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Die Verfassung des Kantons Aargau beschreibt die rechtliche Grundordnung des Kantons Aargau in der Schweiz Als Kantonsverfassung legt sie das Fundament des aargauischen Staats und Verwaltungsrechts Die heute gultige Verfassung datiert vom 25 Juni 1980 und trat am 1 Januar 1982 in Kraft Durch Napoleon Bonaparte aus drei Kantonen der Helvetischen Republik zusammengesetzt erhielt der Aargau im Jahr 1803 seine erste Verfassung uberhaupt Sie basierte auf dem Prinzip der reprasentativen Demokratie und sah ein strenges Zensuswahlrecht vor Die Verfassung von 1814 garantierte erstmals die Niederlassungs und die Gewerbefreiheit weshalb der Aargau damals als der liberalste Kanton uberhaupt galt Gegensatze zwischen Reformierten und Katholiken konnten durch das Prinzip der konfessionellen Paritat einigermassen im Zaum gehalten werden Nach dem Freiamtersturm nutzten die Radikalliberalen die Gunst der Stunde und erzwangen 1831 eine grossere Mitsprache des Volkes Der Aargau gehorte nun zu den Vorreitern der Regeneration was aber den Widerstand der Katholisch Konservativen hervorrief Die Annahme einer noch liberaleren Verfassung fuhrte Anfang Januar 1841 zu bewaffneten Unruhen die aber rasch niedergeschlagen wurden und der Regierung als Vorwand dienten alle Aargauer Kloster aufzuheben Hingegen hatte die Verfassung von 1885 die Versohnung der Konfessionen zum Ziel Inhaltsverzeichnis 1 Aktuelle Verfassung 1 1 Aufbau und Inhalt 1 2 Besondere Merkmale 2 Historische Entwicklung 2 1 Untertanen der Habsburger und Eidgenossen 2 2 Drei Kantone in der Helvetischen Republik 2 3 Ein von Napoleon verordneter Staat 2 4 Vom Freiamtersturm zur liberalen Verfassung 2 5 Konfessionelle Konflikte fuhren zur Demokratisierung 2 6 Entstehung der heutigen Verfassung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseAktuelle Verfassung BearbeitenAufbau und Inhalt Bearbeiten Gegliedert ist die Verfassung in die Praambel und in zehn Abschnitte mit insgesamt 132 Paragraphen Aus Grunden der Ubersichtlichkeit sind mehrere Abschnitte weiter in Unterabschnitte gegliedert Praambel 1 Allgemeine Grundsatze 2 Grundrechte 3 Die offentlichen Aufgaben3 1 Allgemeines 3 2 Die einzelnen Aufgaben dd 4 Politische Rechte und Pflichten des Volkes 5 Die Behorden und ihre Funktionen5 1 Allgemeines 5 2 Der Grosse Rat 5 3 Der Regierungsrat 5 4 Die Gerichte 5 5 Ombudsmann dd 6 Die Gliederung des Kantons6 1 Die Bezirke 6 2 Die Gemeinden dd 7 Staat und Kirche 8 Finanzordnung 9 Die Revision der Verfassung 10 UbergangsordnungBesondere Merkmale Bearbeiten Die ausfuhrliche Praambel nimmt Bezug auf Gott und erklart unter anderem dass Freiheit und Recht im Rahmen einer demokratischen Ordnung geschutzt werden mussen Der Katalog der Grundrechte entspricht im Wesentlichen jenem der Bundesverfassung erlautert diese aber zum Teil detaillierter Eine Besonderheit ist das Verbot der Ruckwirkung von Erlassen 24 Samtliche Verfassungsanderungen sind dem obligatorischen Referendum unterstellt ebenso ein Teil der Gesetzesanderungen 62 Dies gilt insbesondere fur Gesetze die nicht von der absoluten Mehrheit aller Mitglieder des Grossen Rates angenommen worden sind ist dieses Quorum erreicht kann ein Viertel aller Grossratsmitglieder das Gesetz gleichwohl der Volksabstimmung unterstellen Fur sonstige Beschlusse gilt das fakultative Referendum falls 3000 Stimmberechtigte dies verlangen Historische Entwicklung BearbeitenUntertanen der Habsburger und Eidgenossen Bearbeiten nbsp Aufteilung des Aargaus nach der Eroberung 1415Von den ersten urkundlichen Erwahnungen im spaten 8 Jahrhundert bis zum Ende der fruhen Neuzeit war der Aargau in erster Linie eine Landschaftsbezeichnung denn das Gebiet des heutigen Kantons bildete wahrend dieser Zeit nie eine politische oder