www.wikidata.de-de.nina.az
Das Artikel 10 Gesetz G 10 regelt in Deutschland die Voraussetzungen das Verfahren und die Kontrolle von Eingriffen in die nach Artikel 10 des Grundgesetzes GG garantierten Grundrechte des Brief Post und Fernmeldegeheimnisses Berechtigt zur Uberwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation sowie zum Offnen und Einsehen von Postsendungen sind das Bundesamt fur Verfassungsschutz BfV die 16 Landesbehorden fur Verfassungsschutz der Bundesnachrichtendienst BND und der Militarische Abschirmdienst MAD Entsprechendes Tatigwerden wird G 10 Massnahme 1 bzw G 10 Massnahme 2 3 genannt Voraussetzung fur eine G 10 Massnahme ist dass dies zur Abwehr von drohenden Gefahren fur die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes geschieht oder zur Auftragserfullung des BND Weitere Voraussetzungen enthalt 3 Artikel 10 Gesetz BasisdatenTitel Gesetz zur Beschrankung des Brief Post und FernmeldegeheimnissesKurztitel Artikel 10 GesetzFruherer Titel Gesetz zu Artikel 10 des GrundgesetzesAbkurzung G 10Art BundesgesetzGeltungsbereich Bundesrepublik DeutschlandRechtsmaterie StaatsrechtFundstellennachweis 190 4Ursprungliche Fassung vom 13 August 1968 BGBl I S 949 Inkrafttreten am 1 November 1968Letzte Neufassung vom 26 Juni 2001 BGBl I S 1254 ber S 2298 ber 2017 I S 154 Inkrafttreten derNeufassung am 29 Juni 2001Letzte Anderung durch Art 6 G vom 5 Juli 2021 BGBl I S 2274 2279 Inkrafttreten derletzten Anderung 1 Dezember 2021 Art 8 G vom 5 Juli 2021 GESTA B109Weblink Text des G 10Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten Inhaltsverzeichnis 1 Entstehungsgeschichte 2 Gliederung 3 Pflichten der Anbieter von Post und Telekommunikationsdiensten 4 Beschrankungen in Einzelfallen 5 Strategische Beschrankungen 6 Ubermittlung an auslandische offentliche Stellen 7 Verfahren 8 G 10 Kommission 9 Kritik 10 Siehe auch 11 Literatur 12 Weblinks 13 EinzelnachweiseEntstehungsgeschichte BearbeitenArtikel 10 des Grundgesetzes wurde durch das 17 Gesetz zur Anderung des Grundgesetzes vom 24 Juni 1968 BGBl I S 709 geandert Dies geschah im Zuge der Notstandsgesetze die die von 1966 bis 1969 regierende erste Grosse Koalition erliess Artikel 10 wurde um einen Absatz 2 erganzt Beschrankungen des Briefgeheimnisses sowie des Post und Fernmeldegeheimnisses durfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden Stand bis zur Anderung im jetzigen Absatz 1 Dient die Beschrankung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes so kann das Gesetz bestimmen dass sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und dass an die Stelle des Rechtsweges die Nachprufung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt Die Rechtsweggarantie nach Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes erfahrt eine Ausnahme Die Kontrolle erfolgt durch die G 10 Kommission Diese wird durch das vom Deutschen Bundestag eingesetzte und aus Bundestagsmitgliedern bestehende Parlamentarische Kontrollgremium berufen Das Artikel 10 Gesetz trat am 1 November 1968 in Kraft die Grundgesetzanderung am 25 Juni 1968 Das ursprunglich 1968 erlassene Gesetz wurde 2001 neu gefasst nachdem das Bundesverfassungsgericht Teile des Artikel 10 Gesetzes fur verfassungswidrig erklart hatte 4 Gliederung Bearbeiten nbsp Artikel 10 in der Urfassung am Reichstag eine Arbeit von Dani Karavan an den Glasscheiben beim Jakob Kaiser Haus zur SpreeseiteDas Gesetz hat folgende Gliederung Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen 1 Gegenstand des Gesetzes 2 Pflichten der Anbieter von Post TelekommunikationsdienstenAbschnitt 2 Beschrankungen in Einzelfallen 3 Voraussetzungen 3a Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung 3b Schutz zeugnisverweigerungsberechtigter Personen 4 Pruf Kennzeichnungs und Loschungspflichten Ubermittlungen ZweckbindungAbschnitt 3 Strategische Beschrankungen 5 Voraussetzungen 5a Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung 6 Pruf Kennzeichnungs und Loschungspflichten Zweckbindung 7 Ubermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst 7a Ubermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst an auslandische offentliche Stellen 8 Gefahr fur Leib oder Leben einer Person im AuslandAbschnitt 4 Verfahren 9 Antrag 10 Anordnung 11 Durchfuhrung 12 Mitteilungen an Betroffene 