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Das Bunzer Komitee war eine katholisch konservative Gruppierung die sich in den Jahren 1839 bis 1841 gegen den zunehmenden Liberalismus im Kanton Aargau zur Wehr setzte Sie war nach ihrem Grundungsort Bunzen im Bezirk Muri benannt Die Agitation des Komitees gegen eine Totalrevision der Aargauer Kantonsverfassung hatte im Januar 1841 einen bewaffneten Aufstand in katholischen Gegenden des Kantons zur Folge der von den Regierungstruppen rasch niedergeschlagen wurde worauf die Regierung im Aargauer Klosterstreit alle Kloster aufheben liess Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Grundung und Tatigkeit 3 Gewaltsames Ende 4 Auswirkungen 5 Literatur 6 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenIn den 1830er Jahren gehorte der Kanton Aargau zu den Vorreitern der Regeneration Dabei verfolgten die Kantonsregierung und der Grosse Rat eine betont antiklerikale Politik gegen den Machtanspruch der Romisch katholischen Kirche Dies manifestierte sich insbesondere in den 1835 beschlossenen Badener Artikeln 1 Danach bemuhten sich die Radikalliberalen jedoch um eine Verstandigung zwischen Reformierten und Katholiken die beide etwa die Halfte der Bevolkerung stellten Die nach dem Freiamtersturm erarbeitete Verfassung von 1831 schrieb eine Totalrevision nach zehn Jahren vor Zunachst schienen Regierung und Opposition bestrebt zu sein eine gutliche Einigung zu erzielen Doch Anfang November 1839 begann die Stimmung zu kippen als die Organisatoren von Volksversammlungen in Gebenstorf und Sisseln wegen verfassungswidriger Umtriebe eingeschuchtert wurden da sie die Einsetzung eines Verfassungsrats gefordert hatten die Verfassung teilte diese Aufgabe ausdrucklich dem Grossen Rat zu Die Regierung furchtete eine Machtubernahme der Konservativen ahnlich wie beim Zuriputsch im Kanton Zurich und liess die Stimmung im ganzen Kanton durch die Bezirksamter genau uberwachen 2 Grundung und Tatigkeit BearbeitenAm 2 November 1839 trafen sich 41 Katholisch Konservative aus dem Freiamt in Bunzen um sich uber die anstehende Verfassungsrevision zu beraten Sie grundeten das Bunzer Komitee und wahlten den Bezirksrichter Franz Xaver Suter aus Sins zum Prasidenten sowie den fruheren Gerichtsschreiber Jakob Ruepp aus Sarmenstorf zum Vizeprasidenten Zu den Mitgliedern gehorten mehrere Gemeindeammanner und Gemeindeschreiber Das Komitee verfolgte nicht nur religiose Ziele sondern war auch bestrebt die Volksrechte auszubauen Am 2 Februar 1840 organisierte das Bunzer Komitee eine von mehreren Tausend Personen besuchte Volksversammlung in Mellingen Eine dort verabschiedete Petition forderte die Anerkennung der katholischen und reformierten Konfession als Staatsreligion sowie eine vollstandige konfessionelle Trennung des Kirchen und Schulwesens die nicht langer einer paritatischen Behorde uberlassen werden durften dadurch sollte ein Paktieren der Reformierten mit liberalen Katholiken verhindert werden Der Fortbestand der Kloster und ihrer Schulen sollte garantiert und die Aufnahme von Novizen wieder zugelassen werden Die Gemeinden sollten ein Vetorecht gegen neue Gesetze erhalten und kunftige Verfassungsrevisionen einem Verfassungsrat uberlassen werden Der Grosse Rat sollte nur noch 100 Mitglieder zahlen die ausnahmslos vom Volk direkt gewahlt werden und je zur Halfte katholisch und reformiert sein sollten Vom Fruhjahr 1840 an erschien in Bremgarten die von Ruepp redigierte Zeitung Der Freiamter 3 Die Mellinger Petition vereinigte zwar im Freiamt mehrere Tausend Unterschriften auf sich doch in den ubrigen katholischen Regionen besonders im josephinisch gepragten Fricktal fand sie weitaus weniger Anklang Auf entschiedene Ablehnung stiessen die