herrschaftliche Einheit Im Hochmittelalter waren zunachst die Lenzburger das machtigste Adelsgeschlecht spater die Kyburger und schliesslich die Habsburger Diese stiegen unter Rudolf I zu einer europaischen Grossmacht auf als sich das Zentrum ihrer Einflusses nach Osterreich verschob In ihren aargauischen Stammlanden konnten sie sich hingegen nicht behaupten Nach der Eroberung des Aargaus im Jahr 1415 ubernahmen die Eidgenossen faktisch die Landesherrschaft erst 1474 verzichteten die Habsburger mit der Ewigen Richtung endgultig auf die verlorenen Gebiete Ihnen blieb nur das zu Vorderosterreich gehorende Fricktal Den grossten Anteil sicherte sich Bern mit dem so genannten Berner Aargau wahrend einzelne Gemeinden an Zurich fielen Die Grafschaft Baden und die Freien Amter in einem langen schmalen Gebietsstreifen im Osten bildeten gemeine Herrschaften der Eidgenossen In der Folge entwickelten sich die vier Hauptterritorien im Aargau vollig unterschiedlich und waren nach der Reformation im zweiten Viertel des 16 Jahrhunderts auch konfessionell gespalten 1 Die Eidgenossen versuchten die im Kern durch die Blutgerichtsbarkeit und die damit verbundenen Vogteirechte gebildete Landesherrschaft der Habsburger zu einer staatlichen Verwaltung auszubauen was allerdings nur im Berner Aargau annahernd gelang Hier zog Bern zahlreiche Twingherrschaften durch Kauf oder Ubernahme an sich 1 Zu Beginn wurde das Gebiet von einem einzigen Landvogt von Aarburg aus verwaltet Spater kamen die Vogteien Lenzburg Schenkenberg Biberstein Konigsfelden und Kasteln hinzu Ein Selbstverwaltungsrecht und eine eigene Gerichtsbarkeit besassen die vier Munizipalstadte Aarau Brugg Lenzburg und Zofingen 2 In den gemeinen Herrschaften die je einen Landvogt hatten beschrankten sich die regierenden Orte darauf die landesherrlichen Rechte in ihre Hande zu bekommen Im Norden der Grafschaft Baden geschah dies in Konkurrenz zum Bischof von Konstanz der schliesslich seine Rechte verlor Alte Twingherrschaften vor allem der Kloster St Blasien Wettingen und Muri blieben bestehen Die Stadte Baden Mellingen und Bremgarten behielten die Blutgerichtsbarkeit Der Badener Landvogt residierte im Landvogteischloss wahrend er in den Freien Amtern nicht residierend war und die Verwaltung faktisch dem Landschreiber in Bremgarten uberliess Auch im Fricktal blieben Twingherren wie das Damenstift Sackingen in ihren Rechten Osterreich kontrollierte hier ebenfalls die Blutgerichtsbarkeit das Militarwesen und die Polizei verfugte aber zusatzlich uber ein Steuersystem Die vier Waldstadte Rheinfelden Laufenburg Waldshut und Sackingen behielten ihre Sonderrechte Der osterreichise Landvogt fur das Fricktal residierte bis 1651 in Ensisheim danach in Freiburg im Breisgau 1 Drei Kantone in der Helvetischen Republik Bearbeiten nbsp Die Kantone Aargau Baden und Fricktal wahrend der HelvetikDie Ideen der Aufklarung fielen vor allem im Berner Aargau auf fruchtbaren Boden Ab 1761 trafen sich Vertreter der geistigen und wirtschaftlichen Elite der Eidgenossenschaft in Schinznach Bad zum Gedankenaustausch ein Jahr spater erfolgte dort die Grundung der Helvetischen Gesellschaft Die Katholiken begegneten den neuen Ideen mit Misstrauen ja sogar mit Ablehnung denn die Vertreter des modernen Denkens galten als religionsfeindlich Ab 1789 sympathisierte nur eine Minderheit reicher Kaufleute und gebildeter Stadtbewohner mit den Ideen der Franzosischen Revolution Als ab 1791 immer mehr franzosische Fluchtlinge von Graueltaten berichteten verstarkte sich die Ablehnung vor allem bei der katholischen Landbevolkerung 3 Zu Beginn des Jahres 1798 marschierten franzosische Truppen in die Schweiz ein Franzoseneinfall Am 30 Januar weigerten sich die Bewohner Aaraus Truppen zum Schutz der Stadt Bern zu entsenden Zwar besetzte Bern am 4 