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Sergei Adamowitsch Kowaljow russisch Sergej Adamovich Kovalyov 2 Marz 1930 in Seredyna Buda Oblast Sumy Ukrainische SSR Sowjetunion 9 August 2021 in Moskau war ein sowjetischer Dissident und spater ein russischer Menschenrechtler und Politiker der Partei Jabloko Der Biologe gab ein Samisdat heraus war von 1990 bis 2003 Parlamentsabgeordneter und von 1993 bis 1995 Vorsitzender der Menschenrechtskommission im Kabinett des russischen Prasidenten Sergei Kowaljow 2015 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Beruf 1 2 Dissident 1 3 Politiker 2 Auszeichnungen 3 Privates 4 Schriften 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenBeruf Bearbeiten 1932 zog die Familie nach Moskau 1954 schloss er ein Studium an der Biologischen Fakultat der Staatlichen Universitat Moskau ab und promovierte 1964 Bis 1970 forschte er an der Moskauer Universitat auf den Gebieten Biologie und Biophysik Insgesamt veroffentlichte er uber 60 wissenschaftliche Arbeiten Dissident Bearbeiten 1956 protestierte er mit Freunden auf dem Moskauer Puschkin Platz gegen die sowjetische Intervention in Ungarn 1962 beteiligte er sich an der Wissenschaftsopposition gegen den Chefbiologen Trofim Lyssenko 1966 stellte er sich als Zeuge fur die Verteidigung im politischen Prozess der russischen Schriftsteller Andrei Sinjawski und Juli Daniel zur Verfugung 1968 sammelte er an seinem Institut Unterschriften gegen die Inhaftierung von Dissidenten die gegen den Einmarsch sowjetischer Truppen in die Tschechoslowakei demonstriert hatten und trat als Zeuge bei deren Prozessen auf 1969 schloss er sich der Initiative Gruppe fur den Schutz der Menschenrechte in der UdSSR an 1971 wurde er Mitherausgeber der im Samisdat verfassten Chronik der laufenden Ereignisse russisch Chronika tekuschtschich sobyti die Menschenrechtsverletzungen in der Sowjetunion aufzeigte zusammen mit Tatjana Michailowna Welikanowa und Tatjana Sergejewna Chodorowitsch Er schloss Freundschaft mit Andrei Sacharow verfasste Petitionen an die UNO wurde 1974 Mitglied der sowjetischen Sektion von Amnesty International 1 Sein Sohn und seine Schwiegertochter unterstutzten seine Aktivitaten Im Dezember 1974 wurde Kowaljow verhaftet 1975 wurde er im litauischen Vilnius wegen antisowjetischer Aktivitaten und Propaganda zu sieben Jahren Arbeitslager und drei Jahren Verbannung verurteilt Die Haft verbusste er im Lager Perm 36 in Kutschino im Gebiet von Perm und dem Gefangnis Tschistopol die Verbannung im Dorf Matrossowo an der Kolyma Danach zog er in die Stadt Kalinin Sohn und Schwiegertochter erfuhren ein ahnliches Schicksal 1987 durften seine Kinder in die USA ausreisen und Kowaljow nach Moskau zuruckkehren Dort bekam er eine Arbeitsstelle am Institut fur Probleme des Informationstransfers der Akademie der Wissenschaften der UdSSR Politiker Bearbeiten Im Zuge der vom neuen KPdSU Generalsekretar Michail Sergejewitsch Gorbatschow initiierten Perestroika grundete Kowaljow 1987 gemeinsam mit anderen Menschenrechtlern den Presseclub Glasnost 2 1988 wurde er Leiter der Projektgruppe fur Menschenrechte der internationalen Stiftung Fur das Uberleben und die Entwicklung der Menschheit 1990 