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Als Ostgebiete des Deutschen Reiches oder auch ehemalige deutsche Ostgebiete werden die Territorien ostlich der Oder Neisse Linie bezeichnet die am 31 Dezember 1937 zum Gebiet des Deutschen Reiches gehort hatten 1 nach Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 von Deutschland faktisch abgetrennt wurden und heute zu Polen und Russland gehoren Diese Gebiete machten etwa ein Viertel der Flache ein Siebtel der Bevolkerung und einen deutlich unterdurchschnittlichen Anteil an der Industrieproduktion Deutschlands aus 2 Nach dem Ersten Weltkrieg verlorene deutsche Gebiete Nach dem Zweiten Weltkrieg unter polnische bzw sowjetische Verwaltung gestellte deutsche Ostgebiete Heutiges Deutschland Gebietsveranderungen im Osten Deutschlands 1920 1990Zu den Ostgebieten des Deutschen Reiches im weiteren Sinne werden auch Gebiete gezahlt die Deutschland bereits nach dem Ersten Weltkrieg im Jahre 1920 aufgrund des Versailler Vertrages von 1919 abtreten musste die Grossteile der preussischen Provinzen Posen und Westpreussen das vormals ostpreussische Soldauer Gebiet und das oberschlesische Industriegebiet an Polen sowie das Hultschiner Landchen an die Tschechoslowakei und das Memelland an die alliierten Machte 1923 von Litauen annektiert ausserdem die Stadt Danzig als Freie Stadt Danzig Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte des Begriffs Ostgebiete 2 Umfang der Ostgebiete 2 1 Definition 2 2 Erweiterte Definition 3 Abtrennung von Deutschland 3 1 Vorgeschichte und Entscheidungsfindung 3 2 Faktische Abtrennung 3 3 Sowjetische Verwaltung 3 4 Polnische Verwaltung 3 5 Flucht und Vertreibung 3 6 Wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen 3 7 Anerkennung der polnischen Westgrenze und gesamtdeutscher Verzicht 3 8 Erinnern 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenVorgeschichte des Begriffs Ostgebiete BearbeitenNach der Annexion von Gebieten der Zweiten Polnischen Republik im Rahmen der Teilung Polens 1939 wurden die in die preussischen Provinzen Ostpreussen Schlesien sowie die Reichsgaue Wartheland und Danzig Westpreussen also die in das Staatsgebiet des nationalsozialistischen Deutschen Reiches inkorporierten Gebiete amtlich als eingegliederte Ostgebiete bezeichnet siehe Germanisierungspolitik 3 4 Von diesem bis 1945 gultigen raumlich anders definierten Begriff ist die Bezeichnung Ostgebiete des Deutschen Reichs zu unterscheiden Umfang der Ostgebiete BearbeitenDefinition Bearbeiten nbsp Ausschnitt aus der Sprachenkarte Deutschlands in Andrees Handatlas von 1881 nbsp Das deutsche Sprachgebiet 1910 nach V Schmidt und J Metelkaum Im Dezember 1910 hatten in Deutschland Osterreich Ungarn der Schweiz und in Luxemburg Volkszahlungen stattgefunden Im Einzelnen umfassen die Ostgebiete die preussischen Territorien Provinz Ostpreussen 36 966 km Provinz Oberschlesien und die Provinz Niederschlesien ohne deren westlich der Neisse liegenden heute zu Sachsen gehorenden Teil um Gorlitz 34 529 km Provinz Pommern ostlich der Oder das historische Hinterpommern sowie Stettin und die Odermundung 31 301 km den Regierungsbezirk Frankfurt der Provinz Brandenburg ohne seinen westlich von Oder und Neisse gelegenen Teil 11 329 km sowie den Teil des Landes Sachsen ostlich der Neisse bei Zittau um die Stadt Reichenau i Sachsen 142 km Die preussische Grenzmark Posen Westpreussen die 1919 bei Deutschland verbliebenen Restgebiete der Provinz Posen und Westpreussens mit einem Gebiet