Februar die abtrunnige Stadt musste jedoch am 5 Marz nach der Schlacht am Grauholz kapitulieren Zwischen dem 19 und dem 28 Marz zogen sich die Landvogte aus den Gemeinen Herrschaften zuruck In zahlreichen Dorfern und Stadten wurden Freiheitsbaume aufgestellt und Revolutionsfeiern veranstaltet 4 Am 12 April 1798 rief Peter Ochs in Aarau offiziell die Helvetische Republik aus Aufgrund der revolutionsfreundlichen Haltung der Stadtburger bestimmten die Franzosen Aarau als erste Hauptstadt der Schweiz doch bereits Mitte September zog die Regierung nach Luzern um Der ehemalige Berner Aargau bildete den neuen Kanton Aargau wahrend die Freien Amter die Grafschaft Baden und das Kelleramt zum Kanton Baden zusammengefugt wurden Das Fricktal war zunachst ein franzosisches Protektorat und konstituierte sich am 9 Februar 1802 als Kanton Fricktal der am 13 August desselben Jahres der Helvetischen Republik beitrat Der Fricktaler Hauptort war zunachst Laufenburg spater Rheinfelden Im zentralistischen Einheitsstaat bildeten die Kantone reine Verwaltungseinheiten Zahlreiche fuhrende Personlichkeiten der Helvetik waren Aargauer darunter Albrecht Rengger Philipp Albert Stapfer und Johann Rudolf Dolder Doch viele begegneten der neuen Ordnung gleichgultig oder lehnten sie sogar ab wozu vor allem die Entbehrungen im Zweiten Koalitionskrieg beitrugen dessen Frontlinie mitten durch den Aargau verlief Nach dem vorubergehenden Ruckzug der Franzosen schlossen sich im September 1802 Tausende dem im Raum Siggenthal Baden losgebrochenen Aufstand gegen die helvetische Regierung an der sich zum Stecklikrieg ausweitete Dieser fuhrte letztlich zum Sturz der Regierung und zur Wiederbesetzung der Schweiz durch die Franzosen 5 Ein von Napoleon verordneter Staat Bearbeiten Wahrend der Verhandlungen der von ihm einberufenen Helvetischen Consulta verfugte Napoleon Bonaparte am 2 Februar 1803 zunachst die Verschmelzung des Kantons Fricktal mit dem Aargau Die Mediationsakte vom 19 Februar hatte auch die Auflosung des Kantons Baden zur Folge Durch die Verschmelzung der drei bisherigen Kantone entstand der neue Kanton Aargau in seinen heutigen Grenzen ein kunstliches Gebilde dessen Bewohner wenig Gemeinsamkeiten und keine gemeinsame Vergangenheit hatten Auf dieser Basis musste ein vollig neues Staatswesen aufgebaut werden 6 nbsp Regierungsgebaude in AarauDas Stimmrecht und die Ausubung offentlicher Amter waren durch Altersgrenzen und das Zensuswahlrecht stark eingeschrankt Wer verheiratet war konnte nach Zurucklegung des 20 Altersjahrs wahlen Unverheiratete erst nach dem 30 Geburtstag ganzlich ausgeschlossen waren Frauen und Juden Wahlen durfte ausserdem nur wer als Eigentumer oder Nutzniesser eine Liegenschaft mit einem Mindestwert von 200 Franken besass oder aber einen Schuldtitel uber mindestens 300 Franken der an eine Liegenschaft geknupft war Dadurch betrug der Anteil der Aktivburger nur etwa sieben Prozent der Aargauer Bevolkerung Fur das passive Wahlrecht galten weitere Hurden Die Wahlversammlungen in den Kreisen wahlten nur 48 Abgeordnete des Grossen Rats direkt wahrend die ubrigen 102 Abgeordneten aus einer Liste von 240 Kandidaten ausgelost wurden die wiederum von den Kreisversammlungen gewahlt worden waren Ausserdem galten fur die Kandidaten Mindestanforderungen bezuglich Alter und Vermogen 7 Der 150 kopfige Grosse Rat als gesetzgebende Behorde besass kein Initiativrecht und konnte lediglich die vom Kleinen Rat vorgelegten Gesetze annehmen oder verwerfen Das Schwergewicht der politischen Willensbildung beim Aufbau des jungen Kantons lag eindeutig beim Kleinen Rat dessen neun Mitglieder vom Grossen Rat gewahlt wurden und diesem zugleich angehorten Die richterlichen Behorden waren zwar organisatorisch eigenstandig personell aber stark mit den Raten verflochten sodass