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Die erfolgreiche Verteidigung der preussischen Festung Kolberg in Pommern wahrend des Vierten Koalitionskrieges gegen franzosische Truppen im Jahr 1807 hatte wegen ihrer Begleitumstande und den Namen einiger Beteiligter eine politisch moralische Signalwirkung die ihre militarstrategische Bedeutung weit ubertraf Sie wurde angesichts der Niederlage Preussens in diesem Krieg schon fur Zeitgenossen zu einem Mythos der bis ins 20 Jahrhundert fortwirkte Belagerung Kolbergs 1807Teil von Vierter KoalitionskriegBelagerung Kolbergs 1807 zeitgenossische DarstellungDatum 14 Marz 1807 bis 2 Juli 1807Ort KolbergAusgang Abzug der FranzosenFolgen Die Festung blieb in preussischer HandFriedensschluss Frieden von TilsitKonfliktparteienFrankreich 1804 FrankreichHolland HollandItalien 1805 Italieneinige Rheinbundstaaten Preussen Konigreich PreussenBefehlshaberPietro Teulie ab 25 Marz 1807 Louis Henri Loison Ludwig Moritz von Lucadou ab 29 April 1807 August Neidhardt von GneisenauTruppenstarke22 500 Soldaten eingesetzt 6 500 Soldaten eingesetzt VerlusteInsgesamt 8 000 10 000 Mann darunter etwa 2 000 Tote 1 632 Gefangene 204 Uberlaufer tausende Kranke und Verwundete Etwa 2 000 Mann darunter 800 Tote etwa 500 Invalide uber 800 Gefangene Vermisste und Deserteure Uber 20 tote und 40 verletzte ZivilistenVierter Koalitionskrieg 1806 07 Schleiz Saalfeld Jena und Auerstedt Lubeck Grosspolen Czarnowo Golymin Pultusk Dirschau Allenstein Preussisch Eylau Ostrolenka Stolp Danzig Kolberg Guttstadt Heilsberg Friedland Inhaltsverzeichnis 1 Festung Kolberg 2 Vorgeschichte von Oktober 1806 bis Anfang Marz 1807 3 Das Schillsche Freikorps 4 Die Belagerung der Festung von Anfang Marz bis zum Eintreffen Gneisenaus 5 Die Festung unter dem Kommando Gneisenaus 6 Bombardement und Ende des Kampfs 7 Verluste 8 Folgen 9 Mythen und Legenden 9 1 Zeitgenossisch 9 2 Bis 1945 9 3 Nach 1945 10 Quellen und Literatur 11 EinzelnachweiseFestung Kolberg BearbeitenDie Festung Kolberg an der Ostsee war bei ihrer Ubergabe an Brandenburg 1653 der einzige Uberseehafen im Kerngebiet des brandenburg preussischen Staates Auch nach den Annexionen Stettins 1720 und Danzigs 1793 mit ihren wesentlich leistungsfahigeren Hafen blieb Kolberg befestigt um Feinden bei einer Invasion Pommerns nicht als Nachschubhafen dienen zu konnen Die Hauptbefestigung bestand aus einem inneren Wall mit sechs Bastionen und einem Aussenwall um die ostlich der Persante gelegene Stadt erganzt durch mehrere Schanzen entlang eines Nebenarms der Persante im Westen Die Mundung des Flusses mit dem Ostseehafen beherrschte das Fort Munde Die 1 5 km lange Verbindung dorthin sicherten eine Redoute und eine weitere Schanze Das Gelande links des Flusses war nur gegenuber dem Fort Munde befestigt Andere Aussenwerke hatte die Festung nicht Kolberg war von einem Feld und Wiesengelande umgeben das durch ein in der Stadt angelegtes Stau und Schleusensystem im Belagerungsfall bis an den Aussenwall geflutet werden konnte Damit operierten die Verteidiger auf der inneren Linie wahrend Angriffspunkte erst tief im Hinterland durch Errichtung von Dammen verbunden werden konnten Der weithin wassrige Boden erschwerte den Belagerern das Anlegen von Laufgraben und Kommunikationswegen sowie von Trinkwasserbrunnen trockenen Unterkunften und Batterien Wegen der geringen Wassertiefe der Ostsee vor Kolberg und gefahrlicher Sandbanke konnten sich grosse Schiffe nur risikoreich der Kuste auf wirkungsvolle Schussweite nahern Dagegen war die Artillerie des Forts Munde der Bestuckung kleinerer Fahrzeuge die den Hafen anlaufen konnten uberlegen Eine Schwache der Festung war der Mangel an Kasematten zur bombensicheren Unterbringung von Mannschaften und Vorraten aller Art Bei einer Blockade von See her konnte Kolberg ausgehungert werden Seit dem Jahre 1803 stand die Festung Kolberg mit ihrer Garnison von zwei feldzugsuntauglichen Dritten Bataillonen unter dem Kommando des Obersten Lucadou Wegen vieler Beurlaubungen befanden sich im Oktober 1806 nur rund 600 bis 700 Soldaten vor Ort Die Artillerie hatte 64 brauchbare Kanonen die von 97 Veteranen bedient werden sollten Dies war nur ein Bruchteil der notigen Verteidigungskrafte Reiterei und Pioniere gehorten nicht zur Festungsbesatzung Vorgeschichte von Oktober 1806 bis Anfang Marz 1807 BearbeitenNach den Niederlagen von Preussens Armee bei Jena und Auerstedt am 14 Oktober 1806 erfolgte ein rascher militarisch politischer Zusammenbruch des Staates Napoleon marschierte mit der Grande Armee direkt nach Berlin wahrend sich die Reste der preussischen Armee auflosten und ihre noch intakten Verbande und die grossen Festungen innerhalb weniger Wochen kapitulierten Nach Napoleons Einzug in Berlin am 27 Oktober leisteten ihm preussische Minister den Treueeid Auch die grosse Festung Stettin kapitulierte am 29 Oktober kampflos und die pommersche Regierung unterstellte sich franzosischem Kommando Napoleons Armee drang weit sudlich von Kolberg in Richtung Ostpreussen vor wohin sich der preussische Konig Friedrich Wilhelm III mit den Resten seiner Truppen zuruckgezogen hatte um russische Unterstutzung abzuwarten Die Nachricht von der Niederlage erreichte Kolberg am 23 Oktober