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Der Rat der Volksbeauftragten war die vom 10 November 1918 bis zum 13 Februar 1919 amtierende provisorische Regierung Deutschlands die den Ubergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik gestaltete Er wurde im Zuge der Novemberrevolution aus jeweils drei Mitgliedern der Mehrheitssozialdemokraten MSPD und der Unabhangigen Sozialdemokraten USPD gebildet Der Rat der Volksbeauftragten als er noch aus Politikern beider Parteien zusammengesetzt war Von links Emil Barth USPD Otto Landsberg MSPD Friedrich Ebert MSPD Hugo Haase USPD Wilhelm Dittmann USPD Philipp Scheidemann MSPD Als Revolutionsregierung ubte der Rat in etwa die Kompetenzen aus die nach der Bismarckschen Reichsverfassung Kaiser und Reichskanzler zugestanden hatten Die Volksbeauftragten kontrollierten die Staatssekretare der vormals kaiserlichen Reichsleitung die grosstenteils weiterhin im Amt blieben Der Rat war ein Kollektivorgan in dem nominell alle sechs Mitglieder gleichberechtigt waren Faktisch ubte jedoch MSPD Chef Friedrich Ebert die Funktion des Vorsitzenden aus Die Volksbeauftragten beendeten den Ersten Weltkrieg durch den Waffenstillstand vom 11 November 1918 und fuhrten das gleiche und allgemeine Wahlrecht einschliesslich des Frauenwahlrechts sowie das Verhaltniswahlsystem ein 1 Aus Protest gegen das gewaltsame Vorgehen von Regierungstruppen gegen die Volksmarinedivision wahrend der Weihnachtskampfe traten die USPD Mitglieder am 29 Dezember 1918 aus dem Gremium aus und wurden durch zwei weitere Mehrheitssozialdemokraten ersetzt Der Rat bezeichnete sich von da an selbst als Reichsregierung Die vom Rat ausgeschriebene Wahlen zu einer verfassungsgebenden Nationalversammlung die Deutschland auch eine demokratisch legitimierte Regierung geben sollte fanden am 19 Januar 1919 statt Die Weimarer Nationalversammlung wahlte am 11 Februar 1919 Friedrich Ebert zum Reichsprasidenten Dieser wiederum ernannte Philipp Scheidemann zum neuen Regierungschef Dessen Kabinett dem Mitglieder von MSPD Zentrumspartei und DDP angehorten trat am 13 Februar als neue Reichsregierung an die Stelle des Rates der Volksbeauftragten Inhaltsverzeichnis 1 Zustandekommen 1 1 Vorbedingungen Kriegsniederlage und Revolution 1 2 Entstehung der Republik 1 3 Bildung des Rates 2 Entwicklung 2 1 Volksbeauftragte und Ratebewegung 2 2 Bezug zum bisherigen Staat 2 3 Tatigkeit des Rates 3 Mitglieder des Rates der Volksbeauftragten 4 Zusammensetzung der Regierung 5 Vergleichbare Gremien in den deutschen Gliedstaaten 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseZustandekommen BearbeitenVorbedingungen Kriegsniederlage und Revolution Bearbeiten Um die Verantwortung fur die absehbare militarische Niederlage im Ersten Weltkrieg von sich abwalzen und sie demokratischen Politikern zuschieben zu konnen verlangte die Oberste Heeresleitung OHL unter den Generalen Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff am 29 September 1918 von der kaiserlichen Reichsleitung die sofortige Herausgabe eines Waffenstillstandsangebots an die Ententemachte und empfahl gleichzeitig die Reichsverfassung zu andern Aus dem autoritar gefuhrten Kaiserreich sollte eine parlamentarisch demokratische Monarchie werden Kaiser Wilhelm II erklarte sich notgedrungen damit einverstanden und ernannte den als liberal geltenden Prinzen Max von Baden zum Reichskanzler Dieser