die Gewaltenteilung ein Fremdwort war 8 Mit dem Ende der franzosischen Herrschaft stand die Existenz des Kantons auf dem Spiel da Bern Anspruch auf sein ehemaliges Untertanengebiet erhob und Zug auf Teile der Freien Amter Doch der Wiener Kongress bestatigte dem Aargau sein Territorium in vollem Umfang 5 Am 4 Juli 1814 verabschiedete der Grosse Rat ohne Mitsprache des Volkes eine neue Verfassung die auf der Mediationsverfassung von 1803 aufbaute Wegen der unsicheren Lage konnte sie erst am 23 Januar 1815 in Kraft gesetzt werden Erstmals uberhaupt wurden die Niederlassungs und die Gewerbefreiheit festgeschrieben Aus diesem Grund und auch wegen der schwachen Zensur sowie der grosszugigen Aufnahme politischer Fluchtlinge galt der Aargau damals als der liberalste Kanton Ansonsten entsprach die Verfassung dem restaurativen Zeitgeist 9 Katholiken und Reformierte mussten in allen Behorden paritatisch vertreten sein Dem Kleinen Rat gehorten neu 13 Mitglieder an deren Amtszeit nun zwolf statt wie bisher funf Jahre betrug Die Wahlbarkeit in den Grossen Rat wurde weiter eingeschrankt Wahrend die Kreisversammlung wie bisher 48 Abgeordnete wahlte bestimmte der Grosse Rat nur noch 52 selbst Die ubrigen 50 wurden von einem Wahlkollegium bestimmt dem alle 13 Kleinrate sowie je 13 Appellationsrichter 13 Grossrate angehorten 5 Vom Freiamtersturm zur liberalen Verfassung Bearbeiten nbsp FreiamtersturmDie politisch dominierende Regierung herrschte immer autoritarer was in der Bevolkerung zunehmend Unmut ausloste Unter dem Eindruck der Julirevolution von 1830 in Frankreich grundeten liberal Gesinnte in Lenzburg ein Komitee das im September in einer Bittschrift zuhanden des Grossen Rats Forderungen nach einer Totalrevision der Verfassung und mehr Volksrechte stellte Am 7 November 1830 folgte eine vielbeachtete Volksversammlung in Wohlenschwil mit 3000 bis 4000 Teilnehmern die ihren bisher ignorierten Forderungen Nachdruck verliehen 10 Dass der Kleine Rat darauf beharrte die am 17 November vorgesehenen Grossratswahlen durchzufuhren wurde von vielen als Versuch wahrgenommen die bestehenden Verhaltnisse zu zementieren Wegen der allgemeinen Unruhe konnten die Wahlen nur in 26 von 48 Kreisen ordnungsgemass durchgefuhrt werden Der Kleine Rat lenkte daraufhin ein und berief den Grossen Rat fruher als vorgesehen ein um diesem einen Verfassungsentwurf vorzulegen In der Sitzung vom 2 Dezember sprach sich der Grosse Rat fur eine Revision aus und stimmte der Wahl eines Verfassungsrates zu behielt sich aber das Recht auf freie Beratung und Abanderung des Entwurfs vor 11 Dieser als Verzogerungstaktik empfundene Beschluss brachte das Fass zum Uberlaufen Doch nicht die Liberalen griffen zu den Waffen sondern katholisch konservativ Gesinnte aus dem Freiamt die nicht so sehr an mehr Volksrechten interessiert waren sondern an einer Schwachung des ihnen verhassten Staates Unter der Fuhrung von Grossratsmitglied und Wirt Johann Heinrich Fischer zogen von Merenschwand aus rund 6000 Bewaffnete uber Wohlen nach Aarau Der unblutige Freiamtersturm besetzte am 6 Dezember Aarau und erzwang Verhandlungen Vier Tage spater sicherte die Regierung zu die Verfassung von einem unabhangigen Verfassungsrat ausarbeiten zu lassen und die Hauptforderung der Aufstandischen eine Verringerung der steuerlichen Belastung zu erfullen 12 Die Wahl zum Verfassungsrat fand bereits am 16 Dezember statt wobei jeder Wahlkreis drei Abgeordnete bestimmte Fischer wurde zwar in der ersten Sitzung am 3 Januar 1831 zum Prasidenten gewahlt war aber der Aufgabe nicht gewachsen So gelang es den Liberalen den Schwung des bewaffneten Volksaufstands dem sie ursprunglich ablehnend gegenuber gestanden waren zu ihren Gunsten zu nutzen 13 Am 15 April 1831 waren die offentlich gefuhrten Beratungen abgeschlossen wobei das