Sofort ordnete Lucadou an die Festung in Verteidigungszustand zu versetzen und rief die Beurlaubten der Garnison zuruck Als am 8 November ein franzosischer Oberst vor Kolberg erschien und die Festung zur Ubergabe aufforderte wies Lucadou ihn ab Anweisungen der pommerschen Regierung in Stettin zur Unterstutzung der franzosischen Kriegfuhrung beantwortete er mit Erlauterungen ihrer Strafbarkeit Lucadous Vorgehen und seine Anordnung dass sich jede Familie fur sechs Monate mit Lebensmitteln zu versorgen habe loste unter den 4400 Einwohnern der Stadt eine Flucht und Panikwelle aus geschurt durch Geruchte die von zahlreichen Fluchtlingen ausgingen Als am 12 November Graf Gotzen im Auftrag des Konigs die Festung inspizierte versicherte der Magistrat die Burger wurden Treue bis in den Tod uben und der Kommandant versprach er werde die Festung bis auf den letzten Mann verteidigen Fur die franzosische Strategie war der Besitz Kolbergs zunachst ohne Bedeutung Seit Ende Oktober 1806 war Kolberg Anlaufziel tausender versprengter oder ranzionierter preussischer Soldaten Den grossten Teil des Zuzugs verstarkt durch neu eingezogene Rekruten sandte Lucadou zur Armee nach Ostpreussen In der Festung behielt er die Depottruppen zweier Kurassierregimenter aus Pommern und der Altmark von denen letzteres im Dezember nach Danzig ging Neben seinen inzwischen unvollstandig aufgefullten Bataillonen stellte er neue Infanterie und Artillerieverbande auf Mit Hilfe aus Stettin geflohener Beamter wurden autorisiert vom Konig von Kolberg aus Steuern eingezogen und grosse Vorrate in die Festung geschafft Im Winter 1806 07 erstreckte sich das Stationierungsgebiet der Kolberger Truppen von der Dievenow im Westen uber Greifenberg i Pom entlang der Rega bis vor Schivelbein im Suden und hatte bei Belgard und Koslin im Osten Verbindung zu den Vortruppen von Danzig Streifzuge fuhrten zur Gefangennahme der feindlichen Besatzung von Swinemunde und erreichten Neustettin Arnswalde Stargard Stolp und das rechte Oderufer Unabhangig von der Festungsbesatzung begann von Kolberg aus der Husaren Leutnant Eugen von Hirschfeld mit seinem Freikorps Hirschfeld den Kleinen Krieg im mittleren Pommern Aus ranzionierten Kavalleristen meistens Blucher Husaren gegen Ende 1806 aufgestellt wuchs seine Starke auf 200 Mann 1 Um die Jahreswende 1806 07 fuhrte Hirschfeld es in die Neumark und weiter nach Schlesien Seine Aktionen veranlassten das franzosische Oberkommando zu grosseren Truppenverschiebungen zu Ungunsten des Hauptkriegsschauplatzes in Ostpreussen 2 Anfang Marz umfassten die Truppen der gut verproviantierten und reparierten Festung rund 3700 Mann Infanterie und Jager etwa 200 Reiter und uber 600 Artilleristen mit 106 Geschutzen Fur Wach und Ordnungsdienste standen etwa 600 bewaffnete Burger in funf Kompanien bereit Dazu kam das auswarts operierende Schillsche Freikorps mit im Februar uber 960 Infanteristen und Jagern 450 Reitern und 50 Artilleristen mit 11 leichten Geschutzen Das Schillsche Freikorps Bearbeiten nbsp Leutnant von SchillDer Dragonerleutnant Ferdinand von Schill hatte als Schwerverletzter Kolberg Anfang November erreicht und wurde bald von Lucadou ermachtigt eine kleine Reitertruppe aufzustellen Er hatte charismatische Eigenschaften Bravour und taktischen Instinkt womit er seine mangelnde strategische Begabung uberspielen konnte Schills Friedensstandorte waren Gartz und Naugard und er kannte das westliche Hinterpommern gut Zunachst beschaffte seine Truppe Waffen Vorrate Kriegsbedarf Pferde und Steuereinnahmen fur Kolberg und betrieb Aufklarung Direkte Zusammenstosse mit feindlichen Truppen die in gleicher Absicht fur die Festung Stettin das Land durchstreiften sollte Schill vermeiden um keinen Angriff auf Kolberg zu provozieren Er aber machte sich mit der Eroberung von Gulzow am 7 Dezember 1806 auf einen Schlag einen Namen in Pommern Der Konig verlieh ihm sofort den Orden Pour le Merite Lucadou gestattete Schill die Formierung einer selbstandigen Eskadron Schnell wuchs sie an und wurde zum Kern eines selbstandig operierenden Korps aus allen Waffengattungen Das Korps bestand ausschliesslich aus ranzionierten oder versprengten Soldaten der preussischen Armee Es war im Winter 1806 07 die einzige grossere im freien Feld operierende preussische Truppe westlich der Weichsel und bekam Unterstutzung aus ganz Pommern Lucadou beobachtete wie das leichte Leben im Schillschen Korps die Disziplin seiner Festungstruppen untergrub und er verlegte es nach Greifenberg Als sich Meldungen von Exzessen Schillscher Soldaten gegenuber der Zivilbevolkerung hauften und Schills Kassenfuhrung undurchschaubar wurde rief er es im Dezember nach Kolberg zuruck Die Angehorigen des Schillschen Korps hatten keine Uniform und bekamen erst im Marz 1807 gute Gewehre Ihre Besoldung und Verpflegung war immer schlecht und unregelmassig Sowohl die Mannschaften wie Offiziere neigten zur Undiszipliniertheit Ausserdem traten in Pommern inzwischen angebliche Schillsche Truppen auf die Raubereien und Entfuhrungen zwecks Losegelderpressung begingen Die Franzosen sahen die Schillschen Soldaten grundsatzlich als Banditen an und machten sie nicht zu Gefangenen Ab Januar 1807 operierte das Korps wieder von Greifenberg