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Der Weserbarock bezeichnet einen von 1670 bis 1760 im Weserraum herrschenden Baustil der die Weserrenaissance fortsetzte im Unterschied zu deren reicher Formenausstattung aber von betont einfachen auf weitere Detaillierung verzichtenden Baukorperformationen bestimmt wird In dieser Hinsicht ist der Weserbarock entscheidend vom Klassizistischen Barock der Niederlande gepragt Wesertal mit Bad KarlshafenWesertal mit Schloss Furstenberg Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsgeschichte 2 Geschichtliche Voraussetzungen 3 Architektonische Entwicklung 3 1 Sakralbau 3 2 Profanbau 3 3 Stadtebau 3 4 Kirchenausstattungen 3 5 Ausklang 4 Gesamtbild 5 Rezeption 6 Einzelnachweise 7 LiteraturBegriffsgeschichte Bearbeiten nbsp Paderborn Jesuitenkirche nbsp Corvey Abteikirche nbsp Warburg Erasmuskapelle nbsp Brakel Kapuzinerkirche nbsp Hoxter Nikolaikirche nbsp Klosterkirche Willebadessen nbsp Hehlen Immanuelkirche nbsp Christus Kirche von Neuhaus im Solling nbsp Gieselwerder Christuskirche nbsp Waldenserkirche in Gottstreu nbsp Kloster Brenkhausen nbsp Jesuitenkolleg Buren nbsp Schloss Buckeburg Frontansicht nbsp Schloss Baum nbsp Corvey Teehaus nbsp Schloss Welda Orangerie nbsp Schloss Rheder nbsp Schloss Vinsebeck nbsp Gestut Neuhaus Solling nbsp Karlshafen Hafenbecken mit ehem Packhaus nbsp Stade Zeughaus am Pferdemarkt nbsp Rinteln ehemaliges Festungstor nbsp Festung Wilhelmstein im Steinhuder Meer nbsp Bad Sooden Allendorf Kirchstrasse nbsp Abteikirche Corvey Orgelprospekt nbsp Schloss Huffe nbsp Bad Nenndorf ehem Schwefelbadehaus nbsp Bad Driburg Missionsschule St XaverAuf die kulturelle Besonderheit des Wesertals mit seinen Stadten Burgen und Kirchen machte erstmals der in Rinteln aufgewachsene Franz von Dingelstedt in seinem 1839 erschienenen Buch Das Weserthal von Munden bis Minden aufmerksam 1 Erst zu Beginn des 20 Jahrhunderts setzte eine genauere Beschaftigung mit der Baukultur des Weserraums ein die 1918 in dem Buch Die Weserrenaissance von Max Sonnen mundete 2 1964 veroffentlichte Jurgen Soenke mit dem Fotografen Herbert Kreft ein weiteres Buch unter dem Titel Die Weserrenaissance 3 dem 1970 der Band von Hans Thummler uber Weserbaukunst im Mittelalter folgte 4 Einleitend verwies Thummler darauf wie sehr der Wasserweg durch seine Nutzung fur den Transport von Baumaterial oft geradezu die Voraussetzung dafur bildet eine Flusslandschaft zu einer kunstlerischen Mitte fur ein weites Einzugsgebiet werden zu lassen auch wenn die modernen Landesgrenzen heute den Blick auf die kulturelle Einheit der Region verstellt haben Kurz zuvor hatte 1962 Ernst Wolfgang Mick auf den Weserraum als eigenstandigen Kulturraum verwiesen 5 Die gleichzeitigen Forschungen von Theodor Rensing zur barocken Architektur Westfalens und des Weserraums liessen damals einen weiteren Band zum Weserbarock sinnvoll erscheinen doch verhinderte dessen fruher Tod das Projekt das einen Uberblick uber die Baukultur des Weserraums zwischen 800 und 1800 zum Abschluss gebracht hatte Der Begriff Weserbarock hat sich seither v a in der touristischen Literatur etabliert Corvey Bad Karlshafen etc trotz zahlreicher Einzelstudien zu Objekten fehlt jedoch von kunsthistorischer Seite eine Gesamtdarstellung des Phanomens Weserbarock Geschichtliche Voraussetzungen BearbeitenDer Weserbarock setzt mit dem Beginn der allgemeinen Wiederaufbauphase nach dem Dreissigjahrigen Krieg und dem nachfolgenden Hollandischen Krieg ein wahrend dessen 1673 durch Turenne die Zerstorung der Weserbrucke von Hoxter veranlasst wurde Die wirtschaftliche Grundlage bildeten der Getreideanbau in der Warburger Borde die Holzwirtschaft in Solling und Reinhardswald u a fur die Beschickung der Bremer Werften und die Milch und Viehwirtschaft in der Weserniederung wobei die Produkte auf der Weser bis nach