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Der Turmfalke Falco tinnunculus ist der am haufigsten vorkommende Falke Mitteleuropas Der Offentlichkeit ist er relativ vertraut da er sich auch Stadte und Stadtraume als Lebensraum erobert hat und ofter beim Ruttelflug zu beobachten ist daher auch die verbreitete Bezeichnung Ruttler nicht zu verwechseln wiederum mit dem Rotelfalken TurmfalkeTurmfalke Falco tinnunculus MannchenSystematikKlasse Vogel Aves Ordnung Falkenartige Falconiformes Familie Falkenartige Falconidae Unterfamilie Eigentliche Falken Falconinae Gattung Falken Falco Art TurmfalkeWissenschaftlicher NameFalco tinnunculusLinnaeus 17582007 war der Turmfalke in Deutschland 1 und 2008 in der Schweiz 2 Vogel des Jahres Inhaltsverzeichnis 1 Name 2 Erscheinungsbild 2 1 Gefieder 2 2 Korperbau 2 3 Flugbild 3 Lautausserungen 4 Verbreitung 5 Uberwinterungsgebiete 6 Zugverhalten 7 Lebensraum 7 1 Typische Lebensraume des Turmfalken 7 2 Turmfalken als Kulturfolger 8 Nahrung und Nahrungserwerb 8 1 Beutetiere 8 2 Ansitzjagd Ruttelflug und Luftjagd 8 3 Optimierung des Energieaufwands die Jagdformen im Vergleich 9 Fortpflanzung 9 1 Balz 9 2 Brutplatz 9 3 Aufzucht der Jungen 10 Lebenserwartung 11 Bestand 12 Mensch und Turmfalke 12 1 Vogel des Jahres 13 Literatur 14 Weblinks 15 EinzelnachweiseName BearbeitenDie wissenschaftliche Artbezeichnung lateinisch tinnunculus klingend oder schellend weist auf den Ruf des Turmfalken hin der an ein ti ti ti ti erinnert und in Ton und Rufgeschwindigkeit je nach Situation variiert Die heute im deutschen Sprachgebrauch ubliche Bezeichnung Turmfalke weist darauf hin dass Turmfalken auch menschliche Bauwerke als Brutplatz nutzen und dabei bevorzugt in den obersten Regionen nisten Neben der Bezeichnung Turmfalke existieren eine Reihe weiterer Trivialbezeichnungen die regional unterschiedlich sind Der Name Ruttelfalke nicht zu verwechseln mit dem ahnlichen Rotelfalken weist auf den charakteristischen Flug hin Mauer Dom oder Kirchfalke auf die in menschlichen Siedlungen praferierten Nistgelegenheiten Die gelegentlich auch gebrauchte Bezeichnung Taubensperber ist allerdings eine Fehlinterpretation des Beutespektrums des Turmfalken Anders als beim Wanderfalken zahlen Tauben nur selten zu den Vogelarten die von ihm erbeutet werden da sie als Beutetier fur ihn zu gross sind Ausgestorben ist die Bezeichnung Wannewehr Erscheinungsbild BearbeitenGefieder Bearbeiten nbsp Turmfalkenpaar Illustration oben das Weibchen unten das Mannchen mit den typischen dunklen Tupfen nbsp Turmfalkenpaar links das MannchenTurmfalken zeigen in ihrem Gefieder einen ausgepragten Geschlechtsdimorphismus Das auffalligste Unterscheidungsmerkmal zwischen mannlichen und weiblichen Turmfalken ist die Kopffarbung Bei Mannchen ist der Kopf grau wahrend Weibchen einheitlich rotbraun gefarbt sind Mannchen haben ausserdem auf ihrem rotbraunen Rucken kleine schwarze und zum Teil rautenformige Flecken Ihre Oberschwanzdecken sowie der Hinterrucken und die Schwanzfedern der so genannte Stoss sind gleichfalls hellgrau Das Stossende weist eine deutliche schwarze Endbinde mit einem weissen Saum auf Die Unterseite ist hell cremefarben und nur sehr leicht braunlich gefleckt oder gestreift Der Unterbauch und die Unterflugeldecken sind fast weiss Das ausgewachsene Weibchen ist am Rucken dunkel quer gebandert Im Unterschied zum Mannchen ist der Stoss braun und zeigt zudem mehrere Querstreifen und eine deutliche Endbinde Auch die Unterseite ist dunkler als beim Mannchen und weist eine starkere Fleckung auf Jungvogel gleichen in ihrem Gefieder den Weibchen Allerdings wirken ihre Flugel runder und kurzer als bei adulten Turmfalken Ausserdem weisen die Spitzen der Handschwingen hellere Saume auf Wachshaut und Augenring die bei ausgewachsenen Vogeln gelb sind sind bei Jungvogeln hellblau bis grungelblich Bei