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Hans Bohm oder Hans Behem Pauker von Niklashausen um 1458 in Helmstadt 19 Juli 1476 in Wurzburg auch als Pfeifer von Niklashausen Pfeiferhannes Pfeiferhanslein oder Henselins bekannt war Viehhirte Musikant Prediger und Initiator der Niklashauser Wallfahrt von 1476 Bericht uber den Pauker von Niklashausen in der Schedelschen Weltchronik von 1493Im Fruhjahr 1476 rief der bis dahin unbedeutende Viehhirte Hans Bohm die Menschen zur Wallfahrt nach Niklashausen auf Er versprach den Wallfahrern im Namen der Jungfrau Maria vollkommenen Ablass von ihren Sunden Ausserdem verkundete er die soziale Gleichheit der Menschen Gemeineigentum und Gottes Strafgericht uber die Eitelkeit und unersattliche Gier der Fursten und hohen Geistlichkeit Seine Predigten trafen die Seelenlage des Volkes so dass ihn begeisterte Zuhorer als Heiligen Jungling und Propheten verehrten Im kurzen Zeitraum von drei Monaten soll er mehr als 70 000 Anhanger gewonnen haben Die kirchliche und weltliche Obrigkeit verfolgte die entstehende Massenbewegung mit grosser Sorge Auf Befehl des Wurzburger Furstbischofs Rudolf II von Scherenberg wurde Hans Bohm verhaftet im Schnellverfahren als Ketzer zum Tode verurteilt und am 19 Juli 1476 in Wurzburg auf dem Scheiterhaufen verbrannt Wegen seiner Gefangennahme kam es unter der frankischen Landbevolkerung zu einem kurzzeitigen spontanen Massenprotest Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Kindheit 2 Erweckung zum Prediger 2 1 Bekehrung durch eine Marienerscheinung 2 2 Bekehrung durch einen Geistlichen 3 Zeit als Prediger 4 Gefangennahme 5 Befreiungsversuch und Emporung im Gefolge des Paukers von Niklashausen 6 Verhor Prozess und Hinrichtung 7 Wie aus dem Pauker das Pfeiferhanslein wurde 8 Geschichtlicher Kontext 9 War Hans Bohm Vorbote spaterer Entwicklungen 10 Bewertung der Quellenlage 11 Literatur 11 1 Fachliteratur 11 2 Biografien 11 3 Belletristik 12 Verfilmung 13 Weblinks 14 EinzelnachweiseHerkunft und Kindheit Bearbeiten nbsp Denkmal fur Hans Bohm in Helmstadt 2007Der Name Bohm im Spatmittelalter meist Behem Beheim oder Boheim geschrieben deutet an dass die Vorfahren des Hans Behem aus Bohmen stammten Wahrend der Hussitenkriege von 1415 bis 1435 waren viele Kriegsfluchtlinge aus Bohmen ins Frankenland gekommen Die meisten dieser Behem mussten als arme Habenichtse ihr Leben am unteren Ende der standischen Ordnung neu einrichten Hans Behem oder Bohm der aus sehr armen Verhaltnissen kam wurde um 1458 in Helmstadt in Unterfranken geboren einem kleinen Marktflecken im heutigen Landkreis Wurzburg Uber seine Herkunft und Kindheit gibt es keine gesicherten Kenntnisse Er soll als Waisenkind aufgewachsen sein und musste schon als Kind seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten Als Hutejunge erlebte er von klein auf die Rechtlosigkeit unter der sich Besitzlose im Spatmittelalter verdingten Der selbstbewusst auftretende redegewandte Junge war auch schon vor seiner Predigerzeit vielen Menschen in den Dorfern zwischen Wurzburg Wertheim und Tauberbischofsheim als Hirte und Pauker bekannt Er horte was das Volk im unteren Maintal uber Gott und die Welt redete uber die Not der einfachen Menschen die Ketzereien der Hussiten und die Todsunden der weltlichen und kirchlichen Obrigkeit Mit der Herde zog er umher lernte Menschen anzusprechen malte sich im Geiste eine gottgefalligere bessere Weltordnung aus und suchte Gewissheit uber seine Ideen zu erlangen Hans Bohm ware damit allerdings nur ein unbedeutender Zeitgenosse geblieben und heute langst vergessen Das anderte sich erst zur Fastenzeit 1476 als er in jugendlicher Schwarmerei zeitgenossische Quellen beschreiben ihn als Jungling fast noch ein Kind den Entschluss fasste in Niklashausen als Prediger aufzutreten Erweckung zum Prediger BearbeitenZwei Erklarungen fur die Predigerlaufbahn Hans Bohms sind uberliefert Beide sind aus heutiger Sicht plausibel obwohl er unter der Folter Details wahllos zugab oder widerrief Bekehrung durch eine Marienerscheinung Bearbeiten In allen Predigten sprach Hans Bohm uber seine Marienerscheinungen Den kirchlichen Anklagen zum Trotz ergibt sich dazu aus den Uberlieferungen ein schlussiges Szenario Nach der Fastnacht 1476 kehrte Hans Bohm auf die Weide zuruck schlug sein Nachtlager in einer Hohle nahe bei der Herde auf und im Traum erschien ihm die Jungfrau Maria Die Erscheinung Marias kundigte ein baldiges Strafgericht Gottes uber alle Sunder an Sie trug ihm auf vor ihrem Kirchlein in Niklashausen die Menschen zur Busse aufzurufen Ausserdem sollte er verkunden dass alle Glaubigen die in Verehrung und Demut zum Gnadenbildnis der Mutter Gottes in das Kirchlein nach Niklashausen kamen ebenso vollkommenen Ablass von ihren Sunden erhielten wie die die zum Papst nach Rom pilgerten Nach eigenen Bekundungen hatte er mehrmals Marienerscheinungen Bekehrung durch einen Geistlichen Bearbeiten Nach seiner Gefangennahme gestand Hans Bohm im Verhor dass er durch den Zuspruch eines Geistlichen zum Prediger bekehrt worden sei Unklar blieb ob es sich dabei nur um den Ortsgeistlichen handelte der mit Hilfe des redegewandten Junglings die Wallfahrt zu Marias Gnadenbild beleben wollte oder ob der unbekannte Monch eines Bettelordens der mit Hans Bohm verhaftet wurde den entscheidenden Einfluss auf ihn