nahm erstmals Mitglieder der Mehrheitsparteien des Reichstags in die Regierung auf darunter den MSPD Politiker Philipp Scheidemann Er leitete mit den Oktoberreformen die Demokratisierung des Reichs ein und bat US Prasident Woodrow Wilson um die Vermittlung eines Waffenstillstands Aus den Antwortnoten Wilsons ging hervor dass die Kriegsgegner nur gewillt waren mit einer demokratischen deutschen Regierung zu verhandeln und auf der Abdankung des Kaisers bestanden Gegen diese Forderungen und gegen die Friedenssuche der neuen Regierung richtete sich die Politik der Seekriegsleitung SKL unter Admiral Reinhard Scheer Sie gab am 24 Oktober 1918 einen Flottenbefehl heraus der auf eine Schlacht der deutschen Hochseeflotte gegen die uberlegene Royal Navy hinausgelaufen ware Wegen dieses militarisch sinnlosen und politisch kontraproduktiven Vorhabens verweigerten am 29 Oktober zunachst die Matrosen einzelner Schiffe den Befehl Die SKL brach daraufhin zwar die geplante Operation ab liess aber Hunderte von Matrosen verhaften Dies loste am 3 November 1918 den Kieler Matrosenaufstand aus der sich innerhalb weniger Tage zu einer Revolution entwickelte die auf ganz Deutschland ubergriff Der MSPD Fuhrung insbesondere ihrem Vorsitzenden Friedrich Ebert kam diese Revolution ausserst ungelegen Sie sah ihre Ziele bereits durch die Oktoberreformen erreicht und glaubte die Eliten des Kaiserreichs wurden sich mit der Demokratisierung abfinden wenn nur die Monarchie als solche bestehen bliebe Sie sah ihre Stellung aber zunehmend von der USPD und anderen politischen Kraften auf der Linken bedroht Mit der USPD hatten sich wahrend des Ersten Weltkrieges die entschiedenen Kriegsgegner von der SPD abgespalten Den linken Flugel der USPD wiederum bildete der kurz zuvor neu gegrundete marxistische Spartakusbund Wahrend die USPD mehrheitlich einer parlamentarischen Demokratie zuneigte vertrat der Spartakusbund ratedemokratische Vorstellungen Die Fuhrer der MSPD befurchteten jedoch dass die Anhanger beider Bewegungen bolschewistischen Ideen nach russischem Vorbild zuneigten Um wahrend der sich rasch uberschlagenden Ereignisse die Initiative und sich Kontrolle uber die Revolutionare zu behalten forderte auch die MSPD nun den Rucktritt des Kaisers Dieser hatte sich jedoch aus Berlin ins belgische Spa ins Hauptquartier der OHL abgesetzt und zogerte den Thronverzicht immer weiter hinaus Entstehung der Republik Bearbeiten Am Morgen des 9 November 1918 erreichte die Revolution schliesslich Berlin Massen streikender Arbeiter stromten ins Stadtzentrum Um sie vom offenen Aufstand abzuhalten wurde die Zeit knapp Max von Baden verkundete daher eigenmachtig die Abdankung des Kaisers und ubergab das Amt des Reichskanzlers an Friedrich Ebert dem Chef der starksten Partei im Reichstag Diese Handlungsweise war im Grunde ein revolutionarer Akt da nach der noch geltenden Reichsverfassung nur der Kaiser einen neuen Kanzler ernennen konnte Prinz Max griff zu dieser Notlosung da der Kaiser durch sein zu langes Zogern in der Abdankungsfrage de facto handlungsunfahig geworden war Ebert hoffte an diesem Morgen noch immer die Monarchie als solche retten zu konnen und bat Max von Baden als Reichsverweser fur einen noch zu bestimmenden neuen Kaiser zu fungieren Der Prinz lehnte dies jedoch ab Vollends obsolet wurden diese Plane am Mittag des 9 November Philipp Scheidemann hatte erfahren dass