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Max Ferdinand Perutz 19 Mai 1914 in Wien Osterreich Ungarn 6 Februar 2002 in Cambridge war ein osterreichisch britischer Chemiker Er erhielt 1962 den Nobelpreis fur Chemie Max Perutz 1962 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Der Autor 3 Sonstiges 4 Privates 5 Auszeichnungen 6 Hauptwerk 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseLeben BearbeitenDie Eltern von Max Perutz waren Adele Dely geb Goldschmidt und Hugo Perutz Beide Eltern entstammten wohlhabenden Textilfabrikantenfamilien aus dem assimilierten Judentum der Sohn wurde jedoch in der romisch katholischen Konfession erzogen 1 Nach dem Besuch des Theresianums in Wien begann er ab 1932 ein Studium an der Universitat Wien 1 Dort wurde sein Interesse an der Biochemie vor allem durch Kurse bei Friedrich Wessely geweckt 1 Nachdem er 1936 seinen ersten Universitatsabschluss in Wien gemacht hatte ging er nach England und trat dort am Cavendish Laboratory der University of Cambridge als Forschungsassistent einer Kristallographieforschungsgruppe unter John Desmond Bernal bei Unter der Betreuung William Lawrence Braggs machte er seinen Ph D In Cambridge begann er auch am Hamoglobin zu forschen das fur den Transport des Sauerstoffs im Blut verantwortlich ist und ihn den grossten Teil seiner Forscherkarriere beschaftigen sollte Nachdem NS Deutschland Osterreich 1938 annektiert hatte wurde Perutz wegen seiner judischen Herkunft des Landes verwiesen Als der Zweite Weltkrieg ausbrach wurde Perutz zusammen mit anderen Personen deutscher oder osterreichischer Herkunft von England nach Kanada abgeschoben als ein Beitrag des Landes die Kriegslasten im Commonwealth mitzutragen Als die Lagerbedingungen in Kanada sich besserten zuerst waren faschistische Kriegsgefangene und Fluchtlinge gemeinsam untergebracht gewesen dann wurden sie nach lauten Protesten getrennt wirkte Perutz als ein Lagerlehrer der Fluchtlinge wie viele andere Insassen mit intellektuellem oder handwerklichem Hintergrund auch 2 Wahrend des Krieges arbeitete er am Projekt Habbakuk Bei diesem Forschungsprojekt ging es darum mitten im Atlantik eine Flugzeugplattform zu errichten auf der Flugzeuge versorgt und aufgetankt werden konnten Zu diesem Zweck untersuchte er die gerade erst entdeckte Substanz Pykrete eine Mischung aus Eis und Holzfasern Dazu fuhrte er auch im Fruhstadium Versuche mit Pykrete unter dem Smithfield Meat Market in London durch Perutz war fur dieses Forschungsprojekt ausgewahlt worden da er vor dem Krieg auf dem Gebiet der Veranderungen von Kristallanordnungen in den Schichten von Gletschereis geforscht hatte Nach dem Krieg kehrte er auch kurz wieder zur Glaziologie zuruck und demonstrierte dabei unter anderem wie Gletscher fliessen 1947 grundete er als Professor in Cambridge die Abteilung fur Molekularbiologie Laboratory of Molecular Biology die er bis 1979 leitete Dort arbeiteten Francis Crick Hugh Huxley James Watson Sydney Brenner Fred Sanger und Aaron Klug Mit Perutz als Leiter wurde das Institut zur Geburtsstatte der Molekularbiologie aus der funfzehn Nobelpreistrager 3 hervorgingen In Cambridge wurde er auch zu einem Mitglied des Peterhouse wo er 1962 zum Honorary Fellow ernannt wurde Er kummerte sich dabei sehr um die neuen Mitglieder und war auch ein regelmassiger und beliebter Sprecher des Kelvin Club der wissenschaftlichen Gesellschaft des Colleges 1953 zeigte Perutz dass man die Beugung von Rontgenstrahlen an Proteinkristallen die wechselweise mit schweren Atomen versetzt bzw nicht versetzt wurden nutzen konnte um die Struktur der Kristalle aufzuklaren Losung des Phasenproblems 1958 gelang damit John Kendrew mit anderen die Aufklarung der ersten Proteinstruktur der des Myoglobins Im Jahr 1959 benutzte Max Perutz diese Technik um die Struktur des Proteins Hamoglobin aufzuklaren Fur diese Arbeiten wurde ihm 1962 zusammen mit John Kendrew der Nobelpreis fur Chemie verliehen 4 Heutzutage werden jahrlich mehrere tausend Molekulstrukturen von Proteinen durch Rontgenkristallographie bestimmt Nach 1959 fuhren Perutz und seine Kollegen fort die Struktur von Oxy und Desoxy Hamoglobin bei hoher Auflosung zu bestimmen Als Ergebnis war er in den 1970ern schliesslich in der Lage die genaue Funktionsweise des Hamoglobins erklaren zu konnen wie es zwischen der oxidierten und der nichtoxidierten