Ergebnis nur zum Teil mit den Forderungen der aufstandischen Landbevolkerung ubereinstimmte Zum ersten Mal uberhaupt konnte das Volk am 6 Mai uber die Kantonsverfassung abstimmen Zwar wurden die Stimmen all jener die unentschuldigt der Abstimmung fernblieben als zustimmend gezahlt doch das Ergebnis war auch so deutlich genug 11 102 Ja Stimmen standen 4648 Nein Stimmen gegenuber 14 Das Quorum von zwei Drittel zustimmenden Kreisen wurde ebenfalls ubertroffen 41 Kreise nahmen die Verfassung an nur vier lehnten sie ab Aarau Boswil Brugg Sarmenstorf Angesichts dieses deutlichen Ergebnisses verzichtete die Regierung auf eine Wiederholung der Abstimmung in den drei Kreisen Lunkhofen Mettau und Muri in denen kein Resultat zustande gekommen war So trat die neue Verfassung am 10 Mai in Kraft 15 Sie gewahrte zusatzliche Grundrechte darunter Pressefreiheit Petitionsrecht Unverletzlichkeit des Eigentums und schuf ein Reprasentativsystem mit dem nun 200 Mitglieder je zur Halfte Katholiken und Reformierte umfassenden Grossen Rat als oberster staatlicher Behorde 192 wurden vom Volk gewahlt die acht ubrigen vom Grossen Rat selbst Das Zensuswahlrecht bestand nur noch fur Gemeinderatsmitglieder die Amtszeiten war auf sechs Jahre beschrankt Verwaltung und Justiz wurden getrennt wahrend die neun Mitglieder des Kleinen Rats weiterhin dem Grossen Rat angehorten Der Aargau gehorte somit zu den Vorreitern der Regeneration 5 Konfessionelle Konflikte fuhren zur Demokratisierung Bearbeiten Die Verfassung von 1831 schrieb eine Totalrevision innerhalb von zehn Jahren vor Zunachst schienen Regierung und Opposition bestrebt zu sein eine gutliche Einigung zu erzielen Doch im November 1839 begann die Stimmung zu kippen als die Organisatoren von Volksversammlungen in Gebenstorf und Sisseln wegen verfassungswidriger Umtriebe eingeschuchtert wurden da sie die Einsetzung eines Verfassungsrats gefordert hatten was in der Verfassung nicht vorgesehen war Im selben Monat trafen sich konservative Freiamter in Bunzen und grundeten das von Franz Xaver Suter prasidierte Bunzer Komitee das am 2 Februar 1840 eine weitere Volksversammlung in Mellingen durchfuhrte Eine dort verabschiedete Petition verlangte eine vollstandige konfessionelle Trennung des Kirchen und Schulwesens die nicht langer einer paritatischen Behorde uberlassen werden durften Ausserdem sollte der Fortbestand der Kloster und ihrer Schulen garantiert werden Damit wandte sich die Bunzer Komitee explizit gegen die als kirchenfeindlich empfundenen Badener Artikel von 1835 Ebenso verlangte die Petition ein Vetorecht fur die Gemeinden Als Reaktion darauf fand drei Wochen spater eine Gegenversammlung in Oberentfelden statt um Rechte und Freiheiten gegenuber den pfaffischen Soldlingen des Freiamtes zu wahren Noch behielten die Gemassigten auf beiden Seiten die Oberhand und am 10 Dezember beschloss der Grosse Rat ohne Diskussion die Revision einzuleiten 16 Der am 5 September 1840 verabschiedete Entwurf brachte einige Neuerungen beispielsweise die Wahl der Bezirksrichter durch vom Volk bestellte Wahlversamrnlungen Zu reden gaben aber fast ausschliesslich die Artikel uber die Konfessionen und die Aufhebung der Paritat bei Grossratswahlen In der aufgeheizten Stimmung hatte der Entwurf keine Chance An der Volksabstimmung vom 5 Oktober wurde er deutlich mit 23 087 zu 3976 Stimmen abgelehnt Anschliessend unternahm die katholische Opposition gewaltige Anstrengungen um die Massen des Volkes fur ihre Anliegen zu gewinnen Eine Volksversammlung am 29 November in Baden forderte erneut ultimativ die Beibehaltung der Paritat die konfessionelle Trennung und das Vetorecht Der Grosse Rat der an einem zweiten Entwurf arbeitete ignorierte diese Forderungen vollig Andererseits beschloss er mehrere Verbesserungen darunter die Abschaffung des