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Die Verfassung des Kantons Basel Landschaft beschreibt die rechtliche Grundordnung des Schweizer Kantons Basel Landschaft Als Kantonsverfassung legt sie das Fundament des kantonalen Staats und Verwaltungsrechts Die heute gultige Verfassung datiert vom 17 Mai 1984 und trat am 1 Januar 1987 in Kraft Freiheitsbaum von Binningen BL 1832 Karikatur von Ludwig Adam KelterbornNach der Basler Kantonstrennung im Jahr 1832 spielte das neu entstandene Staatswesen eine fuhrende Rolle bei der Entwicklung der direkten Demokratie in der Schweiz konkret beim Ausbau der Volksrechte auf Staats und Gemeindeebene und bei der Konkretisierung der Volkssouveranitat Basel Landschaft fuhrte mit seiner ersten Kantonsverfassung als zweiter Kanton uberhaupt nach St Gallen im Jahr zuvor das Volksveto ein Obwohl sich das Veto in seiner Ausgestaltung von demjenigen in St Gallen unterschied entfaltete es wahrend der Regeneration fur die Entwicklung der direkten Demokratie in der Schweiz eine grosse Wirkung Mit dem Veto und besonders mit dem 1863 an seiner Stelle eingefuhrten obligatorischen Referendum besass Basel Landschaft eine eigentliche Vorreiterrolle Kein anderer Kanton kannte damals eine derartige Vielfalt direktdemokratischer Rechte Inhaltsverzeichnis 1 Aktuelle Verfassung 1 1 Aufbau und Inhalt 1 2 Besondere Merkmale 2 Historische Entwicklung 2 1 Helvetische Revolution und Gleichheitsurkunde 2 2 Der erste Aufstand als Revolution der Regenerationszeit 2 3 Basler Kantonstrennung 2 4 Einfuhrung des Vetos mit der ersten Verfassung 2 5 Die Vetopraxis zwischen Ordnung und Bewegung 2 6 Einfuhrung des obligatorischen Referendums 2 7 Verfassungsrevisionen von 1892 und 1984 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseAktuelle Verfassung BearbeitenAufbau und Inhalt Bearbeiten Gegliedert ist die Verfassung in die Praambel und in zehn Abschnitte mit insgesamt 157 Paragraphen Aus Grunden der Ubersichtlichkeit sind mehrere Abschnitte weiter in Unterabschnitte gegliedert Praambel 1 Allgemeine Bestimmungen 2 Personliche Rechte und Pflichten 3 Volksrechte3 1 Stimmrecht 3 2 Volkswahlen 3 3 Volksinitiative 3 4 Volksabstimmungen 3 5 Mitwirkung bei der Meinungsbildung 3 6 Sicherung der Volksrechte 3 7 Ausfuhrungsbestimmungen dd 4 Gliederung des Kantons4 1 Kantonsgebiet und Hauptort 4 2 Bezirke und Kreise 4 3 Gemeinden dd 5 Kantonale Behorden und ihre Funktion5 1 Allgemeine Bestimmungen 5 2 Landrat 5 3 Regierungsrat und Verwaltung 5 4 Gerichte 5 5 Ombudsman dd 6 Offentliche Aufgaben6 1 Grundsatze 6 2 Offentliche Sicherheit und Katastrophenvorsorge 6 3 Bildung und Kultur 6 4 Soziale Sicherheit 6 5 Gesundheit 6 6 Umwelt und Energie 6 7 Raumordnung und Verkehr 6 8 Wirtschaft dd 7 Finanzordnung 8 Staat und Kirchen 9 Revision der Verfassung 10 UbergangsbestimmungenBesondere Merkmale Bearbeiten Die Praambel besitzt einen Gottesbezug und beruft sich auch auf die Verantwortung vor Mensch Gemeinschaft und Umwelt In Paragraph 3 wird die Bereitschaft erklart zur Erfullung gemeinsamer oder regionaler Aufgaben die Zusammenarbeit mit den Behorden anderer Kantone insbesondere Basel Stadt Aargau Solothurn und Jura der Gemeinden in der Region und des benachbarten Auslands zu verstarken Der ausfuhrliche Grundrechtekatalog entspricht im Wesentlichen jenem der Bundesverfassung wenn auch mit abweichender Formulierung