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Der von 1670 bis zu seinem Tod im Jahre 1730 regierende Landgraf Carl von Hessen Kassel veranlasste Anfang des 18 Jahrhunderts die Planung eines Schifffahrtsweges zwischen Weser und Lahn Ausgangsort des Kanals sollte die von ihm 1699 gegrundete Hugenottenstadt Sieburg ab 1717 Carlshafen ab 1935 Karlshafen seit 1977 Bad Karlshafen sein Tatsachlich wurde das ehrgeizige Projekt von 1710 bis 1723 zwischen Karlshafen und Humme als Landgraf Carl Kanal realisiert jedoch bis zu Carls Tod 1730 nur noch bis Schoneberg bei Hofgeismar fortgefuhrt Danach liess man die Idee einer Mitte Deutschland Verbindung ausschliesslich durch hessisches Gebiet fallen Der auf 19 6 Kilometer fertiggestellte Kanalabschnitt mit seinen Kunstbauten ist heute noch gut zu erkennen Geplanter Verlauf des Landgraf Carl Kanals um 1710Nachbau eines Treidelkahns halber Bulle am Hatzbach beim gleichnamigen Dorf Solche Schiffe befuhren die Diemel und waren auch auf dem Kanal gefahren Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Planung 1 2 Baufortschritt 1 3 Baueinstellung 2 Relikte 3 EcoPfad Diemel 4 Einzelnachweise 5 Literatur 6 WeblinksGeschichte BearbeitenSeit dem Mittelalter wurde die Diemel von speziell fur die niedrigen Wasserstande des Flusses gebauten Lastkahnen befahren Der Diemelkahn hatte eine Lange von 10 bis 12 Metern und eine Breite am Boden von 1 20 Metern Der Abstand zwischen den oberen Bordkanten betrug 1 50 Meter Der Kahn mit seinem flachen Boden ging lediglich 0 60 Meter tief Seine Tragfahigkeit betrug etwa 6 Tonnen Bug und Heck waren hochgezogen und liefen spitz den Steven zu Die Ladung wurde mit Planen abgedeckt Das der Steuerung dienende Streichruder konnte bei Fahrtwechsel in beengten Verhaltnissen umgesetzt werden Die Kahne wurden bergwarts getreidelt talwarts trieben sie mit der Stromung Die Ladung wurde an der Mundung der Diemel in die Weser zwischen Weserschiffen und Diemelkahnen umgeschlagen An diesem Umschlagplatz legte Landgraf Carl von Hessen Kassel als aufgeklarter Furst und Anhanger des Merkantilismus seine Stadt an der Weser als Industrie und Handelsstadt an Begunstigt wurde diese Stadtgrundung durch die Aufnahme von Hugenotten und Waldensern die wegen ihres Glaubens ihre Heimat verlassen mussten Die planmassig an der Diemelmundung angelegte Stadt sollte zu einem Umschlagplatz fur Schiffsguter werden um die Stapelrechte der braunschweigischen Stadt Munden heute Hann Munden zu umgehen Um dieses Ziel zu erreichen sollte ein Kanal von Karlshafen nach Kassel fuhren Bei Marburg in die Lahn mundend sollte er daruber hinaus Weser und Rhein verbinden Auf dem Wasserweg erreichten bereits im 17 Jahrhundert zahlreiche Handelswaren den Umschlagplatz in Karlshafen wie Obst und Getreide aus der Hildesheimer Borde Bier aus Einbeck Kase aus Holland Stockfisch und Tran aus Schweden und Tuche aus England Alles musste nach Kassel den mit hohen Zollen belegten Wasserweg weser und fuldaaufwarts uber Munden nehmen Dies galt auch fur den grau bunten Weserhartsandstein der im Gebiet um Karlshafen und Trendelburg oberflachennah gebrochen wurde und als Fussbodenbelag und Dacheindeckung sehr begehrt war Ebenso betroffen von dem teuren Weg uber Munden waren Topferwaren aus dem Gebiet Hofgeismar Trendelburg Warburg Planung Bearbeiten