ausgeubt hatte Aus Erzahlungen und Gesprachen mit diesem Geistlichen wusste Hans Bohm von einem Heiligen Vater des Barfusserordens der in fruheren Jahren durch das Frankenland gereist war Dieser habe mit Predigten so uberzeugend gewirkt dass viele Zuhorer freiwillig weltlichen Zerstreuungen und Besitztumern entsagten und sich einem gottgefalligeren Leben zuwendeten Dem Vorbild dieses Heiligen Vaters wollte Hans Bohm mit Unterstutzung seines geistlichen Fursprechers und mit der grossen Uberzeugungskraft seiner eigenen Sozialutopie folgen Zeit als Prediger Bearbeiten nbsp Hans Bohm als Prediger vor Wallfahrern mit Votivkerzen Illustration aus der Echter Chronik 1 Halfte 16 Jh In der Fastenzeit 1476 reifte in Hans Bohm der Entschluss seinen Ideen und Eingebungen zu folgen Er wollte den Menschen mit seiner Marienverehrung eine bessere Welt verkunden Irgendwann zwischen dem vierten Fasten Sonntag Laetare dem 21 Marz und dem Tag der Kreuzauffindung dem 3 Mai die Uberlieferungen lauten unterschiedlich trat Hans Bohm vor das Kirchlein in Niklashausen verbrannte vor der erstaunten Gemeinde seine Pauke und hielt seine erste fesselnde Predigt Die Aufforderung zur Marienwallfahrt nach Niklashausen und seine Botschaft von einer neuen Weltordnung breiteten sich wie ein Lauffeuer aus Schon nach Wochenfrist kamen viele Wallfahrer aus der naheren Umgebung nach Niklashausen um die Jungfrau Maria um Gnade zu bitten und die Botschaft des jungen Predigers zu horen Dieser verkundete jeder solle sich zuerst von eigenen Sunden verabschieden damit eine bessere Welt entstehe Als sichtbares Zeichen der Suhne forderte er Schmuck seidene Schnure Brusttucher spitzige Schuhe und sonstigen Tand als Opfergaben Ein grosser Teil der Opfergaben wie Kleidungsstucke Zopfe Haarnetze Musikinstrumente Spielzeug etc gingen den Weg seiner Pauke Sie wurden offentlich auf den Scheiterhaufen geworfen und verbrannt Nach diesen symbolischen Suhnebeweisen predigte er den Wallfahrern mit folgenden Leitgedanken ein neues Reich Gottes auf Erden Der Habgier des Adels und der hohen Geistlichkeit drohe der baldige Untergang durch ein furchtbares Strafgericht Gottes Jeder solle seinen Lebensunterhalt mit eigner Hande Arbeit verdienen und bruderlich mit den Bedurftigen teilen Standesunterschiede Abgaben und Frondienste seien abzuschaffen Der private und hoheitliche Besitz an Feldern Wiesen Weiden Waldern und Gewassern seien in die Allmende zu uberfuhren Diese kommunistisch 1 anmutenden Visionen begeisterten das Volk und lockten immer mehr Wallfahrer an Anfangs predigte Hans Bohm nur an Sonn und Feiertagen und stieg dazu auf ein Fass oder einen umgesturzten Zuber Ende Mai 1476 benachrichtigte Graf Johann III von Wertheim den Mainzer Erzbischof Diether von Isenburg dass zunehmende Menschenmassen nach Niklashausen pilgerten weil dort ein Jungling eine Marienerscheinung gehabt habe und als Prediger grosse Anziehungskraft ausube Der Erzbischof teilte offenbar die Besorgnis des Wertheimer Grafen und beauftragte den Wurzburger Furstbischof sich dringend um die Niklashauser Wallfahrt zu kummern Wurzburg lag naher am Wallfahrtsort und der junge Prediger aus Helmstadt war Wurzburger Untertan Gegen Wallfahrten zum Kirchlein nach Niklashausen hatten die Bischofe eigentlich nichts einzuwenden Das Kirchlein war seit 1344 der Jungfrau Maria geweiht und seit 1353 gab es dafur einen vom papstlichen Klerus in Avignon ausgestellten Ablassbrief Dieser Ablassbrief den der Mainzer Erzbischof Gerlach von Nassau am 12 April 1360 bestatigt hatte sicherte jedem Menschen 40 Tage Ablass von allen Sunden zu wenn er nach Niklashausen zum Gnadenbild Marias pilgerte Allerdings war der bescheidene Rahmen der Niklashauser Wallfahrt durch Hans Bohm innerhalb weniger Wochen vollig aus den Fugen geraten Nach Uberlieferungen des Wurzburger Geschichtsschreibers Lorenz Fries war bei Niklashausen im Juni 1476 ein riesiges Feldlager entstanden Es soll um die 40 000 Menschen beherbergt haben wobei die tagtaglichen Zu und Abgange nicht berucksichtigt sind Die Stadt Wurzburg hatte damals zum Vergleich etwa 5 000 Einwohner Die Wallfahrer uberwiegend Manner Frauen und Kinder aus der bauerlichen Bevolkerung kamen nicht nur aus dem unteren Maintal sondern zunehmend aus ganz Franken aus Bayern Thuringen und Schwaben aus dem Rheinland und sogar aus dem Elsass Wegen der vielen Leute musste Hans Bohm im Juni mehrmals in der Woche den Scheiterhaufen entzunden und dazu predigen Um die versammelte Menschenmenge uberblicken zu konnen hielt er seine Predigten jetzt meist aus Dachfenstern heraus Wahrend sich im Juni 1476 Opfergaben im Kirchlein zu Niklashausen aufhauften mussten die Bischofe in Mainz und Wurzburg mit Besturzung zur Kenntnis nehmen dass sich in ihrem Hoheitsbereich eine permanente Wallfahrt mit Massenwirkung etablierte uber die sie nichts wussten Der Wurzburger bischofliche Rat Kilian von Bibra und der Domprediger Sigismund Meisterlin begaben sich daher zu einer Vernehmung des Predigers nach Niklashausen der sich dadurch nicht beeindrucken liess Kilian von Bibra entsandte danach Mitte Juni ein paar routinierte bibelfeste Glaubensbruder nach Niklashausen die den jungen Prediger vor der Menge als Scharlatan entlarven sollten In mehreren Rededuellen stellte Hans Bohm jedoch sein rhetorisches Konnen unter Beweis Der Aufrichtigkeit