Bremen transportiert wurden Ein wichtiger Exportartikel wurde der Veckerhager Ofen der in der 1666 gegrundeten Kurhessischen Eisenhutte Veckerhagen gegossen und auf dem Wasserweg zunachst nach Bremen und weiter zu Kunden in Skandinavien und Amerika transportiert wurde Auch die Anlage des Landgraf Carl Kanals und eines Hafens in Karlshafen sollten wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung des Weserraums beitragen In territorialer Hinsicht war die Region zersplittert Die wichtigsten Herrschaftszentren wie das Kurfurstentum Hannover das Herzogtum Braunschweig die Landgrafschaft Hessen Kassel und das Hochstift Paderborn lagen ausserhalb des Wesergebiets Die ehemals paderbornische Grafschaft Pyrmont fiel 1668 endgultig an die Grafschaft seit 1711 Furstentum Waldeck Wahrend die Stadt Bremen 1648 Freie Reichsstadt wurde fielen das sakularisierte Erzstift Bremen und das Hochstift Verden als Herzogtumer Bremen und Verden mit Sitz in Stade an Schweden und schliesslich 1715 an Hannover Das Herzogtum Oldenburg war seit 1667 mit Danemark das Kurfurstentum Hannover seit 1714 mit Grossbritannien und die Landgrafschaft Hessen Kassel seit 1730 mit Schweden jeweils in Personalunion verbunden was eine zunehmende Verlagerung der politischen Interessen ins Ausland bedeutete Subsidienvertrage banden zundem Hessen Kassel militarisch an Grossbritannien Nachdem schliesslich auch das Hochstift Minden von Brandenburg Preussen besetzt worden war blieben nur noch die kleineren Herrschaftsgebiete der Furstabtei Corvey der Grafschaft Lippe und des Furstentums Schaumburg Lippe als selbstandige Herrschaften vertreten Wegen der Bedeutung des Weserflusses als Verkehrs und Transportweg bemuhten sich die einzelnen Territorien jeweils um einen direkten Zugang Auch konfessionell war das Wesergebiet gespalten Die braunschweigischen Territorien ostlich der Weser gehorten dem Luthertum an desgleichen die ehemaligen Hochstift Bremen und Verden sowie das Hochstift Minden Die geistlichen Territorien westlich der Weser hingegen blieben katholisch wobei einzelne Orte wie Hoxter protestantisch waren 1605 hatten Landgraf Moritz von Hessen Kassel und Graf Simon VI von Lippe in ihren jeweiligen Herrschaftsgebieten den Calvinismus eingefuhrt Um 1700 wurden in der Landgrafschaft Hessen Kassel franzosische Glaubensfluchtlinge Hugenotten angesiedelt Wahrend des 17 18 Jahrhunderts entstanden im Weserraum mehrere Bildungseinrichtungen So grundete 1614 Furstbischof Dietrich IV von Furstenberg in Paderborn eine Universitat 1619 Graf Ernst zu Holstein Schaumburg die bis 1820 bestehende Universitat Rinteln sowie 1732 der britische Konig Georg II die Universitat Gottingen Ein wichtiger Bestandteil der Kultur des Weserbarock wurde die 1747 im Auftrag von Herzog Karl I von Braunschweig Wolfenbuttel durch Johann Georg von Langen auf Schloss Furstenberg gegrundete Porzellanmanufaktur Furstenberg die vor allem in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts eine kunstlerisch bedeutsame Produktion entwickelte In gleicher Weise setzte sich von Langen auch fur die Forderung der Glasproduktion im benachbarten Boffzen ein Der Siebenjahrige Krieg der mit den Schlachten bei Hastenbeck Minden Warburg und Lutterberg die Region unmittelbar beruhrte fuhrte zu einem wirtschaftlichen Niedergang der Region Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 und die nachfolgende Grundung des napoleonischen Konigreichs Westphalen 1807 dem ein Grossteil des Wesergebiets zufiel brachte schliesslich das Ende der bisherigen territorialen Struktur an deren Stelle die Konigreiche Preussen und Hannover und damit auswartige Machtzentren traten Architektonische Entwicklung BearbeitenTrotz der territorialen wie religiosen Zersplitterung des Weserraums stellt der Weserbarock einen einheitlichen Baustil dar der durch seine einfachere Gestaltungsweise