Zensuswahlrechts Das Abstimmungsergebnis am 5 Januar 1841 entsprach den Erwartungen Samtliche reformierten Bezirken stimmten der neuen Verfassung zu samtliche katholischen Bezirke lehnten sie ab das Gesamtergebnis lautete 16 051 Ja gegen 11 484 Nein Als die Regierung funf Tage spater die Mitglieder des Bunzer Komitees festnehmen wollte brachen im Freiamt am Rohrdorferberg im unteren Aaretal und im Limmattal Unruhen aus Regierungstruppen unterdruckten diese rasch und am 12 Januar war die Situation wieder unter Kontrolle Nur bei Villmergen war es zu einem Gefecht gekommen das neun Tote forderte 17 Einen Tag spater nutzte die Regierung die Unruhen als Vorwand um samtliche Kloster aufzuheben wodurch sie den Aargauer Klosterstreit ausloste Der katholisch konservative Widerstand brach weitgehend zusammen 18 Mit dem Sieg im Sonderbundskrieg und der Grundung des Schweizer Bundesstaats setzten sich die radikalen Liberalen 1848 endgultig durch Spatestens 1851 war eine weitere Revision vorgesehen doch die Regierung zog sie um zwei Jahre vor um moglichst rasch verschiedene Anpassungen an die Bundesverfassung vornehmen zu konnen Das Volk entschied sich fur die Einleitung der Revision und wahlte einen Verfassungsrat Die Bewegungspartei eine vor allem im Bezirk Zofingen prasente Reformbewegung verbundete sich uber die konfessionellen Grenzen mit den Katholiken im Freiamt und im Fricktal Sie strebte eine erweiterte Mitsprache des Volkes im Staat eine Neuordnung des staatlichen Finanzhaushalts sowie die Entlastung armer Burger und Gemeinden an Ein erster Entwurf fiel nicht in ihrem Sinne aus und wurde im Herbst 1850 mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt Nicht viel besser erging es zwei Entwurfen eines neuen Verfassungsrats im Jahr 1851 In einem neuen am 3 Oktober 1851 gewahlten Verfassungsrat errang die Bewegungspartei eine Mehrheit In Erscheinung trat vor allem Augustin Keller der mehrere Volksversammlungen abhielt und zahlreiche Zeitungsartikel verfasste Schliesslich fand die neue Verfassung am 22 Februar 1852 die deutliche Zustimmung des Volkes mit 22 573 zu 4064 Stimmen Die wichtigsten Neuerungen betrafen die Einfuhrung der Volksinitiative in Form einer allgemeinen Anregung die Abschaffung des Zensus die Verkleinerung des Grossen Rates ein Sitz auf 260 Stimmberechtigte die vollstandige Gewaltentrennung die Verkleinerung der Exekutive auf sieben Mitglieder und deren Umbenennung in Regierungsrat einheitliche Amtszeiten von vier Jahren ein Recht auf Abberufung des Grossen Rats sowie die Ubertragung zahlreicher Aufgaben von den Gemeinden auf den Kanton 19 1862 bildete sich unter Johann Nepomuk Schleuniger eine katholische Volksbewegung die sich fur einen christlichen Staat und den Ausbau der Volksrechte einsetzte Ihr Hauptaugenmerk richtete sich jedoch gegen ein am 15 Mai vom Grossen Rat beschlossenes Gesetz das den Juden die politische Gleichberechtigung bringen sollte Hin und hergerissen zwischen demokratischer Bewegung und antisemitischer Propaganda stimmte das Volk am 27 Juli der Abberufung des Grossen Rats zu Am 12 November wiesen die Stimmberechtigten mit 33 258 gegen 26 702 Stimmen auch das Judenemanzipationsgesetz zuruck Da die fortwahrende Diskriminierung der Bundesverfassung widersprach ging der Bundesrat auf Beschwerden der judischen Gemeinden von Endingen und Lengnau ein und ordnete am 30 Juli 1863 die Inkraftsetzung des abgelehnten Gesetzes an Zwei am 15 Dezember 1863 vom Volk angenommene Teilrevisionen betrafen die Einfuhrung des fakultativen Referendums und eine weitere Verkleinerung des Grossen Rats ein Sitz auf 1100 Einwohner 20 Komplizierte Vorschriften erschwerten die Ausubung des Referendumsrechts weshalb 1868 eine neue Revisionsbewegung in Gang kam die sich auf die Erweiterung der Volksrechte beschrankte 24 