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De statu imperii Germanici lat Uber die Verfassung des deutschen Reiches ist eine verfassungsgeschichtliche Schrift des Naturrechtslehrers Samuel von Pufendorf und hat die Entwicklung den Zustand und insbesondere die staatstheoretische Beurteilung der Verfassung des Heiligen Romischen Reichs zum Gegenstand Sie gilt als das bedeutendste und zugleich umstrittenste Werk der Reichspublizistik und erschien erstmals im Jahre 1667 in Den Haag 1 unter dem Pseudonym Severinus von Monzambano Zu grosser zeitgenossischer Bekanntheit brachte es die darin enthaltene Charakterisierung der Reichsverfassung als eines irregularen und einem Monstrum ahnlichen Korpers irregulare aliquod corpus et monstro simile 2 Der vollstandige Titel der ursprunglich in lateinischer Sprache verfassten Schrift lautet Severini de Monzambano Veronensis De statu imperii Germanici ad Laelium fratrem Dominum Trezolani liber unus Inhaltsverzeichnis 1 Zur Entstehungsgeschichte 2 Anlage und Aufbau 2 1 Zur Anlage der Schrift 2 2 Gliederung 3 Inhalt Auswahl 3 1 Widmung 3 2 Kapitel I 3 3 Kapitel II 3 4 Kapitel III 3 5 Kapitel IV 3 6 Kapitel V 3 7 Kapitel VI 3 7 1 Staatsformdebatte 3 7 1 1 Das Reich als Demokratie 3 7 1 2 Das Reich als Aristokratie 3 7 1 3 Das Reich als Monarchie 3 7 2 Monstrositatsthese 3 8 Kapitel VII 3 9 Kapitel VIII 4 Theoretische Aspekte 4 1 Souveranitatslehre 4 2 Staatsformenlehre 5 Zur Rezeption 6 Literatur 6 1 Ausgaben 6 1 1 Nachdrucke 6 1 2 Originalausgaben 6 2 Sekundarliteratur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksZur Entstehungsgeschichte Bearbeiten nbsp Kurfurst Karl I Ludwig von der Pfalz Kupferstich von Christoph Le Blon 1652 Auf Grund seiner fruhen Werke und hilfreicher Beziehungen wurde Samuel Pufendorf im Jahre 1661 an die Universitat Heidelberg berufen Kurfurst Karl I Ludwig protegierte ihn wahrscheinlich auch wegen seiner publizistischen Unterstutzung des Pfalzgrafen im so genannten Wildfangstreit Den ihm zuerst angebotenen Lehrstuhl fur Romisches Recht lehnte Pufendorf ab seinem Wunsch nach einem Lehrstuhl fur Politik wurde nicht entsprochen Wohl um ihn trotzdem halten zu konnen berief ihn der Kurfurst noch im selben Jahr auf eine eigens fur ihn geschaffene Professur die spater in einen Lehrstuhl fur Natur und Volkerrecht umgewandelt wurde 3 Dass dieser Lehrstuhl in der Philosophischen d h der Artistischen Fakultat angesiedelt war und nicht in der Juristischen sollte Grundlage dafur werden die Entstehung der Reichsverfassungsschrift De statu imperii Germanici in spaterer Zeit legendenhaft zu verklaren So tradiert man seit Beginn der wissenschaftlichen Beschaftigung mit Pufendorfs Leben und Werk die Erzahlung er habe die Schrift aus Arger daruber verfasst dass er im Jahre 1664 bei der Besetzung einer Professur fur deutsches Staatsrecht an der Juristischen Fakultat der Heidelberger Universitat ubergangen worden sei Man habe ihm den Juristen Johann Friedrich Bockelmann mit der Begrundung vorgezogen er Pufendorf besitze nicht die notige Qualifikation fur die betreffende Professur 4 In der Folge soll Pufendorf die Verfassungsschrift aufgesetzt haben um der wissenschaftlichen Offentlichkeit seine Kenntnisse des deutschen Staatsrechts und seine Befahigung zur Ausubung eines juristischen Lehramts unter Beweis zu stellen Dass diese Entstehungsgeschichte als Legende charakterisiert werden muss konnte Detlef Doring zeigen 5 So muss einerseits nicht nur die prominente Uberlieferung dass Bockelmann Pufendorf vorgezogen worden sei kritisch betrachtet werden da Vorzug in den diesbezuglich im Allgemeinen herangezogenen Quellen dem Vorwort posthumen Ausgabe der Schrift 1706 und dem ihrer deutschen Ubersetzung von Peter Dahlmann nicht als Hintanstellung Pufendorfs im Hinblick auf den besagten Lehrstuhl verstanden werden konne Vorziehen bedeutet hier besser und hoher halten oder ehren der Vorzug ist im Sinne von Vorrecht Prioritat Privileg zu sehen Es geht hier also offenkundig nicht um die Konkurrenz um einen Lehrstuhl sondern um eine der gerade im Barockzeitalter mit besonderer Intensitat ausgefochtenen Rangstreitigkeiten Pufendorf der lediglich den Grad eines Magisters der Philosophie besass gehorte als Professor fur Volkerrecht und Philologie der Philosophischen Fakultat an Bockelmann dagegen der Juristischen Die Geringschatzung mit der in jener Zeit gemeinhin die Artistenfakultat bedacht wurde ist bekannt und muss nicht naher erlautert werden Wenn also uberhaupt irgend etwas an der von Dahlmann uberlieferten Erzahlung den Tatsachen entspricht dann ist es die Nachricht dass der selbstbewusste Pufendorf daruber verargert war an der Universitat in ordine Bockelmann den Vortritt lassen zu mussen obwohl seinem Fach dem Volkerrecht die grossere Bedeutung zukame 5 Andererseits stellt sich schon die Grundlage der oben skizzierten traditionellen Entstehungserzahlung als zweifelhaft dar wenn man einen Blick auf ihre eigene Uberlieferungsgeschichte wirft Bei Heinrich von Treitschke erhalt die Legende ihren letzten Schliff indem nun die Professur fur deutsches Staatsrecht als konkretes Streitobjekt benannt wird Dass Pufendorf auf seine Zuruckstellung mit der Abfassung einer Schrift zur Reichsverfassung antwortet erscheint dann als verstandliche Rache Ungepruft ist diese Erzahlung von den meisten Autoren des 20 Jh ubernommen und ohne Begrundung auf das Jahr 1664 datiert worden Nun hatte bereits die Beobachtung stutzig machen mussen dass es zu Pufendorfs Zeit gar keine Professur fur deutsches Staatsrecht in Heidelberg gab 6 Selbst von den drei zu dieser Zeit bestehenden juristischen Professuren wurde im in Frage kommenden Zeitraum keine einzige neu besetzt Doring kann anhand erhaltenen Aktenmaterials des Weiteren zeigen dass bei der erst 1665 erfolgenden Neubesetzung der ersten Professur fur Romisches Recht von vornherein Friedrich Bockelmann als Favorit galt wahrend Pufendorf in diesem Zusammenhang nirgends erwahnt wird 7 Letztlich ist eine Konkurrenz Bockelmanns und Pufendorfs um einen Lehrstuhl fur deutsches Verfassungsrecht wie sie immer wieder legendenhaft tradiert wurde also nicht nachweisbar Dass Pufendorf sich stattdessen um die ein Jahr spater neu zu besetzende erste Professur der Juristischen Fakultat beworben habe ist nach Doring nur schwer vorstellbar Vor diesem Hintergrund erscheint es wohl eher als plausibel anzunehmen dass Pufendorf die Verfassungsschrift vor allem aus akademischem Interesse an der Grundfrage der Reichspublizistik verfasst hat namlich derjenigen wie es um die Machtverteilung innerhalb der Reichsverfassung bestellt ist und wie sich diese aus der Staatsform des Reiches ergibt Anlage und Aufbau Bearbeiten nbsp Samuel von Pufendorf alias Severinus de Monzambano Kupferstich von Joachim von SandrartZur Anlage der Schrift Bearbeiten Wohl angesichts der grossen politischen wie wissenschaftlichen Brisanz des Werks hielt Pufendorf es fur ratsam die Schrift vorerst unter einem Pseudonym namlich Severinus von Monzambano zu veroffentlichen Auf diese Weise glaubte er auf Rucksichtnahme gegenuber politischen und religiosen Empfindlichkeiten verzichten zu konnen um eine schonungslose und teils hochst provokante Zustandsbeschreibung des deutschen Reichs zu liefern 8 Von seinen Beweggrunden das Werk zu verfassen abgesehen macht er in der Einleitung desselben dem so genannten Widmungsbrief siehe unten durch den fiktiven Bericht Monzambanos klare Angaben dazu wie die Anlage der Schrift zu verstehen ist Deutliche Kritik ubt Pufendorf dabei an der Jurisprudenz seiner Zeit der Staatsrechtslehre und ihrer Gelehrten wie sie ihm bisher begegneten und bekannt wurden Horst Denzer fasst diese wie folgt zusammen 9 Die Staatsrechtslehre sei in einem konservativen Positivismus gefangen so Pufendorf und vernachlassige die interdisziplinare Zusammenarbeit Sie halte im Reichsverfassungsrecht an uberholten Theorien fest und verkenne so die Realitat verliere jede Praxisnahe Hierbei sei vor allem sie grosse Autoritat des Romischen Rechts problematisch Infolgedessen versaume die Jurisprudenz Autoritaten und Gesetze zu hinterfragen und diese an Vernunft und Gerechtigkeitsprinzipien sowie der politischen Notwendigkeit zu messen Begrundungen fur Rechtssatze sollten angebbar sein Letztlich mussten auch politische Erwagungen in die Staatslehre einfliessen Staatsrason d h die Angemessenheit bestimmten Rechts fur einen konkreten Staat uberpruft werden Um diese Fehler zu vermeiden und uberdies ein naherungsweise richtiges Bild der Reichsverfassung liefern zu konnen bedurfe es vor allem der Kenntnis der deutschen Geschichte und der Wissenschaft von der Politik 10 Wer diese nicht habe konne nach Pufendorf an der Aufgabe nur scheitern wie es den deutschen Staatsrechtlern bisher offenbar auch ergangen sei Gliederung Bearbeiten Die Schrift gliedert sich in acht Kapitel welche wiederum aus einer wechselnden Anzahl von Paragraphen bestehen Wahrend die Kapitel stets einzelne Themenbereiche behandeln begrenzen die Paragraphen oftmals einzelne Sinneinheiten seltener strukturieren sie einfach den Text ohne klar erkennbare inhaltliche Abgrenzung Die ersten funf Kapitel behandeln die Verfassungsgeschichte des Reiches von frankischer Zeit bis herauf in Pufendorfs Gegenwart mit den seinerzeit neuesten Entwicklungen durch den Westfalischen Frieden und beispielsweise die Wahlkapitulation Kaiser Leopolds I In Kapitel I schildert der Verfasser die Anfange des Reiches wie es dessen Titel ankundigt in den Kapiteln II und III folgt die Geschichte der Reichsstande und ihrer Entwicklung