er enthalt zusatzlich ein Ruckwirkungsverbot fur Erlasse wenn diese zeitlich ubermassig zuruckgreifen oder zu einer unverhaltnismassigen Belastung fuhren Paragraph 11 Dem fakultativen Referendum unterstellt sind gemass Paragraph 31 verbindliche Planungsbeschlusse des Landrates von grundsatzlicher Bedeutung Beschlusse des Landrates uber neue einmalige Ausgaben von mehr als einer Million Franken oder uber neue jahrlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als 200 000 Franken sowie Gesetze und Staatsvertrage mit gesetzeswesentlichem Inhalt die von mehr als vier Funftel der Landrate beschlossen wurden In diesen Fallen konnen 1500 Stimmberechtigte eine Volksabstimmung herbeifuhren Alle ubrigen Gesetzesanderungen und Staatsvertrage sowie samtliche Verfassungsanderungen sind gemass Paragraph 30 dem obligatorischen Referendum unterstellt Historische Entwicklung BearbeitenHelvetische Revolution und Gleichheitsurkunde Bearbeiten Das Birseck wurde 1792 zusammen mit dem restlichen Furstbistum Basel von den Franzosen besetzt und bildete zunachst einen Teil der Raurakischen Republik Ab 1793 gehorte es zum franzosischen Departement Mont Terrible ab 1800 zum Departement Haut Rhin 1 Am 15 Januar 1798 vier Wochen nach der militarischen Besetzung des sudlichen Teils des Furstbistums durch die Franzosen erliessen die Ausschusse der Basler Landschaft einen Aufruf der sich auf das moderne Naturrecht abstutzte Burger Ihr wisst dass das Landvolk seine naturliche Freyheit fordert ein Recht das von Gott und der Natur jedem Menschen angebohren ist Zwei Tage spater brach die Helvetische Revolution aus und in Liestal wurde der erste Freiheitsbaum der Schweiz errichtet Die baselstadtische Obrigkeit Burgermeister Klein und Grossrate des eidgenossischen Freistandes Basel beeilte sich in der grossen Ratsversammlung vom 20 Januar 1798 die sogenannte Gleichheitsurkunde in der die vier Punkte der Liestaler Forderungen vom 13 Januar ubernommen wurden zu verabschieden Sie gewahrte damit samtlichen Gemeinden der Landschaft vollumfangliche Freiheits und Gleichheitsrechte Gleichentags stand auch auf dem Basler Munsterplatz ein Freiheitsbaum 2 nbsp Errichtung des Freiheitsbaumes auf dem Basler Munsterplatz am 20 Januar 1798Die in die Gleichheitsurkunde ubernommenen Forderungen lauteten 1 Dass sie entschlossen sind Schweizer zu bleiben mit sie sind samtliche Gemeinden der Landschaft Basel gemeint 2 Dass sie wollen Freiheit Gleichheit die heiligen unverjahrbaren Rechte des Menschen und eine Verfassung wozu Reprasentanten aus dem Volk gewahlt werden 3 Enge Vereinigung der Stadtburger mit den Landburgern als zu einem Korper gehorend welche gleiche Rechte und gleiche Freiheit zu geniessen haben und4 Unverzuglich eine Volksversammlung begehren wozu von Stadt und Land nach zu bestimmenden Regeln z B von funfzig Burgern einer erwahlt wurde welche den zu bestimmenden Gesetzen fur die Zukunft vorlaufig beiwohnen konnten Gleichheitsurkunde 2 Der erste Aufstand als Revolution der Regenerationszeit Bearbeiten Als Folge des Franzoseneinfalls regierte im Kanton Basel daraufhin eine Nationalversammlung in der je 20 indirekt gewahlte Vertreter der Stadt und der Landschaft sassen Bereits am 20 April 1798 loste sie sich mit dem Inkrafttreten der helvetischen Verfassung auf Wahrend der Zeit der Helvetischen Republik war Basel wie alle anderen Kantone eine