der Spartakus Politiker Karl Liebknecht die Ausrufung einer Sozialistischen Republik Deutschland plante Um dem zuvorzukommen und die Massen auf Seiten der MSPD zu halten trat Scheidemann kurzentschlossen an ein Fenster des Reichstagsgebaudes und proklamierte seinerseits die Deutsche Republik Unter dem Vorsitz Friedrich Eberts der auf die Erfahrung der bestehenden Administration nicht verzichten wollte kamen noch am selben Tag die Staatssekretare zusammen die Leiter der obersten Reichsbehorden Diese blieben damit auch nach dem faktischen Ende der Reichsverfassung im Amt Ebert plante die Revolution schnell in geordnete Bahnen zu lenken 2 und veroffentlichte am 9 November einen Aufruf den er als Reichskanzler unterzeichnete Er sprach von einer neuen tatsachlich noch gar nicht existierenden Regierung die die Geschafte ubernommen habe um das Volk vor Burgerkrieg und Hungersnot zu bewahren Er beschwor die Gefahr der Anarchie um die Unterstutzung der Beamten zu erhalten 3 Um von den revolutionaren Arbeitern und Soldaten weiterhin akzeptiert zu werden war es fur die MSPD in den Tagen nach dem 9 November von grosser Bedeutung eine Koalition mit der USPD zu bilden 4 Zwar hatte auch die USPD die Arbeitermassen in Berlin und anderswo nicht unter Kontrolle nur im Bundnis mit ihr USPD war die Position der MSPD uberhaupt haltbar 5 Die revolutionaren Arbeiter und Soldatenrate die sich als Folge des Matrosenaufstands uberall im Land gebildet hatten setzten sich ohnehin aus Anhangern von MSPD und USPD zusammen und forderten vehement die Einigkeit der beiden Arbeiterparteien Der gemassigte Flugel der USPD um Hugo Haase hatte auch deshalb grosses Interesse an einem Bundnis weil die Macht in den Grossstadten ansonsten an den linken Flugel um Georg Ledebour oder gar an Liebknechts Spartakisten zu fallen drohte Da Haase sich am 9 November 1918 noch in Kiel aufhielt kam es erst am 10 zum entscheidenden Gesprach von MSPD und USPD 6 Die beiden Parteien unterschieden sich vor allem in der Frage ob die neue Regierung bereits vorab Fakten im Sinne einer sozialistischen Umgestaltung Deutschlands schaffen oder entsprechende Massnahmen einer verfassunggebenden Nationalversammlung uberlassen solle Die USPD trat z B dafur ein Grossgrundbesitz und bestimmte Schlusselindustrien sofort zu verstaatlichen Den Vertretern der MSPD um Philipp Scheidemann gelang es einen Kompromiss auszuhandeln bei dem wesentliche Entscheidungen vertagt wurden Zwar sollten die Arbeiter und Soldatenrate die politische Gewalt erhalten und alsbald zusammentreten wie von der USPD und den Spartakisten gefordert Doch die MSPD hatte es erreicht dass der konkrete Ausdruck exekutive legislative und jurisdiktionelle Macht vermieden wurde Die MSPD musste es aber hinnehmen dass die Nationalversammlung erst nach einer Konsolidierung der durch die Revolution geschaffenen Zustande erortert werden sollte 7 Bildung des Rates Bearbeiten nbsp Aufruf des Rates der Volksbeauftragten vom 12 November 1918 im ReichsgesetzblattAm spaten Nachmittag des 10 November stand die provisorische Revolutionsregierung Die USPD wollte sie ursprunglich Rat der Volkskommissare nennen was dann in Rat der Volksbeauftragten eingedeutscht wurde 8 Zunachst gehorten dem Rat Friedrich Ebert Philipp Scheidemann und Otto Landsberg von der MSPD an sowie Hugo Haase Wilhelm Dittmann und Emil Barth von der USPD Ebert und Haase wurden