April 1870 nahmen die Stimmberechtigten mit grosser Mehrheit eine Teilrevision an Sie ermoglichte die Volkswahl der Bezirksbehorden eine Erleichterung des Initiativverfahrens sowie die Einfuhrung des obligatorisches Gesetzes Finanz und Steuerreferendums 21 Entstehung der heutigen Verfassung Bearbeiten Eine Gruppe jungerer Politiker der Demokratischen Partei angefuhrt von Josef Jager Arnold Kunzli und Theophil Roniger gab 1883 den Anstoss fur eine weitere Totalrevision Trotz der ablehnenden Haltung sowohl der Altliberalen als auch der katholischen Opposition brachte das Komitee die fur das Revisionsbegehren erforderlichen Unterschriften in recht kurzer Zeit zusammen Am 9 Dezember 1883 entschieden sich die Stimmberechtigten ausserst knapp fur die Einleitung des Verfahrens mit 16 888 Ja Stimmen gegen 16 614 Nein Stimmen Die Mitglieder des am 28 Januar 1884 gewahlten Verfassungsrats waren bestrebt alle relevanten politischen Krafte einzubinden und einen akzeptablen Kompromiss zu finden Bereits im August konnte der Rat mit den Beratungen uber den Entwurf der Vorbereitungskommission beginnen Nach der zweiten Lesung wurde der Entwurf am 23 April 1885 verabschiedet Die als Werk der Verstandigung und Versohnung gepriesene Verfassung fand am 7 Juni 1885 die Zustimmung des Volkes mit 20 038 Ja Stimmen gegen 13 766 Nein Stimmen 22 Sie erlaubte den anerkannten Konfessionen reformiert romisch katholisch christkatholisch ihre Angelegenheiten selbstandig unter Aufsicht des Staates zu regeln ausserdem erhielten die Katholiken das Recht des freien Verkehrs mit den geistlichen Oberbehorden Der Regierungsrat zahlte neu funf Mitglieder wobei man den Katholiken erstmals explizit eine Vertretung zugestand Ebenso beschrieb die Verfassung den neuen Aufgabenkreis des Staates auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene Diese Verfassung bestand fast ein Jahrhundert lang wobei wahrend dieser Zeit 30 Teilanderungen vorgenommen wurden Die wichtigsten betrafen die Volkswahl der Regierungs und Standerate 1904 die ausformulierte Gesetzesinitiative 1910 das Proporzverfahren bei Grossratswahlen 1920 und das Frauenstimmrecht 1971 5 Im 20 Jahrhundert gab es in der Schweiz mehrere Jahrzehnte lang keine Totalrevisionen von Kantonsverfassungen Nach einem Auftakt Mitte der 1960er Jahre in den Kantonen Obwalden und Nidwalden setzte aber in den 1970er Jahren eine eigentliche Welle ein Dabei spielte der Aargau eine Vorreiterrolle denn er war der erste grossere Kanton der in der modernen Zeit eine umfassende inhaltliche Totalrevision erfolgreich abschloss 23 Als Reaktion auf zwei Motionen im Grossen Rat im Jahr 1966 setzte der Regierungsrat eine Arbeitsgruppe ein Sie kam zum Schluss dass die Verfassung von 1885 uberholt sei und den geanderten Umstanden angepasst werden musse Das Volk stimmte dem Vorhaben am 4 Juni 1972 mit 46 756 zu 23 298 Stimmen grundsatzlich zu und wahlte am 18 Marz 1973 einen 200 kopfigen Verfassungsrat Dieser erarbeite den Verfassungsentwurf von Grund auf neu Doch die Stimmberechtigten lehnten eine erste Vorlage am 29 April 1979 mit 30 339 gegen 23 340 Stimmen ab Hauptkritikpunkt war die vorgesehene Abschaffung des obligatorischen Referendums Zustimmung gab es aber am 2 Dezember desselben Jahres zur Frage ob das Revisionsverfahren weitergefuhrt werden solle mit knapp 300 Stimmen Unterschied 24 Der Verfassungsrat nahm seine Arbeit daraufhin wieder auf und verabschiedete am 25 Juni 1980 nach drei Lesungen eine zweite Vorlage mitsamt dem obligatorischen Referendum Ebenso wurde der Grundrechts und der Aufgabenkatalog des Staates aktualisiert wahrend der Grosse Rat Planungskompetenzen erhielt Im zweiten Anlauf war die Totalrevision erfolgreich Am 28 September stimmte das Volk mit 35 464 gegen 17 418 Stimmen der neuen Verfassung deutlich zu sodass