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Als Blutmai zeitgenossisch auch Mai Unruhen werden die Unruhen vom 1 bis 3 Mai 1929 in Berlin bezeichnet bei denen die Polizei hart gegen ungenehmigte von der KPD organisierte Demonstrationen vorging Dabei wurden 33 Zivilisten getotet sowie zahlreiche Demonstranten und Unbeteiligte verletzt Mai Unruhen in Berlin 1 Mai 1929 Die Bezeichnung Blutmai geht auf den Streikaufruf der KPD vom 2 Mai 1929 zuruck in dem es hiess Zorgiebels Blutmai das ist ein Stuck Vorbereitung des imperialistischen Krieges Das Gemetzel unter der Berliner Arbeiterschaft das ist das Vorspiel fur die imperialistische Massenschlachterei Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte des Konflikts 2 Die Unruhen vom 1 bis 3 Mai 1929 2 1 Die Demonstration am Vormittag des 1 Mai 2 2 Bis zum Mittag des 1 Mai 2 3 Am 1 Mai nachmittags 3 Folgen 4 Verfilmung 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVorgeschichte des Konflikts Bearbeiten nbsp 200 Tote am 1 Mai Verbrecherische Plane der Kommunisten Spatausgabe des Vorwarts Berlin 29 April 1929 Schon 1924 waren Demonstrationen unter freiem Himmel am 1 Mai verboten worden ohne dass es dadurch zu nennenswerten Zwischenfallen gekommen war Es war aber bis 1928 in Wahlkampfen und bei Referenden haufig zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhangern der Parteien und Mitgliedern der Wehrverbande untereinander und mit der Polizei gekommen Alle Parteien hatten eine Reihe von Toten und Verletzten zu beklagen 1928 verscharfte sich die Lage Am 13 Dezember 1928 erliess der Polizeiprasident Berlins der SPD Politiker Karl Zorgiebel ein Verbot aller Versammlungen und Demonstrationen im Freien Er begrundete dies mit mehreren gewaltsamen Zusammenstossen an denen vor allem der Rote Frontkampferbund RFB und die Nationalsozialistische Sturmabteilung beteiligt gewesen waren Am 21 Marz 1929 dehnte der preussische Innenminister Albert Grzesinski dieses Verbot mit gleicher Begrundung auf ganz Preussen aus Zwei Tage spater drohte Grzesinski der KPD und ihren Verbanden an dass es zu einem Verbot kame wenn sie nicht der Gewalt entsagten Diese Verbotsdrohung veranlasste die KPD zu verscharfter Agitation gegen die Regierung und die SPD Am folgenden Tag veroffentlichte das Zentralkomitee der KPD in der Roten Fahne eine Einschatzung des Demonstrationsverbotes und der Verbotsdrohung als Verscharfung des Klassenkampfes und Versuch der Sozialdemokratie die klassenbewusste Arbeiterschaft mit faschistisch diktatorischen Mitteln zu knebeln und zu unterdrucken 1 Die KPD steigerte ihre Agitation durch weitere Veroffentlichungen Einzelne Parteigliederungen kundigten z B an die Millionenmassen der Arbeiterklasse unbeirrt durch alle politischen Drohungen und staatlichen Zwangsmassnahmen zum revolutionaren Kampf fur die proletarische Diktatur zu fuhren Die Internationale die theoretische Zeitschrift der KPD liess verlauten dass der revolutionare Elan und der Kampfeswille der deutschen Arbeiterschaft dem sozialdemokratischen Polizeiminister der Trustbourgeoisie zeigen werde Das Proletariat pfeift auf ihre Verbote Der Kommunismus wird mit sicherem und festem Schritt uber die lacherlichen faschistischen Gesten auch eines Grzesinski hinwegschreiten 2 Am 30 April 1929 wurden an verschiedenen Orten Berlins Verkehrspolizisten von RFB Mitgliedern und Angehorigen des Jung Spartakus Bund der Kinder und Jugendorganisation der KPD uberfallen Am selben Tag tauchten Flugblatter mit der Falschmeldung auf das Demonstrationsverbot fur den 1 Mai sei aufgehoben worden Dies wurde auch von den kommunistischen Zeitung Welt am Abend verbreitet Wahrend an manchen Orten Preussens und des Reiches das Demonstrationsverbot fur den 1 Mai aufgehoben worden war bekraftigte