von 7 695 km wurde 1938 unter ihren drei Nachbarprovinzen aufgeteilt und ist in den obigen Zahlen mit eingerechnet Der Gesamtumfang der Ostgebiete betragt ca 114 267 km die Differenz zu 114 269 km ist rundungsbedingt was etwa einem Viertel Deutschlands in den Grenzen von 1937 entsprochen hat 5 In den Ostgebieten des Deutschen Reiches lebten 1939 etwa 9 620 800 Menschen davon ca 45 600 ohne deutsche Staatsangehorigkeit 5 Von diesen entfielen auf Ostpreussen 2 488 100 Einwohner davon 15 100 ohne deutsche Staatsangehorigkeit Schlesien 4 592 700 Einwohner davon 16 200 ohne deutsche Staatsangehorigkeit Zahlen der Bevolkerung des sachsischen Gebietszipfels bei Zittau enthalten Pommern 1 895 200 Einwohner davon 11 500 ohne deutsche Staatsangehorigkeit Ost Brandenburg 644 800 Einwohner davon 2 800 ohne deutsche Staatsangehorigkeit 6 Die Bevolkerungsdichte betrug 1939 ca 84 Einwohner pro km 5 7 Ostpreussen 67 Einwohner km Schlesien 132 Einwohner km Pommern 60 Einwohner km Ost Brandenburg 52 Einwohner km Wichtige Stadte in den deutschen Ostgebieten waren unter anderem Breslau 1925 614 000 Einwohner Konigsberg i Pr 372 000 8 Stettin 270 000 Hindenburg O S Zabrze 132 000 und Gleiwitz 109 000 Erweiterte Definition Bearbeiten Nach Auffassung mancher Politiker werden analog zu dem einheitlichen Vertreibungsgebiet nach dem Bundesvertriebenengesetz auch die Regionen den deutschen Ostgebieten nicht allein des Reiches zugerechnet die bis ca 1918 beziehungsweise 1919 Teil des Deutschen Reichs oder Osterreich Ungarns waren in der Zwischenkriegszeit an das Deutsche Reich oder die Republik Osterreich grenzten und von 1938 39 bis 1945 wieder zum deutschen Hoheitsgebiet gehorten Hier lebten viele Deutsche nach Eigenidentifikation Sprache und Kultur fur die haufig der Terminus Volksdeutsche gebrauchlich war und die meistens nicht die deutsche oder osterreichische Staatsburgerschaft besassen Folgende Gebiete die bis 1919 Teil des Deutschen Reiches waren hatten bis Ende der 1940er Jahre einen uberwiegenden oder hohen deutschen Bevolkerungsanteil 9 Memelgebiet bis 1919 als Preussisch Litauen Teil der Provinz Ostpreussen Provinz Westpreussen 1939 1945 zum grossen Teil den Reichsgau Danzig Westpreussen bildend Freie Stadt Danzig bis 1919 Teil der Provinz Westpreussen Provinz Posen die historische Landschaft Grosspolen Ostoberschlesien bis 1919 Teil der Provinz Schlesien und 1919 1922 Teil der Provinz Oberschlesien Abtrennung von Deutschland Bearbeiten nbsp Westverschiebung Polens Kompensation fur Gebietsverluste ostlich der Curzon Linie durch deutsche Gebiete im Norden und WestenVorgeschichte und Entscheidungsfindung Bearbeiten Entsprechend dem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler Stalin Pakts hatte die Sowjetunion 1939 die polnischen Gebiete ostlich der Flusse Narew Weichsel und San besetzt Auch nachdem sie Teil der Anti Hitler Koalition geworden war weigerte sich die Sowjetunion diese Gebiete an Polen zuruckzugeben Auf der Konferenz von Teheran 1943 erreichte Josef Stalin die grundsatzliche Zustimmung des britischen Premiers Winston Churchill und des US Prasidenten Franklin D Roosevelt zur Westverschiebung Polens Die Gebietsverluste des Landes sollten durch deutsche Gebiete ostlich der Oder kompensiert werden Den Norden Ostpreussens mit Konigsberg beanspruchte Stalin fur die Sowjetunion selbst 10 Die polnische Exilregierung war damit nicht einverstanden Sie bestand auf der Grenze wie sie nach dem polnisch sowjetischen Krieg im Frieden