bestimmt ist Das hauptsachliche Baumaterial bildete der aufgrund seines hohen Quarzanteils relativ sprode rote und graue Wesersandstein der keine feineren Architekturdetails zuliess wegen seiner leichten Spaltbarkeit aber seit dem 17 Jahrhundert auch als Wandbehang und zur Dachdeckung Verwendung fand Wahrend die Weserrenaissance fur ihre Fassadengestaltungen den leichter zu bearbeitenden und sichtbar verwendeten Obernkirchener Sandstein bevorzugt hatte wurden die Bauten daher jetzt grundsatzlich verputzt und nur die Hauptgliederungen und Eckquaderungen sichtbar belassen Lediglich die Portale erhielten dabei eine reichere bildhauerische Ausgestaltung Als weiteres Baumaterial wurde speziell fur Dachdeckungen der uber die Werra transportierte Schiefer aus dem Thuringer Schiefergebirge verwendet Bauholz fur Fachwerk und Dachkonstruktionen lieferten in hinreichender Quantitat Reinhardswald und Solling Wichtig fur die Entwicklung des Bauwesens in der Weserregion wurden die namentlich aus Tirol fur den Bau der Abtei Corvey angeworbenen Bauhandwerker die in dem rechtsweserisch gegenuber von Corvey gelegenen Luchtringen angesiedelt wurden Wie Gottfried Loges um 1800 berichtete lebten hier viele Maurer Steinhauer und Dachdecker welche grosstenteils von Fruhjahr bis in den spaten Herbst im Auslande ihr Gewerbe treiben Die Tiroler welche noch im vorigen Jahrhundert ins Land kamen und sich festsetzten haben die Mauerei in Aufnahme gebracht 6 Sakralbau Bearbeiten Im Unterschied zur Weserrenaissance kam dem Sakralbau wieder eine grossere Bedeutung zu Im katholischen Kirchenbau steht die von 1667 bis 1671 unter Abt Christoph Bernhard von Galen zugleich Furstbischof von Munster erbaute Abteikirche von Corvey am Anfang der Entwicklung Als kreuzrippengewolbte Wandpfeilerkirche und ausgestattet mit Masswerkfenstern stellt sie wie die 1692 fertiggestellte Jesuitenkirche von Paderborn von Anton Hulse eine Anknupfung an die nachgotische evangelische Buckeburger Stadtkirche dar 7 Eine andere Form der bewussten Orientierung an mittelalterlicher Sakralarchitektur vertritt die Abteikirche Marienmunster die ab 1661 zu einer romanisierenden Hallenkirche mit gotisierendem Chor umgestaltet wurde 8 Auch in dem verstarkt einsetzenden Pfarrkirchenbau dominierte die Rezeption gotischer Formenelemente so in der Pfarrkirche von Rheder von Gottfried Laurenz Pictorius 9 Mit der Paderborner Franziskanerkirche errichtet 1668 1671 vom Paderborner Furstbischof Ferdinand von Furstenberg durch Antonio Petrini aus Wurzburg hatte sich daneben erstmals ein italienischer Einfluss gezeigt Die 1679 bis 1681 uber der Krypta der mittelalterlichen Burgkirche in Warburg errichtete Erasmuskapelle und die 1698 vollendete Paderborner Michaelskirche des Ambrosius von Oelde hingegen reprasentieren den flandrisch niederlandischen Einfluss Der 1695 in der Region geborene Johann Conrad Schlaun hinterliess mit seinem Erstlingswerk der Kapuzinerkirche in Brakel von 1715 einen betont einfachen Baukorper mit formenreduzierter Fassade 10 bei dem Anregungen durch die 1692 fertiggestellte Jesuitenkirche von Paderborn nicht zu ubersehen sind 11 Bis 1722 erfuhr die romanische Klosterkirche Willebadessen durch Abbruch der Seitenschiffe und Seitenchore einen Umbau zu einem barocken Zentralbau mit vollstandig geanderter Aussenwirkung indem den beiden Querhausarmen Turmhauben aufgesetzt wurden Lediglich Franz Christoph Nagel griff mit seiner Fassade der Paderborner Gaukirche borromineske Gestaltungselemente auf ruckubersetzt in das einfache Idiom der Region Die ab 1751 nach Planen des kurkolnischen Baumeisters Johann Heinrich Roth erbaute Kirche Maria Immaculata des Jesuitenkollegs Buren die sich stilistisch dem suddeutschen Spatbarock anschliesst stellt demgegenuber eher einen Fremdkorper in der Region dar Am Ende der Epoche entstand ferner 1766 70 