Kapitel IV befasst sich mit dem romisch deutschen Kaiser seiner Wahl und seinen Wahlern den Kurfursten und in Kapitel V steht die Beschrankung der monarchischen Gewalt des Kaisers im Zentrum Hier endet der verfassungsgeschichtliche Teil der Schrift Die Beurteilung der Staatsform des Reiches folgt schliesslich in Kapitel VI welche in der Monstrositatsthese gipfelt Hierauf folgen fundierte Uberlegungen zu den Starken und Schwachen des Reichs Kapitel VII sowie eine Analyse der Staatsrason desselben in Kapitel VIII Den Schluss dieses Kapitels und damit den der ganzen Abhandlung bildet eine in Form der Wiedergabe eines wahrscheinlich fiktiven Gesprachs zwischen Gelehrten verfasste ausfuhrliche und harte Kritik der katholischen Religion und ihrer Institutionalisierung im Reich in Form der deutschen Reichskirche und deren aus Pufendorfs Sicht hochst tadelnswerten Strukturen und Praktiken wobei der Verfasser nicht selten ins Polemische abgleitet Inhalt Auswahl BearbeitenIm Folgenden stehen der Zusammenfassung eines Abschnitts die Uberschriften aus dem Originaltext voran Widmung Bearbeiten Laelio de Monzambano Trezolani Domino Severinus de Monzambano salutem plurinam dicit 11 In der Widmung am Beginn des Werks breitet der Autor den fiktiven Handlungsrahmen desselben aus Er gibt sich als Severinus von Monzambano zu erkennen ein italienischer Deutschlandreisender der seinem Bruder Laelius den Beweggrund fur seine lange Reise mitteilt Pufendorf lasst den italienischen Gelehrten ein plausibles Motiv fur dessen Nachforschungen vorbringen Da ich nun von den bedeutsamen Ereignissen und von den vielen heftigen Schlachten des Dreissigjahrigen Krieges Anm des Verf las wunderte ich mich wie dieses Land so grosse Schaden uberstehen konnte obwohl dreissig Jahre lang Einheimische und Fremde an seinem Untergang gearbeitet hatten Mich gelustete deshalb danach Kraft und Macht dieses Volkes seine verschiedenen Stamme und das Band das diesen unformigen Korper zusammenhalt das Reich genauer kennenzulernen 12 Damit ist der weitere Gegenstand der Schrift angekundigt wobei sich von dieser Aussage sicherlich nicht auf Pufendorfs eigene Beweggrunde schliessen lassen durfte liefert sie doch lediglich ein dem fiktiven Rahmen entsprechendes Bild der Absichten des ebenso fiktiven Verfassers Im Weiteren schildert Monzambano wie es ihm beim Beginn seiner Nachforschungen uber das Reich ergangen sei So habe er fur diese nachdem er die deutsche Sprache erlernt hatte auf die umfangreiche Bibliothek eines befreundeten Gelehrten zuruckgreifen konnen Im Vorfeld sei es seine Uberzeugung gewesen dass nur derjenige den deutschen Staat verstehen konne der die Lehren aller Staatsrechtsgelehrten des Landes kenne Deshalb hatte er sich eine unvorstellbar grosse Zahl von Schriften und Abhandlungen bringen lassen und begonnen sie zu studieren An dieser Stelle ubt Pufendorf durch die Worte Monzambanos erstmals deutliche Kritik an der zeitgenossischen Reichsstaatsrechtslehre und ihren Denkern Nachdem ich lange geschwitzt hatte fiel mir zum Gluck das Wort eines unserer Gelehrten ein die Deutschen seien von einer unstillbaren Schreibwut besessen aber die wenigsten wurden etwas hervorbringen was durch Scharfe der Erfindungsgabe oder durch Einfallsreichtum den Beifall der gebildeten Zeitgenossen finden konne Um aber das Papier vor Verschwendung nicht zu schonen fugen die meisten uberall zusammengesuchte Teile zu einer Masse zusammen oft ohne eine Spur eigenen Urteils Auch gilt es bei ihnen nicht als Plagiat die Bucher anderer wenn nur wenige Stellen hinzugefugt sind als neue zu verkaufen Schliesslich glauben einige schon deshalb einen Platz unter den Schriftstellern einnehmen zu konnen weil sie eine ausfuhrliche Schrift in ein Kompendium oder so Gott will in Tabellen zur Unterstutzung des Gedachtnisses oder der Dummheit zusammengefasst haben 13 Deshalb so lasst Pufendorf Monzambano verlautbaren glaube er nur eine der umfanglicheren Schriften lesen zu mussen um alle zu kennen da die deutschen Juristen sowieso alle voneinander abschrieben So habe er also eines der Werke zur Hand genommen dass an Umfang und Ruf zu den Bedeutendsten gehorte 14 Dieses aber habe ihn enttauscht Der Verfasser der Schrift stelle zwar eine umfangreiche Kenntnis des Zivilrechts zur Schau entbehre aber jeglicher Kenntnis der Lehre von der Politik Dabei konne aber doch niemand die Struktur des Reiches begreifen der sich nicht in dessen Verfassungsgeschichte und zugleich auch der politischen Wissenschaft auskenne er musse sich gleichsam anstellen wie ein Esel beim Saitenspiel 15 Nach dieser Erfahrung habe er alle gelehrten Schriften die albernen Pamphlete 16 beiseitegelegt und auf einer ausgedehnten Reise die verschiedensten deutschen Politiker nach ihren Erfahrungen befragt was ein lohnenderes Verfahren gewesen sei So kam er von Munchen nach Regensburg den neuerlichen Sitz des Reichstags dann nach Wien nach Sachsen und Brandenburg Von Berlin aus ging die Reise weiter nach Braunschweig wo er Hermann Conring getroffen habe Fur diesen ist er voll des Lobes Daraufhin fuhrte er seine Reise fort sucht Dusseldorf Bonn und Mainz auf und kehrt schliesslich in der Kurpfalz ein Hier ruhmt Pufendorf Monzambano den Kurfursten Karl I Ludwig bestechenderweise von ganzem Herzen Alles Gute was man ihm im Reich nachsage treffe voll und ganz zu Unter anderem wegen solcher Passagen in Monzambanos Aussagen die einen Bezug des Autors zum Kurfursten und der Pfalz nahelegen verdachtigte man Pufendorf zeitlebens der Autorschaft an De statu imperii Germanici Nach dieser kurzen Episode und einem weiteren kurzen Aufenthalt in Stuttgart sei seine Reise bereits zu ihrem Ende gekommen Monzambano schliesst den Widmungsbrief darauf mit Dank und Grussen an seinen zu Hause gebliebenen Bruder Laelius welchem er die folgende Schrift in welcher er ein getreues Bild des Reiches zeichnen will in Dankbarkeit widme Kapitel I Bearbeiten De origine Imperii GermaniciIm ersten Kapitel breitet Pufendorf eine Ursprungsgeschichte des Reiches aus beginnend mit einer Angabe der geographischen Lage und der Gegebenheiten der Germania 1 inklusive der angrenzenden Gebiete In 2 wird die Verfassung der germanischen Stamme behandelt so wie Pufendorf sie sich ruckblickend vorstellt Die Franken werden von ihm in der Folge fur die Vereinigung der germanischen Stamme verantwortlich gemacht 3 5 In 6 kommt Karl der Grosse zur Sprache Mit 7 setzt die Untersuchung der Reichsverfassungsgeschichte ein indem Pufendorf die Hoheit Karls uber die verschiedenen Teile seines Reiches aus verschiedenen Rechtstiteln ableitet In 8 attestiert er dem Frankenkonig eine unbeschrankte Herrschaft die er mit Hilfe von Grafen und Markgrafen frankischer Herkunft ausgeubt habe 17 In diesem Kapitel findet man bereits einen wichtigen Topos der gesamten Schrift angelegt den unheilvollen Machtzuwachs der Vasallen des Konigs der spater als Wurzel des Machtverfalls der deutschen Herrscher identifiziert wird Weiter in 9 Mit der Teilung des Reiches unter den Sohnen Ludwigs begann der Niedergang der frankischen Herrschaft und der Karolinger Deutschland trennte sich vom ubrigen Frankreich und bekam in Ludwig dem Sohn Ludwigs des Frommen einen eigenen Konig Wahrend der unheilvollen Kampfe der spaten Karolinger untereinander wuchs die Macht der deutschen Fursten gewaltig die Deutschen schliesslich wahlten aus den Vornehmen ihres Volkes ihre Konige Seit dieser Zeit regelt Deutschland seine Angelegenheiten selbst und hat mit Frankreich kein gemeinsames Reich mehr gebildet 18 Daraufhin folgt eine kurze Untersuchung daruber was es mit der Bezeichnung des Reiches als Heiliges Romisches Reich auf sich habe und inwiefern und mit welcher Berechtigung es sich ein Romisches nennen konne Kapitel II Bearbeiten De membris ex quibus iam Imperium Germanicum componiturIm zweiten Kapitel setzt sich Pufendorf mit den Gliedern den Standen des Reiches auseinander Er nahert sich dem Gegenstand zunachst systematisch analytisch an indem er angibt was einen Reichsstand ausmacht 1 Zu den bedeutenderen Gliedern des Reiches werden die gerechnet die man Reichsstande nennt und die Sitz Rede und Stimmrecht in den Reichstagen haben 19 Dazu weiter in 2 Zur Anerkennung als Reichsstand genugt im allgemeinen zweierlei er muss in der Reichsmatrikel dem Verzeichnis der Stande eingeschrieben sein und die Reichssteuern direkt in das allgemeine Schatzamt nicht in das eines anderen Standes bezahlen 20 Pufendorf zeigt sich angesichts der Vielfalt und teilweisen Verwirrung der Standeordnung des Reiches problembewusst in Bezug darauf mittels der Reichsmatrikel einen festen Bestand der Stande zu definieren oder uberhaupt auch nur angeben zu konnen Auch gibt es keine Reichsmatrikel die nicht zu viele oder zu wenige Stande auffuhrt und gegen die nicht von irgendeiner Seite Einspruch erhoben worden ware Meiner Meinung nach sind die alten Reichsmatrikel die viele Reichsstande auffuhren die langst nicht mehr im Reichstag vertreten sind eher blosse Anwesenheitsverzeichnisse der Reichstage als autorisierte Urkunden aus denen jemand einen unbezweifelbaren Rechtstitel ableiten kann Aus der Verschiedenheit der Matrikel kann man auch folgern dass es in dieser fruhen Zeit keine feste Zahl der Stande gegeben habe vielmehr jeder auf dem Reichstag erscheinen konnte der sich entweder an Macht oder an Klugheit fur bedeutend im Staate hielt 21 Zur weiteren Entwicklung der Standeordnung bis auf seine eigene Zeit hin befindet der Autor Spater sind dann allmahlich die Schwacheren denen die Sorge um ihre privaten Angelegenheiten