von Riga 1920 vereinbart worden war Im Westen strebte sie nur den Erwerb Ostpreussens Danzigs Oberschlesiens und kleinerer Teile Pommerns an denn die bei grosserem Territorialerwerb notwendige Umsiedlung der acht bis zehn Millionen Deutschen die diese Gebiete bewohnten hielt sie fur undurchfuhrbar Diese Haltung wurde von Amerikanern und Briten geteilt 11 Doch auch auf der Konferenz von Jalta vom Februar 1945 konnten sich Churchill und Roosevelt nicht mit Stalin einigen Man bestatigte zwar die polnische Ostgrenze wie sie in Teheran festgelegt worden war im Westen wurde Polen aber nur vage eine Entschadigung auf Kosten Deutschlands zugesagt 12 Faktische Abtrennung Bearbeiten Nach dem Einmarsch der Roten Armee schuf Stalin noch vor Kriegsende Fakten In einem Dekret des sowjetisch kontrollierten Landesnationalrats vom 2 Marz 1945 hiess es alles deutsche Vermogen in den Ostgebieten sei aufgegeben und verlassen weshalb es eingezogen wurde Am 14 und 20 Marz wurden die Wojewodschaften Masuren Oberschlesien Niederschlesien Pommern und Danzig gegrundet 13 Am 21 April 1945 schloss die Sowjetregierung einen Vertrag mit der von ihr installierten provisorischen Regierung Polens in dem sie ihr die Verwaltungshoheit uber die unter sowjetischer Besatzungsgewalt stehenden Gebiete ostlich der Oder und der Lausitzer Neisse ubertrug 14 Am 24 Mai 1945 unterstellte die Sowjetregierung diese Gebiete offiziell dem polnischen Staat wobei sie am 5 Juni 1945 noch als Teil der sowjetischen Besatzungszone verstanden wurden 15 Die Rechtswissenschaftlerin Susanne Hahnchen schreibt dass nach der Berliner Erklarung die Alliierten auch formell die oberste Regierungsgewalt fur das Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 ubernahmen die Ostgebiete kamen zunachst unter sowjetische dann unter polnische Verwaltung 16 Laut dem Historiker Gerrit Dworok spielten diese Grenzen in der staatsrechtlichen Praxis indes keine Rolle mehr 17 Auf der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 nahmen Grossbritannien und die USA diese von der Sowjetunion geschaffenen Tatsachen unter dem schwachen Vorbehalt zur Kenntnis die endgultigen Grenzen durften erst in einem zu schliessenden Friedensvertrag verabredet werden 18 Die Konferenzteilnehmer stimmten daher darin uberein diese Gebiete einer Sonderregelung zu unterwerfen die von der im ubrigen Reichsgebiet eingerichteten Besatzungsherrschaft deutlich abwich wobei der vorlaufige Charakter der gebietsbezogenen Regelungen wegen fehlender deutscher Mitwirkung aber sowohl von der Sowjetunion wie auch von der Volksrepublik Polen kurz nach Abschluss der Konferenz in volkerrechtlich bindender Weise dokumentiert wurde 19 Die angloamerikanischen Machte sicherten Stalin aber zu im Falle entsprechender Verhandlungen die sowjetischen Anspruche auf das Gebiet um Konigsberg unterstutzen zu wollen 20 Kurz zuvor waren sie in der Feststellung uber das Kontrollverfahren der Berliner Deklaration vom 5 Juni 1945 noch von einem deutschen Territorium in den Grenzen von 1937 ausgegangen 21 17 Die Hauptsiegermachte beschlossen neben dem Friedensvertragsvorbehalt fur die endgultige Grenzziehung dass ein Alliierter Kontrollrat fur eine einheitliche Besatzungspolitik in den Besatzungszonen sorgen sollte Fur die deutschen Ostgebiete galt dies jedoch nicht Die Potsdamer Schlusserklarung vom 2 August 1945 hielt fest dass die Gebiete ostlich der Oder Neisse Linie nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone betrachtet und stattdessen