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Das alliierte Vorbehaltsrecht auch alliiertes Kontrollrecht genannt regelte die Beziehungen der alliierten Besatzungsmachte gegenuber der 1949 gegrundeten Bundesrepublik Deutschland 23 Mai 1949 Verkundung des Grundgesetzes 14 August 1949 Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag und galt seit Inkrafttreten des Besatzungsstatuts 21 September 1949 in verschiedenen Auspragungen bis zur Wiedervereinigung Deutschlands 1990 und dem Abschluss des Zwei plus Vier Vertrages Inhaltsverzeichnis 1 Wahrnehmung ziviler Kontrollrechte in Westdeutschland nach Massgabe des Besatzungsstatuts 2 Reduzierung der Kontrollrechte wahrend der Regierung Adenauer bis 1954 3 Reste der Vorbehaltsrechte im zweiten Deutschlandvertrag 1954 und der Weg zur Souveranitat 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseWahrnehmung ziviler Kontrollrechte in Westdeutschland nach Massgabe des Besatzungsstatuts BearbeitenDie Bildung der Bundesrepublik machte ein Besatzungsorgan erforderlich dessen Kompetenzen an die veranderte Situation angepasst werden mussten Durch das Besatzungsstatut wurden die Militarregierungen der westlichen Besatzungsmachte in jeder der drei Zonen durch Zivilverwaltungen ersetzt an deren Spitze jeweils ein Hoher Kommissar stand Die alliierten Kontrollrechte bezuglich Westdeutschlands 1 wurden damit auf die Alliierte Hohe Kommission als Gemeinschaftsorgan der Westmachte ubertragen nachdem der Alliierte Kontrollrat ab dem 20 Marz 1948 handlungsunfahig geworden war An diesem Tag hatte der sowjetische Vertreter die Sitzung verlassen und weigerte sich an weiteren Zusammenkunften teilzunehmen Die drei Hohen Kommissare stellten als Vertreter ihrer Regierungen die oberste Gewalt dar und ubten eine Kontrolle uber die deutsche Bundesregierung wie uber die Regierungen der Lander aus Der Bundesrepublik Deutschland und ihren Landern wird zwar die volle gesetzgebende vollziehende und rechtsprechende Gewalt gemass dem Grundgesetz zuerkannt Artikel I Zitate aus der Fassung vom 10 April 1949 doch nahmen die Drei Machte USA Grossbritannien Frankreich eine Reihe von Sonderbefugnissen fur sich in Anspruch zum Beispiel Abrustung und Entmilitarisierung Reparationen Kontrollmassnahmen bezuglich des Ruhrgebiets Kontrolle von und Eingriffe in Wirtschaftsleben und Industrie auch Aussenhandel auswartige Angelegenheiten einschliesslich volkerrechtlicher Abkommen die von Deutschland oder mit Wirkung fur Deutschland abgeschlossen werden Schutz Sicherheit Finanzierung und Versorgung der alliierten Streitkrafte Beachtung des Grundgesetzes und der LandesverfassungenAusserdem wird in Artikel III formuliert Die Besatzungsbehorden behalten sich jedoch das Recht vor auf Anweisung ihrer Regierungen die Ausubung der vollen Regierungsgewalt ganz oder teilweise wieder aufzunehmen wenn sie der Ansicht sind dass dies aus Sicherheitsgrunden oder zur Aufrechterhaltung der demokratischen Regierungsform in Deutschland oder in Verfolg der internationalen Verpflichtungen ihrer Regierungen unumganglich ist Bevor sie dies tun werden sie die zustandigen deutschen Behorden von ihrem Entschluss und seinen Grunden offiziell unterrichten Damit sicherten sich die Besatzungsmachte Notstandsrechte bei inneren Unruhen und Krisensituationen Das Statut sollte im Laufe von 12 bis 18 Monaten uberpruft werden Reduzierung der Kontrollrechte wahrend der Regierung Adenauer bis 1954 BearbeitenZiel des Bundeskanzlers Konrad Adenauer war es in der Folge neben der Westintegration der Bundesrepublik die alliierten Vorbehaltsrechte sukzessive zu mindern und schrittweise zu einem gleichberechtigten souveranen Partner zu werden Petersberger Abkommen 22 November 1949 Recht zur Aufnahme konsularischer Beziehungen und wirtschaftliche Erleichterungen als Entgegenkommen fur den Beitritt zum Ruhrabkommen Ruhrstatut ab Marz 1951 Verzicht der alliierten Hohen Kommissare auf die Uberwachung der Bundes und Landesgesetze Ubertragung der Devisenhoheit Erlaubnis zur Aufnahme auswartiger