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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen stehen unter Weserrenaissance Begriffsklarung Der als Weserrenaissance bezeichnete Baustil ist eine regionale Variante der nordischen Renaissance Zwischen dem Beginn der Reformation und dem Dreissigjahrigen Krieg erlebte der Weserraum einen Bauboom wobei die Weser die als Verkehrsweg fur Waren und Ideen eine wesentliche Rolle spielte nur die nord sudliche Ausdehnung der Kulturregion definiert die sich nach Westen bis Osnabruck und nach Osten bis uber Wolfsburg hinaus erstreckt Schlosser Adelshofe Rat und Burgerhauser sowie Sakralbauten der Renaissance haben sich in ungewohnlich hoher Dichte erhalten weil sich die Region wirtschaftlich nur schleppend von den Folgen des Dreissigjahrigen Krieges erholte und fur eine barocke Umgestaltung wie sie etwa in Suddeutschland erfolgte die Mittel fehlten 1 Eine Fortsetzung fand die Weserrenaissance im Weserbarock Rathaus in Bremen Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsgeschichte 2 Entwicklungsgeschichte 2 1 Wirtschaftliche Grundlagen 2 2 Stilistische Entwicklung 3 Stadte der Weserrenaissance 4 Bekannte Bauwerke der Weserrenaissance 5 Baumeister der Weserrenaissance 6 Bildergalerie 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseBegriffsgeschichte BearbeitenDer um 1912 von Richard Klapheck gepragte Begriff legte nahe dass sich die Renaissance entlang der Weser durch eine eigenstandige Stilentwicklung auszeichnet Max Sonnen der die Wortschopfung 1918 in seinem Buch Die Weserrenaissance aufgriff sortierte die Bauwerke ohne Rucksicht auf die historischen Entstehungsumstande nach rein formalen Gesichtspunkten um daraus eine stilistische Entwicklungsgeschichte abzuleiten Die Vorstellung einer regionalen Renaissance im Sinne eines autonomen kulturellen Phanomens basierte auf nationalistischem Gedankengut seit dem ausgehenden 19 Jahrhundert in dem auch das Provinzielle als identitatsstiftend seinen Platz hatte siehe Deutsche Sondergotik Rheinische oder Sachsische Romanik 1964 legten Jurgen Soenke und der Fotograf Herbert Kreft ebenfalls unter dem Titel Die Weserrenaissance eine Bestandsaufnahme der Renaissancebauten vor Im Schlusswort heisst es Diese Architektur wurzelt in der Landschaft in der sie steht Sie ist volkstumlich weil die Menschen die sie schufen aus dem Volke kamen Die Weserrenaissance ist eben eine Volkskunst Fur Soenke verbarg sich also hinter den gemeinsamen Merkmalen eine autochthone bodenstandige Stilentwicklung Das bis 1986 in sechs Auflagen erschienene Werk verhalf dem kunsthistorischen Begriff zu einer Popularitat die uber Fachkreise weit hinausging und wurde zu einer Art popularem Markenzeichen Internationale Beachtung verdankt der Begriff Weserrenaissance Henry Russell Hitchcock der mit ihm in seiner German Renaissance Architecture von 1981 operiert dabei aber weniger die regionalen Besonderheiten betont sondern die grosseren entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhange aufzeigt In jungerer Zeit wurde die Vorstellung einer kulturraumlichen Identitat die es in der fruhen Neuzeit nicht gab durch die Forschungsarbeiten am 1986 gegrundeten Weserrenaissance Museum Schloss Brake kritisiert Dabei gerieten vor allem die Trager kulturellen Transfers in den Blick etwa das Architekturvorlagenwesen auswartige Baumeister und uberregional agierende Bauherren sowie die europaweit verbindlichen Leitbilder hofischer Kultur Entwicklungsgeschichte BearbeitenBezeichnend fur adelige Bautatigkeit im 16 Jahrhundert ist die Umwandlung einer mittelalterlichen Burg zum reprasentativen Schloss wobei zunachst vor allem Zweiflugelanlagen entstanden Die geschlossene Anlage mit aufeinanderstossenden Flugeln und Treppenturmen im Hofwinkel wurde in