Form hin und herwechselt und dabei die Aufnahme von Sauerstoff bzw dessen Abgabe in Muskeln und Organen regelt Weitere Arbeiten uber die nachsten beiden Dekaden verfeinerten und bekraftigten Perutz Forschungsergebnisse zur Funktionsweise des Hamoglobins Zusatzlich studierte Perutz auch die Strukturveranderungen des Hamoglobins bei vielen Hamoglobin Krankheiten und wie dies die Sauerstoffbindung beeintrachtigte Er hoffte dabei dieses Molekul als Medikamentenrezeptor einsetzen zu konnen um so die Krankheitsfolgen der Sichelzellenanamie bremsen oder sogar heilen zu konnen Ein weiterer seiner Forschungsbereiche war die Unterschiedlichkeit der Hamoglobinstrukturen verschiedener Spezies um sich an unterschiedliche Lebensraume und Verhaltensmuster anzupassen In seinen letzten Lebensjahren beschaftigte sich Perutz mit der Veranderung von Proteinstrukturen wie sie durch Huntington und andere neurodegenerative Krankheiten hervorgerufen wurden Dabei zeigte er dass die Huntington Krankheit mit der Anzahl der Glutamin Wiederholungen zusammenhangt da diese sich zu Formen vereinigt die er einen entgegengesetzten Reissverschluss englisch polar zipper nannte Perutz starb 2002 an einem Merkelzellkarzinom einer seltenen Hautkrebserkrankung Bis zuletzt arbeitete er an einem wissenschaftlichen Projekt das er wenige Jahre zuvor begonnen hatte und das ein atomares Modell von Amyloid Fasern zum Thema hatte Das vorlaufige Endergebnis seiner Untersuchungen wurde posthum im April 2002 veroffentlicht 5 In Wien tragen am Campus Vienna Biocenter sowohl die fachspezifische Bibliothek 6 als auch die Max F Perutz Laboratories ein Joint Venture der Universitat Wien und der Medizinischen Universitat Wien seinen Namen Gleiches gilt fur den Perutz Gletscher in der Antarktis Der Autor BearbeitenIn seinen spateren Jahren war Perutz ein regelmassiger Reviewer Essayist fur The New York Review of Books in biochemischen Themen Viele dieser Essays wurden 1998 zusammengefasst in seinem Buch I wish I had made you angry earlier Perutz schriftstellerische Ambitionen waren in seiner Kindheit von Leo Perutz einem bekannten Schriftsteller und Cousin seines Vaters kritisiert worden der dem Jungen beschied dass er nie zum Schriftsteller taugen wurde Eine unberechtigte Feststellung wie man anhand der bemerkenswerten Briefe die Perutz als Minderjahriger verfasste feststellen kann Diese Briefe sind zusammengefasst im Buch What a Time I Am Having Selected Letters of Max Perutz Max Perutz war auch entzuckt daruber dass er 1997 fur seine wissenschaftlichen Schriften den Lewis Thomas Prize erhielt Sonstiges BearbeitenBei einer Vorlesung uber Living Molecules im Jahr 1994 in Cambridge griff Perutz auch die Theorien der Philosophen Karl Popper und Thomas S Kuhn sowie des Biologen Richard Dawkins an Er kritisierte Poppers Ansicht dass wissenschaftlicher Fortschritt durch eine Abfolge von Hypothesenerstellung und widerlegung stattfinde indem er erklarte dass Hypothesen nicht notwendigerweise Basis wissenschaftlicher Forschung sein mussten und zumindest in der Molekularbiologie sie nicht notwendigerweise Gegenstand von Anderungen sein mussten Kuhns Ansicht wiederum dass wissenschaftlicher Fortschritt in Paradigmenwechseln stattfinde die durch sozialen und kulturellen Druck ausgelost wurden war fur Perutz eine unfaire Darstellung der modernen Wissenschaft Seine Kritik weitete er dabei auch auf Wissenschaftler aus welche Religionen kritisierten speziell Richard Dawkins Ausserungen welche religiosen Glauben verletzten waren fur Perutz taktlos und beschadigten einfach nur das Ansehen der Wissenschaft Er schlussfolgerte Selbst wenn wir nicht an Gott glauben so sollten wir doch versuchen so zu leben als wurden wir es tun In den Tagen nach den Anschlagen vom 11 September 2001 schrieb Perutz dem britischen Premier Tony Blair und appellierte an ihn nicht mit militarischen Mitteln zu antworten Ich bin alarmiert durch die amerikanischen Rufe nach Vergeltung und besorgt dass Prasident Bushs Rache zum Tod tausender unschuldiger Menschen fuhren und uns in eine Welt aus eskalierendem Terror und Gegenterror sturzen wird Ich hoffe dass Sie ihren massigenden Einfluss dazu nutzen konnen dass dies nicht passiert Privates BearbeitenMax Perutz heiratete 1942 Gisela Peiser Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor Vivien 1944 eine Kunsthistorikerin und Robin 