beiden Geschlechtern ist der Schwanz abgerundet da die ausseren Schwanzfedern kurzer als die mittleren Schwanzfedern sind Bei ausgewachsenen Vogeln erreichen die Flugelspitzen das Schwanzende Die Beine sind sattgelb die Krallen schwarz Korperbau Bearbeiten Korpergrosse und Flugelspannweite variieren je nach Unterart und Individuum stark Bei der in Europa vertretenen Unterart Falco tinnunculus tinnunculus erreichen Mannchen durchschnittlich eine Korperlange von 34 5 Zentimetern und Weibchen von 36 Zentimetern Die Flugelspannweite des Mannchens betragt durchschnittlich knapp 75 Zentimeter und bei den grosseren Weibchen 76 Zentimeter Normal ernahrte Mannchen wiegen im Schnitt etwa 200 Gramm Weibchen sind durchschnittlich etwa 20 Gramm schwerer Wahrend Mannchen das ganze Jahr uber ein in der Regel konstantes Gewicht haben schwankt das der Weibchen betrachtlich Sie sind am schwersten wahrend der Legeperiode in der auch normal ernahrte Weibchen mehr als 300 Gramm wiegen konnen Gewicht der Weibchen und Bruterfolg sind dabei positiv korreliert Schwere Weibchen haben grossere Gelege und sind erfolgreicher bei der Aufzucht ihrer Jungen Flugbild Bearbeiten source source source source source source Turmfalke im Ruttelflug source source source source source Zeitlupe Ruttelflug nbsp Weiblicher oder diesjahriger Turmfalke im Ruttelflug Flugel und Schwanz sind maximal aufgefachert nbsp Turmfalke beim Ruttelflug die Flugel sind maximal gestreckt nbsp Im Gleitflug nbsp Turmfalke mit NagetierDer Turmfalke ist wahrend seines auffalligen Ruttelfluges gut erkennbar Diesen nutzt er zur Beutesuche Er bleibt dabei in einer Hohe von 10 bis 20 Metern an einer Stelle in der Luft stehen und spaht nach geeigneter Beute Der Flugelschlag ist schnell der Schwanz meist breit gefachert und etwas nach unten geknickt Auf und Niederschlag erfolgen in einer weitgehend waagerechten Ebene und bewegen etwa gleich grosse Luftmengen Hat er ein potentielles Beutetier etwa eine Wuhlmaus gesehen sturzt er im Sturzflug darauf zu und greift es wobei er kurz vor dem Boden abbremst Das schnelle Anfliegen seines Jagdgebietes der Streckenflug ist durch einen schnellen etwas hastig wirkenden Flugelschlag gekennzeichnet Bei gunstigem Wind oder bei Annaherung an ein Beutetier kann er aber auch gleiten Lautausserungen Bearbeiten nbsp Lauschender TurmfalkeUntersuchungen haben gezeigt dass sich bei Weibchen elf und bei Mannchen uber neun unterschiedliche Lautausserungen differenzieren lassen Die Rufe lassen sich in wenige Grundmuster unterteilen deren Lautstarke Tonhohe und Frequenz je nach Situation variiert Sowohl das Weibchen als auch das Mannchen variieren dabei unter anderem den Bettelruf der Jungvogel der auch als Lahnen bezeichnet wird Besonders von Weibchen ist dieses Lahnen wahrend der Balz zu horen oder wenn sie ihre Mannchen wahrend der Brutzeit um Futter anbetteln Das ti ti ti das von manchen Autoren auch lautsprachlich als kikiki umschrieben wird ist ein Erregungslaut der vor allem dann zu horen ist wenn die Vogel am Nest gestort werden Varianten dieses Rufes treten auch kurz bevor das Mannchen die Beute am Nest ubergibt auf Die Lautausserungen des Turmfalken sind auf einer Seite von lbv de zu horen 3 Verbreitung Bearbeiten nbsp Verbreitung der Turmfalken Nominatform in Europa und angrenzenden Regionen grun ganzjahrig gelb SommerAls ein charakteristisches Beispiel fur eine altweltliche Verbreitung ist der Turmfalke in Europa Asien und Afrika zu finden wo er fast alle Klimazonen der palaarktischen der athiopischen und der orientalischen Region besiedelt Er ist eher im Flachland anzutreffen Innerhalb dieses grossen Verbreitungsgebiets wird eine Reihe von Unterarten beschrieben deren Anzahl je nach Autor schwankt Die folgende Unterartengliederung folgt im Wesentlichen Piechocki 1991 Falco tinnunculus tinnunculus Linnaeus 1758 ist die