und geschickten Argumentation des jungen Predigers dem ein Monch in theologischen Fragen Beistand leistete war keiner der gesandten Geistlichen gewachsen Unter Hohn und Spott des Publikums flohen sie zur Berichterstattung in Richtung Wurzburg Nach den in Wurzburg eingehenden Berichten uber die Niklashauser Wallfahrt suchten Bischof Rudolf II von Scherenberg und seine Rate Unterstutzung bei den benachbarten Stadten und Landesherren Obwohl die Niklashauser Wallfahrt augenscheinlich friedlich ablief wurde in den Hilfeersuchen das Schreckgespenst eines bauerlichen Aufruhrs heraufbeschworen Zur Mobilisierung der bayerischen und schwabischen Landesherren liess der Wurzburger Domherr Georg von Giech sogar das Gerucht verbreiten kriegfuhrende eidgenossische Bauern zogen aus der Schweiz nach Franken um sich mit den Niklashauser Wallfahrern zu verbunden Diese und andere Falschmeldungen uberzeugten die anfangs zogernden Stadtrate und Landesherren von der vermeintlichen Gefahr die sich in Niklashausen zusammenbraute Den Burgern und Landeskindern wurde die Teilnahme an der Niklashauser Wallfahrt untersagt Ungeachtet dessen kam der Wallfahrerstrom nicht zum Erliegen Gefangennahme Bearbeiten nbsp Furstbischof Rudolf II von Scherenberg im Amt von 1466 bis 1495 Epitaph von Tilman Riemenschneider nbsp Altes Schloss auf Festung Marienberg Bei einer Zusammenkunft in Aschaffenburg Ende Juni 1476 fassten die Mainzer und Wurzburger bischoflichen Rate gemeinsam den Beschluss die Niklashauser Wallfahrt von Seiten der Kirche zu verbieten und Hans Bohm sowie den ihn beratenden namentlich nicht bekannten Monch in Haft zu nehmen Gleichzeitig entschieden sie Spitzel und Provokateure nach Niklashausen zu entsenden die Grunde zur Rechtfertigung dieser Massnahmen erheben sollten Schon wenige Tage spater wurden wunschgemass mehrere Grunde zu Bohms Gefangennahme vorgebracht Es wurde berichtet Bohm fuhre ketzerische und aufruhrerische Reden und bediene sich betrugerischer Wunder Die Leitsatze seiner Predigt vom 2 Juli wurden in insgesamt 19 Punkten hier auszugsweise mit folgendem Wortsinn uberliefert Wie ihm die Jungfrau Maria erschienen sei ihm den Zorn Gottes wider das Menschengeschlecht und sonderlich wider die Geistlichen offenbart hat Dass Gott die Sunder dadurch habe strafen wollen dass Korn und Wein auf den Kreuzestag erfrieren sollten er das aber durch seine Gebete abwendete Wie so grosse vollkommene Gnad im Taubertal mehr als zu Rom oder anderswo Dass er nichts vom Fegefeuer halte und ware eine Seele in der Holle so wollt er sie eigenhandig herausfuhren Er wolle zuerst die Juden dann die Geistlichen und die Schreibkundigen Gelehrten bessern Wie der Kaiser ein Bosewicht sei und auch mit dem Papst sei es nichts Der Kaiser gebe einem Fursten Grafen Ritter und Knecht kirchlichen und weltlichen Zoll und Steuern uber das gemeine Volk ach weh ihr armen Teufel Die Geistlichen haben viel Pfrunden das soll nicht sein sie gehoren geprugelt erschlagen Es werde dazu kommen dass der Priester die Tonsur mit der Hand bedeckt damit er nicht als solcher erkannt werde Wie die Fische im Wasser und das Wild auf dem Feld gemeinschaftliches Eigentum sein sollen Wenn die Fursten geistliche und weltliche auch Grafen und Ritter soviel hatten wie der gemeine Mann so hatten alle gleich genug das dann geschehen muss Es kommt dazu dass die Fursten und Herrn noch um einen Taglohn arbeiten mussen Die Priester sagen ich sei ein Ketzer und wollen mich verbrennen Wussten sie was ein Ketzer ist wurden sie erkennen dass sie selbst Ketzer sind und ich keiner Verbrennen sie mich aber als Ketzer werden sie bemerken dass sie grosse Schuld auf sich laden die auf sie zuruckfallen wird Er sagt vor Gott gibt es keinen Bann und die Priester scheiden die Ehe was nur Gott und sonst niemand vermag Obwohl mit den Spitzelberichten vom 2 Juli ausreichende Grunde vorlagen vergingen noch 11 Tage bis zur Verhaftung In der Nacht zum 13 Juli kamen von den meisten Wallfahrern unbemerkt 34 bischofliche Reiter nach Niklashausen und nahmen wie verabredet die beiden Delinquenten heimlich gefangen Die Verhaftung des arglosen Predigers und des Monchs die im Schlaf uberrascht wurden verlief mit Spitzelhilfe reibungslos Ohne Larm und Aufsehen konnten die Hascher mit der gefesselten und geknebelten Beute abziehen Es gab keine Wachposten und keine bewaffneten Wallfahrer nur wenige Augenzeugen die aber nicht eingriffen Da Helmstadt zum Wurzburger Herrschaftsgebiet gehorte wurde Hans Bohm noch in der gleichen Nacht nach Wurzburg entfuhrt und im Wurzburger Schloss auf dem Frauenberg eingekerkert Der Niklashauser Monch unterstand der Gerichtsbarkeit des Mainzer Erzbischofs und wurde deshalb nach Aschaffenburg gebracht Nach Aufzeichnungen die erst im August 1476 niedergeschrieben wurden soll Bohm in einer Predigt am 7 Juli die Manner aufgefordert haben am Sonntag dem 14 Juli mit Waffen aber ohne Frauen und Kinder wiederzukommen Mit dieser Nachricht habe dann Kilian von Bibra den Furstbischof davon uberzeugt Bohm schnellstens verhaften zu lassen Da nach allen schriftlichen Uberlieferungen ein solcher Anklagepunkt wahrend des Prozesses nie gegen Bohm erhoben wurde gehen Historiker heute davon aus dass es sich hier um einen nachgeschobenen Verurteilungsgrund im Rahmen einer gezielten Desinformationspolitik des Wurzburger