13 RechtswegAbschnitt 5 Kontrolle 14 Parlamentarisches Kontrollgremium 15 G 10 Kommission 16 Parlamentarische Kontrolle in den LandernAbschnitt 6 Straf und Bussgeldvorschriften 17 Mitteilungsverbote 18 Straftaten 19 OrdnungswidrigkeitenAbschnitt 7 Schlussvorschriften 20 Entschadigung 21 Einschrankung von GrundrechtenPflichten der Anbieter von Post und Telekommunikationsdiensten BearbeitenAnbieter von Post und Telekommunikationsdiensten sind verpflichtet die Uberwachung der Telekommunikation zu ermoglichen Auskunft uber die Umstande des Postverkehrs zu erteilen und Sendungen auszuhandigen Die mit der Durchfuhrung beauftragten Mitarbeiter sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und mussen sich einer einfachen Sicherheitsuberprufung unterziehen Beschrankungen in Einzelfallen BearbeitenVoraussetzung fur eine G 10 Massnahme ist dass tatsachliche Anhaltspunkte fur Planung oder Begehung bestimmter Katalogstraftaten zu denen neben Friedens oder Hochverrat 80 bis 83 des Strafgesetzbuches inzwischen auch Landfriedensbruch oder Volksverhetzung 129a bis 130 des Strafgesetzbuches und Straftaten nach 95 Abs 1 Nr 8 des Aufenthaltsgesetzes Einschleusen von Auslandern gehoren gegeben sind Der Straftatenkatalog deckt sich im Wesentlichen mit dem des 100a Strafprozessordnung der die Telekommunikationsuberwachung zum Zwecke strafrechtlicher Ermittlung durch die Staatsanwaltschaft regelt die allerdings unter Kontrolle durch unabhangige Gerichte nach einem anderen Verfahren ablauft Strategische Beschrankungen BearbeitenIm Gegensatz zu den Massnahmen in Einzelfallen sind auch sogenannte strategische Beschrankungen moglich Soweit eine gebundelte Ubertragung erfolgt durfen G 10 Massnahmen fur internationale Telekommunikationsbeziehungen auf Antrag des BND angeordnet werden Diese durfen jedoch nur angeordnet werden um die in 5 Abs 1 Satz 3 genannten Gefahren rechtzeitig zu erkennen und diesen zu begegnen Zudem ist die Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums vorgeschrieben Das Bundesverwaltungsgericht hat die strategische Uberwachung des Fernmeldeverkehrs durch den Bundesnachrichtendienst nach den Anschlagen vom 11 September 2001 in einer Entscheidung von Januar 2008 fur zulassig erklart 5 Ubermittlung an auslandische offentliche Stellen BearbeitenDie Regelung des 7a lasst es zu dass der BND hierfur braucht er die Zustimmung des Bundeskanzleramtes an auslandische Geheimdienste Daten ubermittelt die er im Rahmen von G 10 Massnahmen erlangte soweit 1 die Ubermittlung zur Wahrung aussen oder sicherheitspolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland oder erheblicher Sicherheitsinteressen des auslandischen Staates erforderlich ist 2 uberwiegende schutzwurdige Interessen des Betroffenen nicht entgegenstehen insbesondere in dem auslandischen Staat ein angemessenes Datenschutzniveau gewahrleistet ist sowie davon auszugehen ist dass die Verwendung der Daten durch den Empfanger in Einklang mit grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien erfolgt und 3 das Prinzip der Gegenseitigkeit gewahrt ist 7a Absatz 1 In den Jahren 2010 und 2011 erfolgten keine Ubermittlungen dieser Art 6 Zusatzlich gab es seit 1968 eine Verwaltungsvereinbarung mit den USA und Grossbritannien die 2013 durch den Austausch einer Verbalnote ausser Kraft gesetzt wurde 7 8 Verfahren BearbeitenEine Tatigkeit der Nachrichtendienste von Amts wegen ohne Antrag und Anordnung ist untersagt 9 Die zur Anordnung berechtigten Stellen durfen die antragsberechtigten Stellen BND BfV MAD LfV auch nicht im Rahmen ihrer Fachaufsicht zum Stellen eines Antrags anweisen 10 Der Antrag muss schriftlich und begrundet sein Antragsberechtigt sind die Behordenleiter der Nachrichtendienste oder ihrer Stellvertreter Im Falle der Verhinderung kann auch der in der Vertretungsreihenfolge nachfolgende Behordenmitarbeiter z B Abteilungsleiter antragsberechtigt sein 10 Zur Anordnung von G 10 Massnahmen zustandig sind fur die Antrage der Nachrichtendienste des Bundes das Bundesministerium des Innern fur Bau und Heimat BMI und fur die Landesbehorden fur Verfassungsschutz die jeweils zustandige oberste Landesbehorde Die Anordnung hat schriftlich zu erfolgen Sie hat den Grund der Anordnung sowie die Art den Umfang und die Dauer der Massnahme zu bezeichnen