die Nikolaikirche in Hoxter mit ihrer leicht geschwungenen Turmfassade Gewissermassen ein nachtraglicher Kirchenbau des Weserbarocks entstand mit der Pfarrkirche von St Peter und Paul in Amelunxen die der letzte Corveyer Furstbischof Ferdinand von Luninck 1818 als Ersatz fur das mit der evangelischen Georgskirche des Ortes bestehenden Simultaneums stiftete Die spate Bauzeit des ostseitig polygonal geschlossenen Saalbau mit eingezogenem Westturm manifestiert sich lediglich in den gotisierenden Spitzbogenfenstern und dem bekronenden Spitzhelm Ausstatten liess Furstbischof Ferdinand die 1822 geweihte Kirche mit Hochaltar Kanzel und Kommunionbank der 1804 sakularisierten Minoritenkirche in Hoxter und der Chororgel der Corveyer Abteikirche so dass hier insgesamt ein barocker Innenraum entstand 12 Im protestantischen Kirchenbau des Wesergebiets dominierte der Bautypus der chorlosen Predigtkirche mit Empore Die nach aussen schlichten meist turmlosen dafur mit einem Dachreiter ausgestatteten Bauten entsprechen in ihrer Gestaltung mit einfachen Sandsteingewanden dem allgemeinen stilistischen Erscheinungsbild Der Typus begegnet bereits bei den Kirchenbauten der spaten Weserrenaissance so in der 1569 erbauten und 1664 erweiterten Markuskirche in Lauenforde sowie in der 1575 auf den Resten der alten Kirche errichteten Markuskirche von Derental Hinzu kommt die Johanneskirche in Meinbrexen erbaut 1585 bis 1589 durch Statius von Munchhausen und 1736 nach Blitzschlag erneuert Einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung ubte die 1697 1699 durch den braunschweigischen Landbaumeister Hermann Korb erbaute Immanuelkirche von Hehlen aus deren doppelgeschossig mit umlaufenden Emporen ausgestatteter Innenraum durch ein in den Dachstuhl integriertes holzernes Muldengewolbe abgeschlossen wird Die ab 1732 entstandene Martinskirche von Eschershausen Emporenhalle mit flachgedeckten Abseiten und einem holzernen Tonnengewolbe im Mittelschiff in den Jahren 1730 bis 1737 wurde die Erloserkirche von Boffzen als einfache Saalkirche mit holzernem Tonnengewolbe Wichtigstes Ausstattungsstuck dieser Kirchen ist der Kanzelaltar dessen portalartiger Aufbau ein programmatisches Gegenstuck zu den barocken Altarretabeln der katholischen Kirchen darstellt Unter die spaten Kirchenbauten fallen die 1768 einem romanischen Turmbau angefugte Urbanskirche von Brevorde und die 1780 als Schlosskapelle des Jagdschlosses Neuhaus erbaute Christuskirche Noch 1793 94 entstand die Dionyskirche in Stadtoldendorf als flachgedeckte Hallenkirche mit holzernen Stutzen 1782 wurde die evangelische Pfarrkirche in Lauenforde um ihren Kirchturm als einem stadtebaulichen Pendant zur katholischen Pfarrkirche von Beverungen auf dem gegenuberliegenden Weserufer erganzt Im hessischen Herrschaftsbereich des Wesergebiets sind vor allem die in sehr einfachen Formen gehaltenen Kirchenbauten der Waldenser in Gottstreu und Gewissenruh zu nennen 13 Einzelne Kirchenbauten wurden zum Teil auch in Fachwerk errichtet wie die bereits klassizistisch gepragte Christuskirche von Gieselwerder 14 Mit der Wiedererrichtung der klosterlichen Gemeinschaften im Zuge der Gegenreformation entstanden mehrere Klosteranlagen neu So wurden ab 1699 unter den Abten Florenz von dem Velde und Maximilian von Horrich die barocken Abteigebaude von Corvey eine um zwei Hofe gruppierte und von zwei Turmen flankierte Anlage geschaffen bei der lediglich die Portale eine kunstlerisch aufwendigere Gestaltung erfuhren 15 Gleiches gilt fur die zeitgleich errichteten Gesamtanlagen der Kloster Brenkhausen und Dalheim Die Jesuiten erhielten ab 1717 mit dem schlossartigen Kolleg Buren eine eigene Niederlassung in der Region Als die Minoriten von Hoxter 1651 ihren Konvent verlassen mussten betraute sie der Paderborner Furstbischof Dietrich Adolf von der Recke 1657 mit der Pfarrei