Bischofs handelt Moglicherweise sollte damit dem Verbot der Niklashauser Wallfahrt die im August 1476 immer noch fortdauerte und dadurch die Erinnerung an den Heiligen Jungling und Propheten im Volk wachhielt grosserer Nachdruck verliehen werden Befreiungsversuch und Emporung im Gefolge des Paukers von Niklashausen BearbeitenAls die Wallfahrer am Morgen des 13 Juli von der Verhaftung ihres Heiligen Junglings und Propheten erfuhren herrschte grosse Verwirrung Da zunachst niemand wusste wohin Bohm entfuhrt worden war und was nun geschehen sollte machten sich viele Wallfahrer auf den Heimweg Im Feldlager der Wallfahrer gab es keinerlei Anzeichen fur einen drohenden bewaffneten Aufstand den Bohm angeblich fur den 14 Juli vorhatte Im Laufe des Tages verbreitete sich die Nachricht Hans Bohm werde im Wurzburger Schloss gefangen gehalten Bis zum Abend sammelten sich 16 000 Wallfahrer und marschierten christliche Lieder singend nach Wurzburg Durch die Nacht trugen sie weithin sichtbar 400 grosse brennende Votivkerzen die sie dem Gnadenbild Marias stiften wollten Am fruhen Morgen des 14 Juli trafen die Wallfahrer vor dem Wurzburger Schloss ein darunter zahlreiche Frauen und Kinder Des Furstbischofs Hofmarschall Jorg von Gebsattel genannt Rack war ihnen in Begleitung bewaffneter Knechte entgegengeritten und versperrte den Ankommenden den Weg uber den Main und in die Stadt Wurzburg Er sorgte dafur dass die uberraschten und neugierigen Wurzburger Burger unter denen auch Anhanger des Heiligen Junglings vermutet wurden in der Stadt blieben und das Geschehen nur aus der Ferne beobachten konnten Beim Zusammentreffen mit den Wallfahrern erkundigte sich Jorg von Gebsattel nach dem Grund und dem Fortgang der ausufernden Prozession und nahm Verhandlungen mit einigen gebildeten und streitbaren Wortfuhrern der Wallfahrer auf Fur die Wallfahrer sprachen die Adeligen Kunz von Thunfeld 2 dessen Sohn Michael zwei Herren von Stetten und ein Herr von Vestenberg 3 Diese forderten vom Hofmarschall unter Drohungen die Herausgabe des Heiligen Junglings Mit der Botschaft dass die Wallfahrer mit Gesangen und Furbitten ausharren wollten bis der Heilige Jungling und Prophet wieder unter ihnen sei zog sich Jorg von Gebsattel ins Schloss zuruck Im Schloss auf der heutigen Festung Marienberg hatte niemand mit einem solchen Massenprotest gerechnet Aber die Wallfahrer waren in der Mehrzahl standesgemass unbewaffnete Bauern die militarisch keine ernste Bedrohung darstellten Da sich die Massenversammlung insgesamt friedfertig zeigte begab sich Konrad von Hutten als Abgeordneter des Furstbischofs zu den Wallfahrern Er erklarte dass sich Hans Bohm als Untertan des Furstbischofs im Schloss aufhalte und wie die meisten der Wallfahrer auch seinem kirchlichen und weltlichen Fursten Gehorsam schulde Rudolf von Scherenberg wolle die Botschaft des jungen Predigers horen und habe ihn deshalb zu sich bringen lassen Die Tore hielte man vorsorglich geschlossen da ein grosses Gedrange zu befurchten sei wenn die vielen Menschen ins Schloss wollten und die Walle seien bewehrt um Unbesonnene am Eindringen zu hindern Aus diesem Grund bliebe ihnen auch der Weg uber den Main hinter die Mauern der Stadt verwehrt Konrad von Hutten forderte die Wallfahrer beschwichtigend auf sich nicht ungebuhrlich gegen die weltliche und geistliche Obrigkeit zu emporen und nach Hause zuruckzukehren Nach seinen beruhigenden Worten entspannte sich die Lage unterhalb des Schlosses zusehends Ohne Argwohn loste sich die Menge in kleinere Gruppen auf und zog ab Nachdem Konrad von Hutten wieder ins Schloss zuruckgekehrt war nahm das Geschehen jedoch fur die Wallfahrer uberraschend eine gewalttatige blutige Wendung Von den Wallen des Schlosses feuerte man mit Kanonen auf die abziehenden Menschen die in Panik fluchteten Der Abt Johannes Trithemius schrieb 1514 dass durch die Kanonade einige Wallfahrer ums Leben kamen und viele verwundet wurden Nach der Kanonade nahmen bischofliche Reiter die Verfolgung auf um aufsassige moglicherweise auch gewaltbereite Wortfuhrer zu fassen Als sich die Verfolgten den Festnahmen widersetzten sollen die Reiter insgesamt zwolf Manner erstochen und viele verwundet haben Die Verfolgungsjagd endete aber wahrscheinlich mit mehr als zwolf Todesopfern So gibt es Uberlieferungen wonach Wurzburger Reiter eine grossere Anzahl Manner Frauen und Kinder die ca 5 km westlich von Wurzburg im Buttelbrunner Kirchhof Schutz gesucht hatten auf der Flucht erschlugen Uber die Zahl der Gefangenen gibt es unterschiedliche Angaben Von 100 bis zu 300 Mannern ist die Rede Bis auf zwei Bauern die der Anfuhrerschaft verdachtig waren liess man die meisten Gefangenen schon nach wenigen Tagen wieder frei Nach dem Schrecken den die Kanonade der Reiterangriff und die weitraumige Verfolgung bei den unorganisiert fliehenden Wallfahrern hinterliess erubrigte sich jede weitere Befurchtung dass von Niklashausen jemals ein bewaffneter Bauernaufstand ausgehen konnte Kunz von Thunfeld und die anderen Wortfuhrer der Wallfahrer hielten sich danach langere Zeit versteckt Es herrschte wieder Ruhe im Land Der Ritter Kunz von Thunfeld und sein Sohn Michael mussten dem Bischof Urfehde schworen dass sie sich fur die erlittene Schmach der Gefangenschaft nicht rachen wollten und ihre Besitzungen dem Wurzburger Hochstift ubertrugen 