Zorgiebel die Gultigkeit des Demonstrationsverbotes Die KPD hielt am Aufruf fur ihre Maikundgebungen fest auch wenn Zorgiebel es wagt am 1 Mai Arbeiterblut zu vergiessen Zorgiebel forderte am 28 April im Vorwarts die Arbeiter auf den Ankundigungen der KPD nicht zu folgen Er erklarte noch einmal dass ihn die zahlreichen blutigen Zusammenstosse zu dem Demonstrationsverbot gezwungen haben Die KPD habe selbst zu diesem Verbot beigetragen Die KPD plane Aufruhr auf Befehl Moskaus und nehme zahlreiche Tote in Kauf 3 Diese Stellungnahme wurde in der sozialdemokratischen Presse unter plakativen Schlagzeilen weit verbreitet Dem Historiker Kurz zufolge hatten die Sozialdemokraten und auch die Gewerkschaften Schwierigkeiten den Bruch mit der Tradition der Maiumzuge ausgerechnet am 40 Jahrestag des Feiertags am 1 Mai zu vermitteln und zu erklaren Denn die Sozialdemokraten hatten 1890 beschlossen Demonstrationen am 1 Mai durchzufuhren die eigentlich immer verboten gewesen waren Kurz schreibt dass die hemmungslosen Angriffe der KPD die Sozialdemokratie zwangen die Attacken abzuwehren und zum Demonstrationsverbot zu stehen Dabei sei die Angst eigene Anhanger konnten den KPD Aufrufen folgen unverkennbar gewesen 4 Die Unruhen vom 1 bis 3 Mai 1929 BearbeitenDie Demonstration am Vormittag des 1 Mai Bearbeiten Die Massenmobilisierung der KPD war weitgehend fehlgeschlagen Am Morgen des 1 Mai waren etwa 8000 Menschen hauptsachlich in den Berliner Arbeitervierteln Wedding und Neukolln in Zugen von 50 bis 500 Menschen unterwegs deutlich weniger als die KPD erwartet und die Polizei befurchtet hatte Der 1 Mai fiel 1929 auf einen Mittwoch in Preussen war er anders als in manchen anderen Landern Deutschlands kein gesetzlicher Feiertag Die Rote Fahne erschien mit der Uberschrift Kampf Mai 1929 5 Diese kleinen morgendlichen Ansammlungen wurden von der Polizei entweder nach Aufforderung oder haufiger unter Einsatz von Schlagstocken aufgelost Ausserdem wurden erstmals Spritzkommandos eingesetzt die mit an Hydranten angeschlossenen Wasserschlauchen gegen die Demonstranten vorgingen Vereinzelt wurden auch Warnschusse abgegeben 6 nbsp Strassenbarrikade im Rollbergviertel Neukolln Bis zum Mittag des 1 Mai Bearbeiten Am spaten Vormittag begann die Stimmung vor allem an den grossen Platzen umzuschlagen Die Polizei ging zunehmend rigider gegen die zunehmenden Menschenmengen vor Die Beamten wurden aus der Menge beschimpft und provoziert in dem Einzelne versuchten den Strassenverkehr lahmzulegen die Leitungen der Strassenbahn durchschnitten und Hindernisse auf die Strasse warfen Die Polizei ging gegen alles vor was nach Protestversammlung aussah Teilweise wurden Treibjagden von der Polizei veranstaltet Dabei gingen sie mit Gummiknuppeln Wasserschlauchen und zunehmend auch Warnschussen gegen Demonstranten und ohne Unterschied gegen Neugierige und Passanten vor Dabei kam es haufig zu Misshandlungen Unbeteiligter uber die die liberale Presse in den nachsten Tagen ausfuhrlich berichtete Ein Beispiel war der Polizeieinsatz auf dem Hermannplatz in Neukolln Einem Zeitungsbericht unter anderem der liberalen Frankfurter Zeitung zufolge jagten schon ab dem Vormittag immer wieder Wagen der Schutzpolizei heran die Mannschaften sprangen herunter und begannen sofort auf die dort befindlichen Personen einzuschlagen Diese fluchteten in die Seitenstrassen und warteten das Abrucken der Schutzpolizei ab Die Zeitung kritisierte dass die Polizei das gegebene Mass weit uberschritten habe 7 Am 1 Mai nachmittags Bearbeiten Von nun an standen die Bezirke Wedding und Neukolln im Mittelpunkt der Ereignisse Diese Bezirke waren klassische Arbeiterviertel in denen viele arme Menschen lebten Im Wedding war ein Gebiet um die Kosliner Strasse im Zentrum der Aktionen und in