nicht erlaubte sich fur die offentlichen Aufgaben freizuhalten weggeblieben andere durch machtigere Stande ausgeschlossen worden bis man schliesslich die heutige Zahl erreicht hat 22 Den ganzen Bestand der Reichsstande zu referieren halt Pufendorf nicht zuletzt deshalb fur vergebens oder zumindest fur unnotig es genuge die grossten und wichtigsten Reichsglieder aufzuzahlen In Pufendorfs Reihenfolge und Terminologie werden die folgenden Stande zur Sprache gebracht wobei auch allgemeine wie besondere Angaben etwa zu politischer Stellung und Geschichte der jeweiligen Herrschaft gemacht werden 23 Das Haus Osterreich 3 im Anschluss eine Untersuchung von dessen romisch deutschem Kaisertum 4 Die Pfalzgrafen bei Rhein und die Herzoge von Bayern 5 Die Herzoge von Sachsen 6 Die Markgrafen von Brandenburg 7 Die Herzoge von Braunschweig und Luneburg der Herzog von Wurttemberg der Landgraf von Hessen die Markgrafen von Baden und die Herzoge von Holstein 8 Die so genannten neuen Fursten die auf Betreiben Kaiser Ferdinands II Sitz und Stimme im Reichstag erhielten die Fursten von Hohenzollern Eggenberg Nassau Hadamar und Dillenburg Lobkowitz Salm Dietrichstein Auersberg und Piccolomini 9 Die Geistlichen Furstentumer soweit sie nicht protestantisch geworden sind die Kurfursten von Mainz Trier und Koln die Erzstifte Salzburg und Besancon der Hochmeister des Deutschen Ordens und die 22 Hochstifte im Reich Danach folgen die Furstabte der Grossmeister der Johanniter sowie die schwabischen und rheinischen Pralaten 11 Die Wetterauer Schwabischen Frankischen und Westfalischen Grafen und Freiherren 35 davon werden genannt 12 Die freien und die Reichsstadte 13 Die Reichsritter des Frankischen Schwabischen und Rheinischen Ritterkreises und die mittelbare Ritterschaft 14 Schliesslich spricht Pufendorf am Ende des Kapitels noch die Einteilung des Reiches und seiner Stande in Kreise an 15 die durch Kaiser Maximilian I im Jahre 1512 vorgenommen wurde Sein abschliessendes Urteil zu diesen Die Einteilung dient vornehmlich der leichteren Wahrung des Landfriedens und der Vollstreckung der Urteile gegen widerspenstige Stande Dass diese Einteilung zur Uneinigkeit Deutschlands beitragt da die Ubel die einen Kreis bedrohen die ubrigen nur wenig beruhren ist zumindest nicht unwahrscheinlich 24 Kapitel III Bearbeiten De origine Statuum Imperii et quibus gradibus ad istam potentiam ascenderintWichtig fur die genaue Kenntnis der Verfassung des Reiches sei so Pufendorf zu Beginn des dritten Kapitels dass man die Entstehung der bedeutenden Machtstellung der Stande untersuche denn ohne diese Betrachtung sei hernach nicht zu verstehen wie die irregulare Staatsform des Reichs zustande komme Pufendorf geht in seiner Untersuchung wiederum bis auf die Zeit der germanischen Stamme zuruck Wahrend der spateren Herrschaft der Franken wurden in den unterworfenen Gebieten des spateren Deutschlands erstmals Grafen und Herzoge als Verwalter und Statthalter eingesetzt Dazu Pufendorf weiter Genaugenommen hatten all diese nur die Gewalt von Beamten 25 Im Laufe der Zeit liessen sich die Herzoge nachdem sie auf Lebenszeit eingesetzt waren und das Amt meist von den Vatern auf die Sohne uberging die hervorragende Gelegenheit nicht entgehen ihre eigene Macht zu festigen sie begannen die Autoritat der Konige weniger zu achten und die ihnen anvertrauten Provinzen als erblichen Besitz zu betrachten 26 Diesen Missbrauch charakterisiert Pufendorf sogleich als grossen Fehler seitens der frankischen Konige Nun ist fur Monarchen kein Fehler verderblicher als wenn sie solche Verwaltungsamter erblich werden lassen denn wenn ein Herr allen seinen Dienern die Freiheit schenkt muss er sich schliesslich selbst die Schuhe putzen 27 An dieser Stelle thematisiert der Autor die Problematik dieser Entwicklung ausfuhrlicher und nimmt zugleich Stellung innerhalb des zeitgenossischen gelehrten Diskurses um das selbige Thema Zunachst sei diese problematische Entwicklung jedoch unter Karl dem Grossen wieder zuruckgedrangt worden 3 Er loste die Herzogtumer auf und verteilte das Land neu Die Provinzen bzw Bezirke des Reichsgebiets Pufendorfs Terminologie ist hier uneinheitlich ubertrug er Grafen zur Verwaltung die dieses Amt nicht ewig und nicht erblich ausuben sollten Nach Karls Tod jedoch wiederholte sich die Geschichte nach Meinung Pufendorfs und die Herrschaft der koniglichen Vasallen wurde wieder erblich genauso wie erneut Herzogtumer aus mehreren Grafschaften entstanden Die Herzoge ehrgeizig wie alle Menschen nutzten klug die Gelegenheit ihre Macht zu festigen wahrend die Autoritat der frankischen Herrscher immer mehr schwand und innere Zwietracht ihre Macht zerstorte Vor allem Otto der Herzog der Sachsen wurde so machtig dass ihm zur Konigsherrschaft nur noch der Titel fehlte Deshalb bewog Konig Konrad I nach vergeblichen Bemuhungen Heinrich von Sachsen den Sohn Ottos zu unterwerfen auf dem Sterbebett die Grossen des Reichs diesem die Konigswurde zu ubertragen denn er hielt es fur kluger freiwillig zu geben was ihm mit Gewalt weggenommen werden konnte und verhinderte so die Trennung Sachsens vom deutschen Reich 28 Doch mit derartiger Willfahrigkeit auf Seiten der Konige begann die Geschichte des Reichs in Pufendorfs Augen einen unglucklichen Verlauf zu nehmen 4 Da die einmal gewonnene Macht der Fursten nicht zerstort werden konnte ohne die Zerruttung ganz Deutschlands und vielleicht nicht ohne den Untergang derer die das versuchten hielten es die Konige fur ratsamer den Besitz der Fursten zu bestatigen zumal sie ohne diese Bedingung nicht zur Herrschaft gekommen waren Die Fursten nahmen dafur ihre Gebiete vom Kaiser zu Lehen und leisteten ihm und dem Reich den Treueid 29 Seither betrachtete man jeglichen Besitz der Fursten als Lehensbesitz und die Fursten als Vasallen auch wenn dieser Titel sie aufgrund seines Zustandekommens in keiner Weise in ihrer Wurde und ihrem Ansehen schmalerte Das eigentliche Problem dieses als oblatio feudorum bezeichneten historisch nicht belegbaren Vorgangs besteht darin dass die Fursten auf diese Weise nicht effektiv in die Pflicht genommen werden konnten Pufendorfs Urteil dazu Wer aber Besitzungen die ihm schon gehorten von einem anderen nachtraglich zu lehen nimmt der schliesst einen ungleichen Bundesvertrag mit dem ab den er als Lehensherrn anerkennt und dessen Hoheit er willig zu achten sich verpflichtet 30 Dieses ungleiche Verhaltnis zwischen Konig bzw Kaiser und Vasallen bzw Fursten war fur Pufendorf der zentrale Missstand seine Entstehung der Sundenfall der deutschen Verfassungsgeschichte Aus ihm erklare sich das Missverhaltnis zwischen den weitreichenden Befugnissen der Fursten und der schmalen Machtposition der kaiserlichen Gewalt selbst wenn Pufendorf fur diese Theorie auch nach eigenem Bekunden nie historische Belege liefern konnte Die folgende fur die Geschichte des Heiligen Romischen Reichs pragende Konstellation war schon fur Pufendorf Konsequenz der verfassungsgeschichtlichen Weichenstellungen der oblatio feudorum besass ein Kaiser eine grosse Hausmacht und stand er im Ruf hervorragender Tuchtigkeit konnte er auf den Gehorsam der Fursten zahlen die Herrschaft von schwachen und mutlosen Kaisern war dagegen von ihrer Gnade abhangig 31 Versuche von Herrschern die Macht ihrer eigenen Vasallen zu brechen oder zu verringern waren in der Folge zumeist vergebens Die Paragraphen 5 10 widmen sich schliesslich der Entwicklung der Machtstellung der Furstbischofe sowie derjenigen der Reichsstadte So behandelt Pufendorf einerseits kurz die Entwicklung bis zum Investiturstreit und erlautert seine Auffassung dass die Bischofe ihren Reichtum vor allem der kaiserlichen Freigiebigkeit zu verdanken hatten 7 was diese den Kaisern wiederum schlecht dankten indem sie deren Position untergruben 8 Die politische Stellung der reichsunmittelbaren Stadte hingegen sei seit dem Erloschen der letzten stadtischen Handelsbundnisse verfallen 9 ebenso wie die kaiserliche Herrschaft uber jene 10 Kapitel IV Bearbeiten De capite Imperii Germanici Imperatore ubi de electione et ElectoribusDas vierte Kapitel befasst sich mit der Geschichte des romisch deutschen Kaisertums der Kaiserwahl und den Kurfursten Seit der Zeit Karls des Grossen habe das Reich ein Oberhaupt weshalb man es obgleich aus vielen und zum Teil machtigen Gliedstaaten bestehend immer als einen einheitlichen Staat betrachtete Seit Karl und seinen Nachfolgern so Pufendorf musse man romisches Kaisertum und frankisches Konigtum unterscheiden Das romische Kaisertum erhielt er durch ubereinstimmenden Beschluss des romischen Volkes und des Papstes 32 Die Kaisererhebung habe wohl eher den Charakter einer feierlichen Einsetzung gehabt weshalb nicht von einer Wahl und deshalb auch von der Erblichkeit des Kaisertitels unter Karls Nachfahren ausgegangen werden konne Im Frankenreich konnte man dagegen weder von einer reinen Erb noch von einer Wahlmonarchie sprechen hier sei ein gemischtes Verfahren zur Anwendung gekommen in welchem die Vornehmen der Adel und das Volk den geeigneten Kandidaten aus der Nachkommenschaft des Konigs per acclamationem zum Konig erhoben 33 Im Frankischen Reich behielt man dieses Wahlverfahren im Grossen und Ganzen vorerst bei wobei auf die Annahme des Kaisertitels unterdessen verzichtet wurde Erst mit Otto dem Grossen und seiner Unterwerfung Italiens nahmen alle deutschen Konige zugleich den Titel eines romischen Kaisers an die Kronung durch den Papst habe nunmehr nur zeremonielle Bedeutung gehabt Mit der Regierungszeit Heinrich IV 1056 1105 sei die erbliche Thronfolge