4 Verhor Prozess und Hinrichtung BearbeitenAls die Hascher Hans Bohm am Morgen des 13 Juli im Wurzburger Schloss ablieferten war ihm auf Grund der vorbereiteten Anklage das Todesurteil sicher In seinen Predigten hatte er sich stets auf das Wunder der Marienerscheinung berufen Dies wurde ihm nicht nur als Luge sondern als Ketzerei ausgelegt die mit dem Feuertod zu bestrafen war Die ubrigen Leitsatze seiner Predigt vom 2 Juli die als Spitzelbericht vorlagen wurden nicht als christlich motivierte Kritik sozialer Missstande gesehen sondern als Aufruf zum gewalttatigen Sturz der Machtigen und Reichen Darauf stand die Todesstrafe durch Enthaupten oder Hangen Trotz dieser eindeutigen Rechtslage gingen die bischoflichen Beamten zunachst von einer langeren Verhor und Prozessdauer aus galt es doch eine grossere Verschworung gegen die Kirche und gottgewollte Obrigkeit aufzudecken Viele Fragen mussten noch beantwortet werden z B War Bohm Mitglied einer abtrunnigen Glaubensgemeinschaft predigte er fur die Waldenser oder Hussiten wer waren seine Ideengeber Gab es klerikale Hintermanner die mit ihm ausgerechnet die Niklashauser Wallfahrt zur Missionierung der offensichtlich zahlreichen Anhangerschaft auswahlten wer half diese permanente Massenveranstaltung zu organisieren Welche Menschen oder gar Gemeinden hatten sich seiner Glaubensrichtung verschworen was fur Verpflichtungen waren sie dazu eingegangen gab es Plane zu bewaffnetem Aufruhr Was hatten seine Hintermanner und er mit dem sich in Niklashausen aufhaufenden Opferschatz vor Man erwartete dass Antworten auf diese Fragen zu weiteren Verhaftungen Gegenuberstellungen und zusatzlichen Schuldigen fuhren mussten Bei der ersten Befragung trafen die Beamten jedoch nicht wie nach Berichtslage erwartet auf einen mit allen Wassern gewaschenen Haretiker Vielmehr sahen sie einen verschreckten jungen Mann der nicht zu wissen schien dass er schwere Schuld auf sich geladen hatte Dieses Bild anderte sich auch wahrend der folgenden Verhore nicht Hans Bohm erwies sich als Analphabet der nur wenige lateinische Worte verstand und weder das Vaterunser noch das Glaubensbekenntnis aufsagen konnte Wahrend mehrerer peinlicher Befragungen sagte er sinngemass folgendes aus Er sei als Waisenkind in der Gemeinde aufgewachsen habe von Kind an viele Menschen kennen gelernt uber die er aber nichts Boses zu berichten wisse Bevor er in Niklashausen zu predigen begann sei er in mehreren Dorfern als Viehhirte zu Diensten gewesen und habe auch ofters die Pauke geschlagen Er habe stets seine Sunden gebeichtet und sei sich keiner offenen Schuld bewusst Er glaube an die heilige Dreifaltigkeit und an die Jungfrau Maria die ihm auf der Weide erschienen sei Sie habe ihm aufgetragen zu ihrem Gnadenbild nach Niklashausen zu kommen und zu den Menschen zu sprechen Was er uber Gott und die Welt predige trage er schon lange in sich Schon fruher als Viehhirte habe er diese Ideen in Worte gefasst und einem Geistlichen anvertraut Dieser versicherte ihm in Gesprachen dass dies christliche Gedanken seien uber die er ruhigen Gewissens in aller Offentlichkeit reden solle Der Geistliche erzahlte ihm dass ihn diese Worte an einen Heiligen Vater des Barfusserordens erinnerten Dieser habe so uberzeugend gepredigt dass die Zuhorer freiwillig weltlichen Besitztumern entsagten und begannen ein gottgefalligeres Leben zu fuhren Der Geistliche habe ihm ausserdem geistlichen Beistand versprochen wenn er nach dem Vorbild dieses heiligen Predigers zu den Menschen sprechen wolle nbsp Bussprediger Johannes Capistranus 1470 80 Wenige Tage nach der Verhaftung liefen bei den Untersuchungsbeamten in Wurzburg auch Nachrichten uber die Aussagen des verhafteten Monchs aus Aschaffenburg ein und es wurde klar dass es sich bei dem Heiligen Vater des Barfusserordens um Johannes Capistranus handeln musste Dieser war 1451 von Papst Nikolaus V via Franken nach Bohmen und Schlesien entsandt worden wo er die Anhanger von Jan Hus zum katholischen Glauben bekehren sollte Zu den bewegenden Predigten des heiligen Capistranus waren vormals viele Menschen aus Schlesien Polen Sachsen Pommern und sogar Danemark Kurland und Livland nach Breslau gestromt Capistranus hatte wie der angeklagte Hans Bohm Bauern Burger und Adlige dazu uberredet als Busse Spiele Bucher und Luxusgegenstande offentlich auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen und reichlich Opfergaben zu spenden Rudolf von Scherenberg von dem bekannt ist dass er ein uberaus umsichtiger und besonnener Regent war erkannte das Dilemma Er veranlasste den sofortigen Abbruch der Untersuchungen und ein rasches Ende des Prozesses Dadurch dass sich Hans Bohm ohne es selbst zu wissen auf Capistranus berief diesen hervorragenden Vertreter der katholischen Kirche waren weitere Nachforschungen zur Aufdeckung einer grosseren Verschworung sinnlos geworden Im kirchlichen Interesse verzichtete der Furstbischof auf weitere Erkenntnisse was spater der Wurzburger Geschichtsschreiber Fries und viele andere Historiker bedauerten Nach der friedlichen Prozession der Wallfahrer vor das Wurzburger Schloss am 14 Juli und der Einvernahme der danach eingefangenen Manner erubrigten sich weitere Fragen an Hans Bohm nach einer tiefergehenden Verschworung oder einem drohenden Bauernaufstand Bohm war nur ein aussergewohnlich charismatischer