i Pom aus Wegen des unklaren Unterstellungsverhaltnisses Schills entstanden Konflikte mit Lucadou die dessen Autoritat schwachten und die Popularitat Schills steigerten Nach Beginn der Kampfe mit dem anruckenden Feind schob Lucadou wahrend einer Abwesenheit Schills Anfang Marz 1807 drei Viertel der Schillschen Kavallerie nach Koslin ab und stationierte die Schillsche Infanterie links der Persante Ende Marz kehrte die Reitertruppe gewaltsam in das inzwischen eingeschlossene Kolberg zuruck um funf Wochen spater nach Schwedisch Vorpommern zum neu aufgestellten Korps Blucher verschifft zu werden Schill folgte am 12 Mai 1807 und kehrte nicht wieder nach Kolberg zuruck Seine Infanterie blieb vor Kolberg Die Belagerung der Festung von Anfang Marz bis zum Eintreffen Gneisenaus BearbeitenIm Winter 1806 07 hatte sich die politisch militarische Lage verandert Preussen hatte nicht aufgegeben Sein kleines Restheer und eine inzwischen anmarschierte russische Armee hatten sich in der Schlacht bei Preussisch Eylau im Februar 1807 in Ostpreussen gegen Napoleon behauptet Die Weichsel Festungen Danzig und Graudenz waren noch in preussischer Hand Grossbritannien und Schweden hatten mit Preussen im Januar auch formal Frieden geschlossen Die Bildung einer gemeinsamen Invasionsarmee in Schwedisch Vorpommern zeichnete sich ab Kolberg gewann als einziger preussischer Stutzpunkt im neu entstehenden pommerschen Kriegsschauplatz an Bedeutung Im Januar 1807 befahl Napoleon die Einnahme Danzigs und eine neue Nachschublinie dorthin von Stettin uber Gollnow Korlin und Stolp wurde notwendig Teile der im Februar nach Danzig ziehenden Truppen sollten Kolberg unterwegs einschliessen Nach der Schlacht bei Preussisch Eylau mussten sie jedoch in Richtung Graudenz Marienwerder umgelenkt werden Zur Einschliessung Kolbergs liess Napoleon Mitte Februar eine Streitmacht unter dem Kommando General Teulies ostlich der Oder mit der Spitze in Stargard aufmarschieren Ohne zu ahnen mit wem er es zu tun hatte eroffnete Schill am 16 Februar durch einen Angriff auf Stargard die Kampfe um Kolberg Schill musste sich noch am selben Tag auf Naugard zuruckziehen wohin die franzosische Vorhut am 17 Februar nachdrangte und zunachst empfindliche Verluste erlitt Obwohl Schill inzwischen wusste dass ihm die gesamte Division Teulie folgte befahl er einem Teil seiner Truppe sich im Amtshaus Naugard zu verschanzen Dort richteten am 18 Februar die Franzosen unter den hundert Verteidigern und etwa sechzig der zum Schanzen eingesetzten Bauern und ihren Frauen und Kindern ein Blutbad an In den nachsten Tagen zog sich Schill vor der Ubermacht auf die Kolberger Truppen zuruck die hinter immer neuen Feldbefestigungen den vorsichtigen Anmarsch Teulies aufhielten Am 8 Marz 1807 hatte Teulie eine lose Einschliessung der Festung in einer 20 km langen Linie von Kolberger Deep im Westen um Altstadt Kolberg im Suden bis zum Stadtwald etwa 3 km ostlich Kolbergs erreicht Teulie verfugte zu Beginn der Belagerung uber ein franzosisches Infanterieregiment und zwei des Konigreichs Italien 280 Reiter und zwei Artilleriekompanien mit 10 Geschutzen Dazu kamen je eine Sappeur bzw Trainkompanie Seine rund 5000 Belagerer waren damit der Festungsbesatzung und den Verbanden Schills mit etwa 5500 Mann und uber 100 Kanonen zahlenmassig unterlegen Eine systematische Belagerung der Festung konnte Teulie nicht einleiten Er beschrankte sich auf Positionsgefechte wodurch der Einschliessungsring bis Anfang April auf ungefahr 10 km verkurzt wurde Lucadou hatte mehrere Stellungen ausserhalb des Uberschwemmungsgebietes aufgeben mussen darunter Altstadt Kolberg von wo aus die Stadt seit dem 14 Marz beschossen werden konnte Am 19 Marz war das Schillsche Bataillon durch den Verlust des Dorfes Sellnow gezwungen auf den Sudrand der Maikuhle eines Waldchens zwischen der Persante und der Ostsee gegenuber dem Hafen zuruckzugehen Dort legte es eine starke Feldbefestigung zum Schutz des Hafens und damit der Seeverbindung an Zur Niederlage bei Sellnow war es gekommen weil Lucadou infolge eines Streites Schill die Unterstutzung verweigert hatte Nun liess er Schill arretieren Nachdem sich bereits in der Burgerschaft Unmut gegen den Kommandanten angestaut hatte wurden auch einzelne Offiziere mit seiner Fuhrung unzufrieden Das steigerte sich als Lucadou Schill gegenuber nachgab und ihn drei Tage spater freiliess Aufseiten der Belagerer standen inzwischen abgesehen von 80 franzosischen Reitern nur noch Italiener vor Kolberg Teulie wurde von Napoleon am 25 Marz durch General Loison abgelost blieb aber vor Ort Anfang April erschien vor Kolberg mit Verstarkungen aber ohne Artillerie der Marschall Mortier um die Festung einzunehmen Es blieb bei Vorpostengefechten Zugleich war von Stralsund aus ein schwedisches Korps nach Stettin vorgeruckt und Mortier ging ihm mit seinen Verstarkungen und einem Teil der Belagerungstruppen entgegen Er schlug die Schweden und schloss am 18 April mit ihnen einen Waffenstillstand in dem sie sich verpflichteten Kolberg keine Unterstutzung zu leisten Mortiers Abmarsch hatte die Truppen Loisons auf 4215 Mann verringert Das nutzte Schill sofort aus und griff am 12 April westlich der Persante an Das Unternehmen hatte zum Aufrollen