Nominatform die fast die gesamte Palaarktis bewohnt Ihr Brutareal reicht in Europa von 68 N in Skandinavien und 61 N in Russland uber die Inseln des Mittelmeers bis nach Nordafrika Sie ist auch auf den Britischen Inseln verbreitet F t alexandri Bourne 1955 ist auf den sudlichen Kapverdischen Inseln beheimatet F t neglectus kommt auf den nordlichen Kapverdischen Inseln vor Beide Unterarten sind kraftiger gefarbt als die Nominatform und zeichnen sich durch ein kleineres Flugelmass aus F t canariensis Koenig AF 1890 bewohnt die westlichen Kanarischen Inseln und kommt ausserdem auf Madeira vor F t dacotiae lebt dagegen auf den ostlichen Kanarischen Inseln F t rupicolaeformis Brehm CL 1855 ist von Agypten und dem nordlichen Sudan bis zur Arabischen Halbinsel zu finden F t interstinctus McClelland 1840 lebt in Japan Korea China Burma Assam und im Himalaya F t rufescens Swainson 1837 bewohnt die afrikanischen Savannen sudlich der Sahara bis nach Athiopien F t archeri Hartert E amp Neumann 1932 kommt in Somalia und an der sudlichen Kuste Kenias vor F t rupicolus Daudin 1800 ist von Angola aus in ostlicher Richtung bis nach Tansania und in sudlicher Richtung bis zum Kapland verbreitet Wird heute als eigene Art Falco rupicolus gefuhrt F t objurgatus Baker ECS 1927 kommt im sudlichen und westlichen Indien sowie auf Sri Lanka vor Das International Ornithological Committee fuhrt zusatzlich 4 F t perpallidus Clark AH 1907 kommt im Nordosten Sibiriens uber den Nordosten China und Korea vor F t dacotiae Hartert E 1913 ist auf den Kanarischen Inseln verbreitet F t neglectus Schlegel 1873 kommt im Norden der Kapverdischen Inseln vor Uberwinterungsgebiete Bearbeiten nbsp Turmfalke wartet auf BeuteMit Hilfe der Vogelberingung konnte das Zugverhalten von Turmfalken weitgehend entschlusselt werden Aufgrund zahlreicher Ringfunde weiss man dass Turmfalken sowohl Stand Strich als auch ausgepragte Zugvogel sein konnen Ihr Zugverhalten ist im Wesentlichen von dem Nahrungsangebot gepragt das ihnen in ihren jeweiligen Brutarealen zur Verfugung steht Die Turmfalken die in Skandinavien oder im Baltikum bruten ziehen im Allgemeinen nach Sudeuropa um dort den Winter zu verbringen In Jahren in denen eine Wuhlmaus Gradation vorlag und damit das Nahrungsangebot sehr reichlich war wurden im Sudwesten Finnlands Turmfalken beobachtet die dort ebenso uberwinterten wie Raufuss und Mausebussarde Sudschwedische Vogel uberwintern meist in Polen Deutschland Belgien und Nordfrankreich Detaillierte Untersuchungen haben gezeigt dass in Zentralschweden brutende Vogel bis Spanien und teilweise sogar bis Nordafrika ziehen Die Brutvogel Deutschlands der Niederlande und Belgiens sind uberwiegend Stand und Strichvogel Nur wenige Individuen unternehmen weite Wanderungen und uberwintern in den Regionen in denen sich auch die Brutvogel Skandinaviens einfinden Die in Nordasien und Osteuropa brutenden Vogel ziehen nach Sudwesten wobei die jungeren Vogel offenbar am weitesten ziehen Zu ihrem Uberwinterungsgebiet zahlt neben Sudeuropa auch Afrika wo sie bis in Gebiete ziehen in denen der tropische Regenwald beginnt Die Vogel die im europaischen Teil Russlands bruten nutzen auch das ostliche Mittelmeergebiet zur Uberwinterung Die Uberwinterungsgebiete asiatischer Populationen reichen vom Kaspigebiet und dem sudlichen Zentralasien bis in den Irak und den nordlichen Iran Auch der nordliche Teil Vorderindiens zahlt dazu Auch fur die asiatischen Populationen gilt dass die Vogel Stand und Strichvogel sind wenn ihnen ihr Lebensraum auch wahrend des Winters ausreichend Jagdbeute bietet Zugverhalten BearbeitenTurmfalken sind sogenannte Breitfrontzieher die keinen traditionellen Zugrouten folgen und uberwiegend einzeln ziehen So zogen uber die Meerenge von Gibraltar unter 210 000 Greifvogeln und Falkenartigen im Jahre 1973 fast 121 000 Wespenbussarde