Neukolln der Hermannplatz an den das neu gebaute Karstadt Kaufhaus angrenzte 8 SPD und Gewerkschaften hielten sich an das Demonstrationsverbot und hielten ihre Maikundgebungen im Saal ab Nach seiner Ruckkehr von der SPD Kundgebung im Sportpalast wurde Max Gmeinhardt Mitglied der SPD und des Reichsbanner Schwarz Rot Gold von einem Polizisten erschossen als er der Aufforderung sein Wohnungsfenster an der Kosliner Strasse zu schliessen nicht sofort nachkam Der Konflikt eskalierte zunehmend Am Nachmittag wurde als Hindernis fur Polizeifahrzeuge eine kleinere Barrikade errichtet Die Polizei eskalierte den Konflikt und setzte gegen Abend gepanzerte Fahrzeuge mit Maschinengewehren ein Der Einsatz dieser Fahrzeuge war eigentlich nur bei Widerstand mit Schusswaffen vorgesehen Die Polizei beschoss Wohngebaude an denen rote Fahnen aufgehangt waren Am 2 Mai rief die KPD als Protest gegen die Polizeigewalt zu Massenstreiks auf was von etwa 25 000 Arbeitern befolgt wurde Die Polizeigewalt in Berlin ging jedoch weiter Die Polizei durchkammte am 2 und 3 Mai die Arbeiterviertel durchsuchte Wohnungen und nahm zahlreiche Menschen fest Erneut wurden gepanzerte Fahrzeuge mit Maschinengewehren eingesetzt und mehrere Menschen erschossen Im Reichstag gab es Tumulte Wilhelm Pieck bezeichnete Zorgiebel als Mordkerl wahrend die SPD die Polizeifuhrung verteidigte Zorgiebel selbst rief zwar einerseits die Polizei zur Massigung auf trug mit dem Erlass eines Verkehrs und Lichtverbots aber selbst zur Eskalation bei indem er grosse Teile Berlins faktisch unter Ausnahmezustand setzte Es galt eine strenge Ausgangssperre strassenseitige Fenster mussten geschlossen sein die Raume durften nicht beleuchtet werden Die Rote Fahne wurde fur sieben Wochen verboten Kurz vor Mitternacht des 3 Mai 1929 wurde Charles Mackay ein neuseelandischer Journalist von der Polizei erschossen vermutlich weil er die Aufforderung zum Verlassen der Strasse nicht verstand Er war der letzte Tote die Unruhen flauten bis zum 6 Mai so weit ab dass das Verkehrs und Lichtverbot wieder aufgehoben wurde Folgen Bearbeiten nbsp Gedenkstein zum Blutmai 1929 nahe der Walter Rober Brucke Wiesenstrasse Unter dem Vorwurf die KPD habe die Unruhen provoziert und einen Aufstandsversuch unternommen gingen staatliche Stellen gegen die Partei und ihre Organe vor Der Rote Frontkampferbund RFB wurde am 3 Mai in Preussen verboten am 6 Mai erliess Reichsinnenminister Carl Severing SPD ein reichsweites Verbot am 10 Mai wurde das Verbot von der Innenministerkonferenz der Lander ausgesprochen und bis zum 14 Mai in allen Landern verkundet Ein Verbot der KPD wurde erwogen aber als nicht aussichtsreich aufgegeben Insgesamt wurden bei den Unruhen 33 Zivilisten getotet 198 wurden verletzt bei der Polizei gab es 47 Verletzte Zahlen nach Buchner Schirmann zahlt 32 Tote andere Quellen bis zu 38 Entgegen der Behauptung der Polizei dass die Demonstranten mit Schusswaffen Gegenwehr geleistet hatten konnte nachgewiesen werden dass der einzige Polizist mit Schussverletzung sich diese durch einen Unfall einige Tage vorher selbst beigebracht hatte Der Munitionsverbrauch der Polizei lag nach amtlichen Angaben bei etwa 11 000 Schuss Eine amtliche Untersuchung der Polizeiubergriffe fand nicht statt kein Polizist wurde angeklagt Eine Sitzung im Preussischen Landtag fuhrte zu einer erbitterten Auseinandersetzung zwischen SPD und KPD Ein Misstrauensantrag gegen die Regierung und ein Antrag Zorgiebel abzusetzen wurde abgewehrt Die Auseinandersetzung blieb ohne Ergebnis Dagegen grundete der kommunistische Verleger Willi Munzenberg ein offentliches Untersuchungsgremium Im Ausschuss zur Untersuchung der Berliner Maivorgange kamen namhafte Intellektuelle zusammen Zu ihnen gehorten der Chefredakteur des Tage Buches