der Weserregion im Laufe des 16 Jahrhunderts zur bevorzugten landesherrlichen Bauform die auch bald vom niederen Adel aufgegriffen wurde Die charakteristischen Zwerchhauser mittelhochdeutsch twerh quer mit sogenannten welschen Giebeln welsch italienisch eigneten sich besonders gut als Herrschaftssymbol da sie bei Schlossern wie denen in Detmold Celle oder Buckeburg die von hohen Wallen umgeben waren schon aus der Ferne zur Geltung kamen Neben den Vierflugelanlagen gab es auch dreiflugelige Schlosser sei es geometrisch streng geschlossen wie die Wewelsburg oder zum Wirtschaftshof hin offen wie Schwobber Auch Zweiflugelanlagen sowie einflugelige Bauten gehoren zum Repertoire der Schlossarchitektur entlang der Weser An den hofischen Vorbildern orientierte sich nicht nur der niedere Adel auch burgerliche Bauherren bedienten sich der neuen Formen um ihren gewachsenen gesellschaftlichen Einfluss zu dokumentieren Rathauser wie etwa in Celle und Lemgo wurden mit traufseitigen Giebeln oder Standerkern versehen auch Aus oder Utluchten genannt manchmal auch gleich mit einer vollstandigen Renaissancefassade verblendet wie es in Bremen geschah Von Nienburg uber Minden Bielefeld Hameln und Hoxter bis Hannoversch Munden und Einbeck entstanden prachtige Burgerhauser die in der Regel durch ihr grosses Dielentor gekennzeichnet sind Der Kirchenbau verlangte ebenfalls nach neuen architektonischen Losungen Mit der herausgehobenen Position der Kanzel und dem ihr direkt gegenuber platzierten Gestuhl wurde die zentrale Bedeutung des gesprochenen Wortes auch in der Raumgestaltung sichtbar Die Schlosskapellen von Celle und Buckeburg sind ebenso Beispiele dieser sinnfalligen Anordnung wie die bedeutenden Stadtkirchen von Wolfenbuttel und Buckeburg Einen Hohepunkt erlebte die protestantische Kunst der Weserregion unter dem Schaumburger Fursten Ernst der zu Beginn des 17 Jahrhunderts mit dem Mausoleum Stadthagen und dem von Adriaen de Vries geschaffenem Grabmal ein Bauwerk errichten liess das an die florentinische Renaissance erinnert Zur selben Zeit schufen der Goldschmied Antonius Eisenhoit die Altarausstattung fur den katholischen Furstbischof Dietrich von Furstenberg und der Bildhauer Heinrich Groninger dessen monumentales Grabmal im Dom zu Paderborn Wirtschaftliche Grundlagen Bearbeiten Bereits im Mittelalter fungierte die Weser als Transportweg fur Baumaterialien namentlich Bauholz aus dem Weserbergland Sandsteinplatten als Bodenbelag aus dem Solling und der leicht zu bearbeitende Oberkirchner Sandstein der uber Bremen daher auch Bremer Stein genannt in die Niederlande und in das Baltikum exportiert wurde Daneben florierte bedingt durch Missernten im Mittelmeergebiet ab 1550 die Getreideausfuhr parallel dazu vollzogen sich Umstrukturierungen in der Landwirtschaft zugunsten adliger Grossbetriebe durch Aneignung fruheren kirchlichen oder bauerlichen Grundbesitzes Die Besitzarrondierung wurde ermoglicht durch einen Vermogenszuwachs des nordwestdeutschen Adels durch Militardienst in den niederlandischen Religionskriegen oder im landesherrlichen Verwaltungsdienst Als Umschlagplatze partizipierten vor allem die Stadte entlang der Weser an diesem wirtschaftlichen Aufschwung der eine entsprechende Baukonjunktur im Adel und Burgertum ausloste Stilistische Entwicklung Bearbeiten Stellvertretend fur die erste Entwicklungsstufe ab 1530 steht der aus Tubingen als Baumeister der furstlichen Schlosser Neuhaus Stadthagen und Detmold berufene Jorg Unkair Kennzeichnend fur seine Architekturgestaltung ist die Verwendung einfacher geometrischer Grossformen mit halbkreisformigen sogenannten welschen Giebeln nach dem Vorbild der venezianischen Renaissancebaukunst etwa der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Kombination mit durchaus traditionellen