aber nur 1237 Turmfalken In dieser Zahl zeigt sich zum einen dass die in Mitteleuropa so haufigen Vogel nur zu einem kleinen Teil in Afrika uberwintern und zum anderen dass sie in breiter Front das Mittelmeer uberqueren Wahrend des Zuges fliegen Turmfalken relativ niedrig und halten sich meist in einer Flughohe von 45 bis 100 Metern auf Sie setzen ihren Zug auch bei schlechtem Wetter fort und sind anders als viele Greifvogel nicht auf gute Thermik angewiesen Sie uberqueren daher auch die Alpen die von auf Thermik angewiesenen Greifvogeln wie dem Mausebussard nur selten uberquert werden Bei ihrer Alpenuberquerung nutzen sie uberwiegend Passe sie uberfliegen aber auch Gipfel und Gletscher Lebensraum BearbeitenTypische Lebensraume des Turmfalken Bearbeiten Der Turmfalke ist eine anpassungsfahige Art die in unterschiedlichen Lebensraumen zu finden ist Generell meiden Turmfalken sowohl dichte geschlossene Waldbestande als auch vollig baumlose Steppen In Mitteleuropa ist er ein haufiger Vogel der Kulturlandschaft der uberall dort leben kann wo Feldgeholze oder Waldrander vorhanden sind Grundsatzlich benotigt er zum Jagen freie Flachen mit niedrigem Bewuchs Dort wo Baume fehlen nutzt er die Masten von Starkstromleitungen als Nistplatz Aus den 1950er Jahren ist ein Fall von den Orkneyinseln belegt wo er sogar auf vegetationslosem Boden brutete Neben dem Vorhandensein von Nistgelegenheiten ist es vor allem das Vorhandensein von Beutetieren das beeinflusst welche Lebensraume vom Turmfalken besetzt werden Sofern Beutetiere ausreichend vorhanden sind zeigt er eine grosse Anpassung an unterschiedliche Hohen So besteht im Harz und im Erzgebirge ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten seines dortigen Hauptbeutetiers der Feldmaus und den Hohenlagen bis zu denen Turmfalken zu beobachten sind Im Harz ist er in Hohenlagen uber 600 Meter uber NN zunehmend seltener zu beobachten und tritt ab 900 Meter kaum noch auf In den Alpen dagegen wo er ein anderes Beutespektrum nutzt kann man ihn auf den Bergweiden noch in 2000 Meter Hohe bei der Jagd beobachten Im Kaukasus wurde er noch in Hohenlagen bis zu 3400 Metern beobachtet im Pamir auch uber 4000 Metern In Nepal kommt er vom Tiefland bis in 5000 Meter vor in Tibet hat man ihn in Hochgebirgszonen bis 5500 Meter beobachtet Turmfalken als Kulturfolger Bearbeiten nbsp Die Vogel nutzen oft Vorsprunge oder Nischen in Gebauden als Nistplatz Der Turmfalke hat auch Stadtlandschaften als Lebensraum erobert Er profitiert dabei davon dass Jagd und Bruthabitat nicht identisch sein mussen In Stadten brutende Falken mussen allerdings haufig weit fliegen um Mause zu erjagen So legen die im Turm der Frauenkirche in Munchen brutenden Turmfalken je Maus jeweils mindestens drei Flugkilometer zuruck Untersuchungen lassen darauf schliessen dass Turmfalken eine Entfernung bis zu funf Kilometer zu ihren Jagdplatzen tolerieren Bei einer Reihe von in der Stadt brutenden Individuen zeigt sich aber eine Veranderung in der Jagdform und im Beutespektrum die ausfuhrlicher im Abschnitt Jagdformen beschrieben ist nbsp Junge noch flugunfahige Turmfalken auf Futter wartend Ein Beispiel fur eine von Turmfalken bevolkerte Stadt ist Berlin Die Berliner Fachgruppe Turmfalken des Naturschutzbundes Deutschland beschaftigt sich seit Ende der achtziger Jahre mit diesen Tieren im stadtischen Habitat Im Schnitt schwankt der Bestand in Berlin zwischen 200 und 300 Brutpaaren und bricht besonders nach harten Wintern stark ein Der Bestand wird durch den Einbau von Nisthilfen in offentlichen Gebauden wie Kirchen Schulen oder Rathausern gestutzt Naturliche Nistmoglichkeiten in Mauernischen sind vor allem an alten Bauwerken zu finden Diese werden jedoch zunehmend saniert Moderne Hochhausbauten weisen meist zu wenig Mauerlocher und Hohlungen auf um dem Turmfalken als Nistmoglichkeit zu dienen