fremder Verwaltung unterstellt werden sollten Volkerrechtlich blieb diese Situation bis zur Zession aufgrund des Zwei plus Vier Vertrages vom 12 September 1990 bestehen faktisch gliederten Polen und die Sowjetunion den ehemals deutschen Osten jeweils in ihr Staatsgebiet und damit staatsrechtlich in ihre Verwaltungsstrukturen ein Hierzu wurden die von der Volksrepublik Polen als wiedergewonnen bezeichneten deutschen Ostgebiete zunachst unter die Verwaltung eines eigens zu diesem Zweck eingerichteten Ministeriums fur die Wiedergewonnenen Gebiete polnisch Ministerstwo Ziem Odzyskanych MZO unterstellt Dekret vom 13 November 1945 Die offizielle Bezeichnung Wiedergewonnene Gebiete polnisch Ziemie Odzyskane ging auf die polnische Westforschung zuruck 22 Sie bezog sich auf die teilweise Zugehorigkeit dieser Territorien zum piastischen Konigreich Polen ab der Staatsgrundung im 10 Jahrhundert sowie zu Herzogtumern in die das Konigreich nach 1138 zerfallen war Ihre Zugehorigkeit zu Polen umfasste einen Zeitraum vom Fruh bis Spatmittelalter Nach Auffassung der polnischen Westforschung zahlte auch die slawische Vorgeschichte vor Beginn der deutschen Ostsiedlung dazu Ostgermanische und baltische Besiedlungen im Zeitalter der Antike blieben hierbei unbeachtet Zu den Aufgaben des Ministeriums gehorten die Durchfuhrung einer planmassigen Aussiedlungsaktion und die Verwaltung des von den ausgesiedelten Deutschen zuruckgelassenen Vermogens Nachdem aufgrund der Verordnung des Ministerrats vom 29 Mai 1946 die Verwaltung in diesen Gebieten neu geordnet worden war wurde durch das Gesetz uber die Eingliederung der wiedergewonnenen Gebiete vom 11 Januar 1949 das Ministerium aufgelost und seine Zustandigkeit auf die allgemeine Verwaltung der Volksrepublik Polen ubertragen Von der polnischen Rechtsordnung her gesehen war damit jegliche Sonderregelung fur die von Polen ubernommenen deutschen Ostgebiete beseitigt 23 Sowjetische Verwaltung Bearbeiten Der nordliche Teil Ostpreussens um Konigsberg kam unter vorlaufige sowjetische Verwaltung Das Konigsberger Gebiet nordliches Ostpreussen ohne das Memelland wurde 1946 unmittelbar in die russische Teilrepublik der UdSSR RSFSR integriert es heisst heute Oblast Kaliningrad und ist nach dem Zerfall der Sowjetunion weiterhin eine russische Exklave 24 Das Memelgebiet wurde der Litauischen SSR zugeschlagen Insgesamt hatte Ostpreussen unter allen deutschen Landern im Kontext von Flucht und Vertreibung die hochsten Menschenverluste zu verzeichnen 25 Polnische Verwaltung Bearbeiten nbsp Konigreich Polen Besiedlung Mittelosteuropas 1025 Der sudliche Teil Ostpreussens die ostlichen Teile der preussischen Provinz Pommern Hinterpommern der Mark Brandenburg Ost Brandenburg und des Landes Sachsen sowie die preussischen Provinzen Nieder und Oberschlesien wurden Polen zur vorlaufigen Verwaltung ubertragen de facto fand schon unmittelbar nach dem Krieg eine Annexion statt 26 Flucht und Vertreibung Bearbeiten Hauptartikel Flucht und Vertreibung Deutscher aus Mittel und Osteuropa 1945 1950 und Heimatvertriebener Bundesvertriebenengesetz nbsp In den ehemaligen deutschen Ostgebieten werden seit dem Austausch der Bewohner in den Jahren nach 1945 neue Mischdialekte des Polnischen gesprochen Die Bevolkerung der Ostgebiete des Deutschen Reiches wurde in den Jahren 1944 bis 1949 durch die Flucht vor der Roten Armee und die Vertreibung der Deutschen sowie die Neuansiedlung von Polen Ukrainern und Lemken bzw Russen fast vollstandig