reine Verwaltungseinheit Nach dem Zusammenbruch des Staates erliess Napoleon Bonaparte am 19 Februar 1803 die Mediationsakte zu der auch eine neue Verfassung fur den Kanton Basel gehorte Im 135 kopfigen Grossen Rat waren Stadt und Landschaft ungefahr gemass ihrer Bevolkerungszahl vertreten dem 25 kopfigen Kleinen Rat Exekutive gehorten jedoch nur acht Vertreter der Landschaft an Im Zuge der Restauration nach dem Ende der franzosischen Herrschaft erlangte die Stadt mit der Verfassung vom 4 Marz 1814 ihre Vormachtstellung zuruck so stellte sie neu 90 der 150 Grossrate Mit der Unterzeichnung der Vereinigungsurkunde am 7 November 1815 stiessen am 28 Dezember 1815 die Birsecker Gemeinden zum Kanton Entsprechend wurde der Grosse Rat am vier Sitze vergrossert 3 Obwohl es in der Gleichheitsurkunde hiess dass die alten Verhaltnisse zwischen Stadt und Land nie mehr wiederhergestellt werden sollen trat dies zu einem grossen Teil wieder ein Als die Unzufriedenheit uber diesen Zustand in der Bevolkerung wuchs verfasste Stephan Gutzwiller Advokat und Mitglied des Grossen Rates unter dem Eindruck der franzosischen Julirevolution eine Bittschrift fur eine neue Verfassung an die stadtischen Oberen Sie wurde am 18 Oktober 1830 von 40 heimlich in Bad Bubendorf versammelten Landburgern beschlossen und acht Tage spater mit 810 Unterschriften dem Basler Burgermeister Johann Heinrich Wieland uberreicht In der Bittschrift bezog sich Gutzwiller auf die Gleichheitsurkunde die als Kopie beilag So wurde die Revolution der Patrioten von 1798 im Baselland wie in anderen Kantonen zu einem zentralen Bezugspunkt fur die Revolutionen ab 1830 4 Die Bittschrift signalisierte klar dass man bereit war das gemeinsame Band mit der Stadt zu erneuern aber nicht um jeden Preis In dieser Aufhebung der Gleichheit und der rechtswidrigen Art wie es geschehen ist erblicken wir die vollige Zernichtung der heiligsten durch die Natur durch Urkunden und durch die feierlichsten zu Gott geschwornen Eide uns zugesicherten Rechte wir erblicken darin die Aufhebung des Bandes welches fruher Stadt und Land zu einem Korper vereinigte wir erblicken darin endlich den Keim des Zwiespaltes zwischen Stadt und Landschaft welche bei jeder aussern und innern Veranlassung sich regen und fruher oder spater unser gemeinsames Vaterland dem Verderben entgegenfuhren musste 5 Bittschrift Die Bittschrift Gutzwillers und seiner Mitstreiter ging nicht uber die Gleichheitsurkunde von 1798 hinaus da diese bereits alle demokratierelevanten Inhalte umfasste Sie argumentierten im Sinne der Urkunde dass aufgrund der Menschenwurde samtlichen Gemeinden der Landschaft eine gluckliche Freiheit und Gleichheit fur jedermann zu gewahren seien 6 Mit den Begriffen Menschenwurde und Gemeinden knupften sie an das moderne Naturrecht nach Samuel von Pufendorf und die genossenschaftliche Verfassung aller Gemeinden an zwei wichtigen Bausteinen fur die Demokratisierung in der Schweiz 7 Basler Kantonstrennung Bearbeiten nbsp Strassenkampf in Liestal zwischen Truppen der Stadt Basel und Verbanden der Landschaft 1831 Auf den revolutionaren Druck hin nahm der Grosse Rat die bereits in Ansatzen seit 1829 diskutierte Verfassungsrevision in Angriff Der vorgeschlagene Verfassungsentwurf brachte fur die politischen Kreise um Gutzwiller jedoch nicht die geforderte Gleichheit mit der Stadt da die Vertretung der bevolkerungsmassig