1949 ein Professor fur Chemie an der University of York Auszeichnungen Bearbeiten1954 Mitglied der Royal Society 1962 Nobelpreis fur Chemie gemeinsam mit John Cowdery Kendrew 1963 Commander of the Order of the British Empire 1963 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences 1964 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina 7 1965 Ehrendoktor der Universitat Wien 1967 Osterreichisches Ehrenzeichen fur Wissenschaft und Kunst 1967 Wilhelm Exner Medaille 1968 Mitglied der American Philosophical Society 1970 Mitglied der National Academy of Sciences 1971 Royal Medal der Royal Society 1972 Ehrendoktor der Universitat Salzburg 1975 Companion of Honour 1976 Ehrenmitglied Honorary Fellow der Royal Society of Edinburgh 1976 Auswartiges Mitglied der Academie des sciences 1979 Copley Medaille 1983 Korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1985 Auswartiges Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR 1987 zusammen mit John Meurig Thomas Christmas Lectures Crystals and Lasers 1989 Mitglied des Order of Merit 1993 Otto Warburg Medaille 1997 Lewis Thomas PrizeHauptwerk BearbeitenProteins and nucleic acids 1962Literatur BearbeitenGeorgina Ferry Max Perutz und das Geheimnis des Lebens ubersetzt von Alfred Goubran Braumuller Verlag Wien 2022 ISBN 978 3 99100 344 1 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Max Perutz Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Max Ferdinand Perutz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Max Ferdinand Perutz in der Deutschen Digitalen Bibliothek Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1962 an Max F Perutz englisch Eintrag zu Perutz Max Ferdinand 1914 2002 im Archiv der Royal Society London Eintrag uber Max Ferdinand Perutz in der Datenbank der Wilhelm Exner Medaillen Stiftung Max Perutz Library Max F Perutz Laboratories Aufnahmen zu und mit Max Perutz im Onlinearchiv der Osterreichischen Mediathek Wolfgang Burgmer 19 05 1914 Geburtstag des Biochemikers Max Perutz WDR ZeitZeichen vom 19 Mai 2019 Podcast Informationen zu und akademischer Stammbaum von Max Ferdinand Perutz bei academictree orgEinzelnachweise Bearbeiten a b c Max F Perutz Facts Nobeprize org The official website of the Nobel Prize abgerufen am 25 Juli 2013 englisch Annette Puckhaber Ein Privileg fur wenige Die deutschsprachige Migration nach Kanada im Schatten des Nationalsozialismus Lit Munster 2000 Zugl Diss phil Universitat Trier S 223 Volltext LMB Nobel Facts In MRC Laboratory of Molecular Biology cam ac uk abgerufen am 3 November 2017 Albert Gossauer Struktur und Reaktivitat der Biomolekule Verlag Helvetica Chimica Acta Zurich 2006 ISBN 3 906390 29 2 S 449 Max Perutz 19 Mai 1914 bis 6 Februar 2002 PDF Datei 99 kB Nachruf Auszug aus dem Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 2002 S 331f Max Perutz Library Mitgliedseintrag von Max Ferdinand Perutz bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina abgerufen am 10 Juni 2022 Klaus Taschwer Max F Perutz Der schmachtige Wissenschaftsgigant In DerStandard at 10 Juni 2022 abgerufen am 10 Juni 2022 Trager des Nobelpreises fur Chemie 1901 van t Hoff 1902 E Fischer 1903 Arrhenius 1904 Ramsay 1905 von Baeyer 1906 Moissan 1907 Buchner 1908 Rutherford 1909 Ostwald 1910 Wallach 1911 Curie 1912 Grignard Sabatier 1913 Werner 1914 Richards 1915 Willstatter 1916 1917 nicht verliehen 1918 Haber 1919 nicht verliehen 1920 Nernst 1921 Soddy 1922 Aston 1923 Pregl 1924 nicht verliehen 1925 Zsigmondy 1926 Svedberg 1927 Wieland 1928 Windaus 1929 Harden von Euler Chelpin 1930 H Fischer 1931 Bosch Bergius 1932 Langmuir 1933 nicht verliehen 1934 Urey 1935 F Joliot Curie I Joliot Curie 1936 Debye 1937 Haworth Karrer 1938 Kuhn 1939 Butenandt 1940 1942 nicht verliehen 1943 de Hevesy 1944 Hahn 1945 Virtanen 1946 Sumner Northrop Stanley 1947 Robinson 1948 Tiselius 1949 Giauque 1950 Diels Alder 1951 McMillan Seaborg 1952 Martin Synge 1953 Staudinger 1954 Pauling 1955 Vigneaud 1956 Hinshelwood Semjonow 1957 Todd 1958 Sanger 1959 Heyrovsky 1960 Libby 1961 Calvin 1962 Perutz Kendrew 1963 Ziegler Natta 1964 Hodgkin 1965 Woodward 1966 Mulliken 1967 Eigen Norrish Porter 1968 Onsager 1969 Barton Hassel 1970 Leloir 1971 Herzberg 1972 Anfinsen Moore Stein 1973 E O Fischer Wilkinson 1974 Flory 1975 Cornforth Prelog 1976 Lipscomb 1977 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