber die Notenpresse finanziert Hinzu kam die trotz Verbot um sich greifende Ausgabe von Notgeld die die Hyperinflation weiter anheizte 6 Nach Ende des Ruhrkampfs war die Wahrungsstabilisierung durch Bindung der Reichsmark an den Golddevisenstandard eine Vorbedingung fur die Neuverhandlung der Reparationsforderungen Das Ende des Kampfes gegen die Besetzung des Ruhrgebiets und der Beginn des Kampfes gegen die Inflation kamen mit dem neuen Reichskanzler Gustav Stresemann im Sommer 1923 der den Widerstand anfangs mitgetragen hatte aber jetzt Wege zur Beseitigung der Krise vermisste Deutschland hatte mehrere Kompromissvorschlage gemacht Grossbritannien war aber nur nach Abbruch des passiven Widerstandes zu einer Neuregelung bereit Stresemann hoffte auf einen Abzug der auslandischen Truppen nach dem Ende des Widerstands Frankreich war aber zu keinen Kompromissen bereit da es um die Ausweglosigkeit Deutschlands wusste Das Ende des Widerstands am 26 September brachte anfangs keine Besserung der Lage es kam zu separatistischen Bewegungen die von Frankreich unterstutzt wurden Am 28 September wurde gemass MICUM Abkommen die Ableistung der Reparationen wieder aufgenommen Dawes Plan Bearbeiten Hauptartikel Dawes Plan Erst auf Druck Grossbritanniens das auch durch die franzosische Unterstutzung der Separatisten seine Position geandert hatte und der USA lenkte Frankreich im Herbst 1923 nach der Wahrungsreform und Beendung der Inflation ein und es entstand 1924 der Dawes Plan In ihm wurde die Hohe der Forderungen zwar nicht gesenkt die 132 Milliarden Goldmark blieben bestehen doch wurde keine Zahlungsfrist mehr bestimmt und die jahrlichen Zahlungen die Deutschland zu zahlen hatte wurden gesenkt Anfangs musste 1 Milliarde bezahlt werden spater 2 5 Milliarden pro Jahr Ein Wohlstandsindex erlaubte bei gunstiger Konjunkturlage auch hohere Forderungen Zur Abwicklung der Reparationszahlungen wurde ein Reparationsagent mit Sitz in Berlin eingesetzt Durch die gleichzeitig aufgelegte Dawesanleihe in Hohe von 960 Millionen Goldmark wurde die Ruckkehr der Reichsmark zum Golddevisenstandard erleichtert und der amerikanische Kapitalmarkt fur die deutsche Nachfrage eroffnet In den folgenden Jahren nahmen die offentliche Hand Banken und private Unternehmer in Deutschland auslandische Kredite in Hohe von insgesamt 24 576 Milliarden Reichsmark auf sechsmal so viel wie das Reich bis 1931 Reparationen zahlte 7 Dadurch hatte Deutschland trotz passiver Handelsbilanz genug Devisen um die Annuitaten des Dawes Plans zu transferieren erstmals wurden regelmassig Reparationen an die europaischen Siegermachte gezahlt Diese begannen daraufhin ihre Interalliierte Kriegsschulden an die Vereinigten Staaten zuruckzuzahlen Die verbreitete Vorstellung eines internationalen Zahlungskreislaufs 8 tauscht aber da die Kredite von den Privatbanken der Wall Street gegeben wurden Reparationen und Kriegsschulden aber an die Regierungen zuruckflossen und die deutsche Wirtschaft sich immer weiter verschuldete 9 Young Plan Bearbeiten nbsp Der Namensgeber des Young Plans Owen D Young rechts 1924 in Berlin1926 diskutierten der franzosische Aussenminister Aristide Briand und sein deutscher Kollege Gustav Stresemann in Thoiry unter anderem uber die Raumung des besetzten Rheinlandes und eine vorzeitige Zahlung von Reparationen die Frankreich die Moglichkeit gab seine Finanzkrise zu bekampfen Vor allem Briand konnte seine Vorstellungen zu Hause nicht durchsetzen 1929 wurde im Young Plan die Dauer der Reparationszahlungen auf 59 Jahre also bis 1988 festgesetzt Insgesamt sollte Deutschland nach diesem Plan bis 1988 eine Kapitalsumme von 36 Mrd Goldmark verzinsen und tilgen 10 Die Rechte versuchte den Young Plan mit einem Volksentscheid zu verhindern Der Volksentscheid half Adolf Hitler in die Politik zuruckzukehren und in der Bevolkerung an Popularitat zu gewinnen ohne dass der Volksentscheid selbst letztendlich von Erfolg gekront war Bei der Feier zur Raumung des Rheinlandes die vorzeitige Raumung war Teil des Young Plans wurde Gustav Stresemann nicht erwahnt Ende der Reparationszahlungen Bearbeiten nbsp Heinrich Bruning Reichskanzler 1930 1932Nach Verabschiedung des