Laienprediger der seine Wirkung auf die Menschen wohl sah damit aber noch keine konkreten Ziele verfolgt hatte Der gewaltige Massenauflauf in Niklashausen war tatsachlich nur eine Wallfahrt Diese einfachen Wahrheiten waren jedoch nach dem Aufsehen das der Mainzer und Wurzburger Klerus bei den umliegenden Landesherren erregt hatte nicht mehr vermittelbar es sei denn man gab sich allgemeiner Lacherlichkeit preis nbsp Hans Bohm auf dem Scheiterhaufen Illustration aus der Echter Chronik 1 Halfte 16 Jh Deshalb musste schnellstens das Urteil uber den Pauker von Niklashausen gesprochen und vollstreckt werden Schon am vierten Tag der Verhaftung Bohms wurde die Richtstatte vorbereitet Gleichzeitig erhielten die Wurzburger Burger die Bekanntmachung dass die Niklashauser Wallfahrt und der Massenauflauf den sie vor drei Tagen vor der Stadt erlebt hatten Teufelswerk seien Des Teufels Diener sei als Hauptschuldiger erkannt und gefasst Ihn erwarte in drei Tagen die gerechte Strafe Am Freitag dem 19 Juli wurde das Urteil uber Hans Bohm gesprochen Er habe mit Teufels Hilfe Marienerscheinungen vorgetauscht und die ehrbaren Wallfahrer in Niklashausen durch seine Predigten verhext Deshalb sei er unwiderruflich der Ketzerei schuldig und offentlich auf dem Scheiterhaufen hinzurichten Zusammen mit zwei Bauern die am 14 Juli willkurlich aus einer Schar fluchtender Wallfahrer ergriffen worden waren wurde er zur Richtstatte auf dem linksmainischen Wurzburger Schottenanger gefuhrt Einer der Bauern war schuldig gesprochen worden im Wallfahrerlager Aufruhr geschurt und dazu ein Schwert geschwungen zu haben der andere ein Einsiedler soll Wundermaren uber den Heiligen Jungling erfunden und verbreitet haben Um dem Pauker von Niklashausen das Ausmass seiner Schuld vor Augen zu fuhren zwangen Richtknechte die beiden Bauern vor ihm auf die Knie und er musste bei ihrer Enthauptung zusehen Der fassungslose junge Mann wurde danach auf den Scheiterhaufen gefuhrt Wahrend die Flammen hochloderten soll er mit heller Knabenstimme Marienlieder gesungen haben bis Schmerz Feuer und Rauch seine Stimme brachen und erstickten Um den Ketzer vollstandig von der Erde zu tilgen wurde die Asche unter strenger Aufsicht in den Main gestreut Schottenanger Denkmal fur Hans Bohm nbsp Wurzburg Schottenanger Denkmal von 2001 fur Hans Bohm an der Stelle seiner Hinrichtung gestaltet von Heinrich Schreiber 1935 Kronach gestiftet von Klaus Zeitler ehemals Oberburgermeister der Stadt Wurzburg als aufsteigende Flamme mit umgebendem Bronzerelief nbsp Wurzburg Schottenanger Denkmal fur Hans Bohm Detail des Bronzefrieses nbsp Wurzburg Schottenanger Denkmal fur Hans Bohm Detail des Bronzefrieses nbsp Wurzburg Schottenanger Denkmal fur Hans Bohm Detail des Bronzefrieses nbsp Wurzburg Schottenanger Denkmal fur Hans Bohm Detail des Bronzefrieses Wie aus dem Pauker das Pfeiferhanslein wurde Bearbeiten nbsp Albrecht Durer Der Sackpfeifer 1514 nbsp Titelseite des LieddrucksSofort nach Bohms Hinrichtung wurden vom Wurzburger Furstbischof regelrechte Desinformationskampagnen eingeleitet Sie hatten zum Ziel den Ruf des aufrichtigen Predigers Heiligen Junglings und Propheten als der er im Volk bekannt war dauerhaft zu diskreditieren Dazu wurde eine moritatenhafte Ballade Titel Die nicklas hausser fart in Auftrag gegeben und im August 1476 unters Volk gebracht Da der Nurnberger Stadtrat sich in Wurzburg nach dem Verbleib des verhafteten Monchs erkundigt hatte packte man in die Ballade auch noch einen Vers der den Monch als ratselhaftes Teufelsgeschopf darstellte das nach seiner Entdeckung spurlos verschwand Der Mainzer Erzbischof und der Wertheimer Graf teilten sich den in Niklashausen aufgehauften Opferschatz der so wertvoll war dass damit ein Bruckenbauwerk und Baumassnahmen in der Mainzer bischoflichen Residenz finanziert wurden Als grosseres Problem erwies sich die Niklashauser Wallfahrt Nach Bohms Hinrichtung hatte sich das Feldlager der Wallfahrer zwar aufgelost aber ungeachtet aller Verbote pilgerten immer noch viele Menschen zum Gnadenbild Marias Niklashausen gehorte nicht zum Wurzburger Hoheitsgebiet so dass Rudolf von Scherenberg nicht wusste wie er dagegen vorgehen sollte Zu seiner Schande drohte das Niklashauser Kirchlein eine Martyrer Gedenkstatte zu werden Ein frankischer Martyrer die Symbolkraft des Hirten verklarende Legenden jener die den Heiligen Jungling hatten predigen horen durch den Wurzburger Furstbischof gemartert und gerichtet Welch schrecklicher Albtraum Um authentische Erinnerungen an Hans Bohm schnellstmoglich auszuloschen wurde die Verbreitung seiner Botschaft und das Singen seiner Lieder mit Unterstutzung der suddeutschen Landesherren und Stadtrate verfolgt und strengstens bestraft Auf Wurzburger Drangen griff der Mainzer Erzbischof im Sommer 1477 schliesslich zur letzten Moglichkeit und liess das Niklashauser Kirchlein abreissen Wertvolles Inventar und weitere Opfergaben wurden nach Mainz gebracht und der Dombauhutte des Mainzer Doms ubereignet Wallfahrern die nach Niklashausen pilgern wollten wurden die schrecklichsten Strafen angedroht wenn sie im Mainzer Hoheitsbereich aufgegriffen wurden Damit nicht genug wurde im Wurzburger Hochstift der ehemalige Viehhirte der gelegentlich auch mal auf die Pauke gehauen hatte als leichtlebiger Musiker Sackpfeifenspieler und Narr