Herstelle an der sie in der Folgezeit eine Klosterniederlassung grundeten und 1734 eine eigene Klosterkirche erbauten Profanbau Bearbeiten Nach der intensiven Neubautatigkeit an den furstlichen Residenzen des 16 Jahrhunderts bestand nun fur diese Bauaufgabe ein geringerer Baubedarf Im Auftrag des Fursten Friedrich Anton Ulrich von Waldeck Pyrmont wurde in den Jahren 1706 1710 innerhalb der bestehenden Festung das Schloss Pyrmont erbaut ab 1721 erweitert durch den Architekten Julius Ludwig Rothweil der zuvor auch das waldeckische Residenzschloss in Arolsen errichtet hatte An der lippischen Residenz Schloss Buckeburg wurden nach einem Brand 1732 Sud und Ostflugel unter Einbeziehung des mittelalterlichen Turms in einfachen Formen erneuert Ende des 19 Jahrhunderts symmetrisch erweitert um den Festsaaltrakt Aufwendiger d h mit applizierten Saulen im Obergeschoss wurde das zu Buckeburg gehorende Jagdschloss Baum von 1760 61 gestaltet 1689 liess Landgraf Karl von Hessen am Weserufer das Jagdschloss Veckerhagen errichten Die im 17 und 18 Jahrhundert in furstlichen Residenzen obligatorischen Orangeriebauten fanden an verschiedenen Schlossern der Region eine Verwirklichung In Kassel entstand mit der Anlage der Karlsaue 1703 bis 1711 der Bau der Orangerie In Corvey wurde 1741 unter Furstabt Caspar von Boselager durch Franz Christoph Nagel eine spater als Teehaus bezeichnete Orangerie errichtet Schloss Welda erhielt ab 1756 seine Orangerie Infolge der vorwiegend landwirtschaftlich gepragten Kultur spielte wie zuvor in der Weserrenaissance die Bauaufgabe der Herrenhauser von Adelsgutern eine Rolle die nun als einfache meist mit Dreiecks oder Segmentgiebeln bekronte Baukubaturen gestaltet wurden Ab 1696 liess der Paderborner Furstbischof Hermann Werner von Wolff Metternich zur Gracht das Schloss Wehrden durch Ambrosius von Oelde errichten von Gottfried Laurenz Pictorius stammt das Schloss Rheder von Justus Wehmer die Schlosser in Vinsebeck und Welda 16 ab 1760 schliesslich entstand an der Diemel das Schloss Stammen Diese Bauten kennzeichnet eine einheitliche Gestaltung mit Giebelaufsatzen die an die fruhen Schlossbauten der Weserrenaissance unter Jorg Unkair anderthalb Jahrhunderte fruher erinnern Zu den Herrenhausern gehorten in der Regel umfangreiche und regelmassig angelegte landwirtschaftliche Nutzbauten 1736 entstanden die hufeisenformig angelegten Marstallgebaude von Schloss Neuhaus 17 ab 1760 das hannoversche Gestut Neuhaus im Solling Stadtebau Bearbeiten Im Unterschied zur Weserrenaissance bildeten nach den Erfahrungen des Dreissigjahrigen Kriegs Stadte und Festungsbau ein Thema 1699 wurde durch Landgraf Karl von Hessen Kassel Karlshafen als eine stadtebauliche Gesamtanlage gegrundet 18 deren einfache einheitliche Fassadengestaltung in der ein Jahrzehnt zuvor begonnenen Kasseler Oberneustadt ihr Vorbild hat Weitere Hugenotten Siedlungen entstanden in Kelze Schoneberg und Gewissenruh Unter Landgraf Friedrich II wurden um 1775 die Siedlungen Friedrichsdorf Friedrichsfeld und Friedrichsthal planmassig angelegt In der furstlich lippischen Residenzstadt Detmold war in Zusammenhang mit dem Bau des 1709 1718 errichteten spater umgebauten Neuen Palais entlang des Friedrichstaler Kanals die Neustadt als eine planeinheitliche Anlage entstanden Die strategisch gunstig gelegene Stadt Minden seit 1648 im Besitz Brandenburg Preussens erfuhr einen Ausbau zur Festung die Festung Hameln wurde 1664 1684 durch Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig Luneburg die Festung Rinteln 1665 1678 von Landgraf Wilhelm VI von Hessen Kassel angelegt Die Stadt Oldenburg wurde 1667 bis 1765 zur danischen Stade seit 1659 zur schwedischen Konigsfestung ausgebaut Das erhaltene Zeughaus am Pferdemarkt wurde 1697 bis 1699 errichtet Noch 1761 bis 1767 entstand die Festung Wilhelmstein im Steinhuder Meer Die Zerstorung