der Belagerungsarmee fuhren konnen blieb aber nur ein halber Erfolg weil es erneut zu keiner Verstandigung mit Lucadou gekommen war Loison gab die Einschliessung Kolbergs auf und zog sich bis auf ein Detachement in Treptow auf das rechte Persanteufer zuruck Dort grub er sich ein und sandte Hilferufe an seinen Vorgesetzten Die Festung unter dem Kommando Gneisenaus BearbeitenIn Kolberg erreichte indessen die Stimmung wegen des Fehlschlags den man erneut Lucadou zuschrieb und des Abbrennens einer Vorstadt auf seinen Befehl einen Tiefpunkt Von Anfang an hatte ein Teil der Burgerschaft alle Handlungen Lucadous mit Misstrauen verfolgt Ihr Kopf war der Burgerreprasentant Joachim Nettelbeck der das wegen der Uberschwemmungen hochwichtige Amt der Aufsicht uber die Feuerloschanstalten die Stadtbrunnen das Rohrenwesen und die Wasserkunst versah Lucadou war alt zeigte sich kaum in der Offentlichkeit sprach mit franzosischem Akzent und hatte einen Schlaganfall hinter sich Grunde genug ihn als Muster des uberalterten unfahigen und unwissenden preussischen Offiziertyps anzusehen auf dessen Konto der katastrophale Feldzug in Thuringen und die Serie der Festungsubergaben ging Nun diskutierten auch Beamte und Offiziere die Ablosung des in der Tat uberforderten Lucadou Auf Nettelbecks Initiative wurde beim Konig mit konspirativen Mitteln die Entsendung eines neuen Kommandanten nach Kolberg erreicht Beraten durch Ruchel wahlte er den Major Gneisenau aus der am 29 April in Kolberg eintraf Gneisenau ergriff sofort an einer strategisch wichtigen Stelle die Initiative und hatte Erfolg Zugleich begeisterte er durch seine energische Haltung seine Soldaten und Nettelbeck Diesen erkannte er als Sachverstandigen an und setzte ihn mitsamt der Nettelbeckpartei in Dingen der Erfassung und Kontrolle innerhalb der Burgerschaft ein Eine Starkung erfuhr Kolberg durch eine schwedische Fregatte mit 44 Kanonen am 28 April Sie kreuzte seither auf der Reede und griff mehrmals trotz des schwedischen Waffenstillstands mit Frankreich in die Kampfe durch Fernbeschuss ein In den Tagen der Ablosung des Kommandanten hatte Loison seit dem 23 April Verstarkungen erhalten Es kamen ein Regiment aufstandischer Polen unter Oberst Antoni Pawel Sulkowski das Regiment der Herzoge zu Sachsen mit Bataillonen aus Weimar und Gotha Altenburg und Meiningen zwei wurttembergische Regimenter und das italienische Bataillon das Mortier mitgenommen hatte Mit seinen Truppen war Loison nicht zufrieden Die Italiener versagten in den Nachtkampfen und die Deutschen aus den Rheinbundstaaten sympathisierten mit den Preussen Von den Thuringern war schon beinahe ein Drittel wahrend des Anmarschs desertiert und auch jeder funfte Wurttemberger war unterwegs davongelaufen Aber Loison verfugte um den 25 Mai uber rund 8 100 Mann nicht gerechnet die Artillerie die Pioniere und den Train und hatte die numerische Uberlegenheit Er bildete vier Brigaden von denen drei rechts der Persante standen Aber zunachst unterliess er es die Einschliessung wiederherzustellen Wie auch Gneisenau hatte Loison erkannt dass die einzige Moglichkeit an die Festung angriffsweise heranzukommen den Besitz des Binnenfeldes einer etwa 2 2 km grossen Ebene nordostlich der Stadt voraussetzte Sie wurde vom Wolfsberg beherrscht Gneisenau errichtete dort als Ruckgrat der Verteidigung eine starke Schanze mit Geschutzunterstanden Wahrenddessen war Loison damit beschaftigt einen Zugang zum Binnenfeld zu bekommen das im Suden und Osten von einem niedriger gelegenen Sumpf und Waldgebiet umgeben war und im Norden in ein Dunengelande zum Ostseestrand uberging In den folgenden Wochen trafen wahrend haufiger Vorpostengefechte und der Anlage neuer Feldbefestigungen auf beiden Seiten Verstarkungen ein Durch Ankunft zweier Infanteriebataillone mehrerer Ranzioniertentransporte aus Usedom und Wollin auf dem Seeweg und von taglich etwa 20 Ranzionierten bewahrten die Truppen in Kolberg bis Mitte Mai 1807 trotz ihrer Verluste und des Abzugs der Schillschen Reiterei eine Starke von 5 500 Mann darunter uber 200 Reiter und knapp 600 Artilleristen Loison erhielt am 13 Mai sieben schwere Geschutze Am 18 Mai kamen die Belagerer in einem von Teulie gefuhrten Grossangriff uber zwei Damme die sie inzwischen gebaut hatten auf das Binnenfeld um die Wolfsbergschanze zu erobern Sie erlitten eine schwere Niederlage Gneisenaus Konzept der beweglichen Verteidigung im Vorfeld gestutzt auf ein System von Feldschanzen und Blockhausern bewahrte sich Loison ging nun nachdem er am Rande des Binnenfeldes Fuss gefasst hatte unter standigen Tag und Nachtkampfen zur formlichen Belagerung des Wolfsbergs durch Vorantreiben von Laufgraben und Parallelen uber In diese Kampfe griffen am 26 Mai die schwedische Fregatte und bevor sie absegelte eine britische Korvette ein Sie hatte am 20 Mai zwei Transportschiffe mit 10 000 Gewehren nach Kolberg geleitet Bis Mitte Juni legte Gneisenau zwischen dem Aussenwall und dem 900 Meter entfernten Wolfsberg mehrere Verteidigungslinien und die neue Ziegelschanze an um sich mit Zeitgewinn systematisch vor seinem starkeren Gegner zuruckziehen zu konnen Ihm war klar dass dieser nach dem Fall Danzigs von dem er am 9 Juni erfuhr demnachst vermehrt uber