Young Plans versuchte das erste Prasidialkabinett unter Heinrich Bruning den deutschen Export anzukurbeln um genug Devisen zur Zahlung der Reparationen zu bekommen Kredite wie man sie in den Jahren 1924 bis 1929 zu diesem Zweck hereingenommen hatte waren nach dem New Yorker Borsenkrach nicht mehr zu erhalten Bruning hoffte dass diese Ausweitung des deutschen Exports den Glaubigerlandern so unangenehm werden wurde dass sie innerhalb einiger Jahre von sich aus eine Revision des Young Plans vorschlagen wurden Die deutsche Exportoffensive schlug aber fehl weil in der beginnenden Weltwirtschaftskrise alle Lander dem Beispiel des amerikanischen Smoot Hawley Tariff Act folgten und die Zolle erhohten nbsp Herbert Hoover US amerikanischer Prasident 1928 1932Das Ende der Reparationen kam von einer ganz anderen Seite mit der Bruning gar nicht gerechnet hatte Der Versuch einer Zollunion mit Osterreich und Brunings nationalistische Propaganda mit der er versuchte den Nationalsozialisten innenpolitisch das Wasser abzugraben verunsicherten die auslandischen Glaubiger bei denen sich die deutsche Wirtschaft und der deutsche Staat in den zwanziger Jahren verschuldet hatten Im Fruhjahr 1931 wurden immer mehr noch verbliebene kurzfristige Kredite abgezogen sodass Deutschland am Rande der Zahlungsunfahigkeit stand In dieser Situation machte US Prasident Herbert C Hoover den Vorschlag alle zwischenstaatlichen Schulden fur ein Jahr ruhen zu lassen um das Vertrauen der Kreditmarkte in die deutsche Wirtschaft zu beruhigen Dies misslang weil die Franzosen das Inkrafttreten dieses Hoover Moratoriums durch wochenlange Verhandlungen verzogerten In der deutschen Bankenkrise mussten am 13 Juli 1931 alle deutschen Banken fur mehrere Tage schliessen Devisentransfer ins Ausland wurde verboten Kapitalexportverbot Deutschland war zahlungsunfahig In dieser Situation erkannten die auslandischen Privatglaubiger allen voran die Amerikaner und die Briten dass die einzige Chance ihre nach Deutschland geliehenen Milliarden je wiederzusehen die Streichung der Reparationen war Denn selbst wenn die deutsche Wirtschaft sich wieder erholte wurden nach Ablauf des Hoover Moratoriums nicht genug Devisen vorhanden sein um Reparationen und private Schulden zahlen zu konnen In zwei Gutachten vom Herbst 1931 dem Layton Bericht und dem Beneduce Bericht wurde die Zahlungsunfahigkeit Deutschlands nach dem Ende des Hoover Moratoriums von internationalen Finanzexperten bescheinigt Diese Berichte waren die Grundlage fur die Konferenz von Lausanne im Sommer 1932 die die deutschen Reparationsverpflichtungen gegen eine Restzahlung von drei Milliarden Goldmark in Devisen aufhob Das Deutsche Reich ubergab der Bank fur Internationalen Zahlungsausgleich in Basel Schuldverschreibungen in dieser Hohe die innerhalb von 15 Jahren auf den Markt gebracht werden oder falls das nicht gelinge vernichtet werden sollten Kanzler Bruning der auf die vollstandige Streichung der Reparationen gesetzt hatte um damit seine innenpolitische Stellung zu verbessern war zu diesem Zeitpunkt schon durch Franz von Papen abgelost worden Der Vertrag von Lausanne wurde von den beteiligten Staaten nie ratifiziert weswegen die deutschen Schuldverschreibungen 1948 in Basel feierlich verbrannt wurden 11 In der alteren Literatur findet man oft die These dass das Ende der Reparationen auf Brunings Deflationspolitik zuruckzufuhren ja deren eigentlicher Zweck gewesen sei Dieser Meinung wird in der neueren Forschung widersprochen Demnach glaubten Bruning und seine Mitarbeiter dass die Deflationspolitik ein geeignetes Mittel ware Deutschland aus der Weltwirtschaftskrise herauszuhelfen Zwar spielte Brunings Deflationspolitik beim Ende der Reparationen insofern eine Rolle als sie in den erwahnten Expertenberichten ausdrucklich gelobt wurde die privaten Glaubiger hofften namlich dass Deutschland dadurch wieder genug Devisen verdienen wurde um die Privatschulden zuruckzahlen zu konnen tiefere Ursache fur das Ende der Reparationen war aber der Zusammenbruch der deutschen Banken der durch Brunings ungeschickte Aussenpolitik und die franzosische Weigerung ausgelost wurde dem zahlungsunfahigen Deutschland rasche