kandidierte er auf Anregung Sacharows fur die russische Menschenrechtsorganisation Memorial erfolgreich bei der Wahl des Volksdeputiertenkongress der RSFSR fur das Wahlbundnis Demokratisches Russland Er wurde auch Mitglied im Obersten Sowjet der Russischen SFSR dessen Prasidium er angehorte und war von 1990 bis 1993 Vorsitzender des parlamentarischen Komitees fur Menschenrechte des Obersten Sowjets 3 Zugleich wurde er Leiter der russischen Delegation bei der UN Menschenrechtskommission in Genf Bei der Dumawahl 1993 wurde er fur das radikaldemokratische Bundnis Wahl Russlands erneut ins Parlament gewahlt nahm massgeblich Einfluss auf den Burgerrechtskatalog in der russischen Verfassung die Rechte und Freiheiten der Menschen und der Burger und wurde erneut Vorsitzender des parlamentarischen Menschenrechtsausschusses Boris Jelzin ernannte ihn 1993 zum Vorsitzenden der Menschenrechtskommission im Kabinett des Prasidenten 4 Er ging auf Inspektionsreisen in die sibirischen Straflager ins tschetschenische Grosny und verfasste Vorlagen zur Humanisierung des russischen Strafvollzugs Im Januar 1995 initiierte er einen kurzzeitigen Waffenstillstand in Tschetschenien 5 Er trat aus Protest gegen die Tschetschenienpolitik aus dem Kabinett Jelzins zuruck und beschuldigte den Prasidenten fur die Eskalation des Konflikts verantwortlich zu sein 6 Nach scharfer Kritik an den Ubergriffen der russischen Armee im Ersten Tschetschenienkrieg entzog ihm das Parlament im Marz 1995 mit 240 zu 75 Stimmen den Vorsitz des Menschenrechtsausschusses Auf der anderen Seite wurde Kowaljow vorgeworfen wahrend des russischen Einmarsches in Grosny die Truppen per Funk aufgefordert zu haben sich zu ergeben und freiwillig in tschetschenische Gefangenschaft zu begeben Im Gegenzug wurde ihnen freies Geleit aus der Republik zugesichert Tatsachlich kam es bei Gefangennahmen russischer Soldaten aber zu zahlreichen Folterungen und Hinrichtungen 7 Wegen seines massgeblichen Beitrages zur Bildung der offiziellen Opposition gegen den Ersten Tschetschenienkrieg wurde er mit dem Homo Homini Preis 1995 ausgezeichnet 8 Bei den Wahlen 1995 und 1999 wurde er als liberaler Abgeordneter der Duma wiedergewahlt Von 1996 bis 2003 war er Mitglied der russischen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Ab 1996 war er Prasident des Menschenrechtsinstituts Russlands 2000 nahm er am Internationalen offentlichen Tribunal Vilnius teil das die Verbrechen des Kommunismus bewerten sollte 2002 initiierte er eine offentliche Kommission um die Hintergrunde der Sprengstoffanschlage auf Moskauer Wohnhauser 1999 zu beleuchten 9 Nachdem die Kommission behauptet hatte dass nicht tschetschenische Terroristen sondern der russische Inlands Geheimdienst FSB hinter dem Anschlag stunde wurden fuhrende Kommissionsmitglieder entweder ermordet Sergej Juschenkow 10 in politisch motivierten Verfahren verurteilt Michail Trepaschkin 11 kamen unter ungeklarten Umstanden ums Leben Juri Schtschekotschichin 12 13 oder wurden brutal zusammengeschlagen Otto Lacis 14 Fur die Prasidentschaftswahlen 2008 erklarte er es werde keinen Gewinner geben ohne Zustimmung des Kremls Wenn es keine Chancen gebe eine Wahl zu gewinnen werde die Wahl eine