Forderungen im reformierten Teil des Kantons So fand am 23 November 1839 eine Gegenversammlung in Oberentfelden statt um Rechte und Freiheiten gegenuber den pfaffischen Soldlingen des Freiamtes zu wahren Noch behielten die Gemassigten auf beiden Seiten die Oberhand und am 10 Dezember beschloss der Grosse Rat ohne Diskussion die Revision einzuleiten 4 Der am 5 September 1840 verabschiedete Entwurf brachte einige Neuerungen doch zu reden gaben fast ausschliesslich die Artikel uber die Konfessionen und die geplante Aufhebung der Paritat bei Grossratswahlen In der aufgeheizten Stimmung hatte der Entwurf keine Chance Bei der Volksabstimmung vom 5 Oktober wurde er deutlich mit 23 087 zu 3976 Stimmen abgelehnt Anschliessend unternahm die vom Bunzer Komitee angefuhrte katholische Opposition grosse Anstrengungen um die Massen des Volkes fur ihre Anliegen zu gewinnen Eine Volksversammlung am 29 November in Baden forderte erneut ultimativ die Beibehaltung der Paritat die konfessionelle Trennung und das Vetorecht Der Grosse Rat der an einem zweiten Entwurf arbeitete ignorierte diese Forderungen vollig beschloss aber auch mehrere Verbesserungen darunter die Abschaffung des Zensuswahlrechts 5 Das Bunzer Komitee verbreitete daraufhin eine anonyme Flugschrift die nach Ansicht der Regierung von ahndungswurdigen Verdachtigungen und argen Entstellungen der Wahrheit nur so strotzte zumindest sparte sie nicht mit groben Ubertreibungen und Anwurfen Angesichts der totalen Polarisierung entsprach das Ergebnis der Volksabstimmung vom 5 Januar 1841 den Erwartungen Samtliche reformierten Bezirken stimmten der neuen Verfassung uberaus deutlich zu samtliche katholischen Bezirke lehnten sie weniger deutlich ab das Gesamtergebnis lautete 16 051 Ja gegen 11 484 Nein Den Ausschlag gaben der Bezirk Rheinfelden und der Kreis Baden mit ihrer knappen Ablehnung und der gemischtkonfessionelle Kreis Zurzach mit seiner knappen Zustimmung Ausser einigen Protesterklarungen im Bezirk Muri blieb es zunachst ruhig Doch die Regierung blieb wachsam und wies die Bezirksamter an die Urheber der Flugschrift aufzuspuren ebenso verteilte sie Munition an die liberalen Schutzvereine in Wohlen und Bremgarten 6 Gewaltsames Ende BearbeitenJosef Leonz Weibel Bezirksamtmann von Muri und radikaler Scharfmacher gab der Regierung den Rat gegen die Mitglieder des Bunzer Komitees eine Strafuntersuchung einzuleiten Sie wies darauf ihn und seinem Amtskollegen Joachim Wey in Bremgarten an alle Angeschuldigten gleichzeitig am Sonntagmorgen dem 10 Januar 1841 um 4 Uhr fruh heimlich festzunehmen Da am 9 Januar Geruchte im Freiamt kursierten begann Wey bereits um 23 Uhr mit den Verhaftungen Weibel hingegen holte sich die Unterstutzung bewaffneter Landjager und von Regierungsrat Franz Waller Als sie die zwei ersten Gefangenen zum Amtshaus in Muri bringen wollten stellte sich ihnen eine aufgebrachte Menschenmenge entgegen Abt Adalbert Regli gelang es zunachst die Leute zu beruhigen Doch nachdem Weibel nach Meienberg aufgebrochen war um Suter zu verhaften ruckte die Menge bewaffnet gegen das Amtshaus vor und verlangte die Freilassung der Gefangenen Waller hielt die Leute zunachst mit einer Pistole in Schach musste dann aber zuruckweichen Im darauf folgenden Tumult wurde er schwer am Hinterkopf getroffen und zusammen mit den dort anwesenden Beamten eingesperrt Weibel wurde in Meienberg ebenfalls festgesetzt und nach Muri gebracht Dort griff die Menge auch den verhassten Klostergutverwalter Rudolf Lindenmann auf und prugelte ihn bewusstlos In Bremgarten wurde Wey von einer aufgebrachten Menge ebenfalls schwer zusammengeschlagen und ein Pistolenschuss verfehlte ihn nur knapp Die Aufruhrer feierten die Befreiung der Gefangenen mit dem Aufstellen