gleichberechtigte Vorsitzende Philipp Scheidemann betonte die Gleichberechtigung aller Mitglieder und nannte den Rat der Volksbeauftragten einen sechskopfigen Reichskanzler 9 Ebert aber genoss aber bei den Staatssekretaren und Beamten besonderes Vertrauen da der letzte kaiserliche Reichskanzler ihm das Amt ubergeben hatte Zuweilen verwendete er auch weiterhin den Kanzlertitel was ihn auch gegenuber der Obersten Heeresleitung und der Offentlichkeit gegenuber Haase hervorhob Diese Vorrangstellung kam Ebert laut Koalitionsvereinbarung gar nicht zu betont Ernst Rudolf Huber Sie war eher ein stillschweigender Akt der Anerkennung gleichsam ein permanentes Plebiszit des Vertrauens 10 Wie die USPD es akzeptiert hatte blieben die burgerlichen Fachminister Staatssekretare als technische Gehilfen im Amt Ihnen sollte aber jeweils ein MSPD und ein USPD Mann als politische Unterstaatssekretare beigeordnet werden Ebert war zufrieden dass die USPD mit Haase und Dittmann zwei Gemassigte und mit Barth einen Vertreter des linken Flugels in den Rat entsandten Durch Barth hoffte Ebert auch die radikalen Revolutionare mit einbinden zu konnen Entwicklung BearbeitenVolksbeauftragte und Ratebewegung Bearbeiten nbsp Sitzung des Arbeiter und Soldaten Kongresses im Reichstag Dezember 1918Am 10 November 1918 ab 17 Uhr trafen sich dreitausend Delegierte von Arbeiter und Soldatenraten im Zirkus Busch in Berlin die noch am selben Tag gewahlt worden waren Anders als von den Unabhangigen erwartet hatte die MSPD dank ihrer Mobilisierungskraft dabei gut abgeschnitten Zusammen mit dem rechten USPD Flugel stellte sie schliesslich die Mehrheit in der Rateversammlung die den Rat der Volksbeauftragten bestatigte Nach damaligen Berichten hat die Versammlung die neue Regierung sogar eingesetzt Das stimmte so nicht da der Rat bereits am Nachmittag getagt hatte aber ohne die Akklamation durch die Rate hatte er sich kaum behaupten konnen 11 nbsp Rat der Volksbeauftragten nach dem 29 Dezember 1918 nur noch aus Mehrheitssozialdemokraten bestehend Von links Otto Landsberg Philipp Scheidemann Gustav Noske Friedrich Ebert Rudolf Wissell Ausserdem setzte die Rateversammlung einen Vollzugsrat ein der den Rat der Volksbeauftragten kontrollieren sollte Er bestand aus je 14 Vertretern von Arbeitern und Soldaten Die Arbeitervertreter gehorten halftig beiden Parteien an bei den Soldatenvertretern war die Situation unubersichtlicher In der Praxis sah es allerdings so aus dass der Rat der Volksbeauftragten uber den Vollzugsausschuss die Rateorganisation kontrollierte nicht umgekehrt Denn die effektive Macht lag beim Rat der Volksbeauftragten in dem die wichtigen Parteifuhrer sassen 12 Die parteipolitische Paritat im Vollzugsausschuss wie im Rat der Volksbeauftragten war ein deutliches Indiz dafur dass in der Revolution nicht der Ratestaat sondern der Parteienstaat sich durchsetzte Die Rateorganisation blieb ein blosses Hilfsmittel fur die Etablierung der Herrschaft der beiden sozialistischen Parteien Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 13 In den kommenden Wochen und Monaten anderte sich an dieser Grundkonstellation nichts Zur Enttauschung der aussersten Linken entwickelte die Rateorganisation sich nicht zum Organ das den Weg in den Ratestaat und die Diktatur des Proletariats beschritt So bestatigte auch der Ratekongress am 25 November 1918 die bisherige Linie Auch der Erste