Falle ein Trick fur Regierungspropaganda 15 Kowaljow starb im August 2021 im Alter von 91 Jahren 16 Auszeichnungen Bearbeiten1992 Medaille der Erinnerung des 13 Januars der Republik Litauen 1993 Ehrendoktortitel der Medizin an der Litauischen Universitat fur Gesundheitswissenschaften 1994 Personlichkeit des Jahres der Tageszeitungen Iswestija Moskau und Gazeta Wyborcza Warschau 1994 Homo Homini Preis der tschechischen Hilfsorganisation Clovek v tisni Mensch in Not 1995 Bruno Kreisky Preis fur Verdienste um die Menschenrechte 1995 Ehrenburger von Krakau 1995 Europaischer Menschenrechtspreis gemeinsam mit Raoul Wallenberg 1995 Internationaler Nurnberger Menschenrechtspreis 1995 Nominierung fur den Friedensnobelpreis 1995 Theodor Haecker Preis 1996 Auszeichnung der Internationalen Liga fur Menschenrechte 1996 Auszeichnung des norwegischen Helsinki Komitees 1996 Ehrendoktortitel im Bereich der Menschenrechte an der University of Essex 1996 Nominierung fur den Friedensnobelpreis 1996 Orden des Ritters der Ehre der Tschetschenischen Republik Itschkerien ausgezeichnet in Moskau im Januar 1997 17 1999 Grossoffizierskreuz des Ordens des litauischen Grossfursten Gediminas 2000 Carl von Ossietzky Preis fur Zeitgeschichte und Politik 2003 Tomas Garrigue Masaryk Orden II Klasse 2004 Olof Palme Preis gemeinsam mit Ljudmila Alexejewa und Anna Politkowskaja 2005 Victor Gollancz Preis gemeinsam mit Mustafa Dschemilew 2005 Orden des Marienland Kreuzes III Klasse 2006 Offizier der Ehrenlegion 18 19 2009 Sacharow Preis des Europaischen Parlaments gemeinsam mit Ljudmila Aleksejewa und Oleg Orlow fur die Menschenrechtsorganisation Memorial 20 2009 Grosskreuz des Verdienstordens der Republik Polen 2011 Freiheitspreis der Republik Litauen 21 Privates BearbeitenKowaljows Gesundheit galt seit seinem langjahrigen Aufenthalt im Arbeitslager als angeschlagen Im Juli 1996 erlitt er einen schweren Herzinfarkt Er war mit der Rechtsanwaltin Ludmila Jurjewna Boizowa verheiratet Sie haben einen Sohn und zwei Tochter Iwan Marija und Warwara Schriften BearbeitenS A Kovalev et al Rossiiskij bjulleten po pravam celoveka Memorial Moskva 1991 ISBN 5 87106 020 X Sergej Kowaljow Der Flug des weissen Raben Von Sibirien nach Tschetschenien Eine Lebensreise Rowohlt Berlin Berlin 1997 ISBN 3 87134 256 4 Sergej A Kowaljow Russlands schwieriger Weg und sein Platz in Europa Collegium Europaeum Jenense Jena 1999 ISBN 3 933159 05 9 Roger Hood Sergei Kovalev The death penalty Abolition in Europe Council of Europe Pub Strasbourg 1999 ISBN 92 871 3874 5 Sergej Kovalev Pragmatika politiceskogo idealizma Institut prav celoveka Moskva 1999 S A Kovalev Mir strana licnost Izograf Moskva 2000 ISBN 5 87113 085 2Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Sergey Adamovich Kovalyov Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Sergei Adamowitsch Kowaljow im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Sergei Adamowitsch Kowaljow im Munzinger Archiv Artikelanfang frei abrufbar Interview mit Sergei Kowaljow im Onlinearchiv der Osterreichischen MediathekEinzelnachweise Bearbeiten Deutsch Kaukasische Gesellschaft e V Personen d k g de abgerufen am 17 Dezember 2012 Elena Zhludova Die Grunen und die