und vertrauensstabilisierende Finanzhilfe zu gewahren 12 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Londoner Schuldenabkommen die Ruckzahlung der privaten deutschen Auslandsverschuldung geregelt Dazu gehorte auch ein Teil der Reparationen die 1930 auf Anleihenbasis vorfinanziert und damit in Privatschulden umgewandelt worden waren Ihre Hohe wurde halbiert Bis etwa 1983 zahlte die Bundesrepublik 14 Mrd DM Schulden zuruck Allerdings wurden Zinsen in Hohe von 251 Millionen Mark aus den Jahren 1945 bis 1952 bis zur Wiedervereinigung Deutschlands ausgesetzt und schliesslich ab 3 Oktober 1990 wieder fallig Die Bundesregierung gab darauf Fundierungsanleihen aus die aus dem Bundeshaushalt getilgt wurden die letzten am 3 Oktober 2010 Tilgung und Zinsen betrugen fur 2010 etwa 56 Millionen Euro 13 14 15 Bewertung BearbeitenDie Gesamtsumme der durch das Deutsche Reich erfolgten Zahlungen betragt nach deutschen Angaben 67 7 Milliarden Goldmark nach den alliierten Berechnungen aber nur 21 8 Milliarden Goldmark Die Differenz erklart sich durch eine unterschiedliche Bewertung zahlreicher Leistungspositionen Selbst wenn die Gesamthohe der erfolgten Zahlungen unklar bleibt steht fest dass das Deutsche Reich erhebliche Sachleistungen und Geldbetrage erbracht hat 16 Die Frage ob das Deutsche Reich die ihm auferlegten Reparationsverpflichtungen uberhaupt hatte zahlen konnen ist seit langem umstritten Der britische Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes war als Vertreter des britischen Schatzamts Mitglied der britischen Delegation bei den Versailler Vertragsverhandlungen Er trat kurz vor Abschluss der Verhandlungen unter Protest gegen die Vertragsbedingungen die Deutschland auferlegt werden sollten von seinem Posten in der Delegation zuruck und schrieb 1919 das aufsehenerregende Buch Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages The Economic Consequences of the Peace mit dem er die Deutschland auferlegten Reparationszahlungen als okonomisch widersinnig kritisierte Sie wurden sowohl die internationalen Wirtschaftsbeziehungen destabilisieren als auch grosseren sozialen Sprengstoff fur Deutschland mit sich fuhren Die Ansicht von Keynes wurde zwar auch kritisiert jedoch halten einige Autoren die Frage fur hypothetisch da nur ein Teil der geforderten Reparationen gezahlt wurde und bei der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre noch andere Faktoren eine Rolle spielten 17 Der australische Historiker Bruce Kent vertritt die Ansicht dass die Reparationsverpflichtungen Deutschlands Zahlungsfahigkeit von Anfang an uberschritten Keinem der diversen Zahlungsplane habe eine seriose Einschatzung zugrunde gelegen wie viel das Deutsche Reich realistisch wurde leisten konnen stets hatten die innenpolitischen bzw mit Blick auf die interalliierten Kriegsschulden die aussenpolitischen Interessen der Zahlungsempfangermachte im Vordergrund gestanden 18 Andere Historiker sind dagegen der Auffassung die tatsachlichen deutschen Reparationsleistungen hatten kein wirkliches Hindernis fur einen wirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg dargestellt 19 Wieder andere Historiker betonen dagegen weniger die okonomische als die politische Belastung die die Reparationen der Weimarer Republik auferlegt hatten Sie hatten im Zusammenhang mit der deutschen Kriegsschulddebatte gestanden und gleichzeitig die deutsche Wirtschaft von Krediten der USA abhangig gemacht versuchten die Regierungen der Weimarer Republik uber die Forderungen zu verhandeln Aus politischen Erwagungen heraus sei von den deutschen Reichsregierungen nie ernsthaft in Erwagung gezogen worden die gesamten Reparationszahlungen auch tatsachlich zu leisten 20 So seien sie zu einer fortwahrenden politischen Belastung geworden weil sowohl die Parteien und Verbande der extremen politischen Rechten als auch die KPD sie zur Agitation gegen die Weimarer Republik einsetzten Dies lege den Schluss nahe dass die Reparationen eher politisch als okonomisch zur Instabilitat der ersten deutschen Demokratie beitrugen 21 Literatur BearbeitenRobert E Bunselmeyer The cost of the war 1914 1919 British economic war aims and the origins of reparations