im Reich dann jedoch allmahlich erloschen Wahrend die Wahl fruher also durch das ganze Volk geschah wobei die Meinung der Fursten wohl schon immer den Ausschlag gegeben habe wahlen schon seit einigen Jahrhunderten aber den Kaiser ausschliesslich die sieben und nach dem Osnabrucker Frieden die acht bedeutendsten Fursten die deshalb Kurfursten genannt werden 34 Dies sind die drei Erzbischofe von Mainz Koln und Trier die so genannten geistlichen sowie die funf weltlichen Kurfursten der Konig von Bohmen die Herzoge von Bayern und Sachsen der Markgraf von Brandenburg und der Pfalzgraf bei Rhein Im Folgenden diskutiert Pufendorf einige Ansichten zu der Frage zu welchem Zeitpunkt und auf welche Art sich das Vorrecht der Wahl etabliert habe Etwa von 1250 bis um das Jahr 1500 habe man geglaubt dass Kaiser Otto III und oder Papst Gregor V die Kurfursten eingesetzt hatten Dieser Auffassung habe ein gewisser Onuphrius Panvinius widersprochen wobei ihm jeder einsichtige Deutsche in seiner Argumentation zustimmen musse dass diese Constitutio Ottos oder Gregors bis heute niemand gefunden hat und alle Schriftsteller in den 240 Jahren von Otto III bis zur Zeit Friedrichs II daruber schweigen 35 Der Erste der die Kurfursten erwahne sei Marinus Polonius Pufendorf meint vermutlich Martin von Troppau der obgleich auch seine Aussagen nicht uber alle Zweifel erhaben seien fur die Zeit nach Otto von einer Konigswahl durch die Beamten des Reiches spricht Dies konne man entweder so verstehen dass die Inhaber der bedeutendsten Hofamter die grossten Herrschaften des Reichs erhalten haben oder vice versa deren Herrscher die Amter erhielten Dessen ungeachtet konne trotzdem niemand glaubhaft leugnen dass in der deutschen Fruhzeit alle Fursten bei der Konigswahl teil hatten 36 Hierzu merkt Pufendorf an dass es unwahrscheinlich sei dass die ubrigen Fursten ausser den sieben spateren Wahlern ihr Wahlrecht auf ein Mal und freiwillig abgegeben hatten Es habe sich deshalb bei Kennern der deutschen Geschichte die Auffassung durchgesetzt schon vor der Zeit Friedrichs II hatten die sieben Fursten wegen ihrer Reichsamter und der Grosse ihres Herrschaftsgebietes allmahlich bei den Kaiserwahlen die ubrigen Fursten an Einfluss ubertroffen 37 Dieser Brauch ware durch die Wirren der Zeit hindurch ublich und zur Gewohnheit geworden bis schliesslich die Goldene Bulle 1356 den Wahlmodus und die herausgehobene Stellung der wahlberechtigten Fursten feierlich feststellte Letztere verband die Reichs bzw Hofamter die Kurwurde und den Besitz der grossten Reichslehen dauerhaft miteinander sodass die Herren der entsprechenden Territorien seither zugleich rechtmassig Kurfursten sind 4 Pufendorf erlautert anschliessend wie die Kurfursten in ihre jeweilige Stellung gelangen die geistlichen Kurfursten durch die Wahl durch ein Domkapitel wobei fur die Kaiserwahl die sonst notwendige papstliche Bestatigung eines Erzbischofs noch nicht vorliegen muss und die weltlichen Kurfursten ausnahmslos durch die agnatische Linealerbfolge lat successio linealis mit der Bedingung dass weder die Kurwurde noch die Kurlande geteilt werden durfen 38 Bei Neueinrichtung einer Kurwurde oder der Absetzung eines Kurfursten eines Deliktes wegen sei der Kaiser nach Pufendorf laut Gesetz und Herkommen nicht frei in seiner Entscheidung sondern musse die Reichsstande oder zumindest die Kurfursten einbinden wobei er sich bewusst ist dass die vergangenen Jahrhunderte Gegenbeispiele lieferten In Paragraph 5 des vierten Kapitels beschreibt Pufendorf den Ablauf der Konigs bzw Kaiserwahl entsprechend den Bestimmungen der Goldenen Bulle Kap II und IV siehe dort bzw die Onlineversion in der MGH 39 6 behandelt knapp die Frage der Moglichkeit der Absetzung eines einmal Gewahlten durch die Wahler Der folgende Paragraph widmet sich weiteren Vorrechten der Kurfursten das Recht sich ohne Monarch zu versammeln und Reichsangelegenheiten zu beraten sowie die mit ihren Reichsamtern verbundenen Aufgaben so die Erzkanzleramter der drei Erzbischofe und die Amter als Erzschenk Bohmen Erztruchsess Bayern Erzmarschall Sachsen Erzkammerer Brandenburg und Erzschatzmeister Pfalzgrafschaft 40 Der vorletzte achte Paragraph erlautert kurz die Regelungen und Rechte die mit dem Reichsvikariat verbunden sind und behandelt einige historische Konflikte um den Besitz dieses kurfurstliche Vorrechts Im knappen 9 wird die Praxis thematisiert dass dem romisch deutschen Kaiser bisweilen noch zu Lebzeiten ein romischer Konig beigegeben wird Diese Regelung sei dazu gedacht dass der Konig als Generalvikar das Reich in Abwesenheit bei Verhinderung oder plotzlichem Versterben des Kaisers regieren konne z B zur Sicherheit in politisch unruhigen Zeiten was Pufendorf zufolge jedoch schon immer nur Vorwand gewesen sei Der wahre Grund war dass die Kaiser leichter zu ihren Lebzeiten ihren Sohnen Brudern oder nahen Verwandten die Nachfolge sichern konnten wenn sie sich als Inhaber der obersten Reichsgewalt fur sie verwendeten 41 Kapitel V Bearbeiten De potestate Imperatoris limitata per capitulationem leges atque consuetudines Imperii et iura OrdinumDas funfte Kapitel der Schrift handelt von den Beschrankungen durch die Wahlkapitulationen die Gesetze und Gebrauche des Reiches und die Rechte der Reichsstande denen die kaiserliche Machtstellung unterliegt Auf Grund der erworbenen Stellung der Fursten des Reichs konnten die Konige in den Reichsgeschaften nicht mehr so regieren wie es ihnen beliebte und mussten uber die ihnen eigentlich untergeordneten Reichsfursten mehr durch ihr Ansehen als etwa per Befehlsgewalt herrschen Schon in der Konigswahl ist dieses Verhaltnis mit der Zeit verankert worden in Form der Wahl Kapitulation Wenn in der Goldenen Bulle von der Pflicht des gewahlten Kaisers gesprochen wird die Rechte Freiheiten und Pflichten der Kurfursten zu bestatigen so ist das nach Pufendorf von einer Wahlkapitulation zu unterscheiden da eine solche sich auf die Freiheiten des gesamten Reichs beziehe und erstere Pflicht lediglich eine Sonderbestimmung fur die Wahlfursten sei Vor der Herrschaftszeit Karls V sei jedenfalls kein Beispiel fur eine Wahlkapitulation nachgewiesen Die Wahlkapitulationen wurden furderhin von den Kurfursten allein und ohne Beteiligung der anderen Reichsfursten ausgearbeitet In den Westfalischen Frieden wurde dann eine Bestimmung aufgenommen dass eine capitulatio perpetua also eine standige Wahlkapitulation erarbeitet werden solle die jeden gewahlten Herrscher an dieselben Grundsatze seiner Herrschaft binden sollte Pufendorf dazu Diese Formel bedeutet auf gut deutsch die Angelegenheit fur eine unbestimmte Zeit zu verschleppen Doch habe ich bei meinem Aufenthalt in Regensburg erfahren dass man sich ernsthaft mit dieser Sache befasse und keine Anstrengung gescheut habe Papier zu verbrauchen 42 Daraufhin berichtet er von den moglichen verschiedenen Bedenken hinsichtlich des Erlasses einer solchen Kapitulation Uberhaupt entspreche es nicht deutschen Gepflogenheiten jemandem sein Recht auf welche Weise er es auch immer erworben habe durch Gewalt oder Komplott zu nehmen Ausserdem wenn auch die Forderung der ubrigen Stande berechtigt sei bei der Kapitulation gleichermassen wie die Kurfursten berucksichtigt zu werden konne man kaum eine Formel finden die nicht irgendwann bei veranderten Verhaltnissen der Korrektur bedurfe 43 In 3 befindet Pufendorf dass es eine fur das Reich heilsame Einrichtung sei dass die kaiserliche Machtstellung positiv rechtlich fixiert ist Es festige die Stellung der Reichsstande und schutze ihre Rechte die der Kaiser nur durch Rechtsbruch schmalern konne und ebenso profitiere davon der Kaiser der seine Herrschaft unter klaren Bedingungen antreten kann und bei deren Nichteinhaltung er entweder die Konigswurde ablehnen oder eine Anderung der Wahlkapitulation verlangen konne Hat er jedoch einmal in die quasi vertragsrechtliche Beschrankung seiner Macht eingewilligt dann konne er keine vollstandige monarchische Gewalt uber die Stande mehr anstreben da dies einen Rechtsbruch darstellen wurde auf dessen Grundlage die Reichsfursten den Gehorsam und die Gefolgschaft wohl versagen durften Fur Pufendorf stellt diese Situation aber keinen Widerspruch dar Nur die besonders scharfsinnigen Lehrer der Politik sehen freilich dass es daneben auch eine Herrschaftsgewalt gibt wie sie dem Oberhaupt eines Staatenbundes zusteht die sich von der Herrschaftsform der koniglichen Vollgewalt unterscheidet 44 Kapitel VI Bearbeiten De forma Imperii GermaniciDas sechste ist sozusagen das zentrale Kapitel der Schrift hier beginnt der systematische Teil der Untersuchung Darin beschaftigt sich Pufendorf schliesslich unmittelbar mit der Frage der Staatsform des Reiches Einleitend stellt er bereits fest dass man die Beschaffenheit die Qualitat eines moralischen Korpers i e eines Staates danach als stark oder schwach beurteilt ob seine Teile untereinander richtig verbunden sind oder nicht ob der Staat also eine geordnete Struktur hat oder etwas Irregulares und Monstroses darstellt Die bisherigen Untersuchungsergebnisse hatten dabei deutlich gemacht dass das Reich etwas enthalt das seine Zuordnung zu den bekannten Staatsformen unmoglich macht Diese Stelle nutzt Pufendorf wiederum zur Kritik an seinen Vorgangern in der Reichspublizistik Man musse der Frage nach der Staatsform des Reiches mit besonderer Sorgfalt nachgehen weil die meisten deutschen Schriftsteller aus Unkenntnis der Lehre von der Politik daruber die schlimsten Irrlehren verbreitet 45 haben Soweit zur Einleitung 2 des Kapitels widmet sich zuerst