Sowjetunion in der Ara Gorbatschow 2014 S 206 uni heidelberg de PDF Doktorarbeit Universitat Heidelberg Kovalev Sergej In Lenta ru Abgerufen am 7 August 2023 russisch Das russische Gewissen zeit de 1995 abgerufen am 17 Dezember 2012 Internationaler Nurnberger Menschenrechtspreis Kowaljow nuernberg de 10 Januar 1995 abgerufen am 17 Dezember 2012 Kowaljow Der Rechtlosigkeit Tur und Tor geoffnet amnesty de Marz 1996 archiviert vom Original am 2 April 2015 abgerufen am 17 Dezember 2012 lib ru auf Russisch Recipients of the Homo Homini Award clovekvtisni cz archiviert vom Original am 1 Mai 2011 abgerufen am 17 Dezember 2012 englisch Webseite zur Kommission und ihren Ergebnissen terror99 ru russisch Russischer Parteifuhrer erschossen Auf faz net vom 17 April 2003 Der Fall Trepaschkin bei Amnesty International Stand Juni 2006 Manfred Quiring Gegner des Kreml leben gefahrlich In Berliner Morgenpost 25 November 2006 abgerufen am 8 Januar 2023 Grosse politische Morde russisch Auf grani ru vom 12 Oktober 2006 www newsru com russisch The Tsars Opponent New Yorker 1 Oktober 2007 If there is no chance at all to win the elections then the danger of participating in the elections is that it becomes a trap a trick for government propaganda Sonja Zeri Der letzte Dissident In Suddeutsche Zeitung 10 August 2021 abgerufen am 8 Januar 2023 Menschenrechtler Sergei Kowaljow ruft Tschetschenen dazu auf Schikanen gegenuber Russen innerhalb der Republik zu unterlassen Interfax Religion 22 Januar 1997 Frankreich hat Sergei Kowaljow mit dem Orden der Ehrenlegion ausgezeichnet yabloko ru 12 Dezember 2006 Vorsitzender der Menschenrechtsgesellschaft Memorial wurde zum Offizier des Ordens der Ehrenlegion Frankreichs ernannt newsru com 11 Dezember 2006 Sacharow Preis 2009 geht an russische Burgerrechtsorganisation Memorial Europaisches Parlament 8 Dezember 2009 Der erste litauische Freiheitspreis wurde an den russischen Menschenrechtsaktivisten Sergei Kowaljow vergeben hro org 14 Dezember 2011Trager des Internationalen Nurnberger Menschenrechtspreises Russland nbsp Sergej Kowaljow 1995 Tunesien nbsp Khemais Chammari Israel nbsp Abie Nathan 1997 Mauretanien nbsp Fatimata M Baye 1999 Mexiko nbsp Samuel Ruiz Garcia 2001 Indien nbsp Teesta Setalvad Pakistan nbsp Ibn Abdur Rehman 2003 Usbekistan nbsp Tamara Chikunova 2005 Ruanda nbsp Eugenie Musayidire 2007 Iran nbsp Abdolfattah Soltani 2009 Kolumbien nbsp Hollman Morris 2011 Uganda nbsp Kasha Jacqueline Nabagesera 2013 Bangladesch nbsp Amirul Haque Amin 2015 Syrien nbsp Gruppe Caesar 2017 Chile nbsp Rodrigo Mundaca 2019 China Volksrepublik nbsp Sayragul Sauytbay 2021 Kenia nbsp Malcolm Bidali 2023 Normdaten Person GND 119438658 lobid OGND AKS LCCN n92110924 VIAF 299608562 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kowaljow Sergei AdamowitschALTERNATIVNAMEN Kovalyov Sergej Adamovich russisch KURZBESCHREIBUNG sowjetischer Dissident russischer Politiker und BiologeGEBURTSDATUM 2 Marz 1930GEBURTSORT Seredyna Buda Oblast Sumy Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik SowjetunionSTERBEDATUM 9 August 2021STERBEORT Moskau Russland Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sergei Adamowitsch Kowaljow amp oldid 238888236