dargestellt Auf einem Wurzburger Druck von 1490 wird seine Figur nicht nur mit einer Pauke sondern auch noch mit einer Flote dargestellt Die Macht der veroffentlichten Meinung setzte sich nach und nach durch 1494 veroffentlichte Sebastian Brant das Narrenschiff in dem auch Hans Bohm Behem seinen Narrenplatz fand als Sackpfeifer von Niklashausen Die Gefahr einer Auferstehung des Viehhirten und ketzerischen Narren Bohm als Martyrer war abgewendet Bohm war kein Gelehrter und Politiker wie der Zeitgenosse Girolamo Savonarola mit dem er wegen der Massenwirkung oft verglichen wird der im Unterschied zu ihm aber Martyrerstatus erlangte Bohm war auch keiner der damals haufig anzutreffenden Bussprediger Wahrend diese den Menschen Bussen auferlegten damit sie nach ihrem Tod an den Wonnen des Himmels teilhatten verkundete Bohm dem Volk ein neues Reich Gottes auf Erden Bohms revolutionare soziale Visionen die nur auszugsweise in schriftlichen Denunziationen uberliefert wurden gingen rasch unter 50 Jahre nach seiner Hinrichtung berief sich im Bauernkrieg kein Bauernfuhrer auf einen Artikel der noch etwas mit dem Narren Bohm zu tun gehabt hatte Ausgegraben wurden die verschutteten Erinnerungen an Hans Bohm der vom Viehhirten und Pauker zum Schweinetreiber und Pfeiferhanslein mutiert war erst wieder im 19 Jahrhundert Die vielen offenen Fragen und Ratsel um den Pauker von Niklashausen die auf Grund des Erfolgs der durch Rudolf von Scherenberg betriebenen Desinformationspolitik immer wieder neue Spekulationen herausfordern haben ihn zur lohnenden Projektionsfigur werden lassen zu einem die Fantasie anregenden Gegenstand der Geschichte Literatur und Filmkunst Geschichtlicher Kontext Bearbeiten nbsp Grafik von Rudolf SchiestlDas Auftreten von Hans Bohm fiel in eine Zeit in der Reformen im geistlichen und weltlichen Bereich uberfallig waren Kaiser Friedrich III hatte nicht die Position sich gegenuber den Fursten zu behaupten und tiefgreifende Reformen durchzusetzen In den vorangehenden Jahrzehnten war im Hochstift Wurzburg mit Johann II von Brunn Sigismund von Sachsen und Johann III von Grumbach die Glaubwurdigkeit der Wurzburger Bischofe an einem Tiefpunkt angelangt Die Vermischung von weltlicher Macht und teils vernachlassigten geistlichen Aufgaben hatte Not und Skepsis bis hin zu Feindseligkeit in der Bevolkerung zur Folge Schon vor Hans Bohm gab es zu den wahrgenommenen Missstanden prophetische sozialutopistische Ausserungen von Wanderpredigern die nicht selten gefoltert wurden und auf dem Scheiterhaufen umkamen Sekten und grossere religiose Bewegungen wie die glaubigen Anhanger von Jan Hus waren aktiv und wurden von der Staatskirche bekampft 5 War Hans Bohm Vorbote spaterer Entwicklungen BearbeitenOft wird Hans Bohm als Vorbote der Bundschuh Bewegung und des Bauernkrieges verstanden Es gibt jedoch keine Hinweise darauf dass sich die Aufstandischen des Bauernkrieges in irgendeiner Weise auf ihn und seine Bewegung bezogen hatten Friedrich Engels sah Bohms Asketismus als typisch fur alle spateren Aufstande des Mittelalters und der Neuzeit an Durch die asketische Sittenstrenge werde einerseits gegenuber der herrschenden Klasse ein Prinzip spartanischer Gleichheit aufgestellt Andererseits sei es notwendig fur die unterste Gesellschaftsschicht den wenigen Genussen zu entsagen die ihr die Existenz im Moment noch ertraglich machten um sich als Klasse zu konzentrieren sich selbst zu vergewissern und revolutionare Energien zu entwickeln Engels unterscheidet diesen plebejisch proletarischen vom burgerlichen Asketismus der lutherischen Moral und des englischen Puritanismus dessen ganzes Geheimnis die Sparsamkeit sei Zu seiner Zeit nahm Engels an dass Hans Bohm in geheimem Verkehr mit dem Pfarrer von Niklashausen sowie den Rittern Kunz von Thunfeld und dessen Sohn gestanden habe Sie hatten einen militarischen Aufstand vorbereitet und Bohm habe am 14 Juli 1476 die Bauern tatsachlich zu den Waffen gerufen 1 Wahrend Engels und eine Reihe an ihm orientierter marxistisch leninistischer Gesellschaftstheoretiker mit den Geschehnissen 1476 die Epoche der fruhburgerlichen Revolution eingelautet horten fehlt der Bewegung des Hans Bohm nach Ansicht Klaus Arnolds der zu Grunde liegende Klassenkampf Die Bauern Burger und beteiligten Niederadeligen seien wegen ihrer unterschiedlichen Positionen schwerlich als homogene Klasse fassbar 6 Bewertung der Quellenlage Bearbeiten nbsp Pfeiffermuseum in NiklashausenUber die Geschehnisse in Niklashausen gibt es eine Vielzahl historischer Erklarungs und Rekonstruktionsversuche und nur wenige zeitgenossische Berichte die zum Teil erst in jungster Vergangenheit entdeckt und ausgewertet worden sind Diese Berichte die die Ziele dieser Bewegung und die sozialen Veranderungsnotwendigkeiten weitgehend ausblenden und leugnen 7 sind ausschliesslich von furstlichen und geistlichen Amtstragern mit grundsatzlich feindseligen Vorbehalten gegenuber Hans Bohm verfasst worden Die Wallfahrer werden darin als irrational handelndes verfuhrtes Volk dargestellt das die vernunftige politische und religiose Ordnung zerstoren will Die kurz nach Bohms Hinrichtung anlaufende Propagandakampagne des Wurzburger Furstbischofs streute bewusst eine verfalschende Sichtweise der Ereignisse und versuchte ihn der Lacherlichkeit preiszugeben Andererseits begann