Entsprechend bruten in Berlin mittlerweile etwa 60 Prozent der Vogel in gezielt fur sie ausgebrachten Nisthilfen Die Stadt birgt Gefahren fur die Tiere So fallen regelmassig Falken Autounfallen zum Opfer oder prallen gegen Scheiben Jungfalken konnen aus der Nistnische fallen und werden geschwacht aufgefunden Bis zu 50 Tiere werden jahrlich in den beiden Stationen der Berliner Fachgruppe Turmfalken betreut Nahrung und Nahrungserwerb BearbeitenBeutetiere Bearbeiten nbsp Turmfalke bei der Nahrungsaufnahme nbsp Turmfalke mit Feldhamster source Ein mannlicher Turmfalke verzehrt eine zuvor geschlagene AmselIm offenen Kulturland lebende Turmfalken ernahren sich uberwiegend von Kleinsaugern wie Wuhlmausen und anderen Mausen In Stadten lebende Turmfalken nehmen daneben auch kleine Singvogel meist Haussperlinge Welche Tiere den Hauptteil der Beute ausmachen ist abhangig von den lokalen Gegebenheiten Untersuchungen auf der Insel Amrum haben gezeigt dass Turmfalken dort bevorzugt Schermause jagen Anders als in europaischen Grossstadten kann die Feldmaus in kleineren Stadten den Hauptanteil an der Beute ausmachen 5 Der Turmfalke nimmt auch mitunter Eidechsen mit grosserem Anteil in sudeuropaischen Landern teilweise Regenwurmer und einen deutlichen Anteil an Insekten wie Heuschrecken und Kafer als Nahrung Auf diese Beutetiere greifen brutende Turmfalken zuruck wenn die Kleinsaugerbestande zusammenbrechen Auch ausgeflogene Jungvogel ernahren sich zuerst von Insekten und grosseren Wirbellosen und wechseln erst mit zunehmender Jagderfahrung zu Kleinsaugern Ein frei fliegender Turmfalke benotigt taglich etwa 25 seines Korpergewichts als Nahrungsmenge An verunfallten Vogeln durchgefuhrte Untersuchungen haben gezeigt dass Turmfalken im Schnitt etwa zwei anverdaute Mause im Magen haben Ansitzjagd Ruttelflug und Luftjagd Bearbeiten nbsp Turmfalke auf einer SitzwarteDer Turmfalke ist ein sogenannter Griffhalter der seine Beute mit den Fangen packt und durch einen Biss in den Nacken totet Die Jagd erfolgt teilweise als sogenannte Ansitzjagd bei der der Falke von Weidepfahlen Telegrafenmasten oder Asten aus nach Beute spaht Typisch fur den Turmfalken aber ist der Ruttelflug Dies ist eine hochspezialisierte Form des Ruderfluges bei der der Falke eine Zeit lang uber einem bestimmten Ort in der Luft steht Diese Flugform bei der der Vogel heftig mit den Flugeln schlagt ist energetisch aufwendig Bei starkerem Gegenwind hat der Turmfalke dabei ein Verhalten entwickelt mit dem er Energie spart Wahrend der Kopf uber dem Fixpunkt bleibt lasst er seinen Korper innerhalb von Bruchteilen von Sekunden lang nach hinten gleiten bis der Hals maximal gestreckt ist Mit Flugelschlagen fliegt er dann wieder aktiv nach vorne bis der Hals wieder maximal gekrummt ist Der Energiegewinn gegenuber einem kontinuierlichen Rutteln betragt 44 Der Ruttelflug wird immer uber solchen Stellen ausgefuhrt auf denen aufgrund der fur sie erkennbaren Urinspuren besonders viele Beutetiere zu vermuten sind 6 Die Luftjagd wird von Turmfalken nur unter besonderen Bedingungen praktiziert Sie kommt vor wenn in Stadten lebende Turmfalken Singvogelschwarme uberraschen konnen sowie auf landwirtschaftlich genutzten Flachen wenn sich dort grossere Trupps kleiner Vogel einfinden Einige Stadtfalken scheinen sich zu einem grossen Teil auf die Vogeljagd umgestellt zu haben um in stadtischen Habitaten zu uberleben Zumindest einzelne Individuen erbeuten regelmassig die Nestlinge verwilderter Haustauben Gelegentlich kann man auch junge Turmfalken beobachten wie sie auf frisch gepflugten Ackern nach Regenwurmern suchen Optimierung des Energieaufwands die Jagdformen im Vergleich Bearbeiten Im Winter wird die Ansitzjagd am haufigsten praktiziert In Grossbritannien verbrachten Turmfalken im Januar und Februar 85 ihrer Jagdzeit mit der Ansitzjagd und nur 15 im Ruttelflug