schwere Artillerie verfugen wurde und dass seine Feldbefestigungen nur eine begrenzte Haltbarkeit haben Loison hatte auf dem Binnenfeld bereits in Redouten 20 Geschutze zum Beschuss des Wolfsbergs aufgestellt Nach der Ankunft eines Transportes von elf schweren Geschutzen aus Danzig griff er am 11 Juni erneut den Wolfsberg an Nach stundenlangem Bombardement schlug Loison seinem angeschlagenen Gegner den freien Abzug mitsamt der noch transportfahigen Geschutze vor was dieser annahm Infolge unterschiedlicher Interpretationen des Waffenstillstands kam es am Abend zu einem Beschuss der Schanze bei dem General Teulie todlich verletzt wurde Loison baute die Wolfsbergschanze um und war dabei Ferngeschutze in Stellung bringen mit denen er den Hafen und das Fort Munde beschiessen konnte als auf der Kolberger Reede drei britische Schiffe erschienen Um die Entladung von 40 Geschutzen mit Munition und 10 000 Gewehren mit drei Millionen Patronen zu ermoglichen griffen die Preussen in der Nacht zum 15 Juni den Wolfsberg an nahmen die gesamte Besatzung gefangen und brachten sie mit einer eroberten Haubitze in die Festung Nach zwei vergeblichen Gegenangriffen gelang es Loison am Folgetag die inzwischen demolierte Schanze zuruckzuerobern Die Schiffe konnten wahrend dieser Zeit ihre Ladung ungestort loschen und die Artillerie der Festung hatte den entscheidenden Zuwachs erhalten In den Folgetagen unternahm die Besatzung in alle Richtungen Ausfalle wodurch eine Einschliessung im Westen und die Angriffsvorbereitungen Loisons auf dem Klosterfeld im Suden der Festung gestort wurden Ein erneuter Versuch der Ruckeroberung des Wolfsberges am 19 Juni wo die gefurchteten Geschutze in Stellung gebracht worden waren scheiterte jedoch mit schweren Verlusten Am 29 Juni kehrte die schwedische Fregatte mit vier von Kolberg gekauften Morsern Munition und einer grossen Menge Pulver zuruck Wahrend die Festungswerke laufend verstarkt wurden und unter der Leitung Nettelbecks eine neue Uberschwemmung die mogliche Angriffsweite zum Aussenwall auf 250 Meter einengte schoben sich vom Wolfsberg aus die Belagerer immer naher an die Umwallung heran Sie hatten seit dem 19 Juni bedeutende Verstarkung erhalten Schon Ende Mai war ein hollandisches Husarenregiment eingetroffen Bis Ende des Monats kamen die dringend verlangten franzosischen Linientruppen zwei Regimenter und drei nassauische sowie zwei hollandische Bataillone Insgesamt verfugte Loison nun uber rund 14 000 Mann davon 12 300 Mann Infanterie 400 Husaren 55 bis 67 Geschutze und 275 Pioniere Er teilte seine Truppen in sechs Brigaden ein von denen funf ostlich der Persante standen Die Schliessung des Belagerungsringes im Westen gelang ihm am 26 Juni Bombardement und Ende des Kampfs BearbeitenAm 1 Juli 1807 um 3 Uhr morgens begann mit einem Beschuss aus allen Rohren der Hauptangriff an allen Fronten auf Kolberg Die gesamte Stadt wurde bombardiert geriet aber wegen der Windstille und der gut organisierten Feuerwehr unter Nettelbeck nicht in Brand In den Vormittagsstunden hatten die Angreifer auf dem linken Persanteufer einen unerwarteten Erfolg als die Infanterie des Schillschen Korps aus ihrer befestigten Stellung an der Maikuhle nach dem Verlust von nur acht Mann demoralisiert auf das rechte Persanteufer fluchtete und damit den Hafen preisgab Eine Seeverbindung war jetzt nur noch uber den Strand und die Reede moglich An der Ostfront musste sich Gneisenau auf die nachste Verteidigungslinie zuruckziehen aber an keiner Stelle erreichten die Angreifer den Aussenwall Um 10 Uhr liess Loison das Geschutzfeuer einstellen und bot durch einen Parlamentar Gneisenau die ehrenvolle Kapitulation an Anderenfalls versprach er den volligen Untergang der Stadt und kundigte Gneisenau an er musse dann mit dem Blut der Garnison zahlen Gneisenau lehnte ab und das Bombardement der Stadt ging weiter Es wurde nur kurz in der Nacht unterbrochen das Rathaus ging in Flammen auf Am Vormittag des 2 Juli konnten nicht mehr alle Brandherde geloscht werden Die Verteidiger hatten sich am Ostufer der Persante eingegraben wahrend die Franzosen sich am Westufer unter dem Dauerbeschuss des Forts Munde und der schwedischen Fregatte mit grossen Verlusten verschanzten Am Westrand des Binnenfeldes hatten sie zwei kleinere Schanzen erobert Ihre Angriffe auf die Ziegelschanze waren blutig gescheitert Am fruhen Nachmittag des 2 Juli durchschritt der preussische Offizier Heinrich von Holleben mit Genehmigung Loisons die franzosische Kampflinie Er uberbrachte Gneisenau vom Konig die Nachricht des Waffenstillstands der die Friedensverhandlungen in Tilsit eingeleitet hatte und die Beforderung zum Oberstleutnant Gneisenau liess sofort das Feuer einstellen und auf den Wallen weisse Fahnen hissen Etwa eine Stunde spater erreichte auch Loison ein franzosischer Bote mit der Nachricht vom Waffenstillstand Nun stellte Loison Beschuss und Kampf ein und die Kolberger sahen in der plotzlichen Stille weisse Fahnen auf den feindlichen Stellungen aufsteigen Der Kampf um Kolberg war zu Ende Kurz darauf trafen sich Gneisenau und Loison um Einzelheiten des Waffenstillstands zu besprechen In Kolberg waren bis zum Abend alle Brande geloscht In den nachsten Tagen hielten die Offiziere beider