Beziehungen Umwandlung der Dienststelle fur Auswartige Angelegenheiten in ein Aussenministerium dessen Fuhrung am 15 Marz 1951 von Adenauer selbst ubernommen wurde als Gegenleistung fur die Anerkennung der deutschen Auslandsschulden durch die Bundesregierung Anstreben einer deutschen Wiederbewaffnung im Rahmen einer Europaischen Verteidigungsgemeinschaft EVG welche allerdings scheiterte Reste der Vorbehaltsrechte im zweiten Deutschlandvertrag 1954 und der Weg zur Souveranitat BearbeitenDas Besatzungsstatut wurde mit der Ratifizierung der Pariser Vertrage 23 Oktober 1954 am 5 Mai 1955 zehn Jahre nach Kriegsende durch den zweiten Deutschlandvertrag ersetzt und aufgehoben Dazu lautete es im Artikel 1 1 Mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages werden die drei Besatzungsmachte das Besatzungsregime in der Bundesrepublik beenden das Besatzungsstatut aufheben und die Alliierte Hohe Kommission auflosen 2 Die Bundesrepublik wird demgemass die volle Macht eines souveranen Staates uber ihre inneren und ausseren Angelegenheiten haben Im Artikel 5 wird jedoch deutlich dass neben dem Recht auf die Stationierung von Streitkraften weitere Vorbehalte existierten So durfen von den Alliierten im Falle eines Angriffs oder unmittelbar drohenden Angriffs ohne Einwilligung der Bundesrepublik Truppen in das deutsche Bundesgebiet verlagert werden Auch alliierte Rechte die fur die Sicherheit der stationierten Streitkrafte notwendig sind sollen erst erloschen sobald die zustandigen deutschen Behorden entsprechende Vollmachten durch die deutsche Gesetzgebung erhalten haben einschliesslich der Fahigkeit einer ernstlichen Storung der offentlichen Sicherheit und Ordnung zu begegnen Somit bestanden theoretisch Notstandsrechte der westlichen Hauptsiegermachte weiter und hatten im Falle eines Notstandes dazu fuhren konnen dass die drei Botschafter der USA Grossbritanniens und Frankreichs im Sinne der ehemaligen Hohen Kommissare Teile der exekutiven Gewalt hatten ubernehmen konnen Es bedurfte aber lediglich einer verfassungs rechtlichen Regelung seitens der Regierung und des Parlaments der Bundesrepublik Deutschland um diesen Vorbehalt zu beenden In Artikel V der Fassung des ersten Deutschlandvertrages von 1952 hatten die Westmachte fur sich noch das Recht in Anspruch genommen einen formlichen Notstand in der Bundesrepublik verhangen zu konnen Die verfassungsrechtliche Regelung in der Bundesrepublik gelang erst nach dreizehn Jahren Die Debatte daruber wurde teils sehr heftig gefuhrt Ablehnung einer Einschrankung der Grundrechte die Grosse Koalition ermoglichte aber eine Verabschiedung der Notstandsgesetze 1968 Die im Grunde schon 1955 hergestellte innere Souveranitat war damit endgultig verwirklicht Der Artikel 2 des revidierten Deutschlandvertrages war weiterhin in Kraft und die dadurch noch verbliebenen westalliierten Vorbehalte bis 1990 verankert In diesem hiess es Im Hinblick auf die internationale Lage die bisher die Wiedervereinigung Deutschlands und den Abschluss eines Friedensvertrags verhindert hat behalten die Drei Machte die bisher von ihnen ausgeubten oder innegehabten Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und auf Deutschland als Ganzes einschliesslich der Wiedervereinigung Deutschlands und einer friedensvertraglichen Regelung Seitens der Bundesrepublik Deutschland ist dieser Vorbehalt nochmals im Grundlagenvertrag mit der Deutschen Demokratischen Republik 1972 bestatigt worden Beides der Sonderstatus von Berlin Besatzungsstatus von Berlin West als Teil Gross Berlins und die Reste der alliierten Vorbehaltsrechte bezuglich Gesamtdeutschland endete erst am 3 Oktober 1990 dem Tag des Wirksamwerdens des Beitritts der DDR Mit dem Zwei plus Vier Vertrag durch den die volkerrechtlichen Voraussetzungen fur die staatliche Einheit Deutschlands besiegelt wurden bekam das vereinte Deutschland von den vier Hauptsiegermachten die volle Souveranitat uber seine inneren und ausseren Angelegenheiten zugesprochen die es mit Inkrafttreten des Vertrages am 15 Marz 