spatgotischen Formenelementen Eine entscheidende Verbreitung und Popularisierung fand das Motiv des Halbkreisgiebels in den Facherrosetten der burgerlichen Fachwerkbauten der Weserstadte In der zweiten Entwicklungsphase dominierte ab 1560 der niederlandische Einfluss kenntlich vor allem am Rollwerkgiebel Das ehrgeizigste Projekt dieser Phase das landesherrliche Schloss in Hannoversch Munden blieb unvollendet Die beiden fuhrenden Baumeister der Zeit waren Cord Tonnis in Detmold und Hermann Wulff in Lemgo Die dritte Entwicklungsphase ab 1590 dem das Rattenfangerhaus und das Hochzeitshaus in Hameln sowie die benachbarte Hamelschenburg angehoren wird von einem ausgesprochenen Dekorationsstil mit Bandern aus Kerbschnittquadern beherrscht Der Beginn des Dreissigjahrigen Kriegs setzte ab 1620 ein Ende der baukunstlerischen Entwicklung Stadte der Weserrenaissance Bearbeiten nbsp Rathaus Munden nbsp Museumszeile MindenBad Hersfeld Fulda Weser Bad Salzuflen Werre Weser Barntrup Bega Werre Weser Bevern bei Holzminden Weser Bielefeld Lutter Westfalische Aa Werre Weser Brakel Brucht Nethe Bremen Weser Buckeburg ostlich der Weser Celle Aller Weser Detmold Werre Weser Einbeck Ilme Leine Aller Weser Gifhorn Aller Weser Hameln Weser Hann Munden Weser Helmstedt Aller Weser ostlichster Vertreter Hessisch Oldendorf Weser Hoxter Weser Kassel Fulda Weser Lemgo Bega Werre Weser Minden Weser Nienburg Weser Osnabruck Hase Ems Paderborn Pader Lippe Rhein Rinteln Weser Stadthagen ostlich der Weser Steinheim Emmer Weser Wasserschloss Thienhausen Wolfhagen mit Ortsteil Elmarshausen Erpe Twiste Diemel Weser Wolfsburg Aller Weser nordostlichster VertreterBekannte Bauwerke der Weserrenaissance Bearbeiten nbsp Schloss Hamelschenburg nbsp Schloss Furstenberg vom Wesertal aus gesehenAlte Lateinschule Alfeld Schloss in Bad Pyrmont 1557 1562 ab 1706 durch Barock Neubau ersetzt Schloss Bevern Grest scher Hof in Bielefeld Landgericht Bielefeld Schloss Brake in Lemgo Brake Sitz des Weserrenaissance Museums Bremer Rathaus seit 2004 UNESCO Welterbe Gewerbehaus Bremen Schloss Buckeburg Buckeburger Stadtkirche Furstliches Residenzschloss Detmold Altes Rathaus Einbeck Eickesches Haus in Einbeck Schloss Furstenberg Furstenberg an der Weser Hamelschenburg Hochzeitshaus in Hameln Rattenfangerhaus in Hameln Wasserschloss Hehlen Juleum Novum Aulagebaude der ehemaligen Universitat in Helmstedt Innenstadt von Lemgo Hexenburgermeisterhaus Planetenhaus Neustadter Schwestern Rathaus teilweise Rathaus Paderborn Schloss Neuhaus in Paderborn Ledenhof in Osnabruck Schelenburg in Schledehausen Schloss Schwobber Mausoleum in Stadthagen Schloss Stadthagen Erbhof Thedinghausen Schloss Varenholz in Kalletal Wasserschloss Wendlinghausen Wewelsburg Schloss Wolfsburg Namensgeber und kulturelles Zentrum der gleichnamigen Stadt Wasserschloss HulsedeAbgegange Bauwerke in Kassel Gasthaus zur Pinne Wildemannsgasse 21 Haus Linker Bruderstrasse 23 Landgraflicher Marstall Stadtisches Zeughaus Baumeister der Weserrenaissance Bearbeiten nbsp Schloss StadthagenLuder von Bentheim Bremen Bremer Rathaus Stadtwaage Bremen Burg Bederkesa Kornhaus Bremen Michael Clare aus Schwerin und Weimar Georg Crossmann Planetenhaus Kornherrenstube und Apothekenerker am Rathaus Taufbecken in den Kirchen St Nicolai und St Marien Lemgo Paul Francke Juleum in Helmstedt Marienkirche und Zeughaus in Wolfenbuttel Heinrich Overkotte 1600 Abtei in Bad Gandersheim Johann Robyn aus Ypern in Flandern 1557 Steingang in Schloss Detmold Cord Tonnis aus Hameln Schloss Detmold Ostflugel begonnen unter Jorg Unkair 1568 Hameln Haus Backerstrasse 16 Rattenkrug 1589 Hameln Leisthaus Rinteln Archivhauschen Schloss Schwobber in Aerzen fur Hilmar von Munchhausen Jorg Unkair aus Lustnau bei Tubingen Residenzschloss Neuhaus bei