Seiten gemeinsame Friedensmahler im Freien ab Am 4 Juli besichtigten die Kolberger die Stellungen der Belagerer Am 5 Juli begann der Ruckzug der Franzosen in die weitere Umgebung Verluste BearbeitenDie Verluste im Kampf um Kolberg waren ungewohnlich hoch und die Zerstorungen schwer Auf preussischer Seite fielen im Kampf 428 Soldaten und in den Lazaretten starben an Wunden und Krankheiten 288 An Gefangenen verlor die Besatzung 204 Soldaten 159 wurden vermisst und 334 waren desertiert Wegen Invaliditat hatten 405 Soldaten den Abschied erhalten wahrend 1 043 wegen einer Verwundung zeitweise ausgefallen waren In der Statistik fehlen Angaben zur Schillschen Reiterei insgesamt und zur Schillschen Infanterie vor dem 19 Marz 1807 Die preussischen Gesamtzahlen durften daher bei uber 800 Toten etwa 500 Invaliden und uber 800 Gefangenen Vermissten und Deserteuren liegen Das war ein Drittel der rund 6 000 eingesetzten Soldaten Am Ende der Belagerung verfugte Gneisenau uber etwa 4 000 Soldaten Von den Kolberger Burgern waren nach zwei Angaben 69 bzw 63 tot oder verletzt Nach der einen gab es 27 Tote davon 15 Frauen und Kinder nach der anderen waren es 22 Tote darunter 8 Frauen und Kinder Mitgezahlt waren zwei Angehorige des Burgerbataillons die im Dienst aber nicht vor dem Feind verletzt wurden In einen Kampf mit dem Feind ist das Burgerbataillon nicht gekommen Ein Haus in Kolberg wurde durch Beschuss ganzlich zerstort ein weiteres durch Feuer Brand und Wasserschaden hatte beinahe jedes Haus etwa die Halfte war zeitweilig nicht bewohnbar Das Rathaus und der Stadthof waren fast vollig abgebrannt auch grosstenteils die Vorstadte Im Juli 1807 zahlte die Stadt 2 000 Obdachlose In ihrer Umgebung waren Garten Wege Felder und Walder verwustet Zu den Verlusten der franzosischen Seite liegen nur Schatzungen vor die zwischen 8 000 und 10 000 Mann schwanken Es wurden 1 632 Gefangene und mehrere hundert Deserteure gezahlt darunter aus den Rheinbundkontingenten 204 Unter den vielleicht 2 000 Toten waren sehr viele Soldaten die wegen der schlechten Lebensbedingungen in den Feldlagern rings um Kolberg starben Insgesamt waren uber 22 000 Mann zum Einsatz gekommen von denen aber mehrmals bedeutende franzosische Krafte schon nach kurzer Zeit abzogen oder erst in der Endphase erschienen Eingesetzt waren 9 200 Franzosen knapp 6 800 Italiener etwa 3 200 Deutsche uber 2 000 Hollander und 1 200 Polen Die Verluste der Belagerer erreichten somit etwa 40 Folgen BearbeitenNach dem Frieden von Tilsit war Kolberg eine der wenigen Festungen die Preussen verblieben waren Ein Regen von Auszeichnungen ergoss sich uber die am Erfolg Beteiligten Gneisenau berief der Konig in die Kommission zur Reorganisation der preussischen Armee Er und weitere 40 Offiziere erhielten den Orden Pour le Merite und wurden mit oft vordatierten Patenten befordert altere mit erhohten Bezugen verabschiedet Das Kommando der Festung ubernahm Major von Steinmetz Aus den Truppen der Garnison bildete der Konig zwei neue Regimenter Das Leib Infanterie Regiment und das Colbergsche Infanterie Regiment Die Jager und Artillerieformationen der Festungsbesatzung wurden der Garde zugeteilt und aus der Schillschen Reiterei entstand das 2 Brandenburgische Husarenregiment von Schill 3 124 Soldaten erhielten die silberne Ehrenmedaille Der Burger Nettelbeck erhielt die Ehrenmedaille in Gold Schon im Mai hatte der Konig dem Burgerbataillon eine Uniform bewilligt Der Stadt Kolberg erliess er ihren Umlageanteil an der Kriegskontribution In der Stadt selbst entstanden kurz nach dem Ende der Belagerung Zwistigkeiten zwischen der Burgerschaft und dem Militar wegen der Unterbringung der weiter angewachsenen Garnison in burgerlichen Wohnhausern Die von Gneisenau angelegten Aussenwerke verursachten Konflikte wegen der dafur in Anspruch genommenen Grundstucke Deren Besitzer verlangten die Ruckgabe und die Beseitigung der Bebauung wobei einige zur Selbsthilfe griffen Kolberg war nun wie zur Zeit des Grossen Kurfursten die einzige Seestadt des preussischen Staates vom weit abgelegenen Pillau abgesehen In den folgenden Jahren existierte uber Kolberg ein geheimer diplomatischer Verkehr mit Grossbritannien und Russland und getarnte Sendungen britischer Waffen kamen an Im Spatherbst 1811 als sich ein neuer Konflikt zwischen Russland und Frankreich zuspitzte marschierten grosse Teile der preussischen Armee unter dem Kommando Bluchers bei Kolberg auf um bei einem franzosischen Angriff auf Preussen Ruckhalt an der Seeverbindung mit moglichen Verbundeten zu finden Kolberg selbst profitierte jahrelang vom Unterlaufen der Kontinentalsperre und erholte sich trotz seiner materiellen Schaden schneller als andere Orte in Pommern Mythen und Legenden BearbeitenZeitgenossisch Bearbeiten Schon wahrend der Kampfe die der Belagerung vorausgingen erwarb sich das Schillsche Korps grossen Ruhm Die Legende zunachst in Pommern schrieb ihm unrichtigerweise spektakulare Taten zu wie die Gefangennahme des Generals Victor Nicht Gneisenau sondern Schill galt als der Retter Kolbergs Bei der Ruckkehr der preussischen Truppen nach Berlin am 10 Dezember 1808 ritt Schill als Erster an der Spitze seines Husarenregiments unter sturmischem Jubel durch das Konigstor