vermutlich sehr fruh die Legendenbildung um die historischen Fakten Wesentliche Text und Bildquellen der unmittelbaren Folgezeit waren die Schedelsche Weltchronik wenige Uberlieferungen des Johannes Trithemius der Bohm als einfaltigen Schweinehirten verachtlich machte oder auch die Geschichtswerke von Lorenz Fries nach denen sich viele Folgeautoren ausrichteten Literatur BearbeitenFachliteratur Bearbeiten Willy Andreas Deutschland vor der Reformation Eine Zeitenwende Duncker amp Humblot Berlin 1972 ISBN 3 428 02670 5 Repr d Ausg Stuttgart 1932 Klaus Arnold Niklashausen 1476 Quellen und Untersuchungen zur sozialreligiosen Bewegung des Hans Beheim und zur Agrarstruktur eines spatmittelalterlichen Dorfes Verlag Koerner Baden Baden 1980 ISBN 3 87320 403 7 Karl August Barack Hans Bohm und die Wallfahrt nach Nicklashausen im Jahre 1476 Ein Vorspiel des grossen Bauernkrieges nach Urkunden und Chroniken bearbeitet Verlag Theiss Wurzburg 1858 Friedrich Engels Der deutsche Bauernkrieg Unrast Verlag Munster 2004 ISBN 3 89771 907 X Gunther Franz Der deutsche Bauernkrieg Deutsche Buchgemeinschaft Darmstadt 1975 ISBN 3 534 00202 4 Alfred Meusel Thomas Muntzer und seine Zeit Mit einer Auswahl der Dokumente des grossen deutschen Bauernkrieges Aufbau Verlag Berlin 1952 Will Erich Peuckert Die grosse Wende Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1976 ISBN 3 534 02765 5 Repr d Ausg Hamburg 1948 Das apokalyptische Saeculum und Luther 295 S Geistesgeschichte und Volkskunde S 299 748Elmar Weiss Der Pfeifer von Niklashausen Frankische Nachrichten Tauberbischofsheim 2001 ISBN 3 924780 43 9 Richard Wunderli Peasant Fires The Drummer of Niklashausen Indiana University Press Bloomington 1992 ISBN 0 253 36725 5Biografien Bearbeiten August Schaffler Bohm Hans In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 3 Duncker amp Humblot Leipzig 1876 S 62 65 Otto Graf zu Stolberg Wernigerode Bohm Beheme Hans Pauker von Niklashausen Pfeiferhansle In Neue Deutsche Biographie NDB Band 2 Duncker amp Humblot Berlin 1955 ISBN 3 428 00183 4 S 382 Digitalisat Friedrich Wilhelm Bautz Bohm Hans der Pauker von Niklashausen In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 1 Bautz Hamm 1975 2 unveranderte Auflage Hamm 1990 ISBN 3 88309 013 1 Sp 660 661 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Hermann Haupt Bohm Hans In Realencyklopadie fur protestantische Theologie und Kirche RE 3 Auflage Band 3 Hinrichs Leipzig 1897 S 271 272 Belletristik Bearbeiten Gunter Haug Rebell in Herrgotts Namen Der kurze Sommer des Pfeiferhans von Niklashausen DRW Verlag Leinfelden Echterdingen 2004 ISBN 3 87181 529 2 Will Vesper Der Pfeifer von Niclashausen Historische Erzahlung Bertelsmann Gutersloh 1924 Leo Weismantel Rebellen in Herrgotts Namen fruher Die Bauernnot Deutsche Buchgemeinschaft Berlin 1926 Alex Wedding Die Fahne des Pfeiferhansleins Verlag Neues Leben Berlin 1948 Roman Rausch Der Falsche Prophet Rowohlt Taschenbuch Verlag Reinbek bei Hamburg 2016 ISBN 978 3 499 27086 4Verfilmung BearbeitenRainer Werner Fassbinder drehte 1970 den Film Niklashauser Fart der die Geschichte Hans Bohms in einer Mischung aus historisierender und modern adaptierter Form erzahlt In der Niklashauser Fart spiegeln die Predigten des Hans Bohm und die Gesprache seiner Begleiter die Agitationsformen und Diskussionen in marxistischen und anarchistischen Gruppen im Jahr 1970 die in der Bundesrepublik Deutschland uber geeignete Wege zur Revolution nachdachten Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hans Bohm Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Hans Bohm Quellen und Volltexte Literatur von und uber Hans Bohm im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Stefan Primbs Niklashauser Fahrt 1476 In Historisches Lexikon Bayerns Der Pauker von Niklashausen in der Wurzburger Bischofs Chronik Christian Lappe Der Pfeifer von Niklashausen Massenwallfahrt im Taubertal Bayern 2 Radiowissen Ausstrahlung am 18 Marz 2019 Podcast Einzelnachweise Bearbeiten a b Friedrich Engels Der deutsche Bauernkrieg 1870 MEW Bd 7 S 359 362 siehe auch Thungfeld Adelsgeschlecht Siehe auch Liste frankischer Rittergeschlechter StA Wurzburg Liber diversarum formarum 16 fol 344 S 718 ff Kopie des 16 Jhs mit der Uberschrift Urphede Kuntzen von Thunfelts unnd Michels sein sohns anno 1476 Klaus Arnold Niklashausen Quellen und Untersuchungen zur sozialreligiosen Bewegung des Hans Beheim und zur Agrarstruktur eines spatmittelalterlichen Dorfes Verlag Koerner Baden Baden 1980 ISBN 3 87320 403 7 S 37 ff Klaus Arnold Niklashausen Quellen und Untersuchungen zur sozialreligiosen Bewegung des Hans Beheim und zur Agrarstruktur eines spatmittelalterlichen Dorfes Verlag Koerner Baden Baden 1980 ISBN 3 87320 403 7 S 31 36 Klaus Arnold Niklashausen Quellen und Untersuchungen zur sozialreligiosen Bewegung des Hans Beheim und zur Agrarstruktur eines spatmittelalterlichen Dorfes Verlag Koerner Baden Baden 1980 ISBN 3 87320 403 7 S 20 Normdaten Person GND 118512501 lobid OGND AKS LCCN n92014799 VIAF 18013212 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Bohm HansKURZBESCHREIBUNG Prediger Pauker von Niklashausen GEBURTSDATUM um 1458GEBURTSORT HelmstadtSTERBEDATUM 19 Juli 1476STERBEORT Wurzburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hans Bohm Pauker von Niklashausen amp oldid 236842720