Paderborn 1532 Wasserschloss Schelenburg in Bissendorf Schloss Petershagen Schloss Stadthagen Rathaus und Schloss Detmold evtl Wasserschloss Elmarshausen Hans Vredeman de Vries Eberhard Wilkening Schloss Barntrup Hamelschenburg Schloss Schwobber Hochzeitshaus in Hameln Hermann Wulff verschiedene Bauten in LemgoBis zum Dreissigjahrigen Krieg haben uber 30 Baumeister im Stil der Weserrenaissance gebaut Bildergalerie Bearbeiten nbsp Schloss mit Teich in Buckeburg nbsp Schloss in Celle nbsp Rathaus in Celle 1579 nbsp Schloss in Detmold nbsp Juleum in Helmstedt nbsp Eickesches Haus in Einbeck nbsp Rathaus Munden nbsp Schloss Neuhaus in Leitzkau nbsp Rathaus in Lemgo nbsp Hexenburgermeisterhaus in Lemgo nbsp Rathaus in Bad Hersfeld nbsp Historisches Rathaus Paderborn nbsp Schloss Neuhaus in Paderborn nbsp Torhaus des Hauses Werburg in Spenge nbsp Schelenburg in Bissendorf nbsp Spiegelshof in Bielefeld erbaut 1540 nbsp Schloss Gifhorn nbsp Altes Rathaus in Stadthagen nbsp Schloss Wolfsburg nbsp Schloss Petershagen nbsp Schloss Schwobber Eingangsbereich nbsp Schloss Bevern nbsp Wasserschloss Elmarshausen Wolfhagen nbsp Kerssenbrocksches Schloss Barntrup nbsp Schloss Wendlinghausen nbsp Stadtwaage in Bremen nbsp Munchhausenhof nbsp Munchhausen Museum Gut Bodenwerder nbsp Munchhausen Hof Rinteln nbsp Archivhauschen am Munchhausen Hof in Rinteln nach Aussage der Stadt das kleinste Gebaude im Stil der Weserrenaissance nbsp Prinzenhof in Rinteln nbsp WewelsburgSiehe auch BearbeitenStrasse der Weserrenaissance BacksteinrenaissanceLiteratur BearbeitenG Ulrich Grossmann Renaissance entlang der Weser Kunst und Kultur in Nordwestdeutschland zwischen Reformation und Dreissigjahrigem Krieg Koln 1989 ISBN 3 7701 2226 7 G Ulrich Grossmann Renaissance im Weserraum Schriften des Weserrenaissance Museums Schloss Brake 1 und 2 Munchen Berlin 1989 Herbert Kreft Jurgen Soenke Die Weserrenaissance 6 uberarbeitete Auflage Hameln 1986 ISBN 3 8271 9030 4 Max Sonnen Die Weserrenaissance Die Bauentwicklung um die Wende des 16 und 17 Jahrhunderts an der oberen und mittleren Weser und den angrenzenden Landesteilen Munster 1918 3 Auflage 1923 Digitalisat Elisabeth Kuster Wendenburg Text und Albert Gerdes Fotos Der Bremer Stein und die Weserrenaissance MARUM RCOM Bibliothek Bremen 2002 Kostenloses PDF 1 9 MB auf marum de Gabriele Brasse Strasse der Weserrenaissance Ein Kunstreisefuhrer Hameln 1991 Jose Kastler Vera Lupkes Hrsg Die Weser Ein Fluss in Europa Ausstellungskatalog Weserrenaissance Museum Schloss Brake Holzminden 2000 Vera Lupkes Heiner Borggrefe Hrsg Adel im Weserraum um 1600 Ausstellungskatalog Weserrenaissance Museum Schloss Brake Munchen Berlin 1996 Anne Schunicht Rawe Vera Lupkes Hrsg Handbuch der Renaissance Deutschland Niederlande Belgien Osterreich Koln 2002 Michael Bischoff Rolf Schonlau Weser amp Renaissance Wege durch eine Kulturregion Holzminden 2007 ISBN 978 3 931656 29 4 Michael Bischoff Hillert Ibbeken Hrsg Schlosser der Weserrenaissance Stuttgart London 2008 ISBN 978 3 936681 23 9 Heiner Borggrefe Vera Lupkes Detlef Haberland Michael Bischoff Hrsg Mach s Maul auf Reformation im Weserraum Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung Weserrenaissance Museum Schloss Brake Dresden 2017 ISBN 978 3 95498 321 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Weserrenaissance Album mit Bildern Videos und Audiodateien Weserrenaissance Museum Schloss Brake Kulturkreis Weserrenaissance Gesichter der Weserrenaissance Merkmale der Weserrenaissance Architektur an Fotobeispielen Reisebericht 2006 von M Maronde PDF 2 5 MB Mausoleum StadthagenEinzelnachweise Bearbeiten Weserrenaissance Von Venedig nach Lemgo WELT Abgerufen am 10 Januar 2023 Karte mit allen verlinkten Seiten OSM 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