ausgetauscht Ein Teil der Neuangesiedelten war seinerseits vertrieben worden Zwischen 1 4 und 1 7 Millionen Polen kamen infolge der Westverschiebung Polens aus den von der Sowjetunion besetzten Gebieten ostlich der Curzon Linie Im Rahmen der Aktion Weichsel wurden 1947 auch Ukrainer 140 000 Menschen und Lemken zwangsweise aus Sudostpolen in die fruheren deutschen Gebiete umgesiedelt Ziel war die Polonisierung kritischer Ukrainer 27 Die Zahl der deutschen Vertriebenen aus den Ostgebieten des Reiches belief sich in Ostpreussen auf 1 890 000 Schlesien auf 3 210 000 Ostpommern auf 1 470 000 Ostbrandenburg auf 410 000 und Sachsen ostlich der Neisse auf 24 000 Menschen 28 Insgesamt mussten demnach 6 987 000 Deutsche ihre angestammte Heimat in den Ostgebieten verlassen 29 sie fluchteten nach Westdeutschland und in das Gebiet der DDR 30 Der Kirchliche Suchdienst der vom Deutschen Caritasverband und der Diakonie Deutschland getragen wurde half bei der Suche nach Vermissten Mehrere Millionen Suchantrage wurden gestellt 31 Auch das Deutsche Rote Kreuz unterhielt einen Suchdienst Amtlichen Zahlen aus den 1950er Jahren zufolge kamen schatzungsweise rund zwei Millionen Deutsche durch Flucht und Vertreibung aus den ehemaligen Ostgebieten ums Leben Diese Zahlen halten aber einer Uberprufung nicht stand weshalb heute fur den Zeitraum von 1944 bis 1947 von ca 600 000 Toten ausgegangen wird 32 Heute leben in den Ostgebieten noch etwa 400 000 Deutsche hauptsachlich in Oberschlesien Oppelner Schlesien Sie wurden bis zum Zerfall des kommunistischen Regimes diskriminiert Nach 1990 bekamen viele Gemeinden in Oberschlesien deutschstammige Burgermeister auch deutsche Schulen wurden dort zumeist dank deutscher Finanzierung errichtet Im Januar 2005 hat der polnische Sejm ein Minderheitengesetz verabschiedet wonach in Gemeinden mit mehr als 20 deutschsprachigem Bevolkerungsanteil zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden konnen und Deutsch als Verwaltungshilfssprache eingefuhrt werden kann Seitdem sind in Oberschlesien gut 20 Gemeinden zweisprachig Wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen Bearbeiten Die Ostgebiete waren agrarisch gepragt Ausnahmen stellten die Grossstadte wie Konigsberg Stettin und Breslau sowie die Industriegebiete in Oberschlesien oberschlesisches Kohle und Industrierevier und um Waldenburg dar Mit den Ostgebieten verlor Deutschland rund ein Viertel seiner landwirtschaftlichen Nutzflache Die Industrieproduktion lag bis zuletzt deutlich unter dem Reichsschnitt wahrend im gesamten Reich der Nettoproduktionswert 1936 bei 494 Reichsmark lag betrug er in den Ostgebieten 229 2 Der Gesellschaftshistoriker Hans Ulrich Wehler schatzt dass der Verlust dieser Gebiete durch den damit verbundenen Abbau regionaler Disparitaten die wirtschaftliche Leistungsfahigkeit beider deutscher Staaten nachhaltig begunstigt hat 33 Fur die SBZ und die spatere DDR bedeutete der Verlust des industriereichen Schlesiens sowie der Odermundung mit dem bedeutenden Hafen Stettin zunachst aber eine erhebliche wirtschaftliche Belastung Die Wirtschaftsbeziehungen der Betriebe mussten weitgehend neu ausgerichtet werden Der als Ersatz fur Stettin ausgewahlte Hafen Rostock war nicht nur wesentlich kleiner sondern lag auch an keinem schiffbaren Fluss und musste erst noch zum Hochseehafen ausgebaut werden Die mit dem Verlust der Ostgebiete einhergehende Zerstorung der ostdeutschen Adelswelt die als ostelbische Junker Politik und Gesellschaft des Kaiserreichs