In den Monaten von Mai bis August wird auf beide Jagdformen gleich viel Zeit aufgewendet Die Ansitzjagd ist dabei zumindest zeitweilig die unergiebigere Jagdform nur 9 der Stosse auf Beutetiere waren im Winter erfolgreich und 20 der Stosse im Sommer Bei der Rutteljagd dagegen erbeutet der Turmfalke wahrend des Winters in 16 der Stosse Beute wahrend es im Sommer 21 sind Entscheidend fur den Wechsel der Jagdform ist jedoch der Energieaufwand der mit der Rutteljagd verbunden ist Im Sommer ist der Energieaufwand bei beiden Jagdformen fur jede erbeutete Maus gleich hoch Im Winter dagegen ist der Energieaufwand der Ansitzjagd pro erbeuteter Maus trotz der niedrigeren Erfolgsquote nur halb so gross wie der beim Ruttelflug Mit dem Wechsel der Jagdform optimiert der Turmfalke damit seinen Energieaufwand Fortpflanzung Bearbeiten nbsp PaarungBalz Bearbeiten Die Balzfluge der Turmfalken lassen sich in Mitteleuropa von Marz bis April beobachten Die Mannchen vollfuhren dabei ruckartige Flugelschlage drehen sich halb um die Langsachse und gleiten danach in raschem Gleitflug nach unten Wahrend dieser Fluge die vor allem der Revierabgrenzung dienen ist ein erregtes Rufen zu horen Die Aufforderung zur Paarung geht uberwiegend vom Weibchen aus das sich in der Nahe des Mannchens niederlasst und ein vom Bettelruf der Jungen abgeleitetes Lahnen horen lasst Nach der Begattung fliegt das Mannchen zu dem von ihm ausgewahlten Brutplatz und lockt das Weibchen mit hellen zick Rufen In der Horstmulde zeigt das Mannchen zwei unterschiedliche Balzverhalten die ineinander ubergehen Unter lauten zick Rufen legt sich das Mannchen in die Horstmulde als wolle es bruten scharrt mit den Fangen und vertieft dabei die Brutmulde Erscheint das Weibchen am Horstrand richtet sich das Mannchen wieder auf und zeigt ein erregtes Auf und Niederwippen Normalerweise bietet er dabei eine in der Horstmulde zuvor platzierte Beute mit dem Schnabel an nbsp Weibchen wehrt den Angriff eines Mannchens ab nbsp Turmfalken bei der Balz er prasentiert ihr eine Maus die er spater zu seinem Horst bringt und ihr dort uberlasst nbsp Ein Mannchen bietet einem Weibchen am Brutkasten eine Maus an Brutplatz Bearbeiten nbsp Ei eines Turmfalken nbsp Wenige Tage alte Turmfalken im Nest an einer Rektifikationskolonne in ca 30 m HoheTurmfalken sind vor allem Felsbruter die in entsprechend felsigen Regionen bevorzugt in Spalten und Hohlen bruten Wie alle Falken bauen auch Turmfalken keine Nester In felsarmen Regionen nutzt der Turmfalke die Nester anderer Vogelarten wie beispielsweise von Krahen In der Regel ist der Turmfalke zu schwach um Krahen von ihren frisch gebauten Nestern zu vertreiben sodass er in der Regel vorjahrige und verlassene Nester nutzt Es wurden vereinzelt Falle beschrieben in denen Turmfalken verwilderte Haustauben von ihren Nestern vertrieben Gebaudenischen oder Mauerlocher dienen dem Kulturfolger Turmfalke als Nistplatze haufig nisten sie in Kirchturmen oder an Hochhausern Er nutzt dabei die obersten Regionen der Vertikalstruktur von Bauwerken wo er Gefahren am wenigsten ausgesetzt ist Ist das Nahrungsangebot in einem Lebensraum reichlich kann es ahnlich wie beim Rotelfalken zu regelrechten Brutkolonien kommen Aus dem Erdinger Moos in der Nahe von Munchen ist aus den 1930er Jahren eine Kolonie belegt wo 20 Paare Saatkrahen und 15 Turmfalkenpaare in grosster Nahe zueinander bruteten Die Turmfalken nutzten dabei verlassene Saatkrahennester Nur das unmittelbare Nistterritorium wird vom Turmfalken scharf verteidigt Aufzucht der Jungen Bearbeiten nbsp Junger Turmfalke nbsp Turmfalke mit etwa 35 Tagen schon flugge gewordenDer bereits im 2 Lebensjahr brutende Turmfalke legt meist 3 bis 6 Eier in der Regel ab Mitte April Die ockergelblich bis braunen Eier sind meist stark gefleckt und zwischen 3 4 und 4 4 Zentimeter lang Das Weibchen brutet