der Staatsform der Reichsstande Sein Urteil ist hier eindeutig Alle weltlichen und geistlichen Territorien bzw Furstentumer und Grafschaften sind Monarchien wobei der Thron in den ersteren durch Erbfolge in letzteren durch Wahl besetzt wird In den weltlichen Herrschaften ist die monarchische Gewalt absolut in den geistlichen Herrschaften durch Wahlkapitulationen beschrankt Die Reichsstadte sind in aller Regeln Aristokratien Ihr Souveran ist der Senat in den Burger aufgenommen werden konnen ohne dass die Burgerschaft der ganzen Stadt diesen kontrollieren konnte Manche Reichsstande jedoch seien demokratisch verfasst weil die dortigen Zunfte den Stadtrat bestellen und ihn kontrollieren Staatsformdebatte Bearbeiten Das Reich als Demokratie Bearbeiten Welche Staatsform das Reich im Ganzen aber hat 3 ist in der akademischen Debatte umstritten so Pufendorf Niemand habe es bisher als Demokratie bezeichnet auch wenn manche hier hebt Pufendorf offensichtlich auf die Reichstheorie Conrings ab die Reichsstande als Burger des Reiches ausgeben ein Aristotelismus der den antik griechischen Politik Begriff aufgreift 46 In diesem eher ungewohnlichen Blickwinkel erschiene der Kaiser dann als princeps im Wortsinne Pufendorf lehnt eine solche Verwendung antiker Begrifflichkeiten in seiner Zeit jedoch ab u a weil es unhaltbar sei den freien Mannern die Untertanen einer Monarchie oder Aristokratie sind den Titel eines Burgers abzusprechen nur weil sie nicht an der Regierung des Staates teilhaben Das Reich als Aristokratie Bearbeiten Die meisten in der politischen Lehre kundigen Denker bezeichnen das Reich als reine Aristokratie so Pufendorf in 4 des Kapitels Fur diese Auffassung fuhren sie folgenden Grunde an 47 Man durfe sich von Titeln die auf eine monarchische Staatsform hindeuten nicht tauschen lassen In Wirklichkeit seien in einem jedem Staat und auch im Reich nur diejenigen souveran die das Recht haben uber die Staatsangelegenheiten nach eigenem Gutdunken zu entscheiden Der aristokratischen Staatsform widerspreche es ferner nicht dass es in ihr ein Oberhaupt gibt das an Rang und Autoritat die ubrigen Aristokraten ubertrifft und dem beispielsweise die Leitung der Staatsgeschafte und nicht die Herrschaft zukommt Ausserdem musse man zwischen der Staatsform und der Regierungsweise unterscheiden So kann ein Staat einem der Staatsform nach Verschiedenen in seiner Regierungsweise ahneln Im Beispiel Muss ein Konig die Regierungsgeschafte mit einem Senat absprechen so wird aus dem betreffenden Staat noch keine Aristokratie er bleibt eine Monarchie Falls eine Demokratie einen obersten Beamten hat in dessen Namen die Gesetze erlassen werden so bekommt die Regierung zwar einen monarchischen Anschein die Staatsform ist jedoch weiterhin demokratisch wenn die Souveranitat also das Recht die Staatsangelegenheiten nach eigenem Gutdunken zu bestimmen beim Volke verbleibt Staatsformenschema nach Pufendorf SouveranEiner MonarchieWenige AristokratieAlle DemokratiePufendorf entscheidet diese Debatte fur sich folgendermassen Die verschiedenen Staatsformen entstehen daraus dass der Trager der Souveranitat entweder eine einzige Person Monarchie oder eine Versammlung aller Demokratie oder weniger Aristokratie ist Welcher untergeordneten oder ausfuhrenden Organe sich aber der Souveran bedient spielt dabei keine Rolle 48 Diese Uberlegungen konnen Pufendorf zufolge jedoch niemanden uberzeugen der wirkliche Kenntnis der Lehre von der Politik besitzt 5 Die Voraussetzung fur das Vorliegen einer Aristokratie sei namlich dass es im Staate einen standigen Senat gebe der uber alle Staatsangelegenheiten unabhangig berat und beschliesst wahrend die Ausfuhrung der Staatsgeschafte an ihm verantwortliche Beamte delegiert ist Einen solchen Senat kenne das deutsche Reich jedoch nicht Weder das Reichskammergericht noch der Reichstag werden diesen Kriterien gerecht Es sei insbesondere einfaltig gerade den Reichstag und seine Mehrheitsbeschlusse fur Anzeichen einer aristokratischen Staatsform zu halten 49 da auch in anderen Konigreichen solche Rate existierten Ferner halten Bundesgenossen gemeinsame Bundestage comitia ab die eine ahnliche Gewalt uber die Bundner haben wie die Reichstage uber die Reichsstande Uberhaupt sei es ein Zeichen einer echten Aristokratie dass der Senat allen Senatoren bzw Aristokraten ubergeordnet ist und letztere ihm gehorsam schuldig sind dies sei im Reich und speziell in Bezug auf den Reichstag jedoch ganz und gar nicht der Fall Das Reich als Monarchie Bearbeiten Schliesslich untersucht Pufendorf ob sich das Reich als Monarchie charakterisieren lasst 6 Zunachst unterscheidet er zwei Arten der Monarchie die absolute und die beschrankte Monarchie 50 In der absoluten Monarchie hat der Konig o a die Befugnis nach eigenem Ermessen uber die wichtigsten Staatsangelegenheiten zu entscheiden vgl hierzu den Artikel Monarchie In der beschrankten Monarchie ist der Herrscher in Ausubung seiner souveranen Staatsgewalt an bestimmte Gesetze gebunden Ein volliger Irrtum ware es in diesem Zusammenhang allerdings dem romisch deutschen Kaiser absolute Herrschaftsgewalt zuzuerkennen Die Argumente die fur diesen Standpunkt vorgebracht werden seien der Widerlegung gar nicht wert so Pufendorf Denn es ist gleichermassen absurd die Gewalt des deutschen Kaisers aus der Vision des Daniel oder aus den Buchern des romischen Rechts herleiten zu wollen 51 Mit dieser Aussage wendete sich Pufendorf insbesondere gegen die beiden wichtigsten Argumente der alteren casarinischen Reichspublizistik welche einerseits die geschichtstheologische Reichsidee vertrat dass das Heilige Romische Reich die letzte der so genannten vier Weltmonarchien sei und andererseits die daraus abgeleitete Auffassung propagierte dass eben dies Reich mit dem Imperium Romanum identisch ware weshalb dessen spatantikes Kaiserrecht auch fur das Romisch deutsche Reich Geltung besitze Die Feststellung dass der Kaiser des Weiteren keinen Herrn uber sich anerkenne ausser Gott ubertragt ihm ebenso wenig die absolute Herrschaft uber die Fursten des Reiches Die leeren Titel welche Letztere dem Kaiser entgegenbringen entsprangen lediglich dem Zeitgeist und sei es ohne wirklich Bedeutung Letztendlich beschworen die Reichsstande dem Kaiser die Treue nur vorbehaltlich ihrer Freiheiten und Rechte Es bleibt Pufendorf noch zu erortern 7 ob man die Herrschaft des Kaisers wenn schon nicht eine absolute dann wenigstens eine beschrankte Monarchie nennen kann wie sie oben definiert worden ist An dieser Stelle fuhrt Pufendorf jedoch zuvorderst eine Auseinandersetzung mit Hippolithus a Lapide eigentlich Bogislaw Philipp von Chemnitz einem extrem reichsstandisch gesinnten Reichspublizisten seiner Zeit welcher zudem der Antagonist Dietrich Reinkingks war der die Lesart der Reichsverfassung als beschrankte Monarchie am entschiedensten vertreten hat Im Grossen und Ganzen stimmt ihm Pufendorf zunachst bei obgleich er Hippolithus Chemnitz auch viele Irrtumer und Verfehlungen attestiert 52 Chemnitz nehme dem Kaiser zu Recht die Souveranitat und schreibe sie den Standen zu Absurd in seinem weiteren Vorgehen sei jedoch den Kaiser darauf den Standen zu unterwerfen und aus ihm einen standischen Beamten zu machen Dies lasse die Auffassung vermuten dass ein Staat notwendig eine Aristokratie sein musse sobald er nicht absolute Monarchie ist Auch muss niemand einen Oberherrn anerkennen nur weil er nicht unbeschrankt herrschen kann Einige von Chemnitz antimonarchischen Erwagungen bedurfen jedoch der genaueren Untersuchung Die offensichtliche Souveranitat der Reichsstande wahrend eines Interregnums ist ihm zuerst Anlass diesen die standige Obergewalt im Staate zuzuschreiben Pufendorf entgegnet dem dass dies gangige Praxis in allen Konigreichen sei und dem darum allein noch keine Beweiskraft zukomme Auch dass die Kaiser vor den Standen Rechenschaft ablegen fur ihre herrschaftlichen Akte konne noch nicht als Zeichen ihrer Untertanigkeit gegenuber den Letzteren gewertet werden da dies auch einfach nur aus vertraglicher Verpflichtung oder Wertschatzung geschehen kann Dass die Fursten des Reiches den Kaiser absetzen konnen wie es Chemnitz befindet ware ebenso kein Zeichen ihrer Herrschaft uber den Monarchen da auch dies wie auch die kaiserliche Herrschaft selbst Gegenstand einer vertraglichen Einrichtung zwischen Gleichen sein konnte womit das Argument seine zwingende Beweiskraft verliert 53 Die Ausfuhrungen Chemnitz zum Reichstag seien sachlich korrekt beweisen jedoch nicht was er behauptet So konne der Kaiser zwar nichts gegen die Stande beschliessen jedoch sind diese ebenso wenig in der Lage etwas gegen den Willen des Kaisers ausrichten bzw ihn zu etwas zwingen Es ware auch richtig dass die Kurfursten dem Kaiser in der koniglichen Wahlkapitulation vorschreiben wie er zu regieren habe doch schaffen sie dies nicht kraft einer etwaigen Herrschaft uber ihn sondern mittels eines Vertrags mit ihm So entspringen die Befugnisse der Stande gegen den Kaiser aus der Natur des Vertrags und nicht aus ihrer Herrschaftsgewalt Schliesslich kann Pufendorf auch das weit verbreitete Argument nicht uberzeugen dass der Kaiser nach altem und durch die Goldene Bulle bestatigtem Reichsrecht vor dem Pfalzgrafen verklagt werden kann Dieser Rechtssatz beruhe namlich nicht auf einem Unterordnungsverhaltnis des Kaisers gegenuber dem Pfalzgrafen oder seinem Gericht sondern auf freiwilliger Zustimmung des Herrschers strittige Rechtsfalle gerecht und rechtmassig entscheiden zu lassen Somit sind die meisten Argumente Bogislaw Philipps von Chemnitz