nbsp Plan des Oberst Munnich von 1713 fur die Wasserfuhrung in Trendelburg mit Legende Berucksichtigt man die damaligen technischen Moglichkeiten erscheint das Projekt aus heutiger Sicht eher utopisch Der in Diensten des Landgrafen stehende Denis Papin liess jedoch zum Beispiel durch seine Erfindung der Doppelkammerschleuse mit der eine mogliche Wassernot bei der Uberwindung der Wasserscheiden hatte behoben werden konnen den Eindruck aufkommen allen Problemen gewachsen zu sein Auch das ab 1724 erschienene Werk des Mechanikers und Mathematikers Jacob Leupold uber technische Details beim Kanalbau trug dazu bei Carl war von der technischen Durchfuhrbarkeit seiner Idee uberzeugt Ein ahnlich ehrgeiziges Projekt in der Schweiz mag ihn inspiriert haben Bereits 1637 erhielt Elie Gouret ein adeliger Hugenotte aus Holland die Konzession fur den Bau eines Kanals zwischen dem Neuenburgersee und dem Genfersee Dieser Canal d Entreroches sollte den Luckenschluss zwischen Rhone und Rhein darstellen Er wurde vom Neuenburgersee ausgehend bis etwa 12 Kilometer vor dem Genfersee realisiert Die letzte Ausbaustufe wurde jedoch nie fertiggestellt Das ausgebaute Teilstuck diente bis zum Jahre 1829 lediglich dem regionalen Schiffsverkehr Der Landgraf Carl Kanal war also nicht nur als Mitte Deutschland Verbindung durch das Staatsgebiet von Hessen Kassel geplant sondern sollte als Bindeglied in einem Schifffahrtsweg von der Nordsee bis zum Mittelmeer dienen Er wurde detailliert geplant sogar mit einer Abzweigung nach Warburg Auf der Strecke von Karlshafen uber Helmarshausen und Trendelburg wurden erste Kanalkilometer nur bis Humme befahrbar 1710 wurden die fertigen Bauplane fur den Kanal vorgelegt Zur Uberwindung der Rhein Weser Wasserscheide zwischen Treysa und Kirchhain wurden zwei Varianten in Betracht gezogen Entweder ware der Kanal uber den Josbach zur Wohra gefuhrt worden oder aber uber den Hatzbach Letztere Route ist die wahrscheinlichere da hier deutlich mehr Wasser zur Verfugung stand 1 Noch im selben Jahr begannen unter der Leitung des Ingenieurs Friedrich Conrad die Arbeiten zum Ausbau der Diemel fur die Schifffahrt Baufortschritt Bearbeiten nbsp Hafenschleuse in Bad Karlshafen 2006 nbsp Hafen in Carlshafen mit Zugbrucke gezeichnet von Christian Andreas Besemann 1792 nbsp Hafenbecken und Packhaus in Bad Karlshafen 2005 nbsp Anbindung des Kanals an die Diemel zwischen Karlshafen und Helmarshausen 2006 nbsp Landgraf Carl Kanal bei Helmarshausen 2006In den Jahren 1713 bis 1716 wurden die Arbeiten zur Anlage eines Hafenbeckens von 141 Metern Lange und 53 Metern Breite des Oberen Kanals zur Anbindung an die Diemel einer Verbindungsschleuse zur Weser in den Ausmassen 50 mal 6 30 Meter und einer Fallhohe von 3 Metern und einer Zugbrucke spater durch eine Drehbrucke ersetzt zur Strassenuberquerung der Schleuse durchgefuhrt Zwei Regimenter wurden zu Ausbauarbeiten an der Diemel eingesetzt Oberst Burkhard Christoph Munnich berichtete Landgraf Carl regelmassig uber den Baufortschritt Die Arbeiten an der Schleuse leitete der Schleusenbaumeister Georg Michael Meetzma Der Pegelstand wurde mit Hilfe von Markierungen an der Schleuse gemessen Oberst Munnich schlug 1713 zur Uberwindung der Muhlenwehre in der Diemel weitere Schleusen vor Das Trendelburger Muhlenwehr speiste den Muhlengraben