1991 schliesslich erhielt 2 Nach Ansicht des Historikers Josef Foschepoth bestanden dagegen bestimmte alliierte Vorbehaltsrechte noch langer fort Diese seien mit Zustimmung von Bundeskanzler Adenauer in einer geheimen Zusatzvereinbarung die wahrend der Verhandlungen zum Deutschlandvertrag im Fruhjahr 1952 abgeschlossen wurde 3 geregelt worden und sicherten den Drei Machten im Wesentlichen zwei Vorbehalte erstens der Uberwachungsvorbehalt das Recht den in und auslandischen Post und Fernmeldeverkehr in der Bundesrepublik auch weiterhin zu uberwachen zweitens den Geheimdienstvorbehalt das Recht die alliierten Geheimdienste mit Unterstutzung des Bundesamtes fur Verfassungsschutz ausserhalb des deutschen Rechts zu stellen wenn es die geheimdienstlichen Interessen erforderten 4 Adenauer unterschrieb diese Geheimvertrage nicht sondern sie seien in einem Schriftverkehr legitimiert worden und gelten nach Foschepoths Auffassung immer noch da sie langst im Zusatzvertrag zum NATO Truppenstatut von 1959 dauerhaft gesichert seien 5 Foschepoths Interpretation der Rechtslage ist umstritten Peter Schaar stellte beispielsweise fest die Vereinbarungen zum Artikel 10 Gesetz seien offenbar bei allen Beteiligten in Vergessenheit geraten ihre Entdeckung habe bei zustandigen Behorden Verwunderung ausgelost Sowohl die US Regierung wie die deutsche Bundesregierung erklarten auf Anfrage seit 1990 sei von den darin enthaltenen Befugnissen kein Gebrauch mehr gemacht worden 2013 wurden die Verwaltungsvereinbarungen von der Bundesregierung im Einvernehmen mit den USA Grossbritannien und Frankreich auch offiziell ausser Kraft gesetzt 6 7 Siehe auch BearbeitenUberleitungsvertragLiteratur BearbeitenKlaus Behling Spione in Uniform Die Alliierten Militarmissionen in Deutschland Hohenheim Verlag Stuttgart 2004 Josef Foschepoth Uberwachtes Deutschland Post und Telefonuberwachung in der alten Bundesrepublik 4 durchges Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2014 ISBN 978 3 525 30041 1 Dominik Geppert Die Ara Adenauer Darmstadt 2002 Wissenschaftliche Buchgesellschaft Jurgen Weber Hg Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Band III Grundung des neuen Staates 1949 Munchen 1991 Bayerische Landeszentrale fur politische Bildungsarbeit Jurgen Weber Hg Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Band IV Die Bundesrepublik wird souveran 1950 1955 Munchen 1991 Bayerische Landeszentrale fur politische Bildungsarbeit Werner Weidenfeld Hartmut Zimmermann Hg Deutschland Handbuch Eine doppelte Bilanz 1949 1989 Bonn 1989 Bundeszentrale fur politische Bildung Weblinks BearbeitenBekanntmachung des Schreibens der Drei Machte vom 8 Juni 1990 zur Aufhebung ihrer Vorbehalte insbesondere in dem Genehmigungsschreiben zum Grundgesetz vom 12 Mai 1949 in bezug auf die Direktwahl der Berliner Vertreter zum Bundestag und ihr volles Stimmrecht im Bundestag und im Bundesrat vom 12 Juni 1990 BGBl I S 1068 durch Zwei plus Vier Vertrag gegenstandslos geworden Thomas Gutschker und Markus Wehner NSA Affare Der grosse Bruder FAZ 7 Juli 2013Einzelnachweise Bearbeiten Abkommen uber die Dreimachtekontrolle fur Westdeutschland Kontrollabkommen vom 8 April 1949 Zwei plus Vier Vertrag 1990 Memento vom 10 Marz 2013 im Internet Archive Konrad Adenauer Stiftung e V Website zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Ara Kohl Thomas Wolf Die Entstehung des BND Aufbau Finanzierung Kontrolle Ch Links Berlin 2018 ISBN 978 3 96289 022 3 S 291 301 Josef Foschepoth Uberwachtes Deutschland Post und Telefonuberwachung in der alten Bundesrepublik 4 Aufl Gottingen 2014 S 36 161 ff Historiker Foschepoth im Interview Die USA durfen Merkel uberwachen Zeit Online 25 Oktober 2013 Peter Schaar Uberwachung total Wie wir in Zukunft unsere Daten schutzen Aufbau Verlag Berlin 2014 S 95 ff Verwaltungsvereinbarungen zum G10 Gesetz mit USA und Grossbritannien ausser Kraft Pressemitteilung des Auswartigen Amts vom 2 August 2013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alliiertes Vorbehaltsrecht amp oldid 232296300