Allgemeine Kongress der Arbeiter und Soldatenrate Deutschlands der vom 16 bis 21 Dezember tagte sprach sich dafur aus Deutschlands Zukunft durch eine Nationalversammlung bestimmen zu lassen Ein Ratestaat mit standiger Uberwachung der Mandatstrager durch die Massen war nie eine realistische Moglichkeit Die Mehrheit der Arbeiter wunschte dies nicht und die Wahl einer Nationalversammlung fand Zustimmung in allen Gesellschaftsschichten Zustimmung 14 Teile der Revolutionare insbesondere Mitglieder des Spartakusbunds aus dem die Kommunistische Partei Deutschlands hervorging sahen im Verhalten der MSPD Fuhrung jedoch einen Verrat an der Arbeiterklasse Daraus entwickelten sich Unruhen wie die Weihnachtskampfe von 1918 oder der Januaraufstand von 1919 die der Rat der Volksbeauftragten mithilfe regierungstreuer Truppen und rechtsgerichteter Freikorps niederschlagen liess Die USPD warf Ebert Scheidemann und Landsberg vor die Revolution zu verraten und die alten antirevolutionaren Krafte zu unterstutzen Daher traten die USPD Mitglieder am 29 Dezember aus dem Rat der Volksbeauftragten aus Bezug zum bisherigen Staat Bearbeiten nbsp Schaubild fur das politische System in der Revolutionszeit 1918 1919Heinrich August Winkler betont Ein gutes Mass an Demokratie sei schon vor dem 9 November 1918 erreicht worden denn seit 1867 1871 gab es das allgemeine Reichstagswahlrecht fur Manner Deutschland wurde seit dem 28 Oktober auch de jure parlamentarisch regiert Das politische System des Obrigkeitsstaates sei im November 1918 zusammengebrochen hinter dem nur noch eine Minderheit gestanden habe Allerdings widersetzten sich Monarchisten und Heeresleitung dem Regimewandel so dass die alten Staatsorgane nicht beibehalten werden konnten Die unvollendete Revolution von oben habe zur Revolution von unten gefuhrt 15 Doch auch nach dem 9 November sei langst nicht alles zusammengebrochen Die Verwaltung arbeitete weiterhin Justiz und Bildungswesen wurden von der Revolution kaum beruhrt die Oberste Heeresleitung wurde rasch Partner des Rates der Volksbeauftragten Die ortlichen Arbeiter und Soldatenrate wurden von der MSPD beherrscht und gaben der Verwaltung eine neue Legitimation 16 MSPD und USPD hatten im Reichstag keine absolute Mehrheit die preussische Wahlrechtsreform liess auf sich warten und uberhaupt musste man dem Volkszorn durch Reformen begegnen Zudem hatten die beiden sozialistischen Parteien ihre eigenen Vorstellungen davon wie Deutschland sich entwickeln sollte Darum bildeten sie ein Bundnis fur das Regieren ausserhalb der bisherigen Bismarckschen Reichsverfassung Der Rat der Volksbeauftragten wies den Reichstag an nicht wieder zusammenzutreten Reichstagsprasident Fehrenbach Zentrumspartei machte dennoch Vorstosse und uberlegte auch ob der Reichstag an einem anderen Ort als Berlin arbeiten konne Solche Gedanken waren nicht ganz wirkungslos da sie den Rat unter Zeitdruck setzten Ausserdem verkundete der Rat dass der bisherige Bundesrat nur noch seine administrativen Funktionen ausuben solle also nicht mehr die legislativen Funktionen 17 Damit war von den bisherigen Staatsorganen keines mehr in Amt und Wurden wenn man die Staatssekretare des Kabinetts Ebert von denen mehrere ausgetauscht wurden nicht als solches betrachtet Sie bildeten zwar keine Kollegialregierung verhielten sich aber so Paradoxerweise wurden die Staatssekretare nach der Bismarckschen