doppelt so grossen Landschaft im Grossen Rat weiterhin nicht reprasentativ gewesen ware Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen organisierte die Landschaft am 4 Januar 1831 in Liestal eine Landsgemeinde mit 2000 bis 3000 Personen nach dem direktdemokratischen Vorbild der Schweizer Landsgemeindekantone und den sogenannten Volkstagen in anderen Kantonen Sie forderten die Reprasentation im Grossen Rat nach der Volkszahl die Gleichheit aller politischen und burgerlichen Rechte einen vom Volk gewahlten Verfassungsrat und eine Volksabstimmung uber die revidierte Verfassung 4 Mit der Wahl einer provisorischen Regierung am 6 Januar in Liestal folgte der erste revolutionare Akt der Landschaft Die stadtische Regierung in Basel reagierte auf den Aufruhr mit der militarischen Besetzung von Binningen Allschwil und Liestal Die provisorische Regierung floh nach Aarau 8 Der Grosse Rat verabschiedete am 12 Februar 1831 die revidierte Verfassung mit den Bestimmungen zur direkten Wahl des Grossen Rates dem Zensus der Vorrechte der Hauptstadt der Erwerbsfreiheit sowie der Bestimmung dass zur Annahme der Verfassung die Mehrheit von Stadt und Land notig seien Diese gemassigt liberale Verfassung wurde am 28 Februar von der Mehrheit der Stadt und Landburger angenommen Als einige Monate spater die provisorische Regierung einen Tagesbefehl erliess der die Landschaft vom Gehorsam gegenuber der stadtischen Regierung entband liess diese erneut Truppen gegen Liestal einrucken Die Tagsatzung reagierte auf diesen zweiten Aufstand der Landschaft mit der Besetzung der Basler Landschaft durch eidgenossisches Militar und der Aufforderung an die Stadt der Landschaft entgegenzukommen Bei der von der stadtischen Obrigkeit angeordneten Abstimmung uber den Verbleib der Landschaft bei der Stadt sprach sich am 23 November 1831 eine Mehrheit der Landschaft gegen eine Trennung von der Stadt aus Allerdings folgte fast die Halfte der Stimmberechtigten einem Boykottaufruf der Aufstandischen 3 In 46 Gemeinden kam keine zustimmende absolute Mehrheit zustande was der Grosse Rat als Misstrauensvotum interpretierte Wie zuvor angekundigt beschloss er am 22 Februar 1832 den widerstrebenden Gemeinden per 15 Marz die offentliche Verwaltung zu entziehen sollten sie sich nicht nachtraglich durch Mehrheitsbeschluss eindeutig zum Kanton Basel bekennen In der Folge erklarte am 17 Marz eine Volksversammlung in Liestal die 46 bestraften Gemeinden fur souveran Sie legte damit den Grundstein fur den neuen Kanton Basel Landschaft Der Beschluss stutzte sich auf die Definition der Volkssouveranitat in Jean Jacques Rousseaus Contrat social von 1762 9 Einfuhrung des Vetos mit der ersten Verfassung Bearbeiten nbsp Freiheitsbaum in Pratteln 1833Der von der Landschaft gewahlte Verfassungsrat begann eine Verfassung fur Basel Landschaft auszuarbeiten und rief die Bevolkerung dazu auf Vorschlage mittels Petitionen einzureichen Der Vorschlag nach einer einzigen zentralen Landsgemeinde welche die legislativen Geschafte hatte abwickeln sollen wurde im Verfassungsrat verworfen weil man befurchtete die Stadt konnte diese fur einen Wiederanschluss beeinflussen womit die erkampfte Selbstandigkeit verloren ginge Weitere Vorschlage betrafen die Konkretisierung der Volkssouveranitat insbesondere mittels des Vetos dem Recht der Burger Gesetze anzunehmen oder zu verwerfen