von Stadten im Dreissigjahrigen Krieg Hoxter 1631 Allendorf an der Werra 1637 Holzminden 1640 fuhrte zu einem Wiederaufbau in Fachwerkbauweise mit meist traufstandiger Zeilenbebauung Auch hier wurde auf die fur den Fachwerkbau der voraufgehenden Weserrenaissance charakteristische ornamentale Ausgestaltung zugunsten einer vorwiegend struktiven Bauweise verzichtet Lediglich in den nun zahlreich entstehenden Bauernhausern der Region hielt sich der Inschriftenbrauch sowie die Ausschmuckung der Einfahrtstore durch Schnitzwerk 19 Als ein neuartiger Bautypus entstand hier das Querdielenhaus das gegenuber dem alteren giebelstandigen Hallenhaus den Vorteil der traufseitigen Erschliessung und damit der strikteren Trennung von Wohn und Wirtschaftsteil besass 20 Kirchenausstattungen Bearbeiten Die intensive Kirchenbautatigkeit des Weserbarocks bot zahlreichen Kunstlern der Region eine Beschaftigung Zu den fuhrenden Schnitzkunstlern zahlt Johann Sasse aus Attendorn der mit seiner Werkstatt einzelne sakrale Ausstattungsstucke wie Altare Figuren Orgelprospekte aber auch vollstandige Kirchenausstattungen schuf so die der Abteikirche Corvey wo er nach dem Entwurf des paderbornischen Hofmalers Johann Georg Rudolphi aus Brakel arbeitete Die Gemalde des Hochaltars stammen u a vom Hofmaler der Herzoge von Braunschweig Wolfenbuttel Tobias Querfurt Von Johann Martin Pictorius stammen Gemalde u a in der Brakeler Kapuzinerkirche und der Pfarrkirche von Rheder Als die beiden bedeutendsten Bildhauer des Weserbarock sind Heinrich Papen und Christoph Papen aus Giershagen zu nennen die zahlreiche Bildwerke und kirchliche Ausstattungen so die barocke Neuausstattung der romanischen Stiftskirche von Stift Heerse in der Region schufen 21 Die kirchenmusikalische Kultur des Weserbarock fand in den zahlreichen Orgelbauten der Epoche ihren Ausdruck Am Anfang der Reihe steht die 1681 von Andreas Schneider aus Hoxter gebaute und 1718 von Johann Matthias Naumann aus Hildesheim erweiterte Orgel der Abteikirche Corvey die zugehorige Chororgel befindet sich heute in Amelunxen Von Schneider stammen auch die 1677 erbaute Orgel der Abteikirche von Gehrden und die Orgel von 1683 in Wormeln Parallel zu Schneider war der Bielefelder Orgelbauer Peter Henrich Varenholt in der Region tatig dem die um 1700 erbaute grosse Orgel von Stift Heerse aus stilistischen Grunden zugeschrieben wird Der nachfolgenden Generation gehoren die aus einer Herforder Orgelbauerfamilie stammenden Bruder Christian Klausing und Johann Berenhard Klausing mit ihren Orgeln in der Kilianikirche in Hoxter und 1945 verloren in der ehem Dominikanerkirche in Warburg an In der Kirche von Stift Heerse erbaute Andreas Reinecke 1713 ein wichtiges Orgelwerk Der bedeutendste unter den westfalischen Orgelbauern des Barock der aus Soest stammende Johann Patroclus Moller hinterliess mit der Orgel der Abteikirche Marienmunster ein klangvolles Werk 22 In den protestantischen Kirchen ostlich der Weser errichteten Johann Heinrich Gloger in der Sixtikirche in Northeim und sein Sohn Johann Wilhelm Gloger in Sack bei Alfeld grosse Orgelwerke 23 In Gottsburen bestand ein Orgelbauzentrum dessen wichtigster Vertreter Johann Stephan Heeren 1774 u a die Orgel in der Elisabethkirche in Kassel erbaute Von Hannover aus war auch der Orgelbauer Christian Vater im Bereich der Mittelweser tatig Ausklang Bearbeiten Nach dem Siebenjahrigen Krieg kam die Baukonjunktur des Weserbarock zu ihrem Ende doch konnten die Bauten des nachfolgenden Klassizismus der sich vor allem in den Schlossbauten von Simon Louis du Ry manifestierte stilistisch bruchlos an dessen einfache Gestaltungsweise anknupfen Von diesem von Kassel aus agierenden Architekten stammen im Wesergebiet Schloss Furstenberg errichtet 1774 bis 1783 fur Friedrich Wilhelm von Westphalen Bischof von Hildesheim und Paderborn das 1775 