Archon Books Hamden CT 1975 ISBN 0 208 01551 5 Philipp Heyde Das Ende der Reparationen Deutschland Frankreich und der Youngplan 1929 1932 Schoningh Paderborn 1998 ISBN 3 506 77507 3 Bruce Kent The Spoils of War The Politics Economics and Diplomacy of Reparations 1918 1932 Clarendon Oxford 1989 ISBN 0 19 822738 8 John Maynard Keynes Krieg und Frieden Die wirtschaftlichen Folgen des Vertrages von Versailles Herausgegeben und mit einer Einleitung von Dorothea Hauser Berenberg Verlag Berlin 2006 ISBN 3 937834 12 5 Peter Kruger Deutschland und die Reparationen 1918 19 Die Genesis des Reparationsproblems in Deutschland zwischen Waffenstillstand und Versailler Friedensschluss Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1973 ISBN 3 421 01620 8 Werner Link Die amerikanische Stabilisierungspolitik in Deutschland 1921 1932 Droste Verlag Dusseldorf 1970 Albrecht Ritschl Deutschlands Krise und Konjunktur 1924 1934 Binnenkonjunktur Auslandsverschuldung und Reparationsproblem zwischen Dawes Plan und Transfersperre Akademie Verlag Berlin 2002 ISBN 3 05 003650 8 Weblinks BearbeitenFinanzielle Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Versailler Vertrag Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Ausarbeitung vom 26 Juni 2008 Artikel der Berliner Zeitung uber die Reparationen Helmut Braun Reparationen Weimarer Republik In Historisches Lexikon Bayerns 20 August 2010 abgerufen am 9 Marz 2012 Zeitungsartikel uber Auslieferung deutscher Schiffe in den Historischen Pressearchiven der ZBW Ebenda Abgabe von Eisenbahnmaterial und Auslieferung und Verteilung deutschen Flussschiffmaterials Martin Herzog 3 Oktober 2010 Deutschland zahlt die letzte Rate an Reparationen fur den Ersten Weltkrieg WDR ZeitZeichen vom 3 Oktober 2020 Podcast Einzelnachweise Bearbeiten Werner Link Die amerikanische Stabilisierungspolitik in Deutschland 1921 32 Droste Dusseldorf 1970 S 223 502 Friedensvertrag von Versailles 28 Juni 1919 Kapitel I Artikel 235 Reparationen Weimarer Republik Historisches Lexikon Bayerns Abgerufen am 20 Juli 2020 Stephen A Schuker American Reparations to Germany 1919 33 Implications for the Third World Debt Crisis Princeton studies in international finance Nr 61 Princeton 1988 S 16 f online Memento vom 18 Juni 2017 im Internet Archive Heinrich August Winkler Weimar Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie C H Beck Munchen 1998 S 174 Bruce Kent The Spoils of War The Politics Economics and Diplomacy of Reparations 1918 1932 Clarendon Oxford 1989 S 220 223 Theo Balderston The Origins and Course of the German Economic Crisis November 1923 to May 1932 Haude und Spener Berlin 1993 S 131 f Siehe zum Beispiel Hagen Schulze Weimar Deutschland 1917 1933 Siedler Berlin 1994 S 37 Bruce Kent The Spoils of War The Politics Economics and Diplomacy of Reparations 1918 1932 Clarendon Oxford 1989 S 261 ff Florian Pressler Die erste Weltwirtschaftskrise Eine kleine Geschichte der Grossen Depression Beck Munchen 2013 S 35 f Philipp Heyde Das Ende der Reparationen Deutschland Frankreich und der Youngplan 1929 1932 Schoningh Paderborn 1998 S 48 Harold James Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924 1936 Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1988 S 382 Philipp Heyde Das Ende der Reparationen Schoningh Paderborn 1998 S 463 469 Bundeswertpapierverwaltung 27 Februar 2003 2050 Jahre Londoner Schuldenabkommen PDF In Monatsbericht 02 2003 Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium der Finanzen Februar 2003 S 91 94 95 archiviert vom Original am 8 Dezember 2015 abgerufen am 3 Dezember 2015 Deutschland zahlt noch immer Kriegsschulden Der lange Schatten von Versailles Eberhard Kolb Der Frieden von Versailles Beck Munchen 2005 S 100 Paul R Krugman Maurice Obstfeld Internationale Wirtschaft Theorie und Politik der Aussenwirtschaft Pearson 2009 S 147 Bruce Kent The Spoils of War The Politics Economics and Diplomacy of Reparations 1918 1932 Clarendon Oxford 1989 S 5 389 f und passim Stephen Schuker American Reparations to Germany 1919 1933 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title Deutsche Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg amp oldid 237431090