Verfassung den Weisungen des Reichskanzlers unterlagen jetzt zu eigenstandigen Leitern ihrer Ressorts also faktisch zu Ministern im heutigen Sinne Kontrolliert wurde diese Regierung vom Rat der Volksbeauftragten der die vormalige Rolle von Kaiser Reichskanzler Bundesrat und Reichstag ausubte Der Rat arbeitete seit dem 12 November nach einer Geschaftsordnung Diese schloss das eigenmachtige Eingreifen einzelner Ratsmitglieder in die Verwaltung aus Der Rat konnte nur in seiner Gesamtheit den Staatssekretaren Weisungen erteilen und zwar nicht fur Einzelfalle sondern im Sinne von Richtlinien 18 Tatigkeit des Rates Bearbeiten Am 10 November 1918 noch vor der Bildung des Rats stimmte das Kabinett des neuen Reichskanzlers Ebert dem Waffenstillstandsabkommen von Compiegne zu mit dessen Inkrafttreten am Folgetag der Erste Weltkrieg endete Der Rat der Volksbeauftragten musste anschliessend die Folgen des Abkommens bewaltigen darunter die Ubergabe Elsass Lothringens die militarische Raumung aller franzosischen belgischen und linksrheinischen deutschen Gebiete sowie die Auslieferung der Flotte und anderen Kriegsgerats an die Kriegsgegner Schon zwei Tage nach seinem Zusammentritt am 12 November 1918 richtete der Rat den Aufruf An das deutsche Volk Danach erlangten folgende Punkte des sozialistischen Programms sofort Gesetzeskraft Der Belagerungszustand wird aufgehoben Das Vereins und Versammlungsrecht unterliegt keiner Beschrankung auch nicht fur Beamte und Staatsarbeiter Eine Zensur findet nicht statt Die Theaterzensur wird aufgehoben Meinungsausserung in Wort und Schrift ist frei Die Freiheit der Religionsausubung wird gewahrleistet Niemand darf zu einer religiosen Handlung gezwungen werden Fur alle politischen Straftaten wird Amnestie gewahrt Die wegen solcher Straftaten anhangigen Verfahren werden niedergeschlagen Das Gesetz uber den vaterlandischen Hilfsdienst wird aufgehoben mit Ausnahme der sich auf die Schlichtung von Streitigkeiten beziehenden Bestimmungen Die Gesindeordnungen werden ausser Kraft gesetzt ebenso die Ausnahmegesetze gegen die Landarbeiter Die bei Beginn des Krieges aufgehobenen Arbeiterschutzbestimmungen werden hiermit wieder in Kraft gesetzt Daruber hinaus dekretierte der Rat in dem Dokument das Frauenwahlrecht fur alle Wahlen zu offentlichen Korperschaften Daruber hinaus versprach er fur den 1 Januar 1919 die Einfuhrung des Achtstundentags und andere sozialpolitische Reformen 19 Am 30 November 1918 erliess der Rat eine Verordnung uber die Wahlen zur Nationalversammlung Darin bestatigte sie dass alle Manner und Frauen ab 20 Jahren wahlberechtigt sein sollten Mit der Herabsetzung des Wahlalters und der Einfuhrung des Frauenwahlrechts sorgte der Rat fur die grosste Wahlrechtsausweitung der deutschen Geschichte Ausserdem bestimmte die Verordnung den Ubergang vom Mehrheits zum Verhaltniswahlsystem Grundlegende Reformen im Militar und sei es nur die Aufhebung der Grusspflicht ausser Dienst nahm der Rat jedoch nicht in Angriff Bereits vor seiner Bildung hatte Ebert dies dem neuen Chef der OHL General Wilhelm Groener zugesagt siehe Ebert Groener Pakt Im Gegenzug versprach die Heeresleitung die neue republikanische Regierung zu unterstutzen Es ist viel daruber diskutiert worden ob der Rat der Volksbeauftragten nicht mutiger hatte auftreten mussen ob man die wichtige Ubergangsphase nicht zu einer tiefgreifenderen Veranderung in