nach Pufendorf leicht zu widerlegen Im Gegenzug komme denjenigen mehr Gewicht zu die das Reich als beschrankte Monarchie beschreiben 8 Die Mischverfassungslehre dagegen sei abzulehnen denn abgesehen davon dass eine Mischung von Staatsformen nur ein Monstrum von Staat hervorbringen kann passt keine auf das deutsche Reich Denn in ihm haben weder mehrere ungeteilt die Souveranitat noch sind deren Bestandteile auf verschiedene Personen oder Kollegien verteilt 54 In dieser Ablehnung der seinerzeit und noch Jahrzehnte spater in der Staatsrechtslehre aktuellen Mischverfassungstheorie greift Pufendorf anscheinend Ansatze des fruhen Reichspublizisten Henning Arnisaeus auf der zu Beginn des 17 Jahrhunderts verschiedene Typen von gemischen Verfassungen thematisiert hatte und ein Modell favorisierte dass Bestandteile der Staatsgewalt auf verschiedene Instanzen verteilte Die Anhanger der beschrankten Monarchie behaupten jedenfalls so Pufendorf dass die Vorschriften der koniglichen Wahlkapitulationen mit dem Modell beschrankter souveraner Monarchie vereinbar waren Dass die Reichsstande dem Kaiser zugleich die Treue schworten konne dann dadurch erklart werden dass sie dem Kaiser den Gehorsam vorbehaltlich dessen versprechen dass er uber ihren Dienst nur zum gemeinen Wohl und im Rahmen der Reichsgesetze verfuge Nach Pufendorf stehen jedoch zwei Tatsachen gegen eine Einordnung des Heiligen Romischen Reiches als monarchia limitata In einer echten Monarchie steht der Konig auch wenn er in seiner Regierung an bestimmte Gesetze gebunden ist doch so hoch uber allen Burgern dass niemand seine Freiheiten und Rechte der koniglichen Gewalt gleichzustellen wagt Dies ist bekanntlich in Deutschland nicht der Fall 54 weil kein Reichsstand bereit ware einzuraumen dass sein Land dem Kaiser mehr untertan sei als ihm Ausserdem bleibt auch einem noch so beschrankten Monarchen letztlich die Lenkung und Verwendung aller Krafte des Staates vorbehalten 55 Dass das fur das Reich ebenfalls nicht zutrifft zeige erstens dass der Kaiser keinerlei Einkunfte vom Reich erhalte sondern sich aus eigenem Besitz unterhalten musse zweitens dass es weder Staatsschatz noch ein standiges Reichsheer gebe sondern jeder Stand nur nach Gutdunken das Reich militarisch unterstutze u v m Monstrositatsthese Bearbeiten Aus diesem Grunde weil das Reich weder Demokratie noch reine Aristokratie oder eine Reinform der Monarchie sei bliebe nichts anderes ubrig als das Heilige Romische Reich wenn man es nach den Regeln der Wissenschaft von der Politik klassifizieren will einen irregularen und einem Monstrum ahnlichen Korper zu nennen 56 Der ganze Absatz im lateinischen Original Nihil ergo aliud restat quam ut dicamus Germaniam esse irregulare aliquod corpus et monstro simile siquidem ad regulas scientiae civilis exigatur 56 Diese theoretische Bestimmung der deutschen Verfassung ist Pufendorf zufolge deshalb notwendig da sich das Reich 1 durch die fahrlassige Gefalligkeit der Kaiser gegenuber den Fursten 2 durch den damit korrelierenden Ehrgeiz der Reichsstande die nach Eigenstandigkeit streben und 3 durch die Machenschaften der Geistlichen 56 von einer reinen Monarchie zu einer sehr unausgewogenen Staatsform entwickelt hat Dieser Klassifizierung liegt Pufendorfs Staatsformenlehre zu Grunde die eine fruhneuzeitliche Adaption der aristotelischen Staatsformenlehre darstellt indem die Staatsform dadurch bestimmt wird welcher soziopolitischen Instanz Konig Volk etc die Souveranitat zugeordnet ist Da er im Bezug auf das deutsche Reich jedoch feststellen musste dass die Souveranitat also die Befugnis uber die zentralen Staatsangelegenheiten nach eigenem Ermessen zu entscheiden keinem Staatsorgan weder dem Kaiser noch den Kurfursten oder den Reichsstanden in ihrer Gesamtheit ungeteilt zukommt fallt die Reichsverfassung sprichwortlich aus der Reihe Es ist kein Idealtypus keine Staatsform in ihrer Reinform auf das Reich anzuwenden sie passen nicht Deshalb beschreibt Pufendorf das Reich als irregularen Korper gerade weil es der Regel nicht entspricht In eben diesem Sinne ist auch die Bezeichnung als Monstrum bzw monstros zu verstehen Er wollte dem Reich damit weder die Staatlichkeit absprechen noch es gar als Unform oder staatliche Missgeburt abqualifizieren Bei den Charakterisierungen als irregular und monstros handelte es sich vielmehr um Urteile aus verfassungsrechtlicher Perspektive im Hinblick auf die idealtypischen Kategorien der Verfassungsformenlehre 57 In staatstheoretischer Hinsicht betrachtet Pufendorf das Reich dagegen durchaus nicht als Monstrum Dies wird im unmittelbaren Anschluss an die Monstrositatsthese deutlich wenn er beschreibt welche Folgen die disharmonische Verfassungsstruktur fur die Staatsform des Reiches hat So sei das Reich nicht mehr eine beschrankte Monarchie wenngleich der aussere Schein dafur spricht aber auch noch nicht eine Foderation mehrerer Staaten vielmehr ein Mittelding zwischen beiden Wir konnen also den Zustand Deutschlands am besten als einen solchen bezeichnen der einem Bund mehrerer Staaten sehr nahe kommt in dem ein Furst als Fuhrer des Bundes die herausragende Stellung hat und mit dem Anschein koniglicher Gewalt umgeben ist 58 Dies zeigt dass Pufendorf Verfassungsrecht und Staatstheorie und auch die jeweiligen Untersuchungsergebnisse voneinander unterschied was nur wenigen seiner spateren Kritiker aufgefallen ist 59 Insofern muss die Verfassungsstruktur des Reiches vor dem Hintergrund der abstrakten Staatsformentheorie in der Tat als unformiges monstroses Gebilde erscheinen wahrend der Reichs Staat gleichsam von aussen und in einer vergleichenden Perspektive betrachtet als Zwischenform auf dem halben Weg von einer regularen Monarchie zu einem ungeordneten Staatenbund befindlich charakterisiert werden kann ohne dass dadurch ein Widerspruch entstunde Der ungeordnete Zustand ist Pufendorf nun die Quelle der Schwache des Reiches da der dem System inharente Konflikt von Kaiser und Reichsstanden den Gesamtstaat sehr belaste Dieser strebe nach Wiederherstellung der monarchischen Vollgewalt jene strebten nach volliger Freiheit Es ist aber die Natur aller Degenerationen dass ein Staat wenn er sich schon weit vom ursprunglichen Zustand entfernt hat in schnellem Niedergang wie von selbst sich dem anderen Extrem nahert wahrend er sich nur mit grosser Anstrengung auf seine Urform zuruckfuhren lasst 60 Daher wird man das Reich auch nicht ohne grosste Erschutterungen und Verwirrungen zur Monarchie zuruckfuhren konnen wobei es sich zum Staatenbund jedoch von allein fortentwickeln wird so Pufendorf Kapitel VII Bearbeiten De viribus et morbis Imperii GermaniciIn diesem Kapitel wagt Pufendorf starkende und schwachende Faktoren in der politischen und sozialen Verfasstheit des Reichs gegeneinander ab und beurteilt die Starke desselben im Vergleich mit seinen europaischen Nachbarn und potenziellen Feinden Zuerst widmet er sich der Bevolkerung und den materiellen Gutern Deutschlands welche die Grundlage einer absoluten Einschatzung der Starken des Reichs liefern sollen Die Paragraphen 1 3 behandeln folgerichtig die Bevolkerungszahl anhand der Zahl der Siedlungen die Weitlaufigkeit der deutschen Lander und ihre grosse wirtschaftliche Nutzbarkeit den Handel und den Reichtum der Reichsterritorien In den Paragraphen 4 6 unternimmt Pufendorf eine relative Einschatzung der Starken und Schwachen des Reichs wozu er die politisch militarische Situation an den Reichsgrenzen bzw gegenuber den Nachbarn des Reichs untersucht und dabei auch den Fall bedenkt dass sich feindlich gesonnene Machte verbunden Er bespricht hier in der Reihenfolge des Auftretens das Osmanische Reich Italien Polen Danemark England die Niederlande Spanien Schweden und letztlich Frankreich das er als grosste Bedrohung fur die Integritat und den Bestand des deutschen Reichs ansieht 61 Den dritten Abschnitt des Kapitels bildet eine Analyse der innen und aussenpolitischen Schwachen des Reiches die durch seine Staatsform hervorgerufen werden 7 10 So behauptet Pufendorf dass das an sich sehr wohlhabende Reich eine Gefahr fur ganz Europa darstellen konnte wenn es nur eine echte Monarchie ware Stattdessen aber ist es durch innere Krankheiten und Umwalzungen so geschwacht dass es kaum sich selbst verteidigen kann Die Hauptursache des Ubels ist der unharmonische und ungeordnete Zusammenhang des Staates 62 Die erneute Kritik an der deutschen Verfassung wird von einem kurzen staatstheoretischen Intermezzo unterbrochen So erscheint gerade vor dem Hintergrund des schlecht eingerichteten Reichs die absolute Monarchie als vollkommenste Staatsform da weder die Aristokratie noch ein Staatenbund so sie eine gute Verfassung besitzen eine vergleichbare Stabilitat erreichen wurden Nun ist das Reich jedoch in der ungunstigen Lage so Pufendorf zwei grosse Ubel miteinander zu vereinen Es scheine als ob es in seiner Verfassung einerseits zugleich eine schlecht eingerichtete d h schwache Monarchie und doch andererseits auch ein ungeordneter Staatenbund d h mit Gliedstaaten ungleichen Rechts sei Infolgedessen versuchen sowohl Kaiser als auch Reichsstande ihre Position zu verbessern weshalb das Reich zwischen ihren gegensatzlichen Interessen hin und hergerissen wird woraus sich seine Schwache erklart Ferner entkraften Konflikte zwischen den Standen selbst den Reichsverband welche durch die Ungleichheit der Macht unter diesen und die religiose Spaltung infolge der Reformation noch geschurt wurden Dass es weder einen gemeinsamen Reichsschatz noch ein einheitliches Reichsheer gebe sind fur Pufendorf