1784 erbaute Schloss Huffe sowie das Schlosschen Schonburg bei Hofgeismar errichtet 1787 bis 1790 24 Letztlich folgt auch das ab 1827 von Johann Conrad Bromeis erbaute Schloss Beberbeck mit der zugehorigen Gestutsanlage trotz aller klassizistischer Einzelelemente noch den einfachen Gestaltungsprinzipien des Weserbarock Auch die 1828 bis 1830 von Ludwig Hellner errichtete ev Pfarrkirche von Stolzenau lasst bei allem klassizistischen Detail den barocken Bautypus der Emporenhalle mit Kanzelaltar wie zuvor in Hehlen erkennen Gesamtbild BearbeitenDer Weserbarock stellt eine insgesamt einheitliche Stilrichtung innerhalb des Barock Klassizismus Nordwesteuropas dar Seine Bauten werden bestimmt durch eine moglichst einfache Baukubatur mit nur wenigen ausgearbeiteten architektonischen Details Die Masse der Bauten von Burgerhausern Herrenhausern und Landkirchen wurde von anonymen Baumeistern und Bauhandwerkern errichtet Anspruchsvollere Bauten entstanden meist nach der Planung von Architekten aus den benachbarten furstlichen Residenzen deren Territorien an die Weser angrenzten Der aus der Umgebung von Warburg stammende wichtigste Vertreter des westfalischen Barocks Johann Conrad Schlaun ist nur mit wenigen Fruhwerken im Weserraum reprasentiert der aus Herford geburtige Baumeister des Dresdner Barock Matthaus Daniel Poppelmann hinterliess keine architektonischen Spuren in der Region Rezeption BearbeitenIm ausgehenden 19 Jahrhundert weckte der aus Eschershausen stammende Wilhelm Raabe in seinen in dieser Zeit angesiedelten sogenannten Weserromanen Hoxter und Corvey 1879 Das Odfeld 1888 und Hastenbeck 1899 ein Interesse an der Kultur des Weserbarock Aufgrund seiner Vorliebe fur klare Baukubaturen und eine reduzierte Formensprache erfuhr der Weserbarock gegen Ende des Historismus um 1900 dann auch architektonisch eine Rezeption in der sogenannten Heimatschutzarchitektur Der aus dem westfalischen Lippstadt geburtige Friedrich Ostendorf bezog sich in seinen Schriften Sechs Bucher vom Bauen 1914 20 Haus und Garten 1914 wiederholt auf beispielhafte Schlossbauten des Weserraums Einen wesentlichen Einfluss erhielten die Baugewerkschulen der Region Der 1831 durch Friedrich Ludwig Haarmann in Holzminden gegrundeten Baugewerkschule ab 1896 Staatliche Bauschule waren ahnliche Grundungen in Nienburg Weser 1853 und 1864 durch Karl Mollinger in Hoxter gefolgt die sich ab 1900 zunehmend der Pflege der regionalen Bauweise namentlich in der burgerlichen Wohnhaus und Villenarchitektur widmeten In gleicher Weise bezog sich der Architekt der Eisenbahndirektion Kassel und spatere hessische Denkmalpfleger Alois Holtmeyer in seinen Bahnhofsbauten u a an der Main Weser Bahn auf gestalterische Vorbilder des Weserbarock So erhielt sein 1909 1910 errichtetes Erholungsheim fur Eisenbahnbeamte in Bad Karlshafen seiner Bestimmung und Lage entsprechend ein landhausmassiges Geprage 25 Eine besondere Manifestation fand die Rezeption des Weserbarock in den Kurorten des Wesergebiets so in Bad Karlshafen Kurort ab 1838 Bad Pyrmont Kurhotel Bad Nenndorf ehemaliges Schwefelbadehaus am Kurpark vollendet 1906 Bad Eilsen Furstenhof 1918 und Bad Driburg Kurklinik Bad Hermannsborn 1924 25 Unter den kirchlichen Bauten ist die 1915 25 errichtete Missionsschule St Xaver in Bad Driburg zu nennen Einzelnachweise Bearbeiten Franz Dingelstedt Das Weserthal von Munden bis Minden Theodor Fischer Kassel 1839 Nachdruck Olms Hildesheim 1996 Max Sonnen Die Weserrenaissance Die Bauentwicklung um die Wende des 16 und 17 Jahrhunderts an der oberen und mittleren Weser und den angrenzenden Landesteilen Munster 1918 Herbert Kreft Jurgen Soenke Die Weserrenaissance Niemeyer Hameln 1964 Hans Thummler Weserbaukunst im Mittelalter Niemeyer Hameln 1970 Ernst Wolfgang Mick Die Weser Deutsche Lande Deutsche Kunst Munchen Berlin 1962 Gottfried Loges Nachrichten