lange dominiert und noch beim Niedergang der Weimarer Republik eine unruhmliche Rolle gespielt hatten wird von Wehler dagegen als enorme strukturelle Begunstigung des Aufbaus der Bundesrepublik angesehen 34 In ahnlicher Weise verweist der Historiker Manfred Gortemaker darauf dass durch den Verlust der Ostgebiete der Bundesrepublik im Agrarsektor die Spannung zwischen der ostdeutschen Gutswirtschaft und den Familienwirtschaften wie sie in West und in Suddeutschland vorherrschend waren und damit ein schwerwiegendes Strukturdefizit des Deutschen Reiches erspart blieb 35 Siehe auch Bodenreform in Deutschland Anerkennung der polnischen Westgrenze und gesamtdeutscher Verzicht Bearbeiten Alle Regierungen der Bundesrepublik Deutschland bis 1990 vertraten den Standpunkt dass die Abschlusserklarung der Potsdamer Konferenz die fraglichen Ostgebiete weder Polen noch der Sowjetunion zugesprochen habe und jede endgultige Entscheidung bis zu einer friedensvertraglichen Regelung zuruckgestellt sei 36 Zur Bundestagswahl 1949 warb die Sozialdemokratische Partei Deutschlands mit einem Plakat das sogar den Polnischen Korridor von 1920 ignorierte In seinem Grusswort zum Schlesiertreffen am 8 Juni 1963 rief Willy Brandt damals Regierender Burgermeister von West Berlin aus Deutsche Ostpolitik darf nie hinter dem Rucken der Vertriebenen gemacht werden Wer die Oder Neisse Linie als Grenze betrachtet die von unserem Volk akzeptiert ist belugt die Polen 37 Die Deutsche Demokratische Republik erkannte im Gorlitzer Grenzabkommen mit der VR Polen vom 6 Juli 1950 auf sowjetischen Druck die Oder Neisse Linie als Friedensgrenze und aus ihrer Sicht endgultige Staatsgrenze zwischen Deutschland und Polen an 38 Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland teilten damals diesen Standpunkt nicht und massen dem Abkommen keine rechtliche Bedeutung zu Sie vertraten ausserdem den Fortbestand des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 wonach die Ostgebiete grundsatzlich als deutsches Inland zu gelten hatten und fur deutsche Staatsburger der Zwischenkriegszeit sowie deren Nachfahren eine einheitliche deutsche Staatsangehorigkeit fortbestehe In der alten Bundesrepublik vor 1990 das heisst alte Bundeslander und Berlin West bildete der Rechtsstatus der Ostgebiete einen grossen Teil der offenen deutschen Frage Die Ostpolitik von Bundesregierung Bundestag und Bundesrat war bis Mitte der 1960er Jahre auf eine Revision der Grenzen ausgerichtet sie beriefen sich auf das Volkerrecht und verschiedene volkerrechtliche Vertrage insbesondere auf die Haager Landkriegsordnung und die Atlantik Charta Die neue Ostpolitik der Grossen Koalition von 1966 und spater verstarkt die sozialliberale Koalition ab 1969 vollzog einen allmahlichen Wandel durch Annaherung Mit dem Warschauer Vertrag von 1970 erkannte die Bundesrepublik Deutschland die Zugehorigkeit dieser Gebiete zu Polen an Auf Grund des bis 1990 geltenden Vorbehalts der Alliierten fur Fragen die Deutschland als Ganzes und den Berlin Status betreffen war es der Bundesrepublik jedoch verwehrt eine volkerrechtliche Anerkennung der Oder Neisse Linie als deutsch polnische Grenze vorzunehmen und auf die Ruckforderung der Gebiete zu verzichten 39 40 Erst im Zuge der deutschen Wiedervereinigung wurde 1990 die Abtrennung der Ostgebiete durch den Zwei plus Vier Vertrag volkerrechtlich vollzogen Ubertragung der territorialen Souveranitat an Polen bzw die Sowjetunion Russische Foderation und die Oder Neisse Grenze