der Herausgeber der Weltbuhne Carl von Ossietzky die Schriftsteller Heinrich Mann und Herwarth Walden der Publizist Alfons Goldschmidt der Rechtsanwalt Alfred Apfel und der Reporter Egon Erwin Kisch 9 Zeitgleich fanden Strafprozesse gegen Demonstrationsteilnehmer statt Von den 1228 Festgenommenen stand etwa jeder zehnte direkt oder indirekt mit der KPD in Verbindung 89 waren Mitglieder des RFB Es kam zu 43 Verurteilungen die Summe aller Strafen belief sich auf etwa zehn Jahre Gefangnis die hochste Einzelstrafe betrug neun Monate Die KPD distanzierte sich von den Vorwurfen einen Aufstand angezettelt zu haben versuchte aber die Ereignisse propagandistisch fur sich zu nutzen Bei der Beerdigung von Opfern des Blutmai am 8 Mai erklarte Ernst Thalmann Die Kommunistische Partei solidarisiert sich vollig mit denjenigen die auf den Barrikaden gestanden haben Die Rechtfertigung der Polizeigewalt durch fuhrende Vertreter der SPD diente der KPD als Bestatigung diese seien Sozialfaschisten Fur die Agitprop Kultur der KPD popularisierten dies die Schriftsteller Klaus Neukrantz 1931 in seinem reportagehaften Roman Barrikaden am Wedding 10 und Erich Weinert zusammen mit dem Komponisten Hanns Eisler im Lied Roter Wedding Die Ereignisse vertieften die Spaltung der Arbeiterparteien Letztlich kam dies den Nationalsozialisten zugute die schon bei der Wahl in Sachsen am 12 Mai zulegen konnten Verfilmung BearbeitenDie Ereignisse rund um den Blutmai insbesondere die fingierte Schussverletzung eines Polizeibeamten bilden einen Handlungsstrang der Fernsehserie Babylon Berlin Literatur BearbeitenLeon Schirmann Blutmai Berlin 1929 Dichtungen und Wahrheit Dietz Verlag Parteiverlag der PDS Berlin 1991 Bernd Buchner Um nationale und republikanische Identitat Verlag J H W Dietz Nachfolger Parteiverlag der SPD Bonn 2001 S 252 262 Thomas Kurz Blutmai Sozialdemokraten und Kommunisten im Brennpunkt der Berliner Ereignisse von 1929 Mit einem Geleitwort von Heinrich August Winkler Dietz Nachf Berlin 1988 ISBN 978 3 8012 0131 9 Herbert Mayer Schlagt nicht schiesst nicht Uber den Berliner Blutmai 1929 In Berlinische Monatsschrift Luisenstadtischer Bildungsverein Heft 5 1999 ISSN 0944 5560 S 12 17 luise berlin de Bezirksamt Mitte von Berlin Mitte Museum Hrsg Berliner Blutmai 1929 Eskalation der Gewalt oder Inszenierung eines Medienereignisses Berlin 2009 11 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Blutmai Sammlung von Bildern Arnulf Scriba Der Blutmai 1929 Deutsches Historisches Museum 23 April 2019 abgerufen am 1 Mai 2019 Bernd Ulrich Als die Polizei auf Burger schoss Der Blutmai 1929 Deutschlandfunk Kultur Kalenderblatt 1 Mai 2019 80 Jahre Blutmai Der rote Wedding marschiert In trend Arbeitskreis Kapitalismus aufheben AKKA Mai 1999 abgerufen am 1 Mai 2019 veroffentlicht auf infopartisan net Einzelnachweise Bearbeiten Thomas Kurz Blutmai Sozialdemokraten und Kommunisten im Brennpunkt der Berliner Ereignisse von 1929 Mit einem Geleitwort von Heinrich August Winkler Dietz Nachf Berlin 1988 ISBN 978 3 8012 0131 9 S 20f Thomas Kurz Blutmai Berlin 1988 S 21 Thomas Kurz Blutmai Berlin 1988 S 23f Thomas Kurz Blutmai Berlin 1988 S 24 Thomas Kurz Blutmai Berlin 1988 S 27 30 Thomas Kurz Blutmai Berlin 1988 S 30 Thomas Kurz Blutmai Berlin 1988 S 31f Thomas Kurz Blutmai Berlin 1988 S 33f Thomas Kurz Blutmai Berlin 1988 S 78f Erstausgabe Klaus Neukrantz Barrikaden am Wedding Der Roman einer Strasse aus den Berliner Maitagen 1929 Internationaler Arbeiterverlag Wien Zurich Berlin 1931 Zahlreiche Nachdrucke Digitalisat bei Zulu ebooks Rezension der Ausstellung von Christian Saehrendt auf der Homepage der Stiftung Zukunft braucht Erinnerung vom 19 Januar 2010 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Blutmai amp oldid 237434862