vom ehemaligen Furstentum Corvey Digitalisat Karl Josef Schmitz Grundlagen und Anfange barocker Kirchenbaukunst in Westfalen Verein fur Geschichte und Altertumskunde Westfalens Paderborn 1969 S 68 82 Christoph Volker Beitrage zur Baugeschichte des Klosters Marienmunster In Marienmunster 1128 1978 Paderborn 1978 S 87 93 Johann Josef Boker Der Baumeister der Pfarrkirche von Rheder In Jahrbuch 1994 des Kreises Hoxter S 155 160 Theodor Rensing Johann Conrad Schlaun Leben und Werk des westfalischen Barockbaumeisters Deutscher Kunstverlag Munchen 1951 S 7f Manfred Weiss Die fruhen Arbeiten Schlauns und ihre westfalischen Voraussetzungen In Johann Conrad Schlaun 1695 1773 Ausstellung zum 200 Todestag Landesmuseum Munster 1973 S 55 63 Friedrich Sagebiel Die mittelalterlichen Kirchen der Stadt Hoxter Hoxtersches Jahrbuch Bd V Hoxter 1963 S 121 123 Jochen Desel Hugenottenkirchen in Hessen Kassel Verlag des Deutschen Hugenotten Vereins Karlshafen 1972 S 96 103 Irmgard Bott u a Fachwerkkirchen in Hessen Forderkreis Alte Kirchen e V Marburg 1983 S 48 Fritz Sagebiel Baumeister in und um Corvey unter besonderer Berucksichtigung der Neuzeit Tolle Detmold 1973 Klaus G Puttmann Die barocken Schlossbauten Justus Wehmers in Westfalen Zu Bedingungen und Wegen in der Architekturrezeption Denkmalpflege und Forschung in Westfalen Bd 13 Habelt Bonn 1986 S 62 72 und 79 90 Walter Becker Schloss Neuhaus Das ehemalige Wohngebaude der Paderborner Bischofe Schoningh Paderborn 1970 S 78f Andreas Jakob Die barocke Stadtanlage von Karlshafen und ihre europaischen Wurzeln Ein Beitrag zur Grundung der Hugenottenstadt vor 300 Jahren durch Landgraf Carl von Hessen Kassel In Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung 51 2000 ISBN 3 931849 05 8 S 3 41 Helmut Rain Dielentore im Landkreis Holzminden Bilder alter Handwerkskunst 1670 1850 Holzminden 1987 Wilhelm Hansen Herbert Kreft Fachwerk im Weserraum Niemeyer Hameln 1980 ISBN 3 87585 048 3 Karl Josef Schmitz Die Bildhauerfamilie Papen in Giershagen Zum 250 Todestag des Heinrich Papen Schoningh Paderborn 1970 Gabriele Buchenthal Heinz Bauer Heinrich Papen um 1645 1719 Christophel Papen 1668 1735 Eine westfalische Bildhauerwerkstatt im Zeitalter des Barock Schoningh Paderborn 1995 Rudolf Reuter Orgeln in Westfalen Barenreiter Kassel 1965 S 20 23 Harald Vogel Gunter Lade Nicola Borger Keveloh Orgeln In Niedersachsen Hauschild Bremen 1997 S 226 231 Friedrich Wilhelm Batjer Das Landschloss Huffe und Simon Louis du Ry Westfalen Sonderheft 8 Coppenrath Munster 1941 Alois Holtmeyer Erholungsheim fur Eisenbahner in Karlshafen In Zentralblatt der Bauverwaltung 31 Jahrgang 1911 S 473 Literatur BearbeitenEva Maria Hoper Ambrosius von Oelde Ein Kapuzinerarchitekt des Fruhbarock im Dienst der westfalischen Furstbischofe Rhenania Franciscana Antiqua Band 5 Dulmen 1990 Andreas Jakob Die barocke Stadtanlage von Karlshafen und ihre europaischen Wurzeln Ein Beitrag zur Grundung der Hugenottenstadt vor 300 Jahren durch Landgraf Carl von Hessen Kassel In Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung Bd 51 2000 ISBN 3 931849 05 8 S 3 41 Klaus G Puttmann Die barocken Schlossbauten Justus Wehmers in Westfalen Zu Bedingungen und Wegen in der Architekturrezeption Denkmalpflege und Forschung in Westfalen Bd 13 Habelt Bonn 1986 ISBN 3 7749 2284 5 Theodor Rensing Baumeister neben und um Schlaun in den Bistumern Munster Paderborn und Hildesheim In Kurfurst Clemens August Landesherr und Mazen des 18 Jahrhunderts DuMont Schauberg Koln 1961 S 286f Fritz Sagebiel Baumeister in und um Corvey unter besonderer Berucksichtigung der Neuzeit Tolle Detmold 1973 Karl Josef Schmitz Grundlagen und Anfange barocker Kirchenbaukunst in Westfalen Verein fur Geschichte und Altertumskunde Westfalens Paderborn 1969 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Weserbarock amp oldid 239128623