festgeschrieben die wenig spater von Deutschland im deutsch polnischen Grenzvertrag vom 14 November 1990 formal bestatigt wurde 41 Letzterer trat am 16 Januar 1992 in Kraft Spatestens mit dessen Inkrafttreten sind auch deutsche Gebietsanspruche auf die ehemaligen deutschen Ostgebiete vollstandig erloschen und die Grenzen endgultig anerkannt worden 42 Damit wurden samtliche Kriegsfolgefragen zu einem Abschluss gebracht 43 Mit der Anderung des deutschen Grundgesetzes vom 23 September 1990 wurde in der Praambel nunmehr festgestellt dass die Einheit Deutschlands vollendet ist Erinnern Bearbeiten nbsp Denkmal fur die Ostprovinzen in Bordesholm nbsp Wegweiser beim Bahnhof Elmshorn mit Stadten in den Ostgebieten und dem Sudetenland nbsp Im Batterieturm von Schloss Burg befindet sich die Gedenkstatte des Deutschen Ostens 44 nbsp Nach Osten will ich krah n Gedenkstein in Bussau 1979 Siehe auch BearbeitenMittel und osteuropaische Lander MOEL Polnischer Westgedanke Reichsgau Abschnitt Eingegliederte Ostgebiete Polen Literatur BearbeitenDieter Blumenwitz Denk ich an Deutschland Antworten auf die Deutsche Frage Bayerische Landeszentrale fur politische Bildungsarbeit Munchen 1989 3 Teile 2 Bde 1 Kartenteil Herbert Kraus Der volkerrechtliche Status der deutschen Ostgebiete innerhalb der Reichsgrenzen nach dem Stande vom 31 Dezember 1937 veroffentl von s n 1962 Manfred Raether Polens deutsche Vergangenheit Schoneck 2004 ISBN 3 00 012451 9 Neuausgabe als E Buch Fritz Faust Das Potsdamer Abkommen und seine volkerrechtliche Bedeutung 4 neubearb Auflage Metzner Frankfurt am Main 1969 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Former eastern territories of Germany Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Ostgebiet Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Amtliche Aufzeichnung betreffend die Bezeichnung der Oder Neisse Gebiete im amtlichen deutschen Sprachgebrauch 11 Dezember 1974 PDF 138 kB Jorg Dieter Gauger Ehemalige deutsche Ostgebiete Konrad Adenauer Stiftung Zusammenfassung der programmatischen Haltung der CDU CSU 1945 1990 Ehemalige Ostgebiete alle Ortsnamen Verzeichnis samtlicher historischer deutscher und aktueller landessprachiger Ortsnamen die ehemals zu Deutschland gehorten Deutsche amp Polen Ubersicht uber die Orte von 1945 2004 Rundfunk Berlin Brandenburg RBBAnmerkungen Bearbeiten Wichard Woyke Staatsgebiet Grenzen In Uwe Andersen Wichard Woyke Hrsg Handworterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland 2 Aufl Lizenzausgabe fur die Bundeszentrale fur politische Bildung Bonn Leske Budrich Wiesbaden 1995 S 548 f Patrick Lehn Deutschlandbilder Historische Schulatlanten zwischen 1871 und 1990 Ein Handbuch Bohlau Koln 2008 S 493 Otto Kimminich Deutsche Verfassungsgeschichte 2 Aufl Baden Baden 1987 S 640 ff a b Werner Abelshauser Deutsche Wirtschaftsgeschichte seit 1945 Beck Munchen 2004 S 62 Seite mit Beispielen aus dem Reichsgesetzblatt 1941 Teil I Inhaltsverzeichnis S 4 digitalisiert bei alex onb ac at Oliver Dorr Die Inkorporation als Tatbestand der Staatensukzession Duncker amp Humblot Berlin 1995 S 344 a b c Bertelsmann Lexikon Redaktion Hrsg Bertelsmann Weltatlas 36 Aufl Gutersloh 1960 S 73 Aufgrund der 1938 durchgefuhrten Grenzanderungen bei der Auflosung der Provinz Grenzmark Posen Westpreussen weicht der Gebietsstand von 1939 bei Schlesien Pommern und Brandenburg von dem 1937 bestehenden ab Abweichungen der Bevolkerungsdichten von den rechnerischen Ergebnissen der Einzelwerte Einwohner