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Nikolai Nikolajewitsch Semjonow russisch Nikolaj Nikolaevich Semyonov wiss Transliteration Nikolaj Nikolaevic Semenov 3 Apriljul 15 April 1896greg in Saratow 25 September 1986 in Moskau war ein russischer Physikochemiker Er erhielt 1956 den Nobelpreis fur Chemie fur seine Analysen von Reaktionsmechanismen bei chemischen Reaktionen Russische Sonderbriefmarke von 1996P L Kapiza und N N Semjonow auf einem Portrat B M Kustodijews 1921 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Privatleben 4 Auszeichnungen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenSemjonows Vater war ein ehemaliger Offizier und Gutsverwalter wahrend seine Mutter Jelena Alexandrowna Geburtsname Dmitriewa adliger Herkunft war Von 1910 an lebte die Familie in Samara wo Nikolai 1913 seinen Realschulabschluss gemacht hatte Danach studierte er von 1913 bis 1917 Physik und Mathematik an der Universitat in Sankt Petersburg obwohl ihn sein Vater fur eine Militarkarriere vorgesehen hatte und nicht viel von Naturwissenschaften hielt Die Entscheidung des Sohnes fuhrte zu einem Zerwurfnis innerhalb der Familie und zu einer Entfremdung zwischen Vater und Sohn die erst allmahlich uberwunden werden konnte Wahrend seines Studiums horte Semjonow unter anderem Vorlesungen bei Abram Joffe und wurde zu einem von dessen Lieblingsstudenten Zu gleicher Zeit lernte er im Labor Joffes den jungen Physikstudenten Pjotr Kapiza kennen der zu seinem engsten Freund wurde Diese Freundschaft bestand ihr ganzes Leben lang Semjonow schloss sein Studium 1917 mit der Note magna cum laude ab und blieb an der Universitat als Doktorand bei Joffe Um den politischen Wirren zu entkommen die nach der Oktoberrevolution in Petrograd herrschten reiste Semjonow zu seinen Eltern nach Samara Dort trat er als Freiwilliger in die weisse Armee ein und kampfte im russischen Burgerkrieg Allerdings verliess er bereits nach wenigen Monaten die kampfende Truppe und reiste zuerst nach Samara und von dort nach Tomsk Er war im Labor des Professors fur Geophysik B Weinberg tatig und wurde Dozent an der Tomsker Universitat Im September 1919 wurde Semjonow in die weisse Armee des Admirals Koltschak zwangsrekrutiert aber nur im Kommunikationsdienst eingesetzt so dass er nach der Eroberung Tomsks durch die Bolschewiki aus der Armee entlassen und nicht verfolgt wurde Im Jahr 1920 ging er auf Einladung seines Doktorvaters Joffe an das Laboratorium fur Elektronenprozesse am Physiko Technischen Institut in Petrograd das sich in Raumen des dortigen Polytechnischen Instituts befand und ubernahm dessen Leitung Semjonow war an der Grundung mehrerer physikalisch technischer Institute in der Sowjetunion beteiligt und arbeitete zusammen mit spater beruhmt gewordenen Wissenschaftlern wie Juli Borissowitsch Chariton und Wiktor Nikolajewitsch Kondratjew Zusammen mit Joffe baute er in Leningrad ein Institut fur Physikalische Chemie auf und wurde 1928 zum Professor berufen obwohl es ihm vorher nicht gelang seine Doktorarbeit zu Ende zu schreiben den Doktortitel sollte er 1946 verliehen erhalten ohne je eine Dissertation verfasst zu haben 1931 wurde er als Institutsleiter an das Institut fur Chemische Physik der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften in Leningrad berufen das am 15 Oktober dieses Jahres durch ein Dekret des Obersten Rates fur Volkswirtschaft