Staat und Gesellschaft hatte nutzen mussen Eine Zusammenarbeit mit Beamtenapparat und Militar war unumganglich Dennoch hatte das Regime eigene Truppen aufbauen konnen die der Republik treu ergeben gewesen waren Die Sozialdemokraten um Ebert beharrten spater darauf ihnen habe das notige Fachwissen gefehlt um Beamte im grossen Masse auszuwechseln Der eigentliche Grund bestand aber darin dass die MSPD sich zu einschneidenden Veranderungen nicht legitimiert sah 20 Am 19 Januar 1919 fanden die allgemeinen Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung statt Diese verabschiedete am 6 Februar das Gesetz uber die vorlaufige Reichsgewalt eine Art vorlaufiger Verfassung Dem Gesetz gemass wahlte die Nationalversammlung am 11 Februar Friedrich Ebert zum Reichsprasidenten Dieser wiederum setzte am 13 Februar die Regierung Scheidemann ein Damit gab es sowohl ein Parlament als auch eine Regierung die demokratisch legitimiert waren Mitglieder des Rates der Volksbeauftragten BearbeitenRat der Volksbeauftragten Name Amtsantritt Amtsende Partei Ressort nbsp Friedrich Ebert 10 November 1918 11 Februar 1919 SPD Vorsitz Inneres und Militarwesen nbsp Hugo Haase 29 Dezember 1918 USPD Vorsitz Ausseres Kolonien und Justiz nbsp Philipp Scheidemann 11 Februar 1919 SPD Finanzen nbsp Wilhelm Dittmann 29 Dezember 1918 USPD Demobilisierung Verkehr nbsp Emil Barth USPD Sozialpolitik Vermittlungsorgan zwischen Reichsratekongress und dem Rat der Volksbeauftragten nbsp Otto Landsberg 11 Februar 1919 SPD Finanzen Presse und Nachrichtenwesen seit 19 November nbsp Gustav Noske 29 Dezember 1918 SPD Demobilisierung Heer und Marine nbsp Rudolf Wissell SPD SozialpolitikZusammensetzung der Regierung BearbeitenSiehe auch Kabinett Ebert Die Staatssekretare waren nach der alten Bismarckschen Verfassung die Leiter der obersten Reichsbehorden Anders als die Minister in anderen Staaten fuhrten sie ihre Ressorts aber nicht eigenverantwortlich sondern arbeiteten dem Reichskanzler zu Sie blieben nach dem 9 November im Amt obwohl sie ihren Rucktritt angeboten hatten Am 14 November legte der Rat der Volksbeauftragten eine neue Kabinettsliste mit teils neuen vor allem aber alten Staatssekretaren vor Einen Reichskanzler oder Vizekanzler gab es nun nicht mehr 21 Auswartiges Amt Kolonien Wilhelm Solf bis 9 Dezember Ulrich von Brockdorff Rantzau ab 20 Dezember 1918 22 beide parteilos Inneres Hugo Preuss parteilos ab 20 November DDP Justiz Paul von Krause NLP Marine Ernst Karl August Klemens von Mann seit 9 Januar interimistisch Maximilian Rogge beide parteilos Reichseisenbahnamt Constantin Fritsch parteilos Wirtschaft August Muller SPD Ernahrung Emanuel Wurm USPD Arbeit Gustav Bauer SPD Post Otto Rudlin parteilos Schatz Eugen Schiffer NLP nach dem 20 November DDP Leiter der Waffenstillstandsdelegation im Rang eines Staatssekretars Matthias Erzberger Zentrum Wirtschaftliche Demobilmachung seit 12 November Joseph Koeth parteilos Ausserdem gab es 1918 1919 parlamentarische Unterstaatssekretare Das waren Abgeordnete die einem Reichsressort beigeordnet waren Solche Politiker waren fuhrende Mitglieder ihrer Reichstagsfraktion und kontrollierten die Staatssekretare und Unterstaatssekretare bzw im preussischen Kriegsministerium den Minister Diese Praxis gab es bereits wahrend des Kabinetts Baden Die fachliche Vorbildung und Bedeutung dieser Personen war sehr unterschiedlich 23 Vergleichbare