sie am 1 Januar 1982 in Kraft gesetzt werden konnte 24 Im Laufe der Jahre hauften sich aber Klagen dass das Volk uber zu viele Gesetzesanderungen abstimmen musse die vollig unumstritten seien Auf Antrag des Grossen Rats stimmte das Volk am 2 Juni 2002 mit einem Ja Stimmen Anteil von 62 6 einer Verfassungsanderung zu die faktisch einen Wechsel zum fakultativen Referendum ermoglichte Die Verfassung des Kantons Aargau ist die erste Kantonsverfassung die mit dem Kommentar von Kurt Eichenberger Gegenstand einer wissenschaftlichen Darstellung wurde 25 Literatur BearbeitenKurt Eichenberger Verfassung des Kantons Aargau vom 25 Juni 1980 Textausgabe mit Kommentar Aarau 1986 ISBN 3 7941 2814 1 Christophe Seiler Andreas Steigmeier Geschichte des Aargaus Illustrierter Uberblick von der Urzeit bis zur Gegenwart AT Verlag Aarau 1991 ISBN 3 85502 410 3 Bruno Meier Dominik Sauerlander Hans Rudolf Stauffacher Andreas Steigmeier Revolution im Aargau Umsturz Aufbruch Widerstand 1798 1803 AT Verlag Aarau 1997 ISBN 3 85502 612 2 Heinrich Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 Band 2 Baden Verlag Baden 1978 Weblinks BearbeitenVerfassung des Kantons Aargau 1980 aktuelle Fassung Staatsverfassung fur den Kanton Aargau 1885 Staatsverfassung des Kantons Aargau 1852 Revidierte Staatsverfassung fur den eidgenossischen Stand Aargau 1840 Staatsverfassung fur den eidgenossischen Stand Aargau 1831 Verfassung des Cantons Aargau 1814Einzelnachweise Bearbeiten a b c Werner Meyer Herrschaft Politik und Verfassung vom Hochmittelalter bis zum Ende des 18 Jahrhunderts In Artikel Aargau Historisches Lexikon der Schweiz 6 Februar 2018 abgerufen am 18 April 2021 Seiler Steigmeier Geschichte des Aargaus S 41 42 Seiler Steigmeier Geschichte des Aargaus S 75 77 Meier Sauerlander Stauffacher Steigmeier Revolution im Aargau S 19 23 a b c d e Heinrich Staehelin Der Staat im 19 und 20 Jahrhundert In Artikel Aargau Historisches Lexikon der Schweiz 6 Februar 2018 abgerufen am 18 April 2021 Seiler Steigmeier Geschichte des Aargaus S 67 86 Dieter Wicki Der Grosse Rat im Jahr 1803 In Beitrage zur Aargauer Geschichte Band 15 Hier und Jetzt Baden 2006 S 79 84 e periodica ch Wicki Der Grosse Rat im Jahr 1803 S 84 86 Dieter Wicki Der Grosse Rat in den Jahren 1830 31 In Beitrage zur Aargauer Geschichte Band 15 Hier und Jetzt Baden 2006 S 104 e periodica ch Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 13 14 Wicki Der Grosse Rat in den Jahren 1830 31 S 104 105 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 25 28 Wicki Der Grosse Rat in den Jahren 1830 31 S 105 106 Wicki Der Grosse Rat in den Jahren 1830 31 S 106 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 44 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 79 84 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 86 94 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 97 98 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 125 129 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 130 133 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 135 136 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 144 146 Urs Bolz Neuere Totalrevisionen von Kantonsverfassungen Eine Bestandesaufnahme der Revisionsverfahren PDF In LeGes 3 weblaw ch 1992 S 55 abgerufen am 18 April 2021 a b Bolz Neuere Totalrevisionen von Kantonsverfassungen S 59 Andreas Auer Staatsrecht der schweizerischen Kantone Stampfli Verlag Bern 2016 S 222 Kantonsverfassungen der Schweiz Aargau Appenzell Ausserrhoden Appenzell Innerrhoden Basel Landschaft Basel Stadt Bern Freiburg Genf Glarus Graubunden Jura Luzern Neuenburg Nidwalden Obwalden St Gallen Schaffhausen Schwyz Solothurn Tessin Thurgau Uri Waadt Wallis Zug Zurich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verfassung des Kantons Aargau amp oldid 232825492