aus seinem Labor geschaffen wurde Ausserdem ubernahm er eine Professur fur Physikalische Technik an der Lomonossow Universitat in Moskau 1932 wurde Semjonow zum vollwertigen Mitglied der Akademie der Wissenschaften gewahlt Das Hauptaugenmerk Semjonows galt in dieser Zeit der weiteren Verfeinerung und Erklarung der Kinetik und der damit verbundener Mechanismen chemischer Reaktionen Das von Semjonow 1934 verfasste Buch Kettenreaktion erschien bereits ein Jahr spater auf Englisch und wurde zum Standardwerk fur die kinetische Chemie Fur das Buch Die Warmetheorie von Brenn und Explosionsprozessen bekam er 1941 den Stalinpreis 1941 versuchte der sowjetische Physiker Nikolai Sergejewitsch Akulow der mit ihm auf dem Gebiet der chemischen Kettenreaktion in Konkurrenz stand aber eigentlich ein Experte fur Magnetismus war seine Reputation zu zerstoren indem er ihn des Plagiats und vager damals aber gefahrlicher Vorwurfe des Kosmopolitentums bezichtigte Semjonow wehrte sich und konnte erreichen dass eine Kommission der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften ihn freisprach und Akulow selbst die Konsequenzen zu spuren bekam indem er seinen Lehrstuhl an der Lomonossow Universitat verlor 1 Nach dem deutschen Uberfall auf die Sowjetunion 1941 wurde Semjonows Institut von Leningrad nach Kasan verlegt wo seine Mitarbeiter sich mit der Problematik der Verbesserung herkommlicher Sprengstoffe beschaftigten Semjonow gelang es dass sein Institut nach dem Krieg statt nach Leningrad zuruckkehren zu mussen nach Moskau verlegt wurde Gleichzeitig grundete Semjonow 1944 an der Lomonossow Universitat in Moskau den Lehrstuhl fur chemische Kinetik dessen Leitung er fast vierzig Jahre innehaben sollte Zu den Dozenten des Lehrstuhls zahlten solch bedeutende Wissenschaftler wie Nikolai Markowitsch Emanuel und Wladislaw Wladislawowitsch Wojewodski 1945 wurde Semjonow auch Dozent am Moskauer Institut fur Physik und Technologie MIPT In dieser Zeit wurde er zur Arbeit an der sowjetischen Atombombe hinzugezogen und ubernahm die Herstellung von Messgeraten In den Jahren 1948 bis 1949 befand sich zeitweilig fast die Halfte des Instituts fur Chemische Physik in der Nahe von Semipalatinsk wo das Atomtestgelande war Allerdings durfte Semjonow selbst das Gelande nicht betreten weil die sowjetische Fuhrung Angst hatte er sei moglicherweise nicht loyal genug Dies stellte aber spater kein Hindernis dar um Semjonow zusammen mit anderen fuhrenden Kopfen des Atomprojekts mit dem Stalinpreis auszuzeichnen Ein Jahr spater fiel Semjonow allerdings endgultig in Ungnade Die Grunde dafur waren seine Vergangenheit vor allem seine Teilnahme am Burgerkrieg auf Seiten der Weissen seine Freundschaft mit Pjotr Kapiza der dem Regime als unbequem galt und seine Beziehungen zu britischen Wissenschaftlern Semjonow wurde Katzbuckelei vor dem Westen vorgeworfen Erst nach Stalins Tod im Marz 1953 durfte Semjonow wieder ungehindert forschen Die Auszeichnung mit dem Nobelpreis fur Chemie 1956 machte Semjonow mit einem Schlag zu einem in der ganzen Sowjetunion beruhmten Mann Auch die neue Kremlfuhrung unter Nikita Chruschtschow suchte die Nahe zum Wissenschaftler Allerdings durfte er wahrend der Reise nach Stockholm zur Verleihung des Nobelpreises seine Kinder nicht mitnehmen da man Angst hatte er konnte in den Westen fluchten Die Popularitat Semjonows fand seinen Niederschlag in