Mehrere Petitionare bezogen sich dabei auf das Vorbild des Vetos im Kanton St Gallen Die Kommission legte aufgrund der Eingaben folgenden Grundsatz fur die Volkssouveranitat fest Wenn der Begriff der Volkssouveranitat in seiner ursprunglichen Klarheit gelten soll so muss auch das Volk als die hochste Behorde im Staate gelten Die Liberalen wie Gutzwiller und seine Anhanger wollten am Reprasentativsystem festhalten sahen das Veto als gefahrlich an und wollten dem Volk keine Gesetzgebungskompetenz geben Die andere Halfte des Verfassungsrates die Radikalen traten fur mehr direkte Demokratie ein 10 An der entscheidenden Sitzung des Verfassungsrates vom 27 April 1832 war eine Mehrheit fur das Veto Der Verfassungsrat hatte erkannt wie ein Jahr zuvor im Kanton St Gallen dass ein Gesetz auch nach der Schlussabstimmung im Landrat auf Widerstand im Volk stossen konnte Das Prinzip der Volkssouveranitat verlangte eine demokratische Anpassung des Reprasentationssystems mit weitreichenden Folgen fur die politische Kultur Das Veto wurde anders als in St Gallen ausgestaltet war aber ebenfalls mit hohen Hurden Quorum von zwei Dritteln des souveranen Volkes versehen Die Verfassung die neben dem Gesetzesveto die Gewaltentrennung und das allgemeine Wahlrecht fur Manner uber 20 Jahre enthielt wurde am 4 Mai von den Stimmberechtigten deutlich angenommen Diese Souveranitatserklarung liess den Konflikt mit der Stadt eskalieren Der neue Kanton Baselland konnte seine Unabhangigkeit nach blutigen Zusammenstossen mit stadtischen Truppen und dem entscheidenden Sieg in der Schlacht an der Hulftenschanz am 3 August 1833 jedoch behaupten Drei Wochen spater am 26 August besiegelte die eidgenossische Tagsatzung die Basler Kantonstrennung unter dem Vorbehalt der freiwilligen Wiedervereinigung 11 Die Vetopraxis zwischen Ordnung und Bewegung Bearbeiten Das Verfahren fur das Veto war in der ersten Verfassung nicht genau definiert Es gab einzig die Moglichkeit innerhalb von 14 Tagen nach der Publikation einer Gesetzgebung durch begrundete Zuschriften an den Landrat Einspruch zu erheben Allerdings fuhrte die kurze Frist dazu dass ein Veto relativ hohe Hurden zu uberwinden hatte Ausserdem war bisweilen unklar was genau unter Gesetzgebung zu verstehen sei In der Praxis kam es deshalb immer wieder vor dass sich Vetobewegungen gegen einfache Verordnungen richteten 12 Die Hurden fur das Veto wurden 1838 mit der teilrevidierten Verfassung gesenkt Anstelle der Rigiditatsperiode fur Verfassungsanderungen von sechs Jahren genugte nun das absolute Mehr der Stimmberechtigten an offenen Gemeindeversammlungen Mit der neuen Verfassung von 1850 erfolgte ein weiterer Abbau der Hurden indem man den Umfang des Vetos erweiterte und die Einspruchsfrist verlangerte Sie schrankte auch die sehr weit gefasst Gemeindeautonomie ein und loste in der Regierung das Kollegial durch das Direktorialsystem ab 13 Im neuen Kanton gab es noch keine eigentlichen Parteien sondern zwei politische Bewegungen Die Ordnungsbewegung unter Stephan Gutzwiller vertrat das Reprasentationsprinzip Sie versuchte nach der Kantonsgrundung die Revolution zu stabilisieren und einer gewissen Ordnung zum Durchbruch zu verhelfen Die Bewegungsleute um Emil Remigius Frey Mitglied der provisorischen Regierung und Verfassungsrat traten aus jakobinisch fruhsozialistischer Uberzeugung fur weiter gehende Volksrechte