die Eier uberwiegend allein aus 7 Die Jungen schlupfen nach etwa 27 bis 29 Tagen In den ersten Tagen hudert das Weibchen die Jungvogel fast standig und verlasst sie nur fur den kurzen Zeitraum der notwendig ist um vom Mannchen die Nahrung zu ubernehmen Handelt es sich dabei um Mause futtert das Weibchen ihren Nachwuchs vor allem mit Muskelfleisch wahrend sie selber den Darm und das ubrig bleibende Fell frisst Haben die Jungvogel ihre zweite Lebenswoche vollendet stellt das Weibchen zunehmend das Hudern ein Beide Elternvogel versorgen dann unabhangig voneinander die Jungvogel mit Nahrung In diesem Alter beginnen Jungvogel auch die ersten Stehversuche zu machen Am Ende der dritten Lebenswoche haben die Nestlinge das Korpergewicht eines ausgewachsenen Turmfalken erreicht Der Wechsel vom Daunenkleid ins Gefieder der Jungvogel ist dagegen erst mit der vierten Lebenswoche abgeschlossen Wie bei allen Falken sind auch junge Turmfalken untereinander kaum aggressiv die Verluste durch Auseinandersetzungen zwischen den Jungvogeln sind daher sehr gering zumal die Eltern bei der Futterung der Jungvogel darauf achten dass alle von der Nahrung abbekommen Wenn die Jungvogel in fortgeschrittenem Alter sind legen die Altvogel die Nahrung meist nur noch bei den Jungvogeln ab die dann selber fressen Dabei kann es bei Nahrungsmangel zu ungleicher Verteilung kommen Die schwachsten Jungvogel haben dann geringere Chancen an ausreichend Nahrung zu kommen und konnen in schlechten Jahren noch am Brutplatz sterben Lebenserwartung BearbeitenDie altesten frei lebenden Turmfalken deren Alter man anhand ihrer Beringung nachweisen konnte erreichten ein Alter von 18 Jahren Die Wahrscheinlichkeit dass ein Jungvogel sein erstes Lebensjahr uberlebt liegt bei etwa 50 Prozent Eine hohe Sterberate ist in den Monaten Januar und Februar zu verzeichnen wenn sowohl ausgewachsene Vogel als auch Jungvogel gelegentlich verhungern weil die Witterungsbedingungen ihre Jagd zu sehr einschranken Bestand BearbeitenDer Bestand an Turmfalken war in Mitteleuropa uber viele Jahrzehnte weitgehend stabil Nur nach sehr kalten Wintern oder schlechten Mausejahren kam es kurzzeitig zu Bestandseinbussen die aber gewohnlich schnell wieder ausgeglichen wurden Zu erheblichen Bestandsruckgangen kam es in weiten Teilen Mitteleuropas ab den 1960er Jahren Die grossten Ruckgange und die niedrigste Brutdichte waren dabei in intensiv bewirtschafteten und ausgeraumten Kulturlandschaften zu verzeichnen Der Tiefstand des Bestandes war Mitte bis Ende der 1980er Jahre zu verzeichnen Infolge einer Reihe warmer und trockener Sommer sowie bestandsstutzender Massnahmen wie der Ausbringung von Nistkasten und des Ruckgangs des Pestizideinsatzes kam es wieder zu deutlichen Erholungen 8 Fur Deutschland wurde der Bestand zu Beginn des 21 Jahrhunderts auf 42 000 bis 68 000 Paare geschatzt Damit ist Deutschland das mitteleuropaische Land das den hochsten Bestand aufweist In Osterreich bruten zwischen 5 000 und 10 000 Paare in der Schweiz kommen zwischen 3 000 und 5 000 Brutpaare vor 8 Fur den weltweiten Bestand gibt es keine gesicherten Angaben die IUCN gibt als groben Schatzwert etwa 5 Millionen Individuen an Weltweit gilt die Art laut IUCN als ungefahrdet 9 Nach der aktuellen Roten Liste Deutschlands gilt ihr Bestand ebenfalls als ungefahrdet 10 Mensch und Turmfalke BearbeitenVogel des Jahres Bearbeiten Der Turmfalke war in Deutschland und Osterreich Vogel des Jahres 2007 in der Schweiz 2008 ebenso wie 2006 in Lettland 2009 in Luxemburg 2010 in Belarus und 2016 in Armenien Literatur BearbeitenHans Gunther Bauer Einhard Bezzel Wolfgang Fiedler Hrsg Das Kompendium der Vogel Mitteleuropas Alles uber Biologie Gefahrdung und Schutz Band 1 Nonpasseriformes Nichtsperlingsvogel Aula Verlag Wiebelsheim Wiesbaden 2005 ISBN 3 89104 647 2 Benny Gensbol Walther Thiede Greifvogel