dessen Wasser drei Muhlen antrieb Die Schleuse sollte ursprunglich direkt neben dem Muhlenwehr liegen wurde aber letztendlich in Fortfuhrung des Muhlenkanals gebaut Munnich legte dem Landgrafen auch Plane vor die eine Moglichkeit die Diemel bis Warburg schiffbar zu machen aufzeigten Um die Muhlenwehre dieses Diemelabschnitts zu umgehen sah Munnich weitere zehn Schleusen vor Warburg lehnte jedoch eine Beteiligung an den Kosten ab so dass der Ausbau der Diemel zunachst bei Stammen endete Von den vier geplanten Schleusen bis Stammen wurden nur drei gebaut da in Helmarshausen durch eine Umplanung eine Schleuse an der Klostermuhle entfallen konnte Alle Schleusen wurden aus Sandstein hergestellt hatten eine nutzbare Lange von 24 6 Metern eine Breite von 3 45 Metern eine Fallhohe von einem bis drei Metern und waren mit holzernen Stemmtoren versehen Neben der Hafenanlage legte man 1715 den Grundstein fur ein prachtvolles Pack und Zollhaus das nach 1730 als Rathaus genutzt wurde Um das Hafenbecken herum entstand die barocke Stadtanlage von Karlshafen Das erste Schiff befuhr 1716 die Schleuse zum Hafen und bereits ein Jahr spater eroffnete Landgraf Carl hochstselbst als erster Passagier die nun nach ihm benannte neue Wasserstrasse bis nach Stammen 1722 wurde der Ausbau des Kanalabschnitts von Stammen nach Humme in Angriff genommen und zwar neben dem Diemelzufluss Esse so dass eventuelle Hochwasser nicht uber den Kanal abgefuhrt zu werden brauchten Unterhalb der Einmundung der Esse in die Diemel errichtete man zur Einfahrt in das vier Kilometer lange Kanalstuck eine weitere Schleuse Sie diente vorrangig der Wasserhaltung im Kanal bis zur Schleuse in Humme 1723 wurde dieser Abschnitt fur die Schifffahrt freigegeben aber nur vier Jahre lang tatsachlich unter Schwierigkeiten zu niedriger Wasserstand befahren Auch auf dem Abschnitt Karlshafen Stammen kampfte die Schifffahrt mit diesem Problem und musste zunachst eingestellt werden Um Abhilfe zu schaffen war der Weiterbau des Kanals bis Kassel notwendig 1729 fuhrte der Kanal bis zum Schoneberg kurz vor Hofgeismar Der Abschnitt Humme Schoneberg wurde nie befahren Baueinstellung Bearbeiten Mit dem Tod des Landgrafen 1730 endeten die Arbeiten am Kanal Die Schifffahrt auf dem Landgraf Carl Kanal und der Diemel wurde nicht wieder aufgenommen Die Notwendigkeit einer Guterverbindung von Kassel nach Karlshafen wurde aber auch von den Carl folgenden Landesherren erkannt und 1848 mit der Eroffnung der Carlsbahn Humme Karlshafen als Teil der Kurfurst Friedrich Wilhelms Nordbahn von Kassel nach Warburg realisiert Der Streckenverlauf der Carlsbahn folgte fast genau dem Landgraf Carl Kanal Die Bahnlinie wurde 1986 stillgelegt Relikte BearbeitenIn Bad Karlshafen sind die Hafenschleuse mit dem weserseitigen Schleusentor und das grosse Hafenbecken erhalten Von der Sudecke des Hafenbeckens zweigt der Obere Kanal in Richtung Diemel ab folgt ihr noch bis kurz vor Helmarshausen seitlich bis zur Einbindung in den Fluss Hier sind die Reste der alten Wehranlage vorhanden In Helmarshausen verlasst der Kanal die Diemel Von der ehemals an dieser Stelle erbauten Schleuse sind noch Mauerreste sichtbar der Rest ist durch ein kleines Wasserkraftwerk uberbaut Vom Kraftwerk aus verlauft der Kanal vollstandig erhalten etwa einen Kilometer gerade