Flache sind quellenbedingt Lexikon der Vertreibungen Bohlau Wien 2010 S 497 Lexikon der Vertreibungen Bohlau Wien 2010 S 160 Gerhard L Weinberg Eine Welt in Waffen Die globale Geschichte des Zweiten Weltkriegs Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1995 S 669 Dieter Blumenwitz Oder Neisse Linie In Werner Weidenfeld Karl Rudolf Korte Hrsg Handbuch zur deutschen Einheit 1949 1989 1999 Campus Frankfurt am Main New York 1999 S 586 Norman Davies Im Herzen Europas Geschichte Polens C H Beck Munchen 2006 S 73 Dieter Blumenwitz Oder Neisse Linie In Werner Weidenfeld Karl Rudolf Korte Hrsg Handbuch zur deutschen Einheit 1949 1989 1999 Campus Frankfurt am Main New York 1999 S 586 f Alfred Grosser Geschichte Deutschlands seit 1945 dtv Munchen 1987 S 55 57 Jochen Abr Frowein Die Entwicklung der Rechtslage Deutschlands von 1945 bis zur Wiedervereinigung 1990 in Ernst Benda Werner Maihofer Hans Jochen Vogel Hrsg Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland 2 Aufl de Gruyter Berlin 1994 S 19 34 hier S 21 Rn 5 Susanne Hahnchen Rechtsgeschichte Von der Romischen Antike bis zur Neuzeit 5 Aufl C F Muller Heidelberg 2016 S 405 Rn 879 a b Gerrit Dworok Historikerstreit und Nationswerdung Ursprung und Deutung eines bundesrepublikanischen Konflikts Bohlau Wien 2015 ISBN 978 3 412 50238 6 S 117 Henning Kohler Deutschland auf dem Weg zu sich selbst Eine Jahrhundertgeschichte Hohenheim Verlag Stuttgart 2002 S 440 Dieter Blumenwitz Der deutsche Inlandsbegriff im Lichte des Staats und Volkerrechts in Ingo von Munch Hrsg Staatsrecht Volkerrecht Europarecht de Gruyter 1981 ISBN 978 3 11 008118 3 S 25 43 hier S 32 Heinrich August Winkler Der lange Weg nach Westen Deutsche 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Geschichte vom Dritten Reich bis zur Wiedervereinigung Bd 2 4 Aufl Beck Munchen 2002 S 151 Preussische Allgemeine Zeitung Nr 13 3 April 2010 Burkhard Olschowsky Oder Neisse Grenze In Online Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im ostlichen Europa Carl von Ossietzky Universitat Oldenburg und Bundesinstitut fur Kultur und Geschichte der Deutschen im ostlichen Europa BKGE 27 Oktober 2020 abgerufen am 6 Marz 2023 Dieter Blumenwitz in Ingo von Munch Hrsg Staatsrecht Volkerrecht Europarecht Festschrift fur Hans Jurgen Schlochauer zum 75 Geburtstag am 28 Marz 1981 Walter de Gruyter 1981 S 31 ff Rudolf Laun Hrsg Internationales Recht und Diplomatie Verlag Wissenschaft und Politik Koln 1963 S 11 f Vgl dazu Joachim Bentzien Die volkerrechtlichen Schranken der nationalen Souveranitat im 21 Jahrhundert Peter Lang Frankfurt am Main 2007 S 68 f 71 mit weiteren Nachweisen Naher erlautert bei Georg Ress in Ulrich Beyerlin Hrsg Recht zwischen Umbruch und Bewahrung Festschrift fur Rudolf Bernhardt Beitrage zum auslandischen offentlichen Recht und Volkerrecht Bd 120 Springer Berlin Heidelberg New York 1995 S 833 ff hier S 835 m w N Bernhard Kempen Der Fall Distomo griechische Reparationsforderungen gegen die Bundesrepublik Deutschland in Hans Joachim Cremer Thomas Giegerich Dagmar Richter Andreas Zimmermann Hrsg Tradition und Weltoffenheit des Rechts Festschrift fur Helmut Steinberger Springer Berlin 2002 S 179 195 hier S 193 Schlossbauverein Burg an der Wupper e V Die Gedenkstatte des Deutschen Ostens Memento vom 2 Oktober 2015 im Internet Archive Normdaten Geografikum GND 4070350 2 lobid OGND AKS VIAF 237709387 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ostgebiete des Deutschen Reiches amp oldid 235916682