in die Stadt ein Das vielfach publizierte Ereignis machte ihn in ganz Deutschland bekannt Im Offizierkorps der preussischen Armee wurde Schill eher belachelt aber aus moralischen Grunden lehnte Gneisenau eine offentliche Korrektur des Heldenbildes ab Nach Schills misslungenem Aufstandsversuch 1809 verblasste es und Gneisenaus entscheidender Anteil trat starker hervor Der Erfolg in Kolberg stand am Anfang seines Aufstiegs zu einem der bedeutendsten Feldherren der Befreiungskriege Gneisenau ist seither eine traditionsstiftende Gestalt in allen deutschen Heeren bis in die Gegenwart Die Metapher vom Stern in dunkler Nacht fur das unbezwungene Kolberg war schon wahrend der Belagerung ein Begriff und erst recht nach der Belagerung symbolisierte Kolberg den erfolgreichen Widerstand gegen Napoleon Kolberg war nicht die einzige Festung die sich bis zum Kriegsende hielt Der Unterschied zu den Ereignissen in Graudenz Cosel Pillau und Silberberg lag in der Beteiligung der Burgerschaft die zudem an eine Tradition aus dem Siebenjahrigen Krieg anknupfen konnte Eine der Ursachen fur die Niederlage Preussens erblickte die Offentlichkeit in der standisch bedingten Abgeschlossenheit des adeligen Offizierkorps Nach Auffassung der Reformkrafte war die Entfaltung der Widerstandskrafte der Nation in einer Standegesellschaft offenbar unmoglich und deren Uberwindung ein Gebot der Stunde Der Erfolg in Kolberg galt wegen des Beitrags der Burgerschaft als Beweis fur die Leistungsfahigkeit des angestrebten Gesellschaftsmodells In diesem Sinne erschienen seit 1807 zahlreiche Darstellungen Zuerst schrieb oder veranlasste Gneisenau zwei Zeitungsartikel die in Konigsberg am 1 und 4 Juni 1807 erschienen Dort war zum Burger Nettelbeck zu lesen Lebe deswegen noch lang deinen Zeitgenossen ein Beispiel des Mutes der Tatigkeit des Patriotismus Spiegelt euch daran ihr Deutschen Eine Veroffentlichung aus dem Jahr 1808 feierte Schill Gneisenau und Nettelbeck als Retter Kolbergs 4 Bis 1945 Bearbeiten Einen grossen Publizitatszuwachs gewann Nettelbeck durch die Veroffentlichung seiner Lebenserinnerungen in den Jahren 1820 23 Auch in diesem Werk wurde die aus der Luft gegriffene Legende verbreitet Loison hatte vom Waffenstillstand Kenntnis gehabt und ihn gegenuber Gneisenau verschwiegen um fur die bevorstehende Eroberung der Festung von Napoleon den Titel Herzog von Kolberg zu erhalten Nettelbecks eigene Verdienste und die des Burgerbataillons wurden darin stark ubertrieben und die des Kommandanten Lucadou entsprechend verfalscht Nettelbeck wurde als Patriot und Seefahrer Held einer Unzahl von patriotischen Werken In einer gross angelegten Veroffentlichung im Vormarz und wahrend der Revolution von 1848 erschien er neben Friedrich Ludwig Weidig Benjamin Franklin und Thaddaus Kosciuszko als Mann des Volks 5 Das Theaterstuck Colberg 1807 oder Heldensinn und Burgertreue von Paul Jaromar Wendt 1862 wurde erst 1868 in Stettin uraufgefuhrt Es geriet in den Schatten des Theaterstucks Colberg von Paul Heyse 1868 Dieses propagierte die unerwunschte Idee eines Volkes in Waffen weshalb es die staatlichen Buhnen Preussens wegen demokratischer Tendenzen nicht auffuhrten Im Jahr 1901 hatte sich diese Sicht geandert und es wurde Lehrstoff an preussischen Gymnasien Im Zweiten Weltkrieg entstand nach der Vorlage von Heyses Stuck der Durchhaltefilm Kolberg Angesichts der Niederlage von Stalingrad im Auftrag des Propagandaministers Joseph Goebbels unter der Regie von Veit Harlans gedreht enthielt die Geschichte der erfolgreichen Verteidigung Kolbergs propagandistische Bezuge zum aktuellen Bombenkrieg und zur Aufstellung des Volkssturms 6 Er kam erst ab Ende Januar 1945 in die Kinos was die angestrebte Propagandawirkung erheblich beeintrachtigte Nach 1945 Bearbeiten Nach 1945 ging zusammen mit Preussen auch seine Staatstradition unter Vom preussischen Staatsgebiet des Jahres 1807 mit seinen historischen Schauplatzen liegen heute uber 80 in Polen Russland und Litauen und sind seit 1945 nicht mehr von Deutschen bewohnt Die Geschichte der Belagerung Kolbergs gerat daher im heutigen Deutschland in Vergessenheit Inzwischen ist eine neue Kolberg Legende im Entstehen Sie ging von der publizistischen Verarbeitung des Kolberg Films aus Seine Aussage Kolberg hatte sich gehalten wird haufig als NS Propaganda gewertet und demzufolge abgelehnt So finden sich in der deutschen Publizistik immer haufiger Behauptungen wie anders als im Film hatten die Franzosen Kolberg besetzt 7 oder der Film verschweige dass Kolberg schliesslich doch von den Franzosen erobert wurde 8 oder der Kampf um Kolberg hatte den Kolbergern nicht den Sieg gebracht sondern die Eroberung durch die Franzosen 9 er endete mit der Niederlage Preussens 10 oder manchmal mit der Einschrankung nach dem Frieden von Tilsit 11 wobei der Waffenstillstand infolge des Friedensschlusses von Tilsit zustande gekommen war und trotzdem den Einzug der Franzosen nach sich zog so dass die ganze Verteidigung nichts gebracht hatte 12 oder die Franzosen zogen in Wirklichkeit in Kolberg ein 13 obwohl Kolberg von den Franzosen nach langerer Belagerung erobert englische Truppen zu Hilfe kamen 14 Es gebe eine historische Niederlage der Stadt Kolberg 15 deren Verteidigung