Gremien in den deutschen Gliedstaaten BearbeitenAuch im Freistaat Sachsen und im Freistaat Braunschweig hiessen die ersten beiden nachrevolutionaren Regierungen Rat der Volksbeauftragten Der Rat im Freistaat Braunschweig amtierte vom 22 Februar bis 30 April 1919 Kabinett Oerter I Der Rat in Sachsen regierte vom 15 November 1918 bis zum 14 Marz 1919 Kabinett Lipinski unter Richard Lipinski USPD vom 15 November 1918 bis 16 Januar 1919 Kabinett Gradnauer I unter Georg Gradnauer SPD vom 16 Januar 1919 bis 14 Marz 1919 In Preussen hingegen dem grossten Gliedstaat gab es eine solche Doppelung von Revolutionsrat und eigentlichem Kabinett nicht Das preussische Revolutionskabinett loste die alte Staatsregierung am 12 November 1918 ab es war zunachst paritatisch mit Politikern beider Parteien besetzt ebenso wie der Rat der Volksbeauftragten auf Reichsebene Literatur BearbeitenDie Regierung der Volksbeauftragten 1918 19 Eingeleitet von Erich Matthias bearbeitet von Susanne Miller 2 Bande Droste Dusseldorf 1969 Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien Reihe 1 Von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Republik 6 Weblinks BearbeitenDer Rat der Volksbeauftragten Deutsches Historisches MuseumEinzelnachweise Bearbeiten An das deutsche Volk Aufruf vom 12 November 1918 Michael Kotulla Deutsche Verfassungsgeschichte Vom Alten Reich bis Weimar 1495 1934 Springer Berlin 2008 S 581 Heinrich August Winkler Der lange Weg nach Westen Deutsche Geschichte 1806 1933 Bonn 2002 S 372 Heinrich August Winkler Der lange Weg nach Westen Deutsche Geschichte 1806 1933 Bonn 2002 S 370 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 709 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 709 711 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 711 f Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 712 f Zitiert bei Lothar Machtan Kaisersturz Vom Scheitern im Herzen der Macht wbg Theiss Darmstadt 2018 S 272 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 713 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 715 717 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 718 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 717 Heinrich August Winkler Der lange Weg nach Westen Deutsche Geschichte 1806 1933 Bonn 2002 S 385 f Heinrich August Winkler Der lange Weg nach Westen Deutsche Geschichte 1806 1933 Bonn 2002 S 375 377 Heinrich August Winkler Der lange Weg nach Westen Deutsche Geschichte 1806 1933 Bonn 2002 S 375 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 728 730 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 731 f Aufruf des Rates der Volksbeauftragten an das deutsche Volk vom 12 November 1918 In documentarchiv de abgerufen am 12 November 2018 Heinrich August Winkler Der lange Weg nach Westen Deutsche Geschichte 1806 1933 Bonn 2002 S 382 384 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 745 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 826 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band V Weltkrieg Revolution und Reichserneuerung 1914 1919 W Kohlhammer Stuttgart u a 1978 S 746 f VorgangerRegierung DeutschlandsNachfolgerKabinett BadenRat der Volksbeauftragten 1918 1919Kabinett ScheidemannNormdaten Korperschaft GND 4138830 6 lobid OGND AKS LCCN n88081500 VIAF 236858448 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rat der Volksbeauftragten amp oldid 226069041