und das Veto ein das schliesslich in der Verfassung verankert wurde Neu gegrundete Zeitungen und die in der Helvetik errungene Pressefreiheit ermoglichten die Verbreitung ihrer politischen Anliegen in der Offentlichkeit Trotz aller Hurden wurde das Vetorecht im Kanton Baselland am konsequentesten durchgefuhrt Das Verfahren zerfiel nicht nacheinander in ein Begehren und eine Abstimmung wie in den Kantonen St Gallen und Luzern sondern bestand aus der rein durchgefuhrten Einspruchserklarung der Opponenten Es war gleichzeitig Vetoinitiative und Vetoabstimmung Bis 1862 gab es bei etwa 200 Erlassen 14 Vetobewegungen wovon nur vier von der Aktivburgerschaft verworfen wurden So konnte sich zum Beispiel das Veto gegen das diskriminierende Judengesetz von 1851 nicht durchsetzen 14 Einfuhrung des obligatorischen Referendums Bearbeiten nbsp Volksblatt aus Baselland vom 5 Februar 1862 Warum sind wir fur RevisionEine Volksbewegung um Christoph Rolle wollte 1861 das direktdemokratische System mit einer Verfassungsrevision verbessern indem das muhselige Vetoverfahren abgelost und kunftig alle Gesetze im Sinne eines Referendums obligatorisch den Stimmberechtigten zur Annahme oder Ablehnung vorgelegt werden sollte Er wandte sich damit gegen die herrschenden Liberalen der fand aber Unterstutzung bei Emil Remigius Frey und dessen Anhangern 52 der Stimmberechtigten unterschrieben eine von Rolle lancierte Unterschriftensammlung fur die Verfassungsrevision 15 1862 wahlten die Baselbieter einen Verfassungsrat der nach zehn Sitzungen eine Vorlage verabschiedete Sie berucksichtigte die meisten vorgebrachten Wunsche beispielsweise die Volkswahl von Regierungsraten Bezirks und Gemeindebeamten das obligatorische Gesetzesreferendum und das Recht auf Abberufung des Landrats Es folgte ein erbittert gefuhrter Abstimmungskampf zwischen Befurwortern und Gegnern der neuen Verfassung auch Revi und Anti genannt 51 der Stimmenden lehnten am 2 November die Vorlage ab Den Ausschlag gaben die Katholiken im Birseck die ihre Sonderanliegen nicht berucksichtigt sahen Trotz der Niederlage gaben die Revi nicht auf und liessen Ende Dezember einen neuen Verfassungsrat wahlen Sie erlangten die Mehrheit und gingen bei den Beratungen keinerlei Kompromisse mit den unterlegenen Anti mehr ein sodass letztere die weitere Arbeit boykottierten Die neue Verfassung war nun ganz im Sinne der Revi formuliert und wurde am 22 Marz 1863 vom Volk angenommen Sie enthielt alle Neuerungen die bereits ein Jahr zuvor vorgeschlagen worden waren hinzu kamen die Verfassungs und die Gesetzesinitiative Damit besass die Bevolkerung des Kantons Basel Landschaft eine Kontrollmoglichkeit gegenuber der Exekutive Regierung und der Legislative Landrat wie in keinem anderen Kanton der Schweiz 16 Ein Paragraph schrieb vor dass das Volk nach zwolf Jahren daruber abstimmen musste ob die Verfassung uberarbeitet werden solle Allerdings fand sich sowohl 1875 als auch 1876 keine Mehrheit dafur 1887 legte eine Versammlung prominenter Burger ein Programm fur die Verfassungsrevision vor Beispielsweise sollte die Kantonsverfassung mit dem Bundesrecht in Einklang gebracht die Teilnahmequoten fur Abstimmungen und Wahlen gestrichen das Initiativrecht prazisiert und eine progressive Steuer eingefuhrt werden Ausserdem sollte der Kanton zu grosseren finanziellen Leistungen an das Schulwesen verpflichtet werden