von vornherein aussichtslos gewesen sei 16 Kolberg ergab sich nach dem Waffenstillstand 17 oder gab nach dem Frieden von Tilsit auf 18 Auch die hauptsachlich fur den Schulunterricht bestimmten Arbeitsmaterialien der Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung zum Film Kolberg als Beispiel fur NS Propaganda geben die unwahre Behauptung vom anschliessenden Einzug der Franzosen in Kolberg nach dem Ende der Belagerung weiter 19 Im Unterschied dazu beginnt die polnische Forschung auch in solchen Gebieten wie Pommern die zwischen dem Hohen Mittelalter und 1945 nicht zu Polen gehorten sich wissenschaftlich heimatgeschichtlichen Themen zuzuwenden und damit auch der preussischen Geschichte Kolbergs Quellen und Literatur BearbeitenKarl von Bagensky Geschichte des 9ten Infanterie Regiments genannt Colbergsches Post Kolberg 1842 Volltext ohne Gelandekarte in der Google Buchsuche Frank Bauer Kolberg 13 Marz 2 Juli 1807 Ein preussischer Mythos Kleine Reihe Geschichte der Befreiungskriege 1813 1815 H 18 Potsdam 2007 Hans Jurgen Eitner Kolberg Ein preussischer Mythos 1807 1945 Berlin 1999 ISBN 3 86124 508 6 Grosser Generalstab Kriegsgeschichtliche Abteilung II Hrsg Urkundliche Beitrage und Forschungen zur Geschichte des Preussischen Heeres Bd 4 Kolberg 1806 07 Berlin 1912 Peter Jancke Hrsg Joachim Nettelbeck Hamburg 1988 mit umfangreichem Literaturverzeichnis Hermann Klaje Joachim Nettelbeck Kolberg 1927 Hieronim Kroczynski Twierdza Kolobrzeg Festung Kolberg Warszawa 2000 mit Resumee in deutscher Sprache Friedrich Maurer Verleger Colberg im Jahr 1807 belagert und vertheidigt Nach authentischen Berichten von mehreren Augenzeugen Berlin 1808 Joachim Nettelbeck Burger zu Colberg Eine Lebensbeschreibung von ihm selbst aufgezeichnet und herausgegeben von J C L Haken Drittes Bandchen Mit einem Plan der Gegend um Kolberg Leipzig F A Brockhaus 1823 H Riemann Geschichte der Stadt Kolberg Aus den Quellen dargestellt Kolberg 1924 Eugenio De Rossi Una divisione italiana all assedio di Colberg 1807 Enrico Voghera Rom 1905 Einzelnachweise Bearbeiten Zahl bei Curt Jany Geschichte der Preussischen Armee vom 15 Jahrhundert bis 1914 Band III 1763 1807 Biblio Osnabruck 1967 ISBN 3 7648 0414 9 S 623 Zum Freikorps Hirschfeld und den Ereignissen in der Neumerk und Schlesien siehe Eduard von Hopfner Der Krieg von 1806 und 1807 Zweiter Theil Der Feldzug von 1807 Vierter Band Simon Schropp Berlin 1855 S 218 223 Das Regiment uberlebte den Zug Schills im Jahr 1809 nicht Seine Reste wurden im neuaufgestellten Ulanen Regiment Kaiser Alexander II von Russland 1 Brandenburgisches Nr 3 verwendet Siehe dazu Urkundliche Beitrage und Forschungen Literaturliste S 187 F W Roth Tagebuch von der Belagerung der Festung Colberg im Jahr 1807 Nebst einem Anhang enthaltend autentische Nachrichten von dem Konigl Preuss Major von Schill und dem Burgerreprasentanten Nettelbeck zu Colberg Mit dem Bildnisse des Majors von Schill Littfas Germanien Berlin 1808 vollstandiges Digitalisat Eduard Duller Hrsg Die Manner des Volks dargestellt von Freunden des Volks acht Bande Meidinger Frankfurt 1847 1850 darin Bd VI Autor Duller zu Nettelbeck Siehe zu diesen Zusammenhangen Stefan Schmidl Werner Telesko Die ewige Schlacht Stalingrad Rezeption als Uberwaltigung und Melodram Edition text kritik Munchen 2022 ISBN 978 3 96707 781 0 S 42 ff Kurt Fricke Spiel am Abgrund Heinrich George Eine politische Biografie Halle Saale S 244 u S 340 Fussn 158 Friedemann Beyer Gert Koshofer Michael Kruger Ufa in Farbe Technik Politik und Starkult zwischen 1936 und 1945 Collection Rolf Heyne Munchen 2010 ISBN 9783899104745 S 192 Walter Laufenberg In Kolberg Netzine de Rolf Aurich Kolberg In Michael Toteberg Hrsg Metzler Film Lexikon Zweite aktualisierte und erweiterte Auflage Metzler Stuttgart Weimar 2005 ISBN 978 3 476 02068 0 S 357359 hier S 358 Ralf Georg Reuth Goebbels Eine Biografie Munchen Zurich 2004 S 579 Chr Schalhorn Veit Hatlan Kolberg als Durchhaltefilm S 20 Erwin Leiser Deutschland erwache Propaganda im Film des Deutschen Reiches Hamburg 1978 S 115 Dies berichtet Friedemann Beyer Frauen fur Deutschland Filmidole im Dritten Reich Collection Rolf Heyne Munchen 2012 ISBN 978 3 89910 503 2 S 186 Irmbert Schenk Kritische Anmerkungen zur filmwissenschaftlichen Suggestion der Identitat von Propaganda und Wirkung PDF montage av de archiviert vom Original am 14 August 2016 abgerufen am 10 Dezember 2016 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www montage av de S 91 Martin Loiperdinger Hrsg Martyrerlegenden im NS Film Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 1991 ISBN 978 3 322 93739 1 S 38 Friedemann Bedurftig Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg Das Lexikon Piper Munchen Zurich 2002 S 271 f Jan M Piskorski Pommern im Wandel der Zeiten Szczecin 1999 S 225 eine poln dt Gemeinschaftsveroffentlichung in dt Sprache Beitrag von Gerhard Schoenberner S 122 In Friedemann Beyer Hrsg Arbeitsmaterialien zum Nationalsozialistischen Propagandafilm Kolberg Zusammenstellung und Text Dr Gerd Albrecht Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung Wiesbaden 2006 Compactdisc Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Belagerung Kolbergs 1807 amp oldid 238558936