offensichtliche Zeichen der Schwache des deutschen Staatsgebildes Kapitel VIII Bearbeiten De ratione status Imperii GermaniciIm letzten Kapitel befasst sich Pufendorf mit der Ratio der Reichsverfassung womit er Interessen und Erfordernisse meint die angesichts des Zustands und des Zuschnitts der Verfassung naheliegend und ratsam sind die Staatsrason des deutschen Reichs Diese speziell reichische Staatsrason steht ganz im Kontext des Pufendorf schen Urteils uber die deutsche Verfassung Sei im Bisherigen aufgezeigt worden an welchen Krankheiten das Land leide wende er sich nun den Heilmittel zu 63 Zunachst referiert er jedoch die diesbezuglichen Uberlegungen Bogislaw Philipp von Chemnitz welche dieser in seiner Dissertatio de Ratione Status in imperio nostro Romano Germanico von 1640 vorgebracht hat In Paragraph 2 des Kapitels stellt Pufendorf zunachst Chemnitz sechs Grundsatze der deutschen Staatsinteressen vor und referiert im Anschluss daran im folgenden Paragraphen 3 dessen sechs Heilmittel fur die Krankheiten Deutschlands Im Grunde verwirft Pufendorf alle Vorschlage des anti kaiserlichen Staatsrechtlers und kritisiert wenige Stellen sogar aufs Scharfste Mit Beginn des vierten Paragraphen wendet er sich seinen eigenen Uberlegungen zu Diese sind uberraschenderweise eher wenig originell Nach Horst Denzer lassen sich Pufendorfs Leitideen der deutschen Staatsrason in zwei Punkten zusammenfassen 1 Die innere Einigkeit ist zu bewahren oder zu schaffen und Streitigkeiten sollen begraben werden 2 Im Interesse des Reichs ist der gegenwartige Zustand namlich das labile Gleichgewicht zwischen beschrankter Monarchie und Staatenbund zu wahren weil Versuche zur Anderung dieses Zustandes zum Untergang des Reiches fuhren konnen 64 Den Hauptteil dieses letzten Kapitels macht jedoch eine Kritik der katholischen Kirche und ihrer institutionellen Verbindung mit dem Reich aus In den Paragraphen 5 bis 10 schildert Monzambano Pufendorf zwei fiktive Unterredungen d h er lasst einen nicht namentlich genannten Gast harsche Kritik vorbringen wodurch er sich von den Aussagen praktisch doppelt distanziert indem er 1 unter Pseudonym 2 die Ausfuhrungen eines anderen wiedergibt Die Ausgangsfrage des Gesprachs welches sich im Wesentlichen als Monolog des unbekannten Gelehrten entpuppt ist warum in Deutschland die Religion Anlass zu solchem Streit sei 65 wahrend beispielsweise in den Niederlanden Religionsfreiheit herrsche In erster Linie sei eine Abneigung der Gelehrten gegen den Dissens eine Ursache der konfessionellen Streitigkeiten und Konflikte Schnell wird deutlich dass Pufendorf diese Kritik vor allem auf die Theologie bezieht da er ihren Gelehrten vorhalt abweichende Meinungen rasch als Gottlosigkeit zu diffamieren Im Kern jedoch sind die unterschiedlichen politischen Implikationen der Bekenntnisse Ursache der konfessionellen Spannungen Pufendorf lasst den Gelehrten die Richtung seiner Untersuchung erlautern Doch ist es nicht unsere Aufgabe zu untersuchen inwieweit jedes der Bekenntnisse seine Glaubenssatze aus der Heiligen Schrift zu belegen vermag Mit Recht durfen wir aber uberlegen inwieweit der Weg zum ewigen Heil um den sich die Geistlichen kummern mit unseren politischen Grundsatzen zu vereinbaren ist Denn ich kann nicht glauben dass der allgutige Gott durch seine Verehrung den Frieden des burgerlichen Lebens storen lassen will 66 Hierin aussert Pufendorf eine grundlegende Einstellung zum Verhaltnis von Kirche und Staat bzw Religion und Politik die sich durch alle seine Werke hindurchzieht Auch seine laientheologischen Schriften befassen sich nur mit dem Verhaltnis von Kirche und Staat Im Weiteren wird sein Standpunkt mehr als deutlich Im Luthertum findet man nichts was den Grundsatzen der Lehre von der Politik widerspricht Ausserdem wie keine Religion den deutschen Fursten nutzlicher sein konnte so gibt es generell keine geeignetere fur die monarchische Verfassung 67 Der Calvinismus ferner unterscheide sich nur wenig vom Luthertum wobei dieser wie Pufendorf anmerkt die Entstehung der demokratischen Freiheit libertas democratica begunstigt 68 Ursachlich fur all den Streit zwischen den Konfessionen sei letztlich die Starrkopfigkeit der Geistlichen auf allen Seiten die viel hartnackiger die eigene Auffassung verteidigen als sie dies mit der Glaubenslehre tun Das einzige Heilmittel gegen die religiosen Konflikte sei so lasst Pufendorf den unbekannten Gelehrten indirekt anmerken den Einfluss der Kirchen auf die Staatsgewalt und verwaltung so wie auf die Offentlichkeit und die Schulen einzuschranken Theoretische Aspekte BearbeitenSouveranitatslehre Bearbeiten In De statu Imperii hat Pufendorf seine Souveranitatslehre nicht ausdrucklich erlautert Obgleich er den Begriff Souveranitat nur selten gebraucht stattdessen fallen die Termini summa potestas lat hochste Gewalt summum imperium oder majestas verwendet er ihn im gleichen Sinne wie schon Bodin und die anderen Reichspublizisten vor ihm Der Souveran der Monarch o a erkennt keinen Herrn uber sich an Gott ausgenommen er ist niemandem Rechenschaft schuldig und kann nicht gegen seinen Willen vor Gericht gestellt werden 69 Seine Gewalt beruht auf dem fruhen vertragstheoretischen Gedanken dass die Burger eines Gemeinwesens ihren das gesellschaftliche Zusammenleben betreffenden Willen in freier Ubereinstimmung auf den Herrscher ubertragen haben d h dass die unbeschrankte Herrschaft des Souverans im allgemeinen Interesse liegt Die souverane Staatsgewalt ist deshalb legibus solutus lat von den Gesetzen entbunden sie unterliegt keinerlei positivem Recht Fur Pufendorf gehort es wesentlich zur Souveranitat dass sie unteilbar ist Sie ist eine unteilbare hochste Gewalt im Staate Dies unterscheidet sein Souveranitatskonzept beispielsweise von dem Arnisaeus oder denjenigen anderer Anhanger der Mischverfassungstheorie auch scheint er den zeitgenossischen Vorstellungen doppelter Souveranitat ferngestanden zu haben In diesem Sinne formuliert Pufendorf an mehreren Stellen der Verfassungsschrift das souveran ist wer die Befugnis hat nach eigenem Ermessen uber die wichtigsten Staatsangelegenheiten zu bestimmen 70 Eine Aufteilung dieser hochsten Gewalt ist demzufolge nicht erlaubt allenfalls konnen ihre rechtlichen Befugnisse delegiert werden In diesem Falle uben Minister oder und Beamte die herrschaftlichen Souveranitatsrechte im Namen des Souverans aus Sind wesentliche Bestandteile der Souveranitat jedoch trotzdem dauerhaft auf verschiedene Instanzen verteilt handelt es sich um einen irregularen defekten Staat Staatsformenlehre Bearbeiten Die verschiedenen Staatsformen entstehen daraus dass der Trager der Souveranitat entweder eine einzige Person oder eine Versammlung aller oder weniger ist Welcher untergeordneten oder ausfuhrenden Organe sich aber der Souveran bedient spielt dabei keine Rolle 71 In diesem Absatz des sechsten Kapitels 4 der Verfassungsschrift umreisst Pufendorf den Wesenskern seiner Staatsformenlehre in aller Kurze Diese um das moderne Element des Souveranitatsgedankens erweiterte Fassung des aristotelischen Staatsformenschemas Monarchie Aristokratie Demokratie ist jedoch nicht seine Schopfung er ubernimmt es wie viele seiner Zeitgenossen von Bodin Dieser hatte das klassische Sechserschema erstmals durchbrochen indem er einzig die Zuordnung der hochsten potestas im Staate zum Unterscheidungskriterium erhob und das Telos des Staates in der Differenzierung der Staatsformen verwarf 72 Aus diesem Grunde fehlen die Entartungsformen Tyrannis Oligarchie und Demokratie Ochlokratie in den Staatsformenschemata der Souveranitatstheoretiker der Fruhen Neuzeit Ferner und das ist gerade im Kontext der reichspublizistischen Debatte von Bedeutung fehlt die Mischverfassung in diesem Spektrum von Staatsformen Dies erklart sich am besten anhand Pufendorfs Konzept In seiner Staatsformenlehre tritt neben das obige bodin sche Kriterium das weitere Argument hinzu wie strikt die Souveranitat bei der Instanz der sie zukommen soll in der Verfassungswirklichkeit angesiedelt ist Er unterscheidet deshalb zwischen regularen und irregularen Staatsformen sowie Zusammenschlussen von regularen Staaten Ferner leistete Pufendorf mit der Schrift einen wichtigen Beitrag zur Theorie der Staatsrason Zur Rezeption BearbeitenGleich nach seinem Erscheinen rief der Monzambano in der Gelehrtenwelt grosse Unruhe und teilweise sogar Protest hervor Insbesondere die These der Monstrositat der Reichsverfassung erregte die Gemuter man verstand sie zumeist als Abwertung der Wurde des Heiligen Romischen Reiches Im Zentrum der fruhen Diskussion standen selbstverstandlich die Hauptfrage nach der Staatsform des Reiches und insbesondere diejenige nach seiner Staatlichkeit welche mit Pufendorfs Uberlegungen fraglich geworden zu sein schien Die fruhsten Rezipienten bereits verteidigten deshalb vor allem die Einheit und die Staatlichkeit des Reichs gegen den zunachst unbekannten italienischen Autor so sei es schon wegen der kaiserlichen Reservatrechte eindeutig eine monarchia limitata eine beschrankte Monarchie Johann Ulrich Zellner 1667 73 Philipp Andreas Oldenburger charakterisierte das Reich 1668 als respublica mixta obgleich es doch auf Grund der kaiserlichen Stellung eine einzige civitas lat Staat sei 73 Einzig Johann Wolfgang Rosenfeld erkannte 1669 die Leistung Pufendorfs in dem er die Erkenntnis formuliert dass Aristoteles in seiner Staatsformenlehre von perfectissimae societates ausgegangen sei die gentium societates seu imperia die wirklichen Staaten Anm des Verf aber keine solche seien und somit