um die Gemeinden zu entlasten Der im selben Jahr gewahlte Verfassungsrat machte sich sogleich an die Arbeit Doch am 20 Januar 1889 lehnten die Stimmberechtigten den ersten Entwurf ab am 31 Marz desselben Jahres auch den zweiten Schliesslich lehnten sie es am 26 Mai ab einen dritten Entwurf ausarbeiten zu lassen 17 Verfassungsrevisionen von 1892 und 1984 Bearbeiten Zwei Jahre spater wagten Regierung und Landrat einen neuen Versuch da sie vor allem die Steuerfrage geklart wissen wollten Nachdem das Volk am 18 Oktober 1891 seine Zustimmung gegeben hatte beriet ein neuer Verfassungsrat einen Entwurf Uber diesen musste am 22 Mai 1892 abgestimmt werden dabei resultierte eine deutliche Ja Mehrheit von 64 Nur in den Bezirken Liestal und Sissach hatten die Gegner eine Mehrheit hinter sich Die neue Verfassung behielt die bisherigen direktdemokratischen Errungenschaften bei wahrend das Finanzreferendum neu hinzukam und das Beteiligungsquorum fur Abstimmungen und Wahlen gestrichen wurde Unter dem Titel Volkswirtschaftspflege erhielt der Kanton zusatzliche Aufgaben Sie waren zwar noch bescheiden bildeten aber den Grundstein seiner spateren Sozial und Wirtschaftspolitik 18 Die Verfassung von 1892 erwies sich als sehr bestandig und wurde uber 20 Mal erganzt Die wichtigste Anderung war wohl 1967 die Einfuhrung des Frauenstimmrechts Nach uber acht Jahrzehnten wuchs jedoch zunehmend der Wunsch nach einem uberarbeiteten und modernen Werk Das Volk wahlte am 23 September 1979 einen Verfassungsrat der am 16 Januar 1980 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentrat 19 Nach 32 Plenarsitzungen und 188 Kommissionssitzungen schloss der Rat vier Jahre spater seine Arbeit ab und stellte die neue Verfassung vor 20 Sie sah eine nochmalige Erweiterung der Volksrechte durch das Planungsreferendum die Einheitsinitiative und die Einfuhrung des Ombudsmannes vor Die Abstimmung fand am 4 November 1984 bei einer sehr geringen Stimmbeteiligung von 22 statt Das Ergebnis fiel ausserst knapp aus 50 4 der Abstimmenden nahmen die Verfassung an wobei der Bezirk Arlesheim die drei ubrigen Bezirke uberstimmte 21 Literatur BearbeitenUebersichtliche Darstellung des gegen den Stand Basel beobachteten Verfahrens der Eidgenossenschaft ausgezogen aus den offiziellen Tagsatzungsabschieden und den Rathsprotokollen des Kantons Basel Schweighauser sche Buchhandlung Basel 1833 Digitalisat Johann Jacob Hottinger Vorlesungen uber die Geschichte des Untergangs der schweizerischen Eidgenossenschaft der dreizehn Orte und Umbildung derselben in eine helvetische Republik Verlag S Hohr und Meyer und Zeller Zurich 1844 Fritz Klaus Basellandschaft in historischen Dokumenten 1 Teil Die Grundungszeit 1798 1848 Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Baselland Band 20 Liestal 1982 Baselland vor 150 Jahren Wende und Aufbruch neun Beitrage mit Chronologie der Basler Wirren und der eidgenossischen Regenerationszeit 1830 1833 Jubilaumsverlag 1983 Die Basler Landschaft in der Helvetik 1798 1803 uber die materiellen Ursachen von Revolution und Konterrevolution Verlag des Kantons Basel Landschaft 1991 Rolf Graber Hrsg Demokratisierungsprozesse in der Schweiz im spaten 18 und 19 Jahrhundert Forschungskolloquium im Rahmen des Forschungsprojekts Die demokratische Bewegung in der Schweiz von 1770 bis 1870 Eine kommentierte Quellenauswahl Unterstutzt durch den FWF