Die Prufung der Rechtmassigkeit der Massnahme erfolgt durch die antrags und die anordnungsberechtigte Stelle Der Richtervorbehalt wird durch die Kontrolle durch die G 10 Kommission auf Bundesebene bzw entsprechende Stellen der Lander ersetzt Die G 10 Kommission ist vor dem Vollzug der G 10 Massnahme zu unterrichten Bei Gefahr im Verzug darf die Massnahme vorher begonnen werden wie auch analog bei Uberwachungsmassnahmen zur Strafverfolgung nach der Strafprozessordnung ohne richterliche Genehmigung mit der Telekommunikationsuberwachung begonnen werden kann Anordnungen die die Kommission fur unzulassig oder nicht notwendig erklart hat das Bundesinnenministerium unverzuglich aufzuheben Zudem ist das Parlamentarische Kontrollgremium in Abstanden von hochstens sechs Monaten uber die Durchfuhrung des Gesetzes zu unterrichten G 10 Kommission BearbeitenDie G 10 Kommission entscheidet von Amts wegen als unabhangiges und an keine Weisungen gebundenes Organ uber die Notwendigkeit und Zulassigkeit samtlicher durch die Nachrichtendienste des Bundes BfV BND MAD beantragten und vom BMI angeordneten G 10 Massnahmen grundsatzlich vor deren Vollzug Hauptartikel G 10 KommissionKritik BearbeitenWie dem Artikel 10 Gesetz zu entnehmen ist sind gemass 12 Beschrankungsmassnahmen dem Betroffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen Durch die Mitteilung werden Betroffene in die Lage versetzt die Massnahme auf ihre Rechtmassigkeit gerichtlich uberprufen zu lassen Eine Mitteilung darf endgultig nur unterbleiben wenn die G 10 Kommission einstimmig zustimmt Im Jahr 2016 erfolgte die Zustimmung zur endgultigen Nichtmitteilung bei 33 Betroffenen 11 Kritik besteht dass in diesen Fallen kein effektiver Rechtsschutz moglich ist Siehe auch BearbeitenEchelonLiteratur BearbeitenWolf Rudiger Schenke Kurt Graulich Josef Ruthig Sicherheitsrecht des Bundes BPolG BKAG ATDG BVerfSchG BNDG VereinsG 2 Auflage C H Beck Munchen 2019 ISBN 978 3 406 71602 7 S 1567 1674 Josef Foschepoth Uberwachtes Deutschland Post und Telefonuberwachung in der alten Bundesrepublik Vandenhoeck amp Ruprecht 1 Auflage Gottingen 2012 ISBN 978 3 525 30041 1 2 Auflage 2013 gleiche ISBN Dirk Lageveen Telekommunikationsuberwachung im Internet IP Adressen in der strategischen Erfassung gemass Artikel 10 Gesetz sic 1 Auflage Diplomica April 2011 Volker Neumann Die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste in Deutschland In Nikolas Dorr Till Zimmermann Die Nachrichtendienste der Bundesrepublik Deutschland Berlin 2007 S 13 34 Reinhard Riegel Gesetz zur Beschrankung des Brief Post und Fernmeldegeheimnisses Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz G 10 mit Ausfuhrungsvorschriften der Lander Kommentar C H Beck Munchen 1997 Reinhard Riegel Der Quantensprung des Gesetzes zu Artikel 10 GG G 10 In Zeitschrift fur Rechtspolitik ZRP 1995 S 176 ff Weblinks BearbeitenInformationsseite des Deutschen Bundestags zur G 10 KommissionEinzelnachweise Bearbeiten BGH Beschluss vom 6 Februar 2019 Az 3 StR 280 18 BVerfG Urteil vom 17 Januar 2017 Az 2 BvB 1 13 Bertold Huber Das neue G 10 Gesetz NJW 2001 3296 Urteil des Ersten Senats vom 14 Juli 1999 1 BvR 2226 94 BND durfte strategisch lauschen In Die Tageszeitung 25 Januar 2008 Bundestagsdrucksache 17 12773 Bericht vom 13 Marz 2013 S 8 Bericht uber das Jahr 2011 vom 13 Marz 2013 PDF 299 kB Bundesregierung setzt Abhorpakt mit USA und UK ausser Kraft Verwaltungsvereinbarungen zum G10 Gesetz mit USA und Grossbritannien ausser Kraft In Pressemitteilung Auswartiges Amt 2 August 2013 abgerufen am 26 November 2016 Wolf Rudiger Schenke Kurt Graulich Josef Ruthig Sicherheitsrecht des Bundes 1 Auflage Verlag C H Beck Munchen 2014 ISBN 978 3 406 64878 6 S 1422 9 Rn 2 a b Wolf Rudiger Schenke Kurt Graulich Josef Ruthig Sicherheitsrecht des Bundes 1 Auflage Verlag C H Beck Munchen 2014 ISBN 978 3 406 64878 6 S 1422 9 Rn 3 Bericht gemass 14 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes zur Beschrankung des Brief Post und Fernmeldegeheimnisses Artikel 10 Gesetz G 10 uber die Durchfuhrung sowie Art und Umfang der Massnahmen nach den 3 5 7a und 8 G 10 Drucksache 19 163 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Werk GND 4334483 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Artikel 10 Gesetz amp oldid 238675769