von Freiheitsbaumen und Ausschreitungen gegen Anhanger der Regierung 7 Dem Bunzer Komitee entglitt die Situation vollig und es war nicht in der Lage die darauf folgenden Aufstande im Freiamt zu verhindern Als die Regierung am spaten Nachmittag des 10 Januar von den Vorfallen in Muri und Bremgarten erfuhr handelte sie rasch und zum Aussersten entschlossen Sie mobilisierte samtliche Elite und Landwehrtruppen der reformierten Bezirke und ernannte Friedrich Frey Herose zum Oberkommandierenden Ausserdem bat sie die Kantone Bern und Basel Landschaft um militarische Unterstutzung Am Morgen des 11 Januar 1841 riefen fast im ganzen Freiamt die Sturmglocken zum bewaffneten Widerstand Um elf Uhr kam es auf dem Langelenfeld nordwestlich von Villmergen zu einem Gefecht bei dem zwei Soldaten und sieben Aufstandische ums Leben kamen Die uberlegen bewaffneten Regierungstruppen besetzten am folgenden Tag Bremgarten und Muri Die Entscheidung war in Villmergen bereits gefallen als am Rohrdorferberg im unteren Aaretal und im Limmattal weitere Unruhen ausbrachen Doch die Aufstandischen erkannten bald die Aussichtslosigkeit ihres Vorhabens und zerstreuten sich wieder Als am Abend des 12 Januar die ersten Hilfstruppen aus Bern und Basel Landschaft eintrafen hatte die Aargauer Regierung die Lage bereits aus eigener Kraft unter Kontrolle gebracht Die Truppen blieben zwei weitere Monate im Einsatz 8 Auswirkungen BearbeitenAm 13 Januar 1841 berief die Regierung den Grossen Rat ein um uber den niedergeschlagenen Aufstand zu berichten Der katholisch liberale Grossrat Augustin Keller bezeichnete daraufhin in einer Brandrede die Kloster als Ursprung allen Ubels und Drahtzieher des Aufstands Mit 115 zu 19 Stimmen stimmte der Rat seinem Antrag auf sofortige Aufhebung aller Kloster zu Die Regierung schritt unmittelbar zur Tat und forderte die Ordensleute ultimativ zum Verlassen des Kantons auf Dadurch loste sie den Aargauer Klosterstreit aus der den Konflikt zwischen liberalen und katholisch konservativen Kantonen weiter zuspitzte 9 Gemass altem Brauch liess die Regierung gegenuber den Teilnehmern des Aufstands Milde walten Davon ausgenommen waren ausser gewohnlichen Verbrechern die Anstifter und Anfuhrer des Aufstands sowie alle Beamten Behordenmitglieder und Geistlichen die von sich aus an den Unruhen teilgenommen hatten In vielen Fallen zogen sich die Verfahren bis 1844 hin Uber hundert Personen erhielten Strafen die von zeitweiliger Suspendierung des Aktivburgerrechts bis zu langerer Haft reichten Sechs Mitglieder des Bunzer Komitees darunter Franz Xaver Suter wurden in Abwesenheit wegen Hochverrats und bewaffneten Aufruhrs zum Tod verurteilt Die Regierung hob die Todesurteile bereits 1845 mit einer Amnestie auf ohne dass eines vollstreckt worden ware hingegen blieben die ubrigen Urteile in Kraft 10 Literatur BearbeitenHeinrich Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 Band 2 Baden Verlag Baden 1978 Einzelnachweise Bearbeiten Heinrich Staehelin Der Staat im 19 und 20 Jahrhundert In Artikel Aargau Historisches Lexikon der Schweiz 6 Februar 2018 abgerufen am 18 April 2021 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 79 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 80 81 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 81 84 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 85 87 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 87 88 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 89 92 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 94 96 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 97 98 Staehelin Geschichte des Kantons Aargau 1830 1885 S 96 97 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bunzer Komitee amp oldid 230469233