zum Schluss kommt dass gemessen an den aristotelischen Idealtypen die Wirklichkeit immer irregular sein musse 73 Die Reaktion Gottfried Wilhelm Leibniz sticht unter den Ausserungen zu De statu imperii besonders hervor u a deshalb weil Leibniz in diesem Zusammenhang eine eigene Reichstheorie entwickelt hat In seiner Schrift In Serverinum de Monzambano 1668 72 setzt er sich mit Pufendorfs Werk auseinander wobei er weniger die Monstrositatsthese bzw die Pufendorfsche Irregularitat des Reiches kritisiert als vielmehr dessen Urteil behandelt dass sich das Reich einem Staatenbund annahere In der verbreiteten Annahme Pufendorf stelle die Staatlichkeit des Reiches in Frage pladiert er dafur dass das Lehenssystem welches zwischen Kaiser und Reichsstanden bestehe die Staatlichkeit des Reiches begrunde 74 Fur Leibniz ist ferner das Vorhandensein der einheitlichen Rechtsperson Reich und ihres Staatswillens Kriterium der Staatlichkeit Wie das Reichssystem jedoch funktioniere lasst er offen Letztlich beurteilt er das Reich damit nicht unter dem Aspekt der Souveranitat sondern bezeichnet es abschliessend als Staatenfamilie welche insgesamt ein einheitliches Gebilde sei 74 Die Einheit des Reiches unitas imperii in welcher sich dessen Staatscharakter widerspiegelt wird auch von Christian Thomasius betont welcher Pufendorfs Reichstheorie zugleich darin unterstutzt dass die Staatsformen des Aristoteles zur Beschreibung der Struktur der Reichsverfassung ungeeignet seien 75 Auch verteidigt Thomasius seinerseits die Kritik Monzambanos bzw Pufendorfs insofern als dass es einem Gelehrten erlaubt sein musse die Reichsverfassung zu kritisieren wenn sie Mangel aufweise Literatur BearbeitenAusgaben Bearbeiten Nachdrucke Bearbeiten Samuel von Pufendorf Die Verfassung des deutschen Reiches Herausgegeben und ubersetzt von Horst Denzer Bibliothek des deutschen Staatsdenkens hrgg von Hans Maier und Michael Stolleis Bd 4 Leipzig 1994 Samuel von Pufendorf Die Verfassung des deutschen Reiches Herausgegeben und ubersetzt Anmerkungen und Nachwort von Horst Denzer Stuttgart Reclam 1985 Severinus de Monzambano Samuel v Pufendorf Uber die Verfassung des deutschen Reiches Ubersetzung und Einleitung von Harry Bresslau Berlin 1922 Severinus de Monzambano De statu imperii Germanici Herausgegeben von Fritz Salomon Weimar 1910 Originalausgaben Bearbeiten Severini de Monzambano Veronensis De statu imperii Germanici ad Laelium fratrem Dominum Trezolani liber unus Geneva i e Den Haag 1667 Erstausgabe Samuelis L B de Pufendorf De statu imperii Germanici liber unus In usum regiae berolinensis academiae cum praefatione in lucem editus cura Jacobi Pauli Gundlingi Editio posthuma Coloniae ad Spream i e Berlin 1706 Eine erste deutsche Ubersetzung erscheint 1669 es folgen zahlreiche weitere Ausgaben und auch Ubersetzungen in franzosischer englischer und hollandischer Sprache 76 Sekundarliteratur Bearbeiten Horst Denzer Samuel Pufendorf und die Verfassungsgeschichte In Samuel von Pufendorf Die Verfassung des deutschen Reiches Herausgegeben und ubersetzt von Horst Denzer Bibliothek des deutschen Staatsdenkens hrgg von Hans Maier und Michael Stolleis Bd 4 Leipzig 1994 S 279 322 Horst Denzer Spataristotelismus Naturrecht und Reichsreform Politische Ideen in Deutschland 1600 1750 In Fetscher Iring Munkler Herfried Pipers Handbuch der politischen Ideen Band 3 5 Munchen 1985 S 233 274 Detlef Doring Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte der Reichsverfassungsschrift Samuel Pufendorfs Severinus de Monzambano in Der Staat Bd 33 1994 S 185 206 Julia Haas Die Reichstheorie in Pufendorfs Severinus de Monzambo Monstrositatsthese und Reichsdebatte im Spiegel der politisch juristischen Literatur von 1667 bis heute Duncker amp Humblot Berlin 2007 ISBN 978 3 428 12315 5 Henning Ottmann Geschichte des politischen Denkens Bd 3 Die Neuzeit Teilbd 1 von Machiavelli bis zu den grossen Revolutionen Stuttgart 2006 Notker Hammerstein Samuel Pufendorf In Michael Stolleis Hrsg Staatsdenker in der fruhen Neuzeit Frankfurt am Main 1995 S 172 196 Einzelnachweise Bearbeiten Die Angabe Genfs als Erscheinungsort des Werks diente der Verschleierung seiner Herkunft vgl Julia Haas Die Reichstheorie in Pufendorfs Severinus de Monzambo Monstrositatsthese und Reichsdebatte im Spiegel der politisch juristischen Literatur von 1667 bis heute Duncker amp Humblot Berlin 2007 S 12 Samuel von Pufendorf Die Verfassung des deutschen Reiches Herausgegeben und ubersetzt von Horst Denzer Bibliothek des deutschen Staatsdenkens hrsg von Hans Maier und Michael Stolleis Bd 4 Leipzig 1994 c VI 9 S 198 f Vgl Horst Denzer Samuel Pufendorf und die Verfassungsgeschichte In Samuel von Pufendorf Die Verfassung des deutschen Reiches Herausgegeben und ubersetzt von Horst Denzer Bibliothek des deutschen Staatsdenkens hrgg von Hans Maier und Michael Stolleis Bd 4 Leipzig 1994 S 279 322 Hier S 283f Vgl Detlef Doring Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte der Reichsverfassungsschrift Samuel Pufendorfs Severinus de Monzambano in Der Staat Bd 33 1994 S 185 206 Hier S 185 a b Doring S 188 Doring S 189 Vgl Doring S 190f Vgl Haas S 11 Vgl Denzer S 291 Vgl Pufendorf Verfassung Denzer Dedicatio S 15 Wie auch im Weiteren entnommen aus Samuel von Pufendorf Die Verfassung des deutschen Reiches Herausgegeben und ubersetzt von Horst Denzer Bibliothek des deutschen Staatsdenkens hrgg von Hans Maier und Michael Stolleis Bd 4 Leipzig 1994 Hier Dedicatio S 10 Pufendorf Verfassung Denzer Dedicatio S 11 Pufendorf Verfassung Denzer Dedicatio S 13 Denzer wie auch Henning Ottmann vermuten dass Pufendorf hier auf Johannes Limnaeus Ius publicum Imperii Romano Germanici von 1629 34 anspielt Pufendorf Verfassung Denzer Dedicatio S 15 Vgl Pufendorf Verfassung Denzer Dedicatio S 15 Vgl Pufendorf Verfassung Denzer C I 8 S 33f Pufendorf Verfassung Denzer C I 9 S 35 Pufendorf Verfassung Denzer C II 1 S 51 Pufendorf Verfassung Denzer C II 2 S 51 Pufendorf Verfassung Denzer C II 2 S 53 Pufendorf Verfassung Denzer C II 2 S 53 Vgl Pufendorf Verfassung Denzer C II 3 14 S 53 83 Pufendorf Verfassung Denzer C II 15 S 83 Magistratus im lateinischen Original vgl Pufendorf Verfassung Denzer C III 2 S 86 Pufendorf Verfassung Denzer C III 2 S 87 Pufendorf Verfassung Denzer C III 2 S 87 Pufendorf Verfassung Denzer C III 3 S 89 Pufendorf Verfassung Denzer C III 4 S 91 Hervorhebung nicht im Original Pufendorf Verfassung Denzer C III 4 S 91 Pufendorf Verfassung Denzer C III 5 S 93 Pufendorf Verfassung Denzer C IV 1 S 105 Vgl Pufendorf Verfassung Denzer C IV 1 S 105f Pufendorf Verfassung Denzer C IV 2 S 107f Pufendorf Verfassung Denzer C IV 2 S 109 Vgl Pufendorf Verfassung Denzer C IV 2 S 109 Pufendorf Verfassung Denzer C IV 3 S 111 Pufendorf Verfassung Denzer C IV 4 S 111 1 2 Vorlage Toter Link daten digitale sammlungen de Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im August 2019 Suche in Webarchiven Vgl Pufendorf Verfassung Denzer C IV 7 S 117 Pufendorf Verfassung Denzer C IV 9 S 120f Pufendorf Verfassung Denzer C V 2 S 125 Pufendorf Verfassung Denzer C V 2 S 125 Pufendorf Verfassung Denzer C V 3 S 129 Pufendorf Verfassung Denzer C VI 1 S 181 Diesem zufolge ist nur derjenige Burger dem politische Mitwirkungsrechte am Gemeinwesen und dessen Regierung zukommen Conring ubertragt diesen Begriff auf die Reichsstande und ihr Sitz und Stimmrecht auf den Reichstagen Vgl Pufendorf Verfassung Denzer C VI 4 S 183ff Pufendorf Verfassung Denzer C VI 4 S 185ff Insbesondere Bogislaw Philipp von Chemnitz verfahrt so in seiner Dissertatio de ratione status von 1640 Vgl Pufendorf Verfassung Denzer C VI 6 S 189ff Pufendorf Verfassung Denzer C VI 6 S 191 Vgl Pufendorf Verfassung Denzer C VI 7 S 191ff Wahrend Pufendorf Beispiele fur einen solchen reichsrechtlich umstrittenen Vorgang ausdrucklich erwahnt die Absetzungen Heinrichs IV und Adolfs von Nassau lasst er auch zugleich erkennen dass er die Rechtmassigkeit dieses Verfahrens wahrscheinlich anzweifelt Vgl hierzu Pufendorf Verfassung Denzer C VI 7 S 193ff a b Pufendorf Verfassung Denzer C VI 8 S 197 Pufendorf Verfassung Denzer C VI 8 S 198 199 a b c Pufendorf Verfassung Denzer C VI 9 S 198 199 Vgl Haas S 98 Pufendorf Verfassung Denzer C VI 9 S 199ff Vgl Haas S 95f Pufendorf Verfassung Denzer C VI 9 S 201 Vergleiche hierzu den Artikel Reunionspolitik Pufendorf Verfassung Denzer C VII 7 S 223 Vgl Pufendorf Verfassung Denzer C VIII 1 S 235 Denzer S 319 Pufendorf Verfassung Denzer C VIII 5 S 247 Pufendorf Verfassung Denzer C VIII 7 S 251 Pufendorf Verfassung Denzer C VIII 7 S 253 Pufendorf Verfassung Denzer C VIII 7 S 252 255 Vgl Denzer S 299 Pufendorf Verfassung Denzer C VI 5 S 189 Pufendorf Verfassung Denzer C VI 4 S 185ff Vgl Denzer S 303 a b c Vgl Haas S 89f a b Vgl Haas S 91f Vgl seine Vorlesung Christian Thomas eroffnet der studierenden Jugend zu Leipzig in einem Discours von denen Mangeln der Aristotelischen Ethic und von anderen das Jus Publicum betreffenden Sachen zwey Collegia uber die Christliche Sittenlehre und uber das Jus Publicum in Ders Allerhand bissher publicierte kleine Teutsche Schrifften Mit Fleiss colligiret und zusammengetragen Nebst etlichen Beylagen und einer Vorrede Halle 1701 Zitiert nach Haas S 155 Vgl Haas S 15f Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Ueber die Verfassung des deutschen Reiches Quellen und Volltexte Samuel von Pufendorf The Present State of Germany engl Onlinequelle auf Online Library of Liberty des Liberty Fund Inc USA Abgerufen von https de wikipedia org w index php title De statu imperii Germanici amp oldid 237839127