Austrian Science Fund Peter Lang Verlag Frankfurt am Main Berlin Bern Bruxelles New York Oxford Wien 2008 93 S Schriftenreihe der Internationalen Forschungsstelle Demokratische Bewegungen in Mitteleuropa 1770 1850 Bd 40 Herausgegeben von Helmut Reinalter ISBN 978 3 631 56525 4 Rene Roca Andreas Auer Hrsg Wege zur direkten Demokratie in den schweizerischen Kantonen Schriften zur Demokratieforschung Band 3 Zentrum fur Demokratie Aarau und Verlag Schulthess AG Zurich Basel Genf 2011 ISBN 978 3 7255 6463 7 Weblinks BearbeitenVerfassung des Kantons Basel Landschaft 1984 aktuelle Fassung Staatsverfassung des Kantons Basel Landschaft 1892 Staatsverfassung des Kantons Basel Landschaft 1863 Verfassung des Kantons Basel Landschaft 1850 Verfassung fur den Kanton Basel Landschaft 1838 Verfassung fur den Canton Basel Landschaft 1832Einzelnachweise Bearbeiten Kurt Weissen Birseck Vogtei In Historisches Lexikon der Schweiz 10 August 2004 abgerufen am 11 April 2021 a b Rene Roca Die Einfuhrung des Vetos im Kanton Baselland PDF 223 kB In Baselbieter Heimatblatter Forschungsinstitut Direkte Demokratie Marz 2013 S 4 abgerufen am 11 April 2021 a b Matthias Manz Von der Helvetik bis zur Kantonstrennung 1798 1833 In Artikel Basel Kanton Historisches Lexikon der Schweiz 13 Januar 2016 abgerufen am 11 April 2021 a b Rene Roca Die Einfuhrung des Vetos im Kanton Baselland S 5 Fritz Klaus Basellandschaft in historischen Dokumenten 1 Teil Die Grundungszeit 1798 1848 Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Baselland Band 20 Liestal 1982 Seite 40 Johann Jacob Hottinger Vorlesungen uber die Geschichte des Untergangs der schweizerischen Eidgenossenschaft der dreizehn Orte und Umbildung derselben in eine helvetische Republik Verlag S Hohr und Meyer und Zeller Zurich 1844 Seite 330 Rene Roca Die Einfuhrung des Vetos im Kanton Baselland S 3 4 Ein erster Aufstand Geschichte des Kantons Basel Landschaft 2021 abgerufen am 11 April 2021 Rene Roca Die Einfuhrung des Vetos im Kanton Baselland S 6 7 Rene Roca Die Einfuhrung des Vetos im Kanton Baselland S 7 8 Rene Roca Die Einfuhrung des Vetos im Kanton Baselland S 8 9 Rene Roca Die Einfuhrung des Vetos im Kanton Baselland S 9 Sibylle Rudin Buhlmann Verfassungs und politische Geschichte In Artikel Basel Landschaft Historisches Lexikon der Schweiz 29 Mai 2017 abgerufen am 11 April 2021 Rene Roca Die Einfuhrung des Vetos im Kanton Baselland S 11 12 Rene Roca Die Einfuhrung des Vetos im Kanton Baselland S 12 Ringen um eine neue Verfassung Geschichte des Kantons Basel Landschaft 2021 abgerufen am 11 April 2021 Mangelnde Revisionsbereitschaft Geschichte des Kantons Basel Landschaft 2021 abgerufen am 11 April 2021 Die Verfassung von 1892 Geschichte des Kantons Basel Landschaft 2021 abgerufen am 11 April 2021 Chronik Januar 1980 Kanton Basel Landschaft abgerufen am 11 April 2021 Chronik Juni 1984 Kanton Basel Landschaft abgerufen am 11 April 2021 Chronik November 1984 Kanton Basel Landschaft abgerufen am 11 April 2021 Kantonsverfassungen der Schweiz Aargau Appenzell Ausserrhoden Appenzell Innerrhoden Basel Landschaft Basel Stadt Bern Freiburg Genf Glarus Graubunden Jura Luzern Neuenburg Nidwalden Obwalden St Gallen Schaffhausen Schwyz Solothurn Tessin Thurgau Uri Waadt Wallis Zug Zurich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verfassung des Kantons Basel Landschaft amp oldid 231210700