seiner Wahl zum Vizeprasidenten der Akademie der Wissenschaften von 1963 bis 1971 in seiner Stellung als Berater fur Chemiefragen der sowjetischen Fuhrung und in mehreren Auszeichnungen Ende der 1950er Jahre wurde auf den Vorschlag Semjonows ein Testgelande fur die Erforschung der Brenn und Explosionsvorgange im Dorf Tschernogolowka in der Nahe von Noginsk gegrundet dessen Leitung er ubernahm Zu den damaligen Mitarbeitern Semjonows zahlte auch der spatere Menschenrechtler und Dissident Sergei Kowaljow Allerdings unterstutzte Semjonow der seit 1947 Mitglied der Kommunistischen Partei war nie offentlich die regimekritischen Wissenschaftler die sich um Andrei Sacharow gruppiert hatten In seinen letzten Jahren widmete er sich stark den okologischen Problemen und der Uberwindung von Folgen der Luftverschmutzung Er gehorte zu den ersten sowjetischen Wissenschaftlern die vor der globalen Erwarmung warnten und eine schnelle Ausstattung der Fabriken und Werke mit umweltschutzenden Filtern forderten Er grundete die Zeitschrift Chemische Physik und wurde zu ihrem Chefredakteur Erst wenige Monate vor seinem Tod im Alter von 90 Jahren gab er die Leitung des Instituts fur chemische Physik auf das jetzt seinen Namen tragt Werk BearbeitenNikolai Semjonow konzentrierte seine Arbeiten vor allem auf die Theorie der Reaktionsmechanismen und erforschte die Reaktionskinetik und die chemische Kettenreaktion Dabei versuchte er die von Max Bodenstein entwickelten Theorien uber die Reaktionsvorgange bei Kettenreaktionen fur verschiedene Anwendungen und Probleme praktisch nutzbar zu machen 1924 konnte er feststellen dass Phosphordampfe einen bestimmten kritischen Sauerstoffpartialdruck brauchen um sich zu entzunden Er konnte auch erkennen dass nach der Startreaktion einer Kettenreaktion ebenso wie bei den folgenden Reaktionen mehrere aktive Teilchen entstehen die zu einer Verzweigung der Reaktion fuhren und zugleich die Gesamtreaktion heftiger werden lassen Uber diese aktiven Teilchen lasst sich nach seinen Theorien eine Kettenreaktion steuern und auch abbremsen Seine Ergebnisse kommen zum einen bei der Herstellung von klopfarmen Kraftstoffen und Sprengstoffen mit vorhersehbaren Explosionsvorgangen zur Anwendung Zum anderen helfen sie bei der Entwicklung von neuen industriellen Fertigungsverfahren vor allem in der Kunststoffindustrie Mit den Arbeiten war beispielsweise der Grundstein fur eine industrielle Fertigung von Polymerisationserzeugnissen geschaffen Privatleben Bearbeiten1921 heiratete er Maria Issidorowna Borejsche Liwerowskaja die Professorin fur Romanistik und Ubersetzerin der Werke Dantes ins Russische Sie war alter als Semjonow und bereits vorher verheiratet aus ihrer ersten Ehe hatte sie vier Kinder wobei die altesten Kinder Semjonow nie als Stiefvater anerkannten Nachdem seine Frau im Jahr 1923 an Krebs gestorben war heiratete Semjonow 1924 ihre Nichte Natalja Nikolajewna Burzewa eine Musiklehrerin Aus dieser Ehe hatte Semjonow zwei Kinder Sohn Juri geb 1925 und Tochter Ljudmila geb 1928 1971 liess er sich scheiden und heiratete in dritter Ehe Lidia Schtscherbakowa die eine seiner Assistentinnen am Institut war Diese Ehe blieb kinderlos Auszeichnungen BearbeitenNobelpreis fur Chemie 1956 Held der sozialistischen Arbeit 1966 1976 Stalinpreis 1941 1949 Lomonossow Goldmedaille 1969 Leninpreis 1976 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina 1959 2 Mitglied der National Academy of Sciences 1963 Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1966 3 Ehrenmitglied Honorary Fellow der Royal Society of Edinburgh 4 Mitglied associe etranger der Academie des sciences 5 Literatur BearbeitenBernhard Kupfer Lexikon der Nobelpreistrager Patmos Verlag Dusseldorf 2001 ISBN 3 491 72451 1 Brockhaus Nobelpreise Chronik herausragender Leistungen Brockhaus Mannheim 2004 ISBN 3 7653 0492 1 A Schilow N Gorbunowa Nikolai Nikolajewitsch Semjonow In Voprosy istorii Nr 6 1999 S 64 85 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Nikolai Nikolajewitsch Semjonow Sammlung von Bildern Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1956 an Nikolay Nikolaevich Semenov englisch Literatur von und uber Nikolai Nikolajewitsch Semjonow im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Informationen zu und akademischer Stammbaum von Nikolai Nikolajewitsch Semjonow bei academictree orgEinzelnachweise Bearbeiten Istvan Hargittai Buried Glory Portraits of Soviet Scientists Oxford UP 2013 S 195 Mitgliedseintrag von Nikolaj N Semenov bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina abgerufen am 12 Oktober 2012 Eintrag zu Nikolai Nikolajewitsch Semjonow bei der Berlin Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Fellows Directory Biographical Index Former RSE Fellows 1783 2002 PDF Royal Society of Edinburgh abgerufen am 25 Juni 2022 Verzeichnis der Mitglieder seit 1666 Buchstabe S Academie des sciences abgerufen am 29 Februar 2020 franzosisch Trager des Nobelpreises fur Chemie 1901 van t Hoff 1902 E Fischer 1903 Arrhenius 1904 Ramsay 1905 von Baeyer 1906 Moissan 1907 Buchner 1908 Rutherford 1909 Ostwald 1910 Wallach 1911 Curie 1912 Grignard Sabatier 1913 Werner 1914 Richards 1915 Willstatter 1916 1917 nicht verliehen 1918 Haber 1919 nicht verliehen 1920 Nernst 1921 Soddy 1922 Aston 1923 Pregl 1924 nicht verliehen 1925 Zsigmondy 1926 Svedberg 1927 Wieland 1928 Windaus 1929 Harden von Euler Chelpin 1930 H Fischer 1931 Bosch Bergius 1932 Langmuir 1933 nicht verliehen 1934 Urey 1935 F Joliot Curie I Joliot Curie 1936 Debye 1937 Haworth Karrer 1938 Kuhn 1939 Butenandt 1940 1942 nicht verliehen 1943 de Hevesy 1944 Hahn 1945 Virtanen 1946 Sumner Northrop Stanley 1947 Robinson 1948 Tiselius 1949 Giauque 1950 Diels Alder 1951 McMillan Seaborg 1952 Martin Synge 1953 Staudinger 1954 Pauling 1955 Vigneaud 1956 Hinshelwood Semjonow 1957 Todd 1958 Sanger 1959 Heyrovsky 1960 Libby 1961 Calvin 1962 Perutz Kendrew 1963 Ziegler Natta 1964 Hodgkin 1965 Woodward 1966 Mulliken 1967 Eigen Norrish Porter 1968 Onsager 1969 Barton Hassel 1970 Leloir 1971 Herzberg 1972 Anfinsen Moore Stein 1973 E O Fischer Wilkinson 1974 Flory 1975 Cornforth Prelog 1976 Lipscomb 1977 Prigogine 1978 Mitchell 1979 Brown Wittig 1980 Berg Gilbert Sanger 1981 Fukui Hoffmann 1982 Klug 1983 Taube 1984 Merrifield 1985 Hauptman Karle 1986 Herschbach 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Semjonow Nikolai NikolajewitschALTERNATIVNAMEN Semyonov Nikolaj Nikolaevich russisch Semenov Nikolaj Nikolaevic wissenschaftliche Transliteration KURZBESCHREIBUNG russischer Physikochemiker und Nobelpreistrager fur ChemieGEBURTSDATUM 15 April 1896GEBURTSORT SaratowSTERBEDATUM 25 September 1986STERBEORT Moskau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nikolai Nikolajewitsch Semjonow amp oldid 232749685