Alle europaischen Arten Bestimmungsmerkmale Flugbilder Biologie Verbreitung Gefahrdung Bestandsentwicklung BLV Munchen 2004 ISBN 3 405 16641 1 Theodor Mebs Greifvogel Europas Biologie Bestandsverhaltnisse Bestandsgefahrdung Franckh Kosmos Stuttgart 2002 ISBN 3 440 06838 2 Rudolf Piechocki Der Turmfalke Ziemsen Wittenberg 1991 ISBN 3 7403 0257 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Turmfalke Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Turmfalke Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Falco tinnunculus in der Roten Liste gefahrdeter Arten der IUCN 2008 Eingestellt von BirdLife International 2008 Abgerufen am 31 Januar 2009 Turmfalke Falco tinnunculus bei Avibase Turmfalke Falco tinnunculus auf eBird org xeno canto Tonaufnahmen Turmfalke Falco tinnunculus Turmfalken Info beim LBV Javier Blasco Zumeta Gerd Michael Heinze Geschlechts und Altersbestimmung PDF Datei englisch Liveubertragung aus dem Wasserturm des Vivantes Klinikum Berlin Neukolln Livekameras auf dem Berliner Corbusierhaus Federn des Turmfalken Video eines ruttelnden Turmfalken mit TurmfalkenrufenEinzelnachweise Bearbeiten Vogel des Jahres Deutschland 2007 Vogel des Jahres Schweiz 2008 Ruf des Turmfalken IOC World Bird List Falcons Riegert J Dufek A Fainova D Mikes V Fuchs R 2007 Increased hunting effort buffers against vole scarcity in an urban Kestrel Falco tinnunculus population Capsule in years with low vole abundance birds visited hunting grounds more frequently and for longer Bird Study 54 3 S 353 361 Bednarek W 1996 Greifvogel Biologie Okologie Bestimmen Schutzen Landbuch Verlag Hannover S 124 Pasi Tolonen Erkki Korpimaki Determinants of parental effort a behavioural study in the Eurasian kestrel Falco tinnunculus In Behavioral Ecology and Sociobiology 35 Nr 5 1994 S 355 362 a b Bauer et al S 370 Factsheet auf BirdLife International Rote Liste der Brutvogel Deutschlands 2016 NABU Abgerufen am 5 Juni 2019 Vogel des Jahres in Deutschland Wanderfalke 1971 Steinkauz 1972 Eisvogel 1973 Mehlschwalbe 1974 Goldregenpfeifer 1975 Wiedehopf 1976 Schleiereule 1977 Kranich 1978 Rauchschwalbe 1979 Birkhuhn 1980 Schwarzspecht 1981 Grosser Brachvogel 1982 Uferschwalbe 1983 Weissstorch 1984 Neuntoter 1985 Saatkrahe 1986 Braunkehlchen 1987 Wendehals 1988 Teichrohrsanger 1989 Pirol 1990 Rebhuhn 1991 Rotkehlchen 1992 Flussregenpfeifer 1993 Weissstorch 1994 Nachtigall 1995 Kiebitz 1996 Buntspecht 1997 Feldlerche 1998 Goldammer 1999 Rotmilan 2000 Haubentaucher 2001 Haussperling 2002 Mauersegler 2003 Zaunkonig 2004 Uhu 2005 Kleiber 2006 Turmfalke 2007 Kuckuck 2008 Eisvogel 2009 Kormoran 2010 Gartenrotschwanz 2011 Dohle 2012 Bekassine 2013 Grunspecht 2014 Habicht 2015 Stieglitz 2016 Waldkauz 2017 Star 2018 Feldlerche 2019 Turteltaube 2020 Rotkehlchen 2021 Wiedehopf 2022 Braunkehlchen 2023 Kiebitz 2024 Vogel des Jahres in Osterreich Rotmilan 2000 Haubentaucher 2001 Haussperling 2002 Mauersegler 2003 Zaunkonig 2004 Uhu 2005 Kleiber 2006 Turmfalke 2007 Kuckuck 2008 Eisvogel 2009 Kormoran 2010 Gartenrotschwanz 2011 Dohle 2012 Bekassine 2013 Grunspecht 2014 Habicht 2015 Stieglitz 2016 Waldkauz 2017 Star 2018 Feldlerche 2019 Turteltaube 2020 Girlitz 2021 Mehlschwalbe 2022 Braunkehlchen 2023 Grauammer 2024 Vogel des Jahres in der Schweiz Kuckuck 2001 Goldammer 2002 Stieglitz 2003 Rauchschwalbe 2004 Mauersegler 2005 Eisvogel 2006 Wendehals 2007 Turmfalke 2008 Gartenrotschwanz 2009 Mehlschwalbe 2010 Schwarzspecht 2011 Zaunkonig 2012 Pirol 2013 Waldohreule 2014 Haussperling 2015 Buntspecht 2016 Wasseramsel 2017 Wanderfalke 2018 Kiebitz 2019 Neuntoter 2020 Steinkauz 2021 Feldlerche 2022 Sumpfrohrsanger 2023 nbsp Dieser Artikel wurde am 23 Dezember 2005 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Normdaten Sachbegriff GND 4186480 3 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Turmfalke amp oldid 238611171