auf die Diemel zu die er am westlichen Ortsrand von Helmarshausen wieder erreicht In Trendelburg fuhrte der Landgraf Carl Kanal unmittelbar an der mehr als 400 Jahre alten landgraflichen Muhle Conradi vorbei Ein Teil des Kanals mit Schleusenanlage existiert noch Die Muhle ist zu einem Informationszentrum zum Thema Wasser ausgebaut worden Die Ausstellung befasst sich auch mit der Geschichte des Kanals Zwischen Stammen und Humme sind der Kanalverlauf und drei von ehemals vier Schleusen noch zu sehen Beim Stadtallendorfer Stadtteil Hatzbach steht am Hatzbach der Nachbau eines halben Bullen Solche Treidelkahne befuhren die Diemel und waren auch auf den Landgraf Carl Kanal dort gefahren Zwei Hinweistafeln informieren dort uber das Kanalprojekt Auf der Rhein Weser Wasserscheide zwischen Neustadt Mengsberg und Stadtallendorf Hatzbach markiert eine Informationstafel die Stelle an der nach der Planung von 1710 die Wasserscheide hatte uberwunden werden sollen 2 EcoPfad Diemel BearbeitenDer EcoPfad Diemel wurde ab 2000 vom EcoMuseum Reinhardswald einem virtuellen Museum das die wechselseitige Beeinflussung von Natur und Mensch erfahrbar machen will entlang des 1729 fertiggestellten Teilstucks des Landgraf Carl Kanals als Rad und Wanderweg angelegt teilweise auf der Trasse der ehemaligen Carlsbahn Sechs von zwolf am Wegrand aufgestellte Informationstafeln informieren uber Geschichte Bedeutung und Relikte des Kanals 3 Einzelnachweise Bearbeiten Eike Erdel Der unter Landgraf Karl von Hessen Kassel geplante Kanal von der Weser zum Rhein In Schwalmer Jahrbuch 2014 2013 S 41 ff Eike Erdel Der unter Landgraf Karl von Hessen Kassel geplante Kanal von der Weser zum Rhein In Schwalmer Jahrbuch 2014 2013 S 41 52f EcoPfad Diemel StartseiteLiteratur BearbeitenEike Erdel Der Landgraf Carl Kanal von der Schwalm zur Wohra In Verein fur Hessische Geschichte und Landeskunde Kassel 1834 Mitteilungen des Vereins fur Hessische Geschichte und Landeskunde Kassel 1834 e V Band 62 2021 Seite 57 61 Eike Erdel Eine Wasserstrasse von der Weser zum Rhein Der kuhne Plan des Landgrafen Karl von Hessen Kassel In Marburger Geographische Gesellschaft Hg Jahrbuch 202 Marburg 2021 S 140 162 Eike Erdel Der unter Landgraf Karl von Hessen Kassel geplante Kanal von der Weser zum Rhein In Schwalmer Jahrbuch 2014 2013 S 41 54 Eike Erdel Der Landgraf Karl plant einen schiffbaren Kanal auf dem Hatzbach In 750 Jahre Hatzbach 1262 2012 S 193 196 Klaus Rottcher Der Kanal des Landgrafen Karl in topographischen Karten Kasseler Wasserbau Forschungsberichte und materialien 4 Herkules Verlag Kassel 1995 ISBN 3 930150 12 3 Gerd Fenner Eva Bender Landgraf Carl und die Grundung von Karlshafen 1699 1999 Weber und Weidemeyer Kassel 1999 ISBN 3 925272 41 0 Die Region trifft sich die Region erinnert sich Dietmar Reske Der Rhein Rhone Kanal aus regionaler und uberregionaler Sicht Frankfurter wirtschafts und sozialgeographische Schriften 33 Institut fur Wirtschafts u Sozialgeographie Frankfurt am Main 1980 Harald Schmidt Hrsg Spurensuche zur Geschichte Trendelburgs Kassel University Press Kassel 2004 ISBN 3 89958 530 5